- Blaubart
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Blaubart ist die Titelfigur des französischen Märchens La barbe bleue (dt.: Der Blaubart) von Charles Perrault aus seinem 1697 veröffentlichten Märchenbuch Histoires ou contes du temps passé, avec des moralités: contes de ma Mère l’Oye (dt.: Geschichten oder Märchen aus vergangener Zeit einschließlich Moral: Märchen meiner Mutter Gans). Der Stoff um den frauenmordenden Blaubart wurde seitdem für zahlreiche Werke (z.B. Märchen, Erzählungen, Dramen, Filme, Opern, Illustrationen) adaptiert und weiterverarbeitet. Perrault selbst griff in seiner Geschichte wiederum diverse Motive aus volkstümlichen Erzählungen, Legenden und Balladen auf.[1]
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Ein reicher Mann mit allerlei Besitztümern in Stadt und Land würde gerne eine der beiden wunderschönen Töchter einer Nachbarin aus gutem Stande zur Frau nehmen. Er überlässt es der Frau und deren Töchtern, welche ihn ehelichen soll, doch keine der beiden möchte ihn heiraten, da sie seinen blauen Bart so hässlich finden. Außerdem ist es ihnen unheimlich, dass niemand weiß, was mit seinen vorherigen Ehefrauen geschehen ist. Nachdem er die Mutter, deren Töchter und Freunde jedoch aufs Land zu rauschenden Festen und allerlei Unterhaltung eingeladen hat, entschließt sich die jüngere Tochter Blaubart zu heiraten, da sein Bart doch im Grunde nicht ganz so blau und er ein sehr anständiger Mann sei.
Bald nach der Hochzeit teilt Blaubart seiner jungen Frau mit, dass er für sechs Wochen in wichtigen Angelegenheiten aufs Land fahren müsse. Er überreicht ihr ein Schlüsselbund und sagt ihr, sie könne sich im Haus frei bewegen und solle sich während seiner Abwesenheit ruhig amüsieren. Auf gar keinen Fall dürfe sie jedoch einen bestimmten kleinen Schlüssel verwenden und damit die zugehörige Kammer im Erdgeschoss aufschließen, sofern sie sich nicht seinem allerschrecklichsten Zorn aussetzen wolle.
Kaum ist Blaubart abgereist, eilen die Freunde der Ehefrau zu Blaubarts Haus, bestaunen die diversen Kostbarkeiten in den verschiedenen Räumen und beneiden die junge Frau. Diese ist jedoch zu unruhig, um sich über die Komplimente zu freuen und hastet heimlich und von Neugier getrieben so schnell die Treppe zu der kleinen Kammer hinab, dass sie sich fast den Hals bricht. Sie zögert zwar noch kurz, ob sie das Verbot nicht lieber achten und Blaubarts Zorn nicht provozieren soll, schließt dann aber zitternd die Tür auf. In der Kammer findet sie Blaubarts frühere Frauen ermordet vor. Entsetzt lässt sie den Schlüssel in eine Blutlache fallen, hebt ihn auf und verschließt die Kammer wieder. Ihre Versuche, den Schlüssel von den Blutflecken zu reinigen, scheitern, weil es ein verzauberter Schlüssel ist.
Blaubart kehrt unerwartet schnell zurück, da man ihm in einem Brief mitgeteilt habe, dass die Reise nicht mehr nötig sei, und bemerkt aufgrund der Blutspuren am Schlüssel sofort die Missachtung seines Verbots. Er wird sehr zornig und verurteilt seine Frau zum sofortigen Tod, auf dass sie den Leichen in der Kammer Gesellschaft leisten könne. Es gelingt der Frau, Zeit zu gewinnen und ihre Schwester Anne auf den Turm zu schicken, damit sie dort ihren beiden Brüdern Zeichen gebe sich zu beeilen, sobald sie zu ihrem angekündigten Besuch angeritten kämen.
Im allerletzten Moment, bevor Blaubart seine Frau mit einem Messer köpfen kann, erscheinen die bewaffneten Brüder und töten Blaubart. Die junge Witwe erbt alle Reichtümer Blaubarts, verschafft ihren Brüdern damit Offizierspatente, verhilft ihrer Schwester zur Ehe mit einem lange geliebten Mann und heiratet selbst glücklich einen ehrenwerten Mann, so dass sie Blaubart bald vergessen hat.
Perrault beendet sein Märchen mit zwei Moral-Versen und brandmarkt darin die Neugier der Frauen sowie die Schwäche männlicher Pantoffelhelden zu seiner Zeit:
- Moral
- Die Neugier, trotz all ihrer Reize,
- kostet oft reichlich Reue;
- Jeden Tag sieht man tausend Beispiele dafür geschehen.
- Das ist, wenn es den Frauen auch gefällt, ein ziemlich flüchtiges Vergnügen,
- sobald man ihm nachgibt, schwindet es schon,
- und immer kostet es zu viel.
- Andere Moral
- Wenn man auch noch so wenig Scharfsinn hätte,
- und verstünde kaum das Zauberbuch der Welt,
- man sähe rasch, dass diese Geschichte,
- ein Märchen aus vergangener Zeit ist.
- Es gibt keine so schrecklichen Gatten mehr,
- und keinen, der das Unmögliche verlangt,
- wenn er unzufrieden oder eifersüchtig ist.
- Bei seiner Frau sieht man ihn Schmeichelreden führen,
- und welche Farbe sein Bart auch haben mag,
- man kann kaum erkennen, wer von beiden der Herr ist.[2]
Andere Versionen
Die Geschichte gelangte in einer von Perrault abweichenden Version auch in die Erstauflage von Grimms Kinder- und Hausmärchen (Blaubart, 1812). In den späteren Auflagen ist sie nicht mehr enthalten. Ludwig Bechstein nahm eine Variante als Das Märchen vom Ritter Blaubart in sein Deutsches Märchenbuch (1845) auf, Ernst Heinrich Meier in die Sammlung Deutsche Volksmärchen aus Schwaben (1852). Vgl. Die drei Bräute und Das goldene Ei in Ludwig Bechsteins Deutsches Märchenbuch von 1845. Daneben existieren viele weitere Versionen.
Die verschiedenen Fassungen des Märchens variieren den Stand des Mannes (reicher Bürger, Ritter, Sultan, König), die Zahl der früheren Frauen (sechs, sieben, großer Harem) und die Art der Strafe (Blaubart hat alle Frauen getötet oder hält sie nur gefangen). Während Blaubart meist getötet wird, kommt er in Peter Rühmkorfs Blaubarts letzte Reise (1983) mit einem grauen Bart davon.
Lesarten und Deutungsansätze
Das Märchen ist eine jüngere Fassung von Drachen-Mythen: Der Drache fordert eine Jungfrau und tötet sie, wenn er nicht von einem Ritter getötet wird (s. Drachentöter).
Der blaue Bart deutet an, dass der Protagonist kein gewöhnlicher Mann ist. Dies kann als Hinweis auf eine sexuelle Problematik gedeutet werden, da der Bart ein spezifisch männliches Attribut ist.
Als historisches Vorbild für Blaubart gilt Gilles de Rais, Marschall von Frankreich und Mitkämpfer der Jeanne d'Arc. Er war ein berüchtigter Sadist und Knabenmörder des 15. Jahrhunderts.
Vergleichbare Märchen aus Grimms Sammlung sind vor allem Fitchers Vogel und Das Mordschloß. Das Motiv der verbotenen Tür gibt es auch in Marienkind.
Adaptionen
Literatur
- Friedrich der Große: La Barbe Bleu (1779). Deutsche Ausgabe: Das Buch Blaubart. Eine Satire. (1787).
- Ludwig Tieck: Ritter Blaubart. Ein Ammenmärchen ... (1797)
- Ludwig Tieck: Der Blaubart. Drama in fünf Akten (1812)
- Ludwig Tieck: Die sieben Weiber des Blaubart. Textem, Hamburg 2007
- Henri de Régnier: Blaubarts sechste Hochzeit (1892)
- Maurice Maeterlinck: Blaubart und Ariane oder die vergebliche Befreiung (1899)
- Anatole France: Blaubarts sieben Frauen (1909)
- Alfred Döblin: Der Ritter Blaubart (1911)
- Reinhard Koester: Ritter Blaubart; Gedicht (1911)
- Louis Couperus: Blaubarts Tochter (1915)
- Angela Carter: Blaubarts Zimmer (1979)
- Max Frisch: Blaubart. Erzählung (1982)
- Peter Rühmkorf: Blaubarts letzte Reise. Märchen (1983)
- Martin Mosebach: Blaubart. Drama giocoso. (1985)
- Kurt Vonnegut: Blaubart. Roman (1989)
- Karin Struck: Blaubarts Schatten. Roman (1991)
- Margaret Atwood: Bluebeard's Egg (1989). Deutsche Ausgabe in: Der Salzgarten (1994)
Oper- Blaubart (Barbe-Bleue), opéra-bouffe in drei Akten von Jacques Offenbach
- Ariane et Barbe-Bleue, Oper von Paul Dukas nach Maurice Maeterlinck
- Herzog Blaubarts Burg, Oper von Béla Bartók mit einem Libretto von Béla Balázs
- Ritter Blaubart, Märchenoper von Emil Nikolaus von Reznicek nach einem Libretto von Herbert Eulenberg
- Schauspielmusik zu "Ritter Blaubart" nach Ludwig Tieck von Hugo Distler
- Blaubart, Kammeroper von Franz Hummel mit einem Libretto von Susan Oswell nach Texten von Sigmund Freud und Georg Trakl
Musik- H. C. Artmann nahm sich für die von Helmut Qualtinger gesungenen Gedichte „Der Blaubart“ und „Der Ringelspielbesitzer“ auf dem Album "Schwarze Lieder" dieses Märchen als Vorbild.
- Das Lied „Tritt ein“ auf dem Album „Des Königs Henker“ von Saltatio Mortis
- "Sieben" von Subway to Sally
- "Bluebeard" von der Band Combustible Edison, 1996
- "La Barbe Bleue" von Thomas Fersen (Album "Je suis au paradis"), 2011
Film und Fernsehen- Bluebeard's Eighth Wife (dt. Titel: Blaubarts achte Frau) - Film, USA 1938, Regie: Ernst Lubitsch
- Blaubart - Film, Deutschland/Frankreich/Schweiz 1951, Regie: Christian Jacque
- Barbe bleu (dt. Titel: Blaubart) - Film, Italien/Frankreich 1972, Regie: Edward Dmytryk
- Gurimu Meisaku Gekijō (dt. Titel: Grimms Märchen), Folge 16: Blaubart - Zeichentrickserie, Japan 1987
- The Piano (dt. Titel: Das Piano) - Filmdrama, Frankreich, Australien, Neuseeland 1993, Regie: Jane Campion (verwendet Motive des Märchens)
- Barbe Bleue (dt. Titel: Blaubart oder Blaubarts jüngste Frau (TV)) - Fantasy-Filmdrama, Frankreich 2009, Regie: Catherine Breillat
Theater- Blaubart - Hoffnung der Frauen von Dea Loher; Uraufführung: Bayrisches Staatsschauspiel, München 1997
- Blaubart - Ein Puppenspiel (Nur als Fragment erhalten) von Georg Trakl;
Tanztheater- Blaubart - Beim Anhören einer Tonbandaufnahme von Béla Bartóks Oper „Herzogs Blaubarts Burg“ - Szenen von Pina Bausch (1977)
Einzelnachweise
- ↑ Terri Windling: Bluebeard and the Bloody Chamber, 2007
- ↑ Charles Perrault: Der Blaubart. IN: Hartwig Suhrbier (Hrsg.): Blaubarts Geheimnis: Märchen u. Erzählungen, Gedichte u. Stücke. Diederichs, Köln 1984, S.83-89
Literatur
Primärliteratur:
- Charles Perrault: La Barbe Bleüe. IN: Charles Perrault: Histoires ou Contes du temps passé. Avec des Moralitez. Herausgegeben von Claude Barbin, Paris 1697. (Online in der französischen Wikisource)
- Charles Perrault: Blaubart. Deutsche Übersetzung von Friedrich Justin Bertuch. IN: Jack Zipes (Hrsg). Französische Märchen. Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 1991. ISBN 3-458-16228-3 (Online auf SAGEN.at)
- Hartwig Suhrbier (Hrsg.): Blaubarts Geheimnis: Märchen u. Erzählungen, Gedichte u. Stücke / hrsg. u. eingeleitet von Hartwig Suhrbier. Diederichs, Köln 1984. ISBN 3-424-00780-3. (Anthologie mit 17 Fassungen des Blaubart-Märchens von Perrault über die Brüder Grimm, Ludwig Bechstein und Maurice Maeterlinck bis zu Peter Rühmkorf, zahlreiche Illustrationen, Bibliographie der Adaptionen und Sekundärliteratur)
Weiterführende Literatur:
- Winfried Menninghaus: Lob des Unsinns. Über Kant, Tieck und Blaubart. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1995. ISBN 3-518-58200-3
- Jürgen Wertheimer: Don Juan und Blaubart. C.H. Beck, München 1999. ISBN 3-406-42116-4
- Helmut Barz: Blaubart - Wenn einer vernichtet, was er liebt. Kreuz-Verlag, Zürich 1987. ISBN 3-268-00042-8
- Eric Durschmied: Hexen, Tod und Teufelswerk. Lübbe, Bergisch Gladbach 2004. ISBN 3-404-60536-5
- Monika Szczepaniak: Männer in Blau - Blaubart-Bilder in der deutschsprachigen Literatur. Böhlau, Köln 2005. ISBN 3-412-15605-1
- Hartwig Suhrbier: Blaubart – Leitbild und Leidfigur. Einleitende Aufklärungen. IN: Hartwig Suhrbier (Hrsg.): Blaubarts Geheimnis: Märchen u. Erzählungen, Gedichte u. Stücke / hrsg. u. eingeleitet von Hartwig Suhrbier. Diederichs, Köln 1984. ISBN 3-424-00780-3.
Weblinks
Commons: Blaubart – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWikisource: Blaubart. Aus: Kinder- und Hausmärchen, Brüder Grimm – Quellen und VolltexteWikisource: König Blaubart. Aus: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben, Ernst Meier – Quellen und Volltexte- Ludwig Bechstein: Das Märchen vom Ritter Blaubart auf www.zeno.org
- SAGEN.at Sagen und Datenbanken zur europäischen Ethnologie/Volkskunde
- Blaubart auf surlalunefairytales.com, einer englischsprachigen Seite zu verschiedenen Märchen; mit einer kommentierten Version von Perraults Blaubart, Hintergrundinfos, Illustrationen, Bibliographie
- Terri Windling: Bluebeard and the Bloody Chamber, 2007 Artikel über Bluebeard und ähnliche Geschichten
- BLAUBART- Auf den Spuren eines literarischen Serientäters Internetauftritt zur Ausstellung des Museums Strauhof in Zürich (20. Juni - 7. September 2008): Bilder, Begleittext (PDF, 1018 KB) und Audiodateien mit Ausschnitten von Perraults Blaubart (Hartwig Suhrbier (Hrsg.): Blaubarts Geheimnis, 1984). Siehe auch das Video zur Ausstellung auf art-tv.ch.
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