- Abbildungsgrad
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Der Abbildungsgrad ist ein wichtiges Hilfsmittel der nichtlinearen Analysis, um die Existenz von Lösungen nichtlinearer Gleichungen f(x) = y nachzuweisen. Mit seiner Hilfe kann man beispielsweise den brouwerschen Fixpunktsatz, den Satz von Borsuk-Ulam oder den jordanschen Kurvensatz beweisen. Im endlichdimensionalen (für stetige Funktionen) bezeichnet man ihn als brouwerschen Abbildungsgrad; seine Erweiterung auf Banachräume (für kompakte Störungen der Identität) heißt leray-schauderscher Abbildungsgrad.
Inhaltsverzeichnis
Der brouwersche Abbildungsgrad
Der brouwersche Abbildungsgrad ordnet einer stetigen Funktion
für offenes, beschränktes Ω und gegebenes
eine ganze Zahl d(f,Ω,y) zu. Entscheidend für die Anwendungen ist die Tatsache, dass die Gleichung f(x) = y bereits dann lösbar ist, wenn der Abbildungsgrad d(f,Ω,y) von null verschieden ist. Verschwindet der Abbildungsgrad d(f,Ω,y), so kann keine Aussage zur Lösbarkeit gemacht werden.
Axiomatische Definition
Der brouwersche Abbildungsgrad ist eine Funktion
mit den folgenden Eigenschaften:
- d(id,Ω,y) = 1 für alle
.
- Zerlegungseigenschaft:
- d(f,Ω,y) = d(f,Ω1,y) + d(f,Ω2,y), falls Ω1,Ω2 disjunkte offene Teilmengen von Ω sind, so dass
.
- Homotopieinvarianz:
ist bezüglich
konstant, falls
und
stetig sind mit
für alle
und
.
Man kann zeigen, dass eine derartige Funktion existiert und dass sie eindeutig ist.
Wichtige Eigenschaften des brouwerschen Abbildungsgrades
- Ist
, so ist die Gleichung f(x) = y auf Ω lösbar.
- Ist
mit
so gilt d(f,Ω,y) = d(g,Ω,y).
Insbesondere ist der Abbildungsgrad durch die Werte aufeindeutig festgelegt.
- Liegen y1 und y2 in derselben Zusammenhangskomponente Z von
, so gilt d(f,Ω,y1) = d(f,Ω,y2).
Man schreibt daher auch kurz d(f,Ω,Z) für d(f,Ω,y), um anzudeuten, dass der Abbildungsgrad nicht von dem Punkt, sondern von der Komponente abhängt.
- Seien
und
stetig und Ki die beschränkten Zusammenhangskomponenten von
sowie
, dann gilt die leraysche Produktformel
worin nur endlich viele Summanden von null verschieden sind.
Darstellungen des Abbildungsgrades
- Falls f zusätzlich auf Ω stetig differenzierbar ist und alle Punkte in f − 1(y) regulär sind, das heißt, die Determinante der Jacobimatrix J(f)(x) ist in diesen Punkten
nicht null, so gilt
Ist f nicht stetig differenzierbar, dann kann man aufgrund der zweiten Eigenschaft eine Funktionwählen, die den gleichen Abbildungsgrad wie f hat.
- Sei
wieder stetig auf
und stetig differenzierbar auf Ω,
kein kritischer Punkt. Sei außerdem
0}" border="0"> eine Schar stetiger Funktionen von
nach
mit
und
für alle
0" border="0"> wählen, hierbei bezeichnet
den abgeschlossenen Ball vom Radius
um Null. Dann existiert ein
, so dass die Integralformel
für allegilt.
Windungszahl
Der brouwersche Abbildungsgrad umfasst als Spezialfall die in der Funktionentheorie wichtige Windungszahl
. Identifiziert man
mit
, so ist der brouwersche Abbildungsgrad auch für die komplexe Ebene definiert. Eine geschlossene Kurve
kann man als stetiges Bild von von
verstehen. Mit
wird der Einheitskreisring um den Punkt null bezeichnet. Das heißt, es existiert eine stetige und surjektive Abbildung
. Ist nun
, so ist aufgrund der Stetigkeit des Abbildungsgrades der Ausdruck d(f,K1(0),a) für alle stetigen Fortsetzungen von f dieselbe Zahl. Es gilt nun
hierbei bezeichnet
einen genügend kleinen Kreisring um x. Insbesondere zur Rechtfertigung des letzten Gleichheitszeichen sind noch ein paar Fakten aus der Topologie nötig.
Der leray-schaudersche Abbildungsgrad
Der leray-schaudersche Abbildungsgrad ist ein Analogon des brouwerschen Fixpunktsatzes für (unendlichdimensionale) Banachräume. Dieser Abbildungsgrad wurde 1934 von J. Leray und J. Schauder definiert. [1] Jedoch ist es nicht möglich, den Abbildungsgrad für beliebige stetige Funktionen zu definieren, sondern man darf nur noch kompakte Störungen der Identität zulassen.
Kompakte Störungen der Identität
Seien X,Y Banachräume und M eine Teilmenge des Banachraums X. Eine Funktion
heißt kompakter Operator, falls
- K stetig ist und, falls
- K beschränkte Mengen
auf relativ kompakte Mengen abbildet. Mit anderen Worten,
ist eine kompakte Teilmenge von Y.
Ein Operator
, der sich als
mit einem kompakten Operator K darstellen lässt, heißt kompakte Störung der Identität.
Kompakte Homotopie
Eine kompakte Homotopie ist eine Homotopie zwischen kompakten Operatoren. Es sei
offen und beschränkt und
für
eine operatorwertige Funktion mit kompakten Operatoren
. Diese operatorwertige Funktion K heißt kompakte Homotopie auf M, falls zu jedem
0" border="0"> ein δ > 0 existiert, so dass
für alle
und
mit | t1 − t2 | < δ gilt.
Definition
Sei
eine kompakte Störung der Identität,
offen und beschränkt und
. Dann ist der leray-schaudersche Abbildungsgrad eine Zuordnung auf eine ganze Zahl
, so dass Eigenschaften
- Ist
, so ist die Gleichung F(x) = 0 lösbar.
- Homotopieinvarianz: Ist K eine kompakte Homotopie auf
mit
für alle
und
, so ist der Abbildungsgrad
unabhängig von
.
gelten.
Beispiel
Die wichtigste Methode zur Berechnung des leray-schauderschen Abbildungsgrades führt, genau wie beim brouwerschen Abbildungsgrad, über die Homotopieinvarianz.
Interessiert man sich beispielsweise dafür, ob die Gleichung x − F0(x)x = y eine Lösung in
hat, so sucht man zunächst einen passenden Raum, so dass F0 ein kompakter Operator ist. Um die Lösbarkeit nachzuweisen, nimmt man nun indirekt an, dass
auf
gilt, weil sonst nichts mehr zu zeigen ist.
Anschließend sucht man eine kompakte Homotopie H mit H(1) = F0 und
für alle
und
. Diese Homotopie sollte so gewählt sein, dass man für den leray-schauderschen Abbildungsgrad
nachweisen kann. Daraus folgt nämlich
für alle
und somit die Existenz eines
mit x − F0(x)x = y.
Für ein konkretes Beispiel sei das Anfangswertproblem
- x' = f(t,x)
für
und x(0) = x0 gegeben. Man kann zeigen, dass es mindestens eine Lösung hat, falls
stetig ist und falls
auf
für ein geeignetes
gilt. Um dies zu sehen, schreibt man das System von Differentialgleichungen in das System
von Integralgleichungen um. Da beide Gleichungen äquivalent sind, reicht es zu zeigen, dass die Integralgleichung eine stetige Lösung besitzt. Diese ist dann auch differenzierbar. Daher wählt man X = C([0,a]) als den Raum der stetigen Funktion auf dem Intervall [0,a] mit der Maximumsnorm
. Außerdem setzt man
Aufgrund des Satzes von Arzelà-Ascoli ist F0 ein kompakter Operator und
eine kompakte Homotopie. Da die Existenz einer Lösung von x − F0(x) = 0 untersucht wird, wird y = 0 gesetzt. Da
vorausgesetzt wurde, kann man zeigen, dass es reicht, Ω: = Br(0) mit einem
x_0| + B \cdot a)e^{-Ba}" border="0"> zu wählen, und erhält aufgrund der Homotopieinvarianz
Damit ist gezeigt, dass die Integralgleichung mindestens eine stetige Lösung besitzt.
Literatur
- Klaus Deimling: Nonlinear Functional Analysis. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1985, ISBN 3-540-13928-1.
- Michael Růžička: Nichtlineare Funktionalanalysis. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2004, ISBN 3-540-20066-5.
- Andrzej Granas, James Dugundji: Fixed point theory. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2003, ISBN 9780387001739.
Einzelnachweise
- ↑ Klaus Deimling: Nonlinear Functional Analysis. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1985, ISBN 3-540-13928-1, Seite 37.
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