Satz von Borsuk-Ulam

Satz von Borsuk-Ulam

Der Satz von Borsuk-Ulam besagt, dass jede stetige Funktion von einer n-Sphäre in den n-dimensionalen euklidischen Raum ein Paar von antipodalen Punkten auf denselben Punkt abbildet. (Zwei Punkte einer Sphäre heißen antipodal, wenn sie in genau entgegengesetzten Richtungen vom Mittelpunkt liegen.)

Der Fall n = 2 wird oft dadurch erläutert, dass zu jedem Zeitpunkt ein Paar von antipodalen Punkten auf der Erdoberfläche mit gleichen Temperaturen und gleichem Luftdruck existieren. Dies setzt voraus, dass Temperatur und Luftdruck stetige Funktionen sind.

Der Satz von Borsuk-Ulam wurde von Stanisław Ulam vermutet und 1933 durch Karol Borsuk bewiesen. Es ist möglich, aus dem Satz von Borsuk-Ulam auf elementare Weise den brouwerschen Fixpunktsatz herzuleiten.

Inhaltsverzeichnis

Borsuk'scher Antipodensatz

Eine stärkere Aussage ist der Satz von Borsuk, der auch als Borsuk'scher Antipodensatz bekannt ist. Man nennt eine Funktion antipodenerhaltend, wenn sie ungerade ist.

Aussage

Ist Ω eine symmetrische, offene und beschränkte Teilmenge des \mathbb{R}^n, welche den Nullpunkt enthält, und f \colon \overline{\Omega} \rightarrow \mathbb{R}^n stetig und antipodenerhaltend, das heißt f( − x) = − f(x) für alle x \in \overline{\Omega}, sowie  0 \not\in f(\partial \Omega). Dann ist der Brouwer'sche Abbildungsgrad d(f,Ω,0) eine ungerade Zahl.

Weitere Verallgemeinerungen

  • Anstatt zu fordern, dass f \in C(\overline{\Omega} , \R^n) antipodenerhaltend ist, reicht es
    \frac{f(x)}{\|f(x)\|} \neq \frac{f(-x)}{\|f(-x)\|}
    und 0 \not\in f(\partial \Omega) zu fordern. Funktionen die dies erfüllen sind homotopäquivalent zu einer antipodenerhaltenden Funktion, was für den Beweis des Borsuk'schen Satzes ausreicht. Insbesondere gibt es keine stetige Fortsetzung von f|_{\partial \Omega} auf Ω mit 0 \notin f(\Omega). Denn ist der Brouwer'sche Abbildungsgrad undgleich null, dann hat die Gleichung f(x) = 0 mindestens eine Lösung x \in \Omega.
  • Die Aussage kann man auch auf unendlichdimensionale normierte Räume verallgemeinern. Dabei sei Ω eine symmetrische, offene und beschränkte Teilmenge des normierten Raums (X, \|\cdot\|), 0 \in \Omega F = \operatorname{Id} - F_0, wobei F_0 \colon \overline{\Omega} \to X eine kompakte Abbildung ist, 0 \not\in F(\partial \Omega) und
    \frac{F(x)}{\|F(x)\|} \neq \frac{F(-x)}{\|F(-x)\|}.
    Dann ist der Leray-Schauder-Grad eine ungerade Zahl.

Anwendung

In der elementaren Geometrie kann mit der Aussage von Borsuk-Ulam folgende interessante Tatsache beweisen: (Auch bekannt als Bisektionstheorem)

„Gegeben zwei beliebige Polygone in der Ebene. Dann existiert eine Gerade derart, dass diese den Flächeninhalt beider Polygone gleichzeitig halbiert. (d.h. nicht nur in der Summe sondern sogar beide für sich genommen)“

Beweis
Sei i\in\{1,2\} und bezeichne mit Ai die vorgegebenen Polygone. Betrachte diese in der verschobenen x-y-Ebene D:=\R^2 \times \{1\}\subseteq \R^3, die wir im euklidischen Standardraum betrachten. Sei dann u \in S^2 der Ortsvektor eines Punktes auf der Einheitssphäre und bezeichne mit Pu die Normalenebene zu u durch den Nullpunkt. Für u\neq \begin{pmatrix}0&0&\pm 1\end{pmatrix}^t definiert der Schnitt von Pu mit D eine Gerade Lu. Mit dieser Gerade können Abbildungen f_i: S^2 \to \R^2 erklärt werden vermöge der stetigen Zuordnung:  u\mapsto \text{Inhalt von } A_i \text{ in } u\text{-Richtung von }L_u. Offenbar haben diese Abbildungen die Eigenschaft fi(u) + fi( − u) = Inhalt(Ai). Wenn \|\cdot\| das Maß eines Inhalts bezeichnet, kann mit der Definition F(u):= ( \|f_1(u)\| ,\|f_2(u)\| )^t eine weitere stetige Abbildung von S^2\to \R^2 erklärt werden. Borsuk-Ulam liefert dann für F die Existenz eines Punktes u * mit F(u * ) = F( − u * ). Nach Konstruktion von F gilt für diesen Punkt \|f_i(u^*)\|=\|f_i(-u^*)\|= \tfrac{1}{2} \|A_i\| für beide i\in\{1,2\}. Damit ist L_{u^*} die gesuchte Gerade aus der Behauptung.

Literatur

  • Karol Borsuk: Drei Sätze über die n-dimensionale euklidische Sphäre. Fundamenta Mathematicae 20 (1933), 177-190, Online
  • Klaus Deimling: Nonlinear Functional Analysis. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1985, ISBN 3-540-13928-1.
  • Wolfgang Gromes: Ein einfacher Beweis des Satzes von Borsuk. Mathematische Zeitschrift 178 (1981), 399-400.
  • Lasar Ljusternik und Lew Schnirelmann: Topological Methods in Variational Problems. Issledowatelskii Institut Matematiki i Mechaniki pri O. M. G. U., Mokau 1930 (russisch).
    Französische Übersetzung durch J. Kravtchenko: Méthodes topologiques dans les problèmes variationnels. 1ère partie. Espaces à un nombre fini de dimensions. Hermann & Cie., Paris 1934.
  • Jiří Matoušek: Using the Borsuk-Ulam theorem. Springer-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-540-00362-2.

Weblinks


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