Bürostadt Niederrad

Bürostadt Niederrad
„Bürostadt im Grünen“

Die Bürostadt Niederrad ist ein 144 Hektar großes Gewerbegebiet in den Frankfurter Stadtteilen Schwanheim und Niederrad.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Noch in den 1950er Jahren war der östliche Teil der Siedlung Goldstein nahezu unbebaut. 1962 beschloss die Stadt, das Gelände mit einer Fläche von zunächst knapp 80 Hektar als Gewerbegebiet auszuweisen.[1] Das für die Planungszeit fortschrittlich erscheinende Konzept war eine „Bürostadt im Grünen“, d. h. eine relativ aufgelockerte Hochhausbauweise mit größeren Umgebungsflächen sollte ein parkartiges Ambiente sicherstellen. Auch die Nähe zum Flughafen und der Abstand zur verkehrsbelasteten Innenstadt sollten den Standort attraktiv machen und gleichzeitig ein Entlastungszentrum darstellen.

Zahlreiche Architekten, unter anderen auch Egon Eiermann, der die auf trichterartigen Betonpfeilern erhobenen Hochhaustürme der Firma Olivetti (1968–1972) erdachte, schufen dort in den 1960er und 1970er Jahren eine Bürostadt, in die täglich etwa 25.000 Pendler kommen. 1975 wurde als Bauvorleistung der D-Strecke der U-Bahn Frankfurt die Straßenbahnstrecke nach Schwanheim durch die Bürostadt verlegt und 1977 konnte der aus Alt-Niederrad verlegte und neu errichtete Bahnhof Frankfurt-Niederrad in unmittelbarer Nähe zur Bürostadt eröffnet werden. Ab 1990 und um die Jahrtausendwende wurde das Areal um weitere Bürobauten und ergänzende Hotels auf eine Gesamtnutzfläche von fast 1.000.000 Quadratmetern verdichtet. Ältere Bauten der 1960er Jahre wurden z. T. abgerissen und durch volltaugliche Häuser ersetzt. Theoretisch sind im Gesamtgebiet bis zu 30.000 Büroarbeitsplätze unterzubringen.

Zu den ansässigen Unternehmen und Institutionen zählen u. a. Bilfinger Berger (Niederlassung), Colt Technology Services (Deutschlandzentrale), Hochtief, Nestle (Deutschlandzentrale), T-Systems, Deutsche Bahn AG (Niederlassungen der DB Systel GmbH und der DB ProjektBau), Siemens, DekaBank, der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI), der ADAC und der AvD (Hauptsitz) sowie die Bundesagentur für Arbeit (Zentraldirektion Hessen).

Probleme

Bürostadt Niederrad bei Abenddämmerung, Blick von Westen
Bürostadt Niederrad bei Abenddämmerung, Blick von Westen

Die Bürostadt leidet aufgrund ihrer in den 1960er Jahren bewusst gewollten Monostruktur unter Strukturproblemen. Das Konzept der „Bürostadt im Grünen“ wurde zur Bürostadt mit Grün, aber ohne Vernetzung. Fehlende Wohnbauten, kaum Einkaufsmöglichkeiten oder zu wenig Gastronomie lassen die Bürostadt abends nahezu aussterben. Auch der Bau der durch die Bahnlinie abgetrennten Hochhaussiedlung Im Mainfeld in den 1970er Jahren änderte daran nichts.[1] Daneben gilt auch die Verkehrserschließung immer noch als unzureichend. Maßnahmen dagegen waren die Einrichtung der zusätzlichen Buslinien 79 in den 1980ern und 78 in den 2000ern; ein Vollausbau der Anschlussstelle Niederrad an der Bundesautobahn 5 wurde beschlossen.[2]

Ein weiteres Problem ist die Planung neuer konkurrierender Büroflächen rund um den Flughafen. Als mögliche Folge bestand in der Bürostadt bereits 2007 ein Büroleerstand von etwa 25 %, weswegen das Stadtplanungsamt auf den noch vorhandenen wenigen Restflächen die Ansiedlung von Wohnungen erwägte. Denkbar wäre auch, einige unvermietbare Bauten unter Mischnutzung Büro/Wohnen zu sanieren.[3]

Umwandlung in eine Büro- und Wohnstadt

Anfang 2009 war der Büroleerstand bereits auf 30 % gestiegen, viele Vermieter haben die Hoffnung aufgegeben, jemals wieder auf den früheren Stand zu kommen. Als erstes Gebäude wurde das seit Jahren leerstehende 15-stöckige Hochhaus Lyoner Straße 19 in ein Wohnhaus umgenutzt. Für 15,4 Millionen Euro wurde das Bürohaus entkernt, um 2 Stockwerke erhöht, mit einem modernen Sockel umgeben und mit 98 teilmöblierten Wohnungen und einem Gewerbebetrieb gefüllt. Der Umbau wurde Mitte 2010 beendet und die ersten Wohnungen vermietet. Dieses könnte nach Ansicht der Stadtplaner das Signal für weitere Umnutzungen sein, zumal das Monostrukturkonzept aus städtebaulicher Sicht heute als veraltet gilt.

Die Stadtverordnetenversammlung Frankfurt am Main hat Mitte 2009 eine Magistratsvorlage bekommen, in der die „Transformation eines monofunktionalen Bürogebietes“ unter dem neuen Namen „Lyoner Viertel“ vorgeschlagen wird. Der noch aufzustellende Bebauungsplan umfasst 100 Hektar Kernzone der Bürostadt; vorgesehen sind bis zu 3000 Wohnungen für bis zu 6000 Einwohner. Auf drei Wegen soll das Ziel erreicht werden: Umbau bestehender Häuser, weitere Nachverdichtung auf den z. T. noch großzügigen Zwischenflächen sowie Abriss und Neubau begleitet von Geländeumgestaltungen wie Spielplätze, kleine Parks, durchgehende Grünstreifen und Radwege. Aussagen über notwendige soziale Infrastruktur und ausreichende Einkaufsmöglichkeiten fehlen noch, fest steht jedoch, dass diese unverzichtbar sind, wenn ein „echtes“ Wohnviertel entstehen soll.

Klärwerk Niederrad

Eines der größten und modernsten Klärwerke Deutschlands befindet sich in unmittelbarer Nähe, es ist bei der Vorbeifahrt am Main an dem Fachwerkbau mit Türmchen der vorigen Jahrhundertwende erkennbar.

Quellen

  1. a b Martin Wentz: Stadtentwicklung. In: Planungsdezernat Stadt Frankfurt am Main (Hrsg.): Die Zukunft des Städtischen – Frankfurter Beiträge. 9, Campus, Frankfurt/New York 1996, ISBN 3593355787, S. 167f.
  2. Vortrag des Magistrats vom 27. Juni 2003, M 93 (Online)
  3. Wohnen in der Bürostadt Niederrad? Pressemitteilung der Stadt Frankfurt am Main

Weblinks

 Commons: Bürostadt Niederrad – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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