- Betreuungsbehörde
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Die Betreuungsbehörden sind in Deutschland in ihrem jeweiligen Bundesland im Bereich der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige zuständig.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Nach dem Recht vor Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes am 1. Januar 1992 waren die Behördenaufgaben im Bereich der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige den Jugendämtern zugewiesen (§ 54 a JWG a. F.). Die Zuordnung der Aufgaben zum Jugendamt wurde insbesondere von erwachsenen Menschen als unangemessen und diskriminierend empfunden. Gleichzeitig haben auch die Mitarbeiter der Jugendämter die Zuständigkeit ihrer Behörde als überfordernd erlebt, da Kinder und Jugendliche und Erwachsene eine sehr unterschiedliche Art fachlicher Begleitung benötigen. Im Rahmen des Betreuungsgesetzes, das im Wesentlichen andere Gesetze änderte (BGB, FGG usw.), wurde auch ein eigenständiges Gesetz für behördliche Aufgaben im Bereich des Betreuungsrechts geschaffen, das Betreuungsbehördengesetz (BtBG).
Errichtung
Nach § 1 S. 1 BtBG ist es Aufgabe der Bundesländer zu bestimmen, welche Behörde auf örtlicher Ebene in Betreuungsangelegenheiten zuständig ist. In ihren Ausführungsgesetzen haben nahezu alle Flächenländer auf örtlicher Ebene die Landkreise und kreisfreien Städte mit der Aufgabenwahrnehmung betraut. In den Stadtstaaten gab es wegen ihrer besonderen Verwaltungsstruktur entsprechende Sonderregelungen (Berlin: Bezirksämter; Bremen: Amt für soziale Dienste; Bremerhaven: Magistrat; Hamburg: keine Regelung im Landesrecht, jedoch Aufgabenwahrnehmung durch die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales). Die zuständigen Behörden auf örtlicher Ebene tragen teilweise die Bezeichnung „Betreuungsstelle“ (Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen) oder „Betreuungsbehörde“ (Brandenburg, Sachsen-Anhalt). Sie sind häufig (weiterhin) Teil der Jugendämter, zum Teil auch bei Sozial- oder Gesundheitsämtern angesiedelt; nur in wenigen Großstädten gibt es eigene Betreuungsämter.
Aufgaben
Man kann die Aufgaben wie folgt unterteilen:
- Aufgaben im Vorfeld von Betreuungen (Beratung und Unterstützung von Betreuern; Mitwirkung bei der Aus- und Fortbildung von Betreuern)
- Betreuungsgerichtshilfe (Sachverhaltsermittlung für das Gericht, Benennung von Betreuern gegenüber dem Gericht, Beschwerderechte gegen Gerichtsentscheidungen, Vorführungsaufgaben)
- Beglaubigung von Unterschriften und Handzeichen unter Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen (neu ab 1. Juli 2005)
- Führung von Betreuungen (und seit 1. Juli 2005 auch Verfahrenspflegschaften) durch Mitarbeiter der Betreuungsbehörde
- zusätzliche Aufgaben nach Landesrecht (z. B. Organisation örtlicher Betreuungsarbeitsgemeinschaften)
Bestellung zum Behördenbetreuer
Beschäftigte von Betreuungsbehörden können zum Behördenbetreuer bestellt werden (§ 1897 Abs. 2 BGB). Behördenbetreuer kann nur sein, wer in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis zu einer Betreuungsbehörde bzw. deren Trägerkörperschaft (meist Kommune) steht. Grundsätzlich gelten für Behördenbetreuer die gleichen rechtlichen Bedingungen wie für andere Betreuer. Allerdings wird bei Behördenbetreuern kein Einführungsgespräch beim Vormundschaftsgericht geführt (§ 69b FGG).
Behördenbetreuer haben genau wie die nächsten Familienangehörigen den Status des „befreiten Betreuers“, vgl. § 1908 i Abs. 2 BGB. Dies bedeutet, dass die meisten vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungserfordernisse bei der Geldanlage nicht gelten (§§ 1809, 1812 ff. BGB, vgl. § 1857a BGB). Auch sind sie während der Betreuung von der jährlichen Rechnungslegungspflicht (§ 1840 BGB) befreit. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch im Einzelfall den Status des „befreiten“ Betreuers entziehen; in einem solchen Falle ist auch der Behördenbetreuer verpflichtet, die genannten Pflichten zu erfüllen. Gegen Behördenbetreuer kann kein Zwangsgeld festgelegt werden. Außerdem kann Geld des Betreuten bei der Trägerkörperschaft angelegt werden (§ 1908g BGB).
Behördenbetreuer ist auf Verlangen der Behördenleitung zu entlassen
Zu den Rechten der Betreuungsbehördenleitung gehört es, die Entlassung des Behördenbetreuers beim Vormundschaftsgericht zu beantragen (§ 1908d Abs. 4 BGB). Allerdings können diese Betreuungen vom bisherigen Behördenbetreuer als Einzelbetreuer weitergeführt werden, wenn dies dem Wohl des Betreuten nicht widerspricht und der Betreuer damit einverstanden ist. Beamte benötigen zur Weiterführung einer solchen Betreuung eine Nebentätigkeitsgenehmigung nach dem jeweils für sie geltenden Beamtengesetz in Verbindung mit § 1784 BGB. Dies gilt auch dann, wenn die Betreuung ehrenamtlich geführt wird. Ausnahmen sind nur dann gegeben, wenn es sich um die Betreuung für einen nahen Familienangehörigen handelt. Eine solche Genehmigung kann dann verweigert werden, wenn die Betreuertätigkeit die berufliche Tätigkeit des Mitarbeiters oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes beeinträchtigen könnte. Andere öffentlich Bedienstete benötigen ebenfalls eine solche Genehmigung, wenn für sie noch der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) gilt (§ 11 BAT). Soweit der neue Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für sie gilt, wird diese Genehmigung nicht mehr benötigt (§3 TVöD).
Vergütungsanspruch des Behördenbetreuers
Wird ein Behördenbetreuer bestellt, hat nicht dieser einen Vergütungsanspruch. Die Betreuervergütung steht beim Behördenbetreuer der Betreuungsbehörde zu. Es besteht nur ausnahmsweise eine Möglichkeit zur Gewährung einer Ermessensvergütung, wenn der Betreute nicht mittellos ist (§ 8 VBVG - Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz). Ansonsten besteht bei nicht mittellosen Betreuten ein Anspruch auf Aufwendungsersatz.
Die Tätigkeit als Behördenbetreuer zählt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes als schwierige Tätigkeit nach den Eingruppierungsvorschriften für den Sozial- und Erziehungsdienst. Dies bedeutet eine Eingruppierung nach BAT IVb (bzw. TVöD E 9).
Betreuungsbehörde kann ausnahmsweise als Betreuer bestellt werden
Sofern die Betreuung durch eine oder mehrere natürliche Personen (ehrenamtliche oder berufliche Betreuer) und durch einen Betreuungsverein nicht möglich ist, kann auch die Betreuungsbehörde selbst zum Betreuer bestellt werden (§ 1900 Abs. 4 BGB). Die Betreuungsbehörde hat somit die Pflicht, die Betreuung zu übernehmen, wenn keine andere Möglichkeit zur Betreuungsübernahme vorhanden ist. In diesem Falle hat die Betreuungsbehörde keinen Vergütungsanspruch (§ 1836 Abs. 3 BGB), lediglich bei nicht mittellosen Betreuten Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 1835 Abs. 5 BGB). Eine Sterilisationsbetreuung darf nicht auf die Behörde übertragen werden (§ 1900 Abs. 5 BGB).
Siehe auch
- Betreuung, Vorsorgevollmacht, Einwilligungsvorbehalt
- Berufsbetreuer, Betreuungsverein, Vereinsbetreuer, Betreuungsgericht, Verfahrenspfleger
Literatur
- Brucker (Hrsg.): Aufgaben und Organisation der Betreuungsbehörde; Frankfurt 2000, ISBN 3-923098-68-5
- Brucker (Hrsg.): Betreuungsbehörden auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, Essen 2001 (ohne ISBN)
- Deinert: Unterschriftsbeglaubigung durch die Betreuungsbehörde; BtMan 2005, 24
- Deinert/Walther: Handbuch der Betreuungsbehörde; 3. Aufl. Köln 2006, ISBN 3-89817-445-X
- Deinert / Schreibauer: Die Haftung bei einer Schadensverursachung durch den Amtsvormund, Amtspfleger und Behördenbetreuer; DAVorm 1993, 1143
- Schulz: Haftung der Anstellungskörperschaften für Behördenbetreuer; BtPrax 1995, 56
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