Brügge sehen… und sterben?

Brügge sehen… und sterben?
Filmdaten
Deutscher Titel Brügge sehen… und sterben?
Originaltitel In Bruges
Produktionsland Vereinigtes Königreich
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 2008
Länge ca. 107 Minuten
Altersfreigabe FSK 16
JMK 14
Stab
Regie Martin McDonagh
Drehbuch Martin McDonagh
Produktion Graham Broadbent,
Peter Czernin
Musik Carter Burwell
Kamera Eigil Bryld
Schnitt Jon Gregory,
Ian Seymour
Besetzung

Brügge sehen… und sterben? (Originaltitel: In Bruges) ist ein Film-Drama aus dem Jahr 2008, das einen tragikomischen Grundton sowie Actionelemente enthält. In den Hauptrollen sind Colin Farrell und Brendan Gleeson zu sehen. Regie führte Martin McDonagh, der auch das Drehbuch schrieb. Der Film spielt in der mittelalterlichen Kulisse der Innenstadt von Brügge.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Die irischen Auftragsmörder Ray und Ken reisen kurz vor Weihnachten auf Geheiß ihres Auftraggebers Harry von London nach Brügge. Dort sollen sie nach einem von ihnen durchgeführten Attentat eine Zeitlang untertauchen. Sie quartieren sich in einer kleinen Pension ein und warten auf einen Anruf von Harry. Zum Zeitvertreib besichtigen sie mittelalterliche Bauwerke der Altstadt Brügges. Ray, der jüngere der beiden, verabscheut die museal anmutende Stadt und ist gelangweilt und genervt, während der ältere Ken von ihrer Geschichtsträchtigkeit angetan ist.

In der Stadt finden Dreharbeiten statt, wobei Ray die Einheimische Chloë kennen lernt. Sie hinterlässt ihm ihre Visitenkarte. Er leidet unter Schuldgefühlen, denn sein erster Auftragsmord für Harry ist schiefgegangen: Neben der Zielperson, einem Pfarrer, hat er versehentlich auch einen hinter dem Pfarrer betenden kleinen Jungen erschossen.

Bei einer ersten Verabredung zwischen Chloë und Ray in einem Restaurant beschwert sich ein Touristenpaar, das Ray für US-Amerikaner hält, darüber, dass Chloë ihren Zigarettenrauch absichtlich in ihre Richtung bläst. Ray schlägt den Mann und auch die Frau nieder und macht sich mit Chloë auf in ihre Wohnung. Dort kommen sie sich näher, bis Chloës Ex-Freund Eirik mit vorgehaltener Waffe auftaucht. Es kommt zu einem Kampf der beiden Männer, bei dem sich Eirik seinen mit Platzpatronen geladenen Revolver abnehmen lässt, den Ray sogleich aus nächster Nähe auf dessen Gesicht abfeuert. Es stellt sich heraus, dass die Belgierin mit Drogen handelt. Zudem raubt sie gemeinsam mit ihrem Ex-Freund Eirik unaufmerksame Touristen aus. Die beiden verschwinden zunächst in ein Krankenhaus, um Eirik verarzten zu lassen. Ken erhält währenddessen den erwarteten Anruf des cholerischen, aber prinzipientreuen Harry. Rays Mord an dem Jungen stellt einen unverzeihlichen Verstoß gegen Harrys Ehrenkodex dar. Ken erhält daher den Auftrag, im Gegenzug nun Ray zu töten. Ray und Ken treffen sich am gleichen Abend in einer Bar, wo sie den kleinwüchsigen US-amerikanischen Schauspieler Jimmy kennenlernen, der mit den Dreharbeiten in der Stadt beschäftigt ist. Mit zwei Prostituierten und Rays mitgebrachten Drogen beschließen sie gemeinsam den Abend.

Als Ken seinen jungen Partner Ray am nächsten Tag im Konigin-Astrid-Park erschießen will, sieht er, wie dieser sich gerade Eiriks nun mit scharfen Patronen geladene Waffe an den Kopf hält, um sich selbst zu töten. Ken verhindert dies und setzt Ray stattdessen in den nächstbesten Zug. Dies berichtet er Harry telefonisch, der daraufhin erbost nach Brügge reist, um die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.

Im Zug wird Ray von der Polizei festgenommen, da er von dem in Wahrheit kanadischen Touristenpaar aus dem Restaurant erkannt worden ist. Er wird zurück nach Brügge gebracht, wo mittlerweile Harry eingetroffen ist und Ken gefunden hat. Die beiden erklimmen am späten Abend den hohen Turm des Belfried von Brügge, wo sie sich mit Pistolen duellieren wollen. Ken jedoch erklärt Harry seine Loyalität und sogar Liebe zu ihm, und dass er jede Strafe annehme, aber nicht gegen ihn kämpfen wolle. Harry schießt ihm daraufhin ins Bein und stützt ihn dann auf dem Rückweg nach unten. Mittlerweile aber hat Eirik Ray auf dem Vorplatz entdeckt und rennt den Belfried hoch, um es Harry zu erzählen. Wütend verwundet Harry daraufhin Ken mit einem Schuss in den Hals und eilt nach unten, um nun Ray zu töten.

Mit letzter Kraft schleppt Ken sich zurück nach oben. Dort angekommen hievt er sich über die Brüstung und springt herunter, um Ray noch im Sterben vor Harry zu warnen. Ray flüchtet zu Fuß und Harry folgt ihm. Dabei gelingt es Harry, Ray mit einem Bauchdurchschuss zu verwunden. Auf einem Filmset, wo auch der kleinwüchsige Jimmy dreht, stellt Harry schließlich den verletzten Ray und schießt weitere dreimal auf ihn. Mit einem Schuss seiner Dum-Dum-Munition trifft er dabei versehentlich den hinter Ray stehenden kleinwüchsigen Jimmy in den Kopf. Da Jimmy für die Dreharbeiten eine Schuljungen-Uniform trägt und sein Kopf völlig entstellt ist, glaubt Harry nun ebenso ein Kind getötet zu haben. Getreu seinen Prinzipien steckt sich Harry daraufhin die Waffe in den Mund und tötet sich selbst. Ray wird schwer verwundet in einen Krankenwagen geladen. Mit Rays Satz „Ich hab mir so gewünscht, dass ich nicht sterbe“ endet der Film.

Hintergrund

  • Der Film ist nach dem Kurzfilm Six Shooter der erste abendfüllende Spielfilm von Regisseur und Drehbuchautor Martin McDonagh. McDonagh zufolge sah er in dem Projekt eine für ihn voraussichtlich einmalige Chance, sich als Regisseur und Drehbuchautor von (Lang-)Filmen zu etablieren.[1]
  • Die Grundidee zum Film kam McDonagh, nachdem er selbst einige Tage in Brügge verbracht hatte und die Stadt einerseits aufgrund der mittelalterlichen Bausubstanz faszinierend, andererseits aber langweilig fand. Diese gegensätzlichen Eindrücke führten zunächst zur Entstehung der zwei Figuren Ray und Ken, die jeweils für einen dieser Eindrücke stehen: Ken beschäftigt sich eingehend mit den Sehenswürdigkeiten, Ray langweilt sich. Der nächste Schritt, so McDonagh, bestand dann darin, eine Handlung zu entwickeln, die den Aufenthalt der Figuren in Brügge rechtfertigen würde.[1]
  • Die Dreharbeiten begannen am 2. Februar 2007 und endeten am 28. März 2007. Gedreht wurde an Originalschauplätzen in Brügge.
  • Die Produktionskosten wurden auf 15 Millionen US-Dollar geschätzt.[2] Der Film spielte in den Kinos weltweit rund 33 Millionen US-Dollar ein, davon rund 9,6 Millionen US-Dollar in Großbritannien, 7,8 Millionen US-Dollar in den Kinos der USA und 2,5 Millionen US-Dollar in Deutschland.
  • Die Erstaufführung des Films fand am 17. Januar 2008 auf dem Sundance Film Festival statt. Kinostart in den USA (mit nur eingeschränkter Veröffentlichung) war am 8. Februar 2008, in Großbritannien am 18. April 2008 und in Deutschland am 15. Mai 2008.[3] Die DVD-Veröffentlichung war in Deutschland am 24. November 2008.
  • Der deutsche Filmtitel „Brügge sehen… und sterben?“ kann als eine Anspielung auf das italienische Sprichwort „Neapel sehen und sterben“ (ital. „Vedi Napoli e poi muori“) angesehen werden.[4] Zudem ist eine gewisse Nähe zu Joseph L. Mankiewicz' Film Venedig sehen - und erben... von 1967 zu sehen.
  • Bei der deutschsprachigen klassischen Musik, die gespielt wird, während Ken sich auf den Weg zu einem Freund von Harry macht, um dort die Waffe abzuholen, mit der er Ray töten soll, handelt es sich um Der Leiermann aus dem Liederzyklus Winterreise von Franz Schubert, gesungen von Andreas Schmidt.
  • Ciarán Hinds ist in einem Gastauftritt als Priester zu sehen, der von Ray erschossen wird.
  • Im Museum gefällt Ray nur ein Gemälde von Hieronymus Bosch. Ken erklärt ihm, dass es sich um eine Darstellung des Jüngsten Gerichtes handele, in dem sich entscheidet, wer in den Himmel und wer in die Hölle kommt. Die skurrilen Gestalten aus dem Gemälde tauchen teilweise als verkleidete Darsteller des mit Chloë und Jimmy in Brügge gedrehten Films wieder auf, bevor Ray niedergeschossen wird. Dieser Film wiederum ist nach den Worten Chloës eine Verbeugung vor Wenn die Gondeln Trauer tragen. Auf ihn wird in der weiteren Inszenierung unter anderem mit der Gestalt des kleinwüchsigen Jimmy und den von Frachtkähnen befahrenen Kanälen Brügges mehrfach angespielt.

Kritiken

  • Daniel Windheuser schrieb in Der Freitag: So amüsiert sich der Film in der ersten halben Stunde fein vor sich hin, Kirchen und Museen werden besucht, aber auch dicke Amerikaner beleidigt – immer jedoch folgt auf Kunst und Kultur das griesgrämige Gesicht des nach kühlem belgischen Biere dürstenden Ray. [..] Dann jedoch wird es, obwohl man sich dies durchaus auch noch länger hätte anschauen können, vollkommen wucki. In einem positiven Sinne natürlich. Es gibt Selbstmordabsichten, obskure Filmdrehs in der Altstadt, unsympathische Kleinwüchsige, amouröse Verwicklungen, einen bestcholerischen Ralph Fiennes [..], Drogenexzesse, große Taten und vielleicht sogar etwas wie ein Happy End.[5]
  • Jan Kedves schrieb in Die Tageszeitung: Der Killer als bemitleidenswerter Grübler, an dem die Vergangenheit und ein schlechtes Gewissen nagen: Von der coolen Ironie, die Quentin Tarantino mit "Pulp Fiction" seinerzeit im Killerfilm einführte, mit der sich die Mörder schulterzuckend Blutspritzer von ihren Sonnenbrillen wischen und das Publikum die grausigste Meuchelei weglacht, ist hier nichts übrig. Abgesehen davon, dass [..] schlicht zu wenig gemordet wird, um sich danach mit affektiver Gleichgültigkeit davon zu distanzieren, sind die Figuren kein bisschen überzeichnet, weder Maschinen noch coole Säue. Man sieht hier nur ganz normale Männer, was auch heißt: Sie nehmen sich und ihre Sorgen zu ernst. Für die Filme bedeutet das nicht Gutes. Zwingt man schwermütige Killer in malerischen Kulissen zum Däumchendrehen, bleibt eben wenig Unterhaltsames übrig.[6]
  • Rudolf Inderst schrieb auf filmspiegel.de: „Brügge sehen ... und sterben?“ ist eine großartige, kleine Produktion. Besonders herausragend ist dabei die Balance zwischen komischen und tragischen Momenten.[7]
  • Lexikon des Internationalen Films: Der höchst originell konstruierte und erzählte Gangsterfilm kreist in Form einer schwarzen Komödie um die Themen Ehre und Loyalität, wobei er dank des grandiosen Schauplatzes und der überzeugenden Darsteller bestens unterhält.[8]

Auszeichnungen

Der Film erhielt im Jahr 2008 den Golden Trailer Award und wurde in zwei weiteren Kategorien für den gleichen Preis nominiert.[9] Der Film und die beiden Hauptdarsteller Colin Farrell und Brendan Gleeson wurden unter anderem für den British Independent Film Award und den Golden Globe Award nominiert.[9] Colin Farrell erhielt im Januar 2009 den Golden Globe als bester Hauptdarsteller in der Kategorie Comedy/Musical.[9] Martin McDonagh gewann den British Academy Film Award für sein Drehbuch, welches zudem für den Oscar nominiert wurde.[9]

Einzelnachweise

  1. a b Bonusmaterial der deutschen DVD-Veröffentlichung: Interview mit Regisseur Martin McDonagh
  2. Budget laut Internet Movie Database
  3. Starttermine laut Internet Movie Database
  4. Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten: Neapel, S. 1., Digitale Bibliothek, Band 42: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, S. 4316; Röhrich-LdspR Bd. 3, S. 1086
  5. Filmkritik von Daniel Windheuser
  6. Filmkritik von Jan Kedves
  7. Filmkritik von Rudolf Inderst
  8. Filmkritik im Lexikon des Internationalen Films
  9. a b c d Nominierungen und Auszeichnungen laut Internet Movie Database

Weblinks


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