Albert Suhr

Albert Suhr

Albert Suhr (* 9. Dezember 1920 in Hamburg; † 13. Juli 1996) war eine zentrale Persönlichkeit in der Widerstandsgruppe der Weißen Rose Hamburg.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Schon als Schüler entwickelte er eine pazifistische Grundhaltung und stand dem Nationalsozialismus kritisch gegenüber. Dennoch passte er sich äußerlich zunächst dem Regime an. Suhr war von 1933 bis 1938 Mitglied der Hitlerjugend (HJ), schloss sich danach der SA an und trat zu Beginn seines Studiums dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) bei.[1]. Nach der Aufnahme des Medizinstudiums an der Hamburger Universität lernte er die Buchhändlerin Hannelore Willbrandt kennen, die seine Ablehnung der herrschenden Verhältnisse teilt und mit der sich eine Liebesbeziehung entwickelte. Beide kamen in Kontakt zu einem kleinen Kreis oppositioneller Studenten um Heinz Kucharski, Reinhold Meyer und Margaretha Rothe. Gemeinsam lasen und diskutierten sie Werke verbotener Schriftsteller, erörterten künstlerische und philosophische Fragen und besuchten Vorlesungen des Pädagogen Wilhelm Flitner. Albert Suhr stellte die Verbindung her zu einem Kreis widerständiger junger Ärzte, der sich unter dem Nameen candidates of humanity am Universitäts-Krankenhaus Eppendorf (UKE) gebildet hatte. Dort lernte er auch den Assistenzarzt Frederick Geussenhainer kennen, mit dem ihn fortan eine intensive Freundschaft verband. Im Frühjahr 1943 gelangte das dritte Flugblatt der Weißen Rose nach Hamburg, das er gemeinsam mit seinen Freunden abschrieb und verbreitete.

Albert Suhr wurde am 13. November 1943 von der Gestapo verhaftet, im November 1944 überstellte man ihn als Untersuchungshäftling des Volksgerichtshofs an das Landgerichtsgefängnis Stendal. Er wurde im Teilverfahren des Gesamtkomplexes der Weißen Rosen Prozesse gemeinsam mit Hannelore Wilbrandt, Ursula de Boor, Wilhelm Stoldt und Felix Jud wegen Vorbereitung zum Hochverrat, Feindbegünstigung und Wehrkraftzersetzung angeklagt. Die Hauptverhandlung fand am 19. April 1945 vor dem Volksgerichtshof in Hamburg in seiner Abwesenheit statt. Er war bereits am 12. April 1945 durch amerikanische Truppen in Stendal befreit worden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Suhr als praktischer Arzt in Hamburg. Im November 1964 wurde er wegen Unzurechnungsfähigkeit in eine Heilanstalt eingewiesen, nachdem in seiner Praxis zwei Frauen nach missglückten Schwangerschaftsabbrüchen verblutet waren. Suhr stand in dieser Zeit unter dem Einfluss des Aufputschmittels Preludin.[2].

Umfeld

Acht Personen aus dem Umfeld der Hamburger Weißen Rose überlebten die Haftzeit nicht:

  • Katharina Leipelt (am 9. Januar 1944 im Gestapo-Gefängnis Fuhlsbüttel tot aufgefunden)
  • Elisabeth Lange (am 28. Januar 1944 Freitod im Gestapo-Gefängnis Fuhlsbüttel)
  • Reinhold Meyer (am 12. November 1944 gestorben im Gestapo-Gefängnis Fuhlsbüttel)
  • Hans Leipelt (am 29. Januar 1945 in der Haftanstalt München-Stadelheim hingerichtet)
  • Margaretha Rothe (gestorben am 15. April 1945 im Krankenhaus Leipzig-Dösen)
  • Friedrich Geussenhainer (im April 1945 verhungert im KZ Mauthausen)
  • Margarete Mrosek (am 21. April 1945 gehängt im KZ Neuengamme)
  • Curt Ledien (am 23. April 1945 gehängt im KZ Neuengamme)

Siehe auch

Literatur

  • Angela Bottin: Enge Zeit. Spuren Vertriebener und Verfolgter der Hamburger Universität. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Audimax der Universität Hamburg vom 22. Februar bis 17. Mai 1991. Hamburger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte Band 11, Hamburg 1992, ISBN 3-496-00419-3
  • Herbert Diercks: Die Freiheit lebt. Widerstand und Verfolgung in Hamburg 1933-1945. Texte, Fotos und Dokumente. Herausgegeben von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Hamburger Rathaus vom 22. Januar bis 14. Februar 2010
  • Ursel Hochmuth: Candidates of Humanity. Dokumentation zur Hamburger Weißen Rose anläßlich des 50. Geburtstages von Hans Leipelt; Herausgeber: Vereinigung der Antifaschisten und Verfolgten des Naziregimes Hamburg e.V., Hamburg 1971
  • Ursel Hochmuth, Gertrud Meyer: Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand. 1933 - 1945, Zweite Auflage, Frankfurt 1980, ISBN 3-87682-036-7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sönke Zankel: Mit Flugblättern gegen Hitler. Der Widerstandskreis um Hans Scholl und Alexander Schmorell, Köln 2008, S. 536 ff.
  2. Hamburger Abendblatt: Ein grelles Schlaglicht auf die heimliche Not, Artikel vom 27. November 1964.

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