- Bündnissystem Bismarcks
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Ziel des Bündnissystem Bismarcks war die Isolierung Frankreichs, damit Frankreich sich nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 nicht mehr revanchieren konnte. Dazu zählte etwa der Zweibund zwischen Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich, der später zum Dreibund zwischen dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und Italien erweitert wurde. Des Weiteren bestand zwischen Großbritannien und Italien die so genannte Mittelmeer-Entente, die Großbritannien quasi mit ins Bündnis gegen Frankreich holte. Zuletzt bleibt noch der Rückversicherungsvertrag zwischen Russland und dem Deutschen Reich zu erwähnen, der eine Art Nichteinmischungs-/Nichtangriffspakt war, nach Bismarcks Rücktritt 1890 jedoch nicht verlängert wurde.
Details
Um den Friedenszustand beizubehalten, arrangierte Otto von Bismarck 1872/1873 das Dreikaiserabkommen zwischen dem Deutschen Reich, Russland und Österreich-Ungarn. Dieses Abkommen war ein sog. „Konsultativabkommen“, welches für den Konfliktfall Beratungen zwischen den Partnern vorsah. Dieses Abkommen ist für Bismarck der Schlüssel, um in der Balkankrise zwischen den Kontrahenten Österreich-Ungarn und Russland neutral zu bleiben und die Spannungen, die der russische Panslawismus hervorgerufen hatte, zu mindern. Wäre es nur ein zweiseitiges Abkommen, hätte sich das Deutsche Reich notwendigerweise einen von beiden zum Feind gemacht.
Frankreich selbst blockte Bismarck ab und versuchte sogar zur Entspannung des Verhältnisses beizutragen, was ihm nicht gelang. Als Frankreich zwischen 1871 und 1875 unerwartet schnell wieder erstarkt und aufrüstet, machte Bismarck 1875, in der sog. „Krieg-in-Sicht-Krise“ (der Name kommt von einer Zeitungskampagne Bismarcks), Frankreich klar, dass das Deutsche Reich angesichts Frankreichs Aufrüstung zu einem Präventivkrieg (= Angriffskrieg, der einem vermuteten Angriff des Gegners zuvor kommt) bereit sei, aber prinzipiell kein Interesse an einem Krieg habe.
Wegen des Interessenkonflikts auf dem Balkan („Balkankrise“) zwischen Österreich-Ungarn, Russland und dem Osmanischen Reich herrschte zwischen 1875 und 1878 eine angespannte Lage in Europa. 1877/78 führt diese Spannung zu einem Krieg zwischen Russland und der Hohen Pforte. Russland gewann, und Österreich-Ungarn sah in den Erfolgen des Zaren eine Gefahr für seine Interessen auf dem Balkan. Das Dreikaiserabkommen brach zusammen.
1878 drohte Krieg zwischen Österreich-Ungarn und Russland (wegen des Balkankonfliktes) und zwischen Großbritannien und Russland (England befürchtet das Erstarken Russlands im Mittelmeer). Bismarck griff ein, da er den Frieden gefährdet sah, und vermittelte als „ehrlicher Makler“ auf dem Berliner Kongress 1878 zwischen den Großmächten. Es fand eine Umgestaltung des Balkans statt. Rumänien, Bulgarien (unter Gebietsverlusten), Serbien und Montenegro wurden souveräne Staaten. Russlands Einfluss auf dem Balkan wurde zu Gunsten Österreich-Ungarns geschwächt, was Russland stark verstimmte. Der Panslawismus (= Streben, alle slawischen Völker zu vereinen), der auf dem Balkan unter der türkischen Herrschaft aufkam, wurde gestärkt. Man wehrte sich gegen den Einfluss Russlands. Russland aber wollte Einfluss auf den Balkan nehmen, da es darin die Chance auf Machterweiterung in Europa sah. Diese Verstimmung Russlands war ein Belastungsfaktor für Bismarcks Außenpolitik.
Um sich vor dem nun drohenden Angriff Russlands abzusichern und um zu verhindern, dass sich Österreich-Ungarn mit Frankreich, das den Revanchegedanken für den verlorenen Krieg von 1871 hegte, verbündete, führte Bismarck 1879 den Zweibund zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn herbei. Dieser Defensivvertrag sicherte beiden Vertragspartnern militärischen Beistand im Kriegsfall zu.
Um sich nach dem gescheiterten Dreikaiserabkommen wieder an Russland anzunähern, drängte Bismarck anschließend Russland und Österreich-Ungarn dazu, mit dem Deutschen Reich den Dreikaiservertrag 1881 zu schließen. Dieser stellte ein Neutralitätsabkommen dar, in welchem sich alle 3 Parteien zu Neutralität im Kriegsfall mit einer 4. Macht (z. B. Frankreich) verpflichteten.
1882 wurde neben dem Zweibund der Dreibund mit Italien und Österreich-Ungarn geschlossen. Dieses Defensivbündnis sicherte die gegenseitige Hilfe bei einem Angriff Frankreichs. Beide Bündnisse liefen bis zum Ende des Dreibundes 1914 nebeneinander.
Als es 1885 zum Krieg zwischen Bulgarien und Serbien kam, unterstützte Österreich-Ungarn Serbien, um die prorussische Bewegung einzudämmen. Dies führte zum Zusammenbruch des Dreikaiservertrags. Um der nun wieder entstandenen Gefahr, dass Russland sich Frankreich annähern und dies zum russisch-französischen Bündnis führen könne, vorzubeugen, versuchte Bismarck ein letztes Mal mit dem geheimen Rückversicherungsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Russland 1887 in St. Petersburg entgegenzukommen. In diesem Vertrag versicherten sich die Vertragsmächte gegenseitige Neutralität im Falle eines Defensivkrieges.
Im gleichen Jahr (1887) unterstützte Bismarck das Entstehen des Mittelmeerabkommens. Dieses sicherte Großbritannien, Italien und Österreich-Ungarn gegen eine Expansion Russlands ins Mittelmeer ab und sicherte den gegenwärtigen Status (Status Quo) im Mittelmeerraum.
Nach Bismarcks Abdankung 1890
Durch das Neutralitätsabkommen 1902 mit Frankreich löste sich Italien vom Dreibund. Auch der Rückversicherungsvertrag mit Russland - von Bismarck geschlossen, um Russlands Annäherung an Frankreich zu verhindern - wurde 1890 nicht verlängert. Zudem standen dem Deutschen Reich nun die Entente-Mächte (Frankreich und Großbritannien) gegenüber, die, nachdem sie ihre Interessensphären in Afrika geklärt (Frankreich wurde Marokko, Großbritannien Ägypten zugesprochen) hatten, 1904 die Entente cordiale schafften. Dadurch hatte sich das Deutsche Reich selbst eingekreist. Da eine Annäherung Großbritanniens an Russland sowie Frankreich politisch nicht verhindert wurden, ist eines von Bismarcks wichtigsten außenpolitischen Ziele - die Isolierung Frankreichs von Bündnissystemen - somit ins Gegenteil verkehrt worden.
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