Kompakter Operator

Kompakter Operator

Kompakte Operatoren zwischen zwei Banachräumen sind in der Funktionalanalysis, einem der Teilgebiete der Mathematik, spezielle Operatoren, die ihren Ursprung in der Theorie der Integralgleichungen haben. Man spricht auch von kompakten Abbildungen anstatt von kompakten Operatoren.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Seien E und F normierte Räume, K\colon \Omega \subset E\to F ein Operator. Dann heißt K kompakt, falls K stetig ist und das Bild jeder beschränkten Menge S in E eine relativkompakte Teilmenge von F ist. Die Menge der kompakten Operatoren wird hier mit \mathcal{R}(E,F) bezeichnet.

Beispiel

  • Die Identität auf einem Banachraum ist genau dann kompakt, wenn der Banachraum endlichdimensional ist. Dies folgt aus der Tatsache, dass die Einheitskugel genau dann relativkompakt ist, wenn der Banachraum endlichdimensional ist.
  • Sei \Omega \subset X eine beschränkte Teilmenge eines normierten Raums. Ein Operator K \colon \Omega \to F der Form K := \operatorname{Id} - K_0, wobei K_0 \colon \Omega \to F ein kompakter Operator ist, bildet abgeschlossene Mengen auf abgeschlossene Mengen ab und ist damit selbst ein kompakter Operator. Operatoren, die eine Zerlegung K := \operatorname{Id} - K_0 mit K0 kompakter Operator haben, heißen kompakte Störung der Identität.

Approximationseigenschaft

Seien E und F normierte Räume und \Omega \subset E eine beschränkte Teilmenge. Mit \mathcal{F}(\Omega,F) wird der Raum der kompakten Operatoren L, deren Bild F(Ω) in einem endlichdimensionalen Untervektorraum von F enthalten ist, bezeichnet. Sei K \colon \Omega \to Y ein kompakter Operator, dann existiert zu jedem ε > 0 ein kompakter Operator K_\epsilon \in \mathcal{F}(\Omega,F), so dass

\sup_{x \in \Omega} |K - K_\epsilon| < \epsilon

gilt. Das heißt der Raum \mathcal{F}(\Omega,F) liegt bezüglich der Supremumsnorm \textstyle \sup_{x \in \Omega} |\cdot| dicht im Raum \mathcal{R}(\Omega,F) der kompakten Operatoren. Ist F ein Banachraum, so gilt auch die Umkehrung. Das heißt eine Folge kompakter Operatoren, die bezüglich der Supremumsnorm konvergiert, hat als Grenzwert einen kompakten Operator. Also insbesondere ist der Raum \mathcal{R}(\Omega,F) der kompakten Operatoren mit beschränktem Ω vollständig.[1]

Natürlich gelten diese Eigenschaften auch für lineare Operatoren, jedoch ist es unnatürlich diese auf beschränkten Operatoren zu betrachten. Man kann diese Eigenschaften für lineare Operatoren auch für X zeigen, jedoch müssen zum Teil noch andere weitere Voraussetzungen getroffen werden.

Theorie linearer kompakter Operatoren

Die Menge der linearen, kompakten Operatoren K \colon E \to F wird hier mit \mathcal{K}(E,F) bezeichnet.

Stetigkeit

Für lineare Operatoren reicht es zu fordern, dass das Bild der Einheitskugel \{x \in E: \|x\| \le 1\} relativkompakt ist. Es ergibt sich dann folgender Zusammenhang zu stetigen Operatoren: Ist K stetiger linearer Operator, so wird jede beschränkte Menge auf eine beschränkte Menge abgebildet. Ist K kompakter linearer Operator, wird jede beschränkte Menge auf eine relativkompakte Menge abgebildet. Da jede relativkompakte Menge beschränkt ist und damit auch die Operatornorm von K beschränkt ist, muss die Stetigkeit des Operators K nicht mehr gefordert werden.

Eigenschaften

  • Die Menge \mathcal{K}(E,F) ist ein Banachraum. Das heißt, für kompakte Operatoren K1,K2 und einen Skalar \lambda\in\mathbb{C} sind die Operatoren K1 + K2 und λK kompakt. Außerdem konvergiert jede Cauchy-Folge (K_n)_{n=1}^\infty bezüglich der Operatornorm gegen einen linearen kompakten Operator \textstyle \lim_{n\to\infty}K_n.
  • Der lineare Operator K \colon E \to F ist genau dann kompakt, wenn zu jeder beschränkten Folge (xn) in E eine Teilfolge von (K(xn)) existiert, die in F konvergiert. Kompakte Operatoren bilden also beschränkte Folgen auf Folgen mit konvergenten Teilfolgen ab. Ist E unendlichdimensional, gibt es beschränkte Folgen, die keine konvergenten Teilfolgen besitzen. Somit können kompakte Operatoren Konvergenzeigenschaften "verbessern".
  • Seien W, X, Y und Z Banachräume, K:X\rightarrow Y ein kompakter Operator, A:W\rightarrow X und B:Y\rightarrow Z beschränkte Operatoren. Dann ist auch BKA:W\rightarrow Z kompakt.
  • Insbesondere ist die Menge aller kompakten Operatoren eines Hilbertraumes H ein selbstadjungiertes abgeschlossenes Ideal in der C*-Algebra aller beschränkten linearen Operatoren auf H.

Satz von Schauder

Der folgende Satz ist nach Juliusz Schauder benannt. Sei X und Y Banachräume. Dann ist ein linearer Operator K \colon X\to Y genau dann kompakt, wenn der adjungierte Operator K^* \colon Y^*\to X^* kompakt ist.

Approximationseigenschaft

Ist K \colon E \to F ein linearer Operator und sei X endlichdimensional, so ist K kompakt. Gibt es eine Folge von linearen Operatoren endlichen Ranges, die bezüglich der Operatornorm gegen den beschränkten linearen Operator K konvergiert, so ist K kompakt. Die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht. Hinreichende Bedingung für die Gültigkeit der Umkehrung ist die Existenz einer beschränkten Folge stetiger Operatoren endlichen Ranges, die punktweise gegen die Identität im Banachraum F konvergiert. Dies ist insbesondere der Fall, wenn F ein Hilbertraum oder ein separabler Banachraum ist. Man kann also beispielsweise lineare kompakte Operatoren K : E \to F durch eine Folge (Kn) linearer Operatoren mit endlichdimensionalem Bild approximieren, falls Y einer der Banachräume c0, \ell^p oder Lp([0,1]) mit 1 \leq p < \infty ist.

Spektraltheorie

Sei X ein Banachraum und T \colon X \to X ein kompakter Operator. Mit σ(T) wird das Spektrum des Operators T bezeichnet. Ist der Raum X zusätzlich unendlichdimensional, so gilt 0 \in \sigma(T) und die eventuell leere Menge \sigma(T) \setminus \{0\} hat höchstens abzählbar viele Elemente. Insbesondere ist 0 der einzige Häufungspunkt von σ(T).

Jedes \lambda \in \sigma(T) \setminus \{0\} ist ein Eigenwert von T und der zugehörige Eigenraum \operatorname{ker}(\lambda \operatorname{Id} - T) ist endlichdimensional. Außerdem existiert eine topologisch direkte Zerlegung X = N(\lambda) \oplus R(\lambda) mit T(N(\lambda)) \subset N(\lambda) und T(R(\lambda)) \subset R(\lambda), wobei N(λ) endlichdimensional ist und \operatorname{ker}(\lambda \operatorname{Id} - T) umfasst, sowie (\lambda \operatorname{Id} - T)|_{R(\lambda)} ein Isomorphismus von R(λ) auf R(λ) ist. Diese Zerlegung heißt Riesz-Zerlegung und ist nach dem Mathematiker Frigyes Riesz benannt, der große Teil der Spektraltheorie (kompakter) Operatoren erforscht hat.

Spektralzerlegung selbstadjungierter kompakter Operatoren

Ist T \colon H \to H ein kompakter selbstadjungierter Operator auf einem Hilbertraum H, dann existiert für den Operator eine Spektralzerlegung. Das heißt es existiert ein Orthonormalsystem e_1 , e_2, \ldots sowie eine Nullfolge \lambda_1, \lambda_2, \ldots \in \mathbb{K} \backslash \{0\}, so dass

Tx = \sum_{k = 1}^\infty \lambda_k \langle x ,e_k\rangle e_k

für alle x \in H gilt. Die λk sind für alle k \in \N die Eigenwerte von T und ek ist ein Eigenvektor zu λk.

Spektralzerlegung allgemeiner kompakter Operatoren auf Hilberträumen

Ist allgemeiner T \colon H_1 \to H_2 ein kompakter Operator auf den Hilberträumen H1 und H2 dann kann man das obige Resultat auf die beiden Operatoren |T| \colon H_1 \to H_1 und |T^*| \colon H_2 \to H_2 anwenden (dabei ist für einen Operator A der Betrag | A | ein positiver (und daher selbstadjungierter) Operator, für den | A | 2 = A * A ist; dieser Operator existiert stets und er ist eindeutig).

Man erhält dann Orthonormalsysteme e_1 , e_2, \ldots von H1 und f_1 , f_2, \ldots von H2 sowie eine Nullfolge \lambda_1, \lambda_2, \ldots \in \mathbb{K} \backslash \{0\}, so dass

Tx = \sum_{k = 1}^\infty \lambda_k \langle x ,e_k\rangle f_k

x \in H_1 und

T^*y = \sum_{k = 1}^\infty \lambda_k \langle y ,f_k\rangle e_k

für alle y \in H_2 gilt.

Ähnlich wie oben sind dann λk die Eigenwerte von | T | und | T * | , ek die Eigenvektoren von | T | und fk die Eigenvektoren von | T * | .

Anwendung

Sei G \subseteq \R kompakt mit echt positivem Lebesgue-Maß und k stetig auf G \times G. Dann ist der durch

 T x(t) = \int\limits_G k(t,s) x(s)\mathrm{d} s

definierte Fredholmsche Integraloperator ein linearer kompakter Operator. Diese Aussage lässt sich mit Hilfe des Satzes von Arzela-Ascoli beweisen. [2]

Viele Sätze zur Lösbarkeit von Integralgleichungen, wie die Fredholmsche Alternative, setzen einen kompakten Operator voraus.

Schmidt-Darstellung und die Schatten-Klasse

Hauptartikel: Schatten-Klasse

Seien H1 und H2 Hilberträume und T \colon H_1 \to H_2 ein kompakter Operator. Dann existieren abzählbare Orthonormalsysteme (e_i)_{i \in \N} von H1 und (f_i)_{i \in \N} von H2 sowie Zahlen s_1 \geq s_2 \geq \ldots \geq 0 mit s_k \to 0, so dass

Tx = \sum_{k=1}^\infty s_k\langle x , e_k\rangle f_k

für alle x \in H_1 gilt. Diese Darstellung des kompakten Operators nennt man Schmidt-Darstellung und die Zahlen si sind im Gegensatz zu den Orthonormalsystemen eindeutig bestimmt und heißen singuläre Zahlen. Gilt (s_i)_{i \in \N} \in \ell^p für 1 \leq p < \infty so sagt man, dass T in der p-ten Schatten-Klasse liegt. Ist p = 1 so heißen die Operatoren nuklear und ist p = 2, so handelt es sich um einen Hilbert-Schmidt-Operator. Auf der Menge der Hilbert-Schmidt-Operatoren kann im Gegensatz zu den anderen Schatten-Klassen auf natürliche Weise eine Hilbertraumstruktur definiert werden.

Vollstetige Operatoren

Seien E und F Banachräume, K\colon E\to F ein Operator. Dann heißt K vollstetig, falls für jede in E schwach konvergente Folge (xn) die Bildfolge (K(xn)) in F normkonvergent ist. Kompakte Operatoren sind vollstetig. Ist E reflexiv, so ist auch jeder vollstetige Operator kompakt. [3]

Fixpunkttheorie

Viele nichtlineare Differential- und Integralgleichungen kann man kurz als Gleichung F(x) = y schreiben, wobei F \colon \Omega \to X ein kompakter Operator ist. Für solche nichtlinearen Probleme existiert keine umfassende Lösungstheorie. Eine Möglichkeit, um die Gleichung auf Lösungen zu untersuchen, ist die Fixpunkttheorie. In diesem Zusammenhang sind zum Beispiel der Fixpunktsatz von Schauder oder die Leray-Schauder-Alternative zentrale Hilfsmittel, die die Existenz von Fixpunkten garantieren. Außerdem lässt sich zeigen, dass falls \Omega \subset X abgeschlossen und beschränkt ist, die Menge der Fixpunkte eines kompakten Operators kompakt ist.

Einzelnachweise

  1. Klaus Deimling: Nonlinear Functional Analysis. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1985, ISBN 3-540-13928-1, Seite 55.
  2. Dirk Werner: Funktionalanalysis, Springer-Verlag, Berlin, 2005, ISBN 3-540-21381-3, S. 70
  3. John B. Conway: A Course in Functional Analysis. 2. Auflage. Springer, ISBN 0-387-97245-5, VI, §3

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