Buschkowsky

Buschkowsky

Heinz Buschkowsky (* 31. Juli 1948 in Berlin-Neukölln) ist Bezirksbürgermeister des Berliner Bezirks Neukölln und seit 1973 ein Mitglied der SPD. Bundesweit bekannt wurde er mit der These Multikulti ist gescheitert“.[1]

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Heinz Buschkowsky ist der Sohn eines Schlossers und einer Sekretärin, die aus Schlesien kam. Er wuchs in Rudow zu viert in einer Einzimmerwohnung im Keller auf.[2] Der Vater erbaute eigenhändig ein kleines Haus auf dem Gebiet der heutigen Gropiusstadt und büßte dadurch seine Gesundheit ein.

Er machte eine Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt und arbeitete ab 1973 in mehreren Senatsbehörden. Für die SPD war er ehrenamtlich in der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung tätig. 1985 wurde er zum Fraktionsvorsitzenden der SPD-Neukölln gewählt. Buschkowsky zählte vor der „Wende“ zum „Britzer Kreis“, einer einflussreichen rechten Fraktion in der Berliner SPD. Heute (2008) definiert er seine politische Position als Anhänger von Helmut Schmidt.[2]

1989 wurde er Finanzstadtrat, in den Jahren 1991 und 1992 Bezirksbürgermeister, von 1992 bis 1995 stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat für Finanzen, Personal und Sport. Von 1995 bis 1999 übte er das Amt des stellvertretenden Bezirksbürgermeisters und Bezirksstadtrats für Jugend und Sport aus. Darüber hinaus übernahm er die Aufgaben eines Bezirksstadtrats für Gesundheit, Umwelt und Sport von November 1999 bis November 2001. Seit dem 1. Dezember 2001 ist er Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln und Leiter der Abteilung Finanzen, Wirtschaft und Sport.

Politische Stellungnahmen

Buschkowsky hat sich als Politiker einen Namen gemacht, soziale Probleme wie Zwangsheirat und Ehrenmorde offen anzusprechen. Dabei stoßen seine Stellungnahmen sowohl auf große Zustimmung als auch schroffe Ablehnung. Aussagen wie „Die Gutmenschen warten, denen werde ich zum Fraß vorgeworfen“ [3] tragen zu einer Polarisierung unter den Wählern und innerhalb seiner Partei bei. Dem überdurchschnittlich hohen Anteil an ausländischen Bewohnern in Neukölln entspricht ein überdurchschnittlich hoher Anteil an deutschen Schülern ausländischer Herkunft an den Schulen, die in den Medien zeitweise als soziale Brennpunkte galten (Rütli-Schule). Anlässlich der Jugend-Unruhen in Frankreich 2005 befürchtete er bald ähnliche Ausschreitungen in deutschen Großstädten, da dort wie in Neukölln die Jugendarbeitslosigkeit überdurchschnittlich hoch ist.

Nach einer Reise durch die sozialen Brennpunkte der Großstädte London und Rotterdam im Sommer 2008 hält er eine Mischung von Prävention und Repression gegenüber „Störerfamilien“ am wirksamsten. Er empfahl, erfolgreich angewandte Maßnahmen der Stadtverwaltung von Rotterdam auch in Berlin einzuführen.[4] Das wichtigste Kriterium sei die Regelmäßigkeit des Schulbesuchs der Kinder, die Zeugnisausgabe sei nur an die Eltern sozial auffälliger Kinder vorzunehmen, was ein Gespräch mit ihnen erzwinge.[5] Eine partei-interne Darstellung seiner Vorschläge wurde zunächst verhindert, da seine Widersacher wie etwa Thomas Kleineidam[6] grundsätzlich gegen neue Repressionen sind und aus einem Integrationsproblem kein Kriminalitätsproblem machen wollen.[2] Der innerparteilichen Kritik und Abwehr gegenüber Buschkowskys Vorschlägen steht bei der Berliner Presse eine zunehmende Ablehnung und Unverständnis entgegen.[7] [8] [4] Eine Arbeitsgruppe um den Sozialwissenschaftler Hartmut Häußermann von der Humboldt-Universität untersuchte Neuköllner Gebiete über einen Zeitraum von 2001 bis 2006 und stellte eine Verschlechterung der sozialen Lage bei den Zuwanderern fest. Häußermann nahm Buschkowsky gegen Vorwürfe in Schutz, ein „Alarmist“ zu sein, da es verhindert werden müsse, dass in Neukölln eine nicht mehr integrationsfähige Unterschicht entstehe.[9] Die Berliner Jungsozialisten schlossen sich den schulpolitischen Forderungen Buschkowskys an.[10]

Bei der Vorstellung der Studie des Stadtsoziologen Häußermann forderte Buschkowsky vom Berliner Senat eine Soforthilfe von fünf Millionen Euro, um 15 Grundschulen in Nord-Neukölln zu Ganztagsschulen umwandeln zu können.[11] Weitere sechs Millionen Euro jährlich seien für laufende Kosten notwendig.[12] Dies sei erforderlich, da der Anteil von Hartz IV-Empfängern an der Bevölkerung des Stadtteils im bundesweiten Vergleich an der Spitze liege, und der Anteil der Kinder, die in Armut aufwachsen, auf bis zu 70 Prozent gestiegen und „bedrohliche Dimensionen“ angenommen habe.

Buschkowsky kritisiert zudem die Zunahme fremdsprachiger Werbeplakate im öffentlichen Raum, da diese die Integration behinderten.[13]

Initiative für Wachschutz an Schulen

Aufgrund der Zunahme von Gewalttätigkeiten, die von Außenstehenden an Schülern innerhalb der Schulen verübt worden waren, plante Buschkowsky für Herbst 2007 die Einstellung von privaten Wachleuten. Während dieses Vorgehen Vorbehalte in seiner Partei auslöste, unterstützten 18 von 24 Oberschulen im Bezirk Neukölln sowie Bezirksamt und Bezirkselternausschuss seinen Plan.[14] Ab Mitte Oktober 2007 werden die Wachschützer an bislang 21 der 70 staatlichen Schulen im Bezirk eingesetzt,[15] alle Beteiligten betonen den Versuchscharakter des Wachschutzes.[16]

Kurz vor Beginn der Schutzmaßnahmen sprang das Berliner Dienstleistungsunternehmen Dussmann ab. Buschkowsky machte für den Rückzug Landespolitiker verantwortlich [17] und hielt an seinem Vorhaben fest.[18] Den Zuschlag erhielt die anerkannte Bielefelder Wachschutzfirma Germania.[19] Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kritisierte die Initiative grundsätzlich: Disziplin sei an Schulen „nicht durch paramilitärische Einheiten, sondern nur durch Pädagogik herzustellen“.[20] Buschkowsky verwahrte sich dagegen, die Kontrolle von Schülerausweisen als paramilitärisch zu bezeichnen und hielt diesen Vergleich für einen „sprachlichen Missgriff“.[21] Am 10. Dezember 2007 traten unter großer Aufmerksamkeit der Medien erstmals Wachschützer ihren Dienst an den Schulen an.[22] Da damit die schwerwiegenden Gewaltvorfälle von 53 auf vier Fälle vermindert werden konnten, wurde der Wachschutz im September 2008 auf weitere Schulen in Neukölln ausgeweitet.[23]

Projekt Stadtteilmütter

Eines der erfolgreichsten Projekte der interkulturellen Sozialarbeit ist das Pilotprojekt „Stadtteilmütter in Neukölln“, das Buschkowsky vom Quartiersmanagement Schillerpromenade übernahm und 2006 auf den ganzen Bezirk Neukölln ausdehnte.[24] Frauen nichtdeutscher Herkunft machen Hausbesuche und beraten Familien aus ihrer Heimat über Möglichkeiten zur Bildung, Sprach- und Gesundheitsförderung und Erziehung. Da bei den Elternabenden in den Schulen fast niemand mehr erschien, wurde ein sogenanntes niedrigschwelliges Angebot entwickelt. Anstatt auf die Familien zu warten, besuchen Sozialarbeiterinnen Migrantenfamilien.[25] Seit 2008 stehen den Sozialarbeiterinnen auch Schulstationen mit Elterncafés als Anlaufstelle für ratsuchende Eltern zur Verfügung. Das Projekt erhielt 2008 den «Metropolis Award», eine Auszeichnung für herausragende Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Lebensqualität in Großstädten.[26] Die Finanzierung war zunächst bis zum Jahr 2008 befristet und wurde dann von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bis zum Jahr 2010 verlängert.

Zitat

Buschkowsky ist ein Sozialdemokrat vom alten Schlag, wie man ihn nur noch selten findet.

Tagesspiegel, 2008: „Wer ist Heinz Buschkowsky?“ [27]

Quellen

  1. Jan Thomsen: „Der Ausländerbeauftragte“, Berliner Zeitung, 29. März 2005, S. 3
  2. a b c Gilbert Schomaker: „Berliner Spaziergang. Bürgermeister findet sein Neukölln "affenscharf" “, Die Welt, 13. Juli 2008
  3. Carsten Volkery: „Integrationsdebatte: Der Kronzeuge und die Gutmenschen“, Spiegel Online, 26. November 2004
  4. a b Gilbert Schomaker: „Der Mann, der die SPD das Fürchten lehrt“, Die Welt, 4. Juli 2008
  5. „Erst entgleiten die Stadtgebiete, dann die Menschen“, Tagesspiegel, 27. Juni 2008, Interview
  6. „Rot-Rot will von Buschkowsky nichts wissen“, Tagesspiegel, 8. Juli 2008
  7. Jochim Stoltenberg: „Heinz Buschkowsky, Buhmann der SPD“, Berliner Morgenpost, 6. Juli 2008
  8. Gerd Appenzeller: „Mehr Buschkowskys für Berlin“, Tagesspiegel, 7. Juli 2008
  9. „Problemkiez. Bürgermeister kämpft gegen Absturz Neuköllns“, Berliner Morgenpost, 10. Juli 2008
  10. „Ärger über Buschkowsky“, Tagesspiegel, 4. Juli 2008
  11. Stefan Strauß: „Neukölln fordert Geld für Grundschulen. Neue Studie belegt Abwärtstrend im Nordteil“, Berliner Zeitung, 28. November 2008
  12. „Neukölln-Nord ist das Elendsviertel der Stadt“, Berliner Morgenpost, 27. November 2008
  13. Buschkowsky kritisiert türkischsprachige Werbeplakate, Berliner Morgenpost, 2. April 2009
  14. Claudia Keller: „Wachleute sollen Neuköllns Schulen schützen“, Tagesspiegel, 30. Juni 2007
  15. „Wachschutz kommt“, taz, 14. September 2007
  16. Alke Wierth: „Security statt Sozialarbeit“, taz, 26. September 2007
  17. „Buschkowsky: "Wachschutzkündigung war abenteuerlich" “, Tagesspiegel, 23. Oktober 2006
  18. „Schulprojekt. Buschkowsky hält an Wachschutz fest“, Tagesspiegel, 24. Oktober 2006
  19. Stefan Strauss: „Arminia-Bewacher aus Bielefeld schützen nun Neuköllner Schulen“, Berliner Zeitung, 2. November 2007
  20. Rolf Lautenschläger: „Buschkowsky kriegt Prügel“, die tageszeitung, 24. Oktober 2007
  21. „Schule ist keine private Veranstaltung“, inforadio, 10. Dezember 2007, Interview
  22. „Wir Lehrer können die Schule nicht nach außen verteidigen“, Spiegel Online, 10. Dezember 2007, mit Video
  23. „Wachschutz an Neuköllner Schulen wird ausgeweitet“, Berliner Morgenpost, 14. August 2008
  24. Stadtteilmütter - Offizielle Internetseite
  25. Ferda Ataman: „Neuköllns Türöffner“, Tagesspiegel, 25. März 2009
  26. Berlin gewinnt den Metropolis Award 2008 – „Stadtteilmütter“, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin, 22. August 2008
    Metropolis Award 2008, Metropolis, 2007
  27. Claudia Keller und Ulrich Zawatka-Gerlach: „Wer ist Heinz Buschkowsky?“ Tagesspiegel, 13. Juli 2008

Weblinks

Interviews



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