- Heinz Kucharski
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Heinz Kucharski (* 22. Juli 1919 in Hamburg; † 8. Oktober 2000 in Markranstädt) war ein deutscher Indologe und eine zentrale Persönlichkeit des Hamburger Zweigs der Weißen Rose.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Heinz Kucharski besuchte die Hamburger Lichtwarkschule und nahm an den Lesekreisen der Studienrätin Erna Stahl teil. Er setzte sich intensiv mit sozialistischen Ideen auseinander und studierte ab 1938 Philosophie, Völkerkunde und Orientalistik. Er organisierte Leseabende, auf denen politische Schriften diskutiert wurden. Zusammen mit Margaretha Rothe machte er auf Flugzetteln die Sendefrequenz des Deutschen Freiheitssenders bekannt. Die ebenfalls ehemalige Lichtwarkschülerin und Medizinstudentin Traute Lafrenz hatte Ende 1942 das dritte Flugblatt der Weißen Rose aus München nach Hamburg gebracht. Kucharski und weitere Mitglieder der Gruppe, wie Margaretha Rothe, die Buchhändlerin Hannelore Willbrandt, der Mediziner Albert Suhr und der Philosophiestudenten Reinhold Meyer, verbreiteten diese unter ihnen vertrauten Interessierten. Ihr Treffpunkt war die Buchhandlung Agentur des Rauhen Hauses am Jungfernstieg, deren Juniorchef Reinhold Meyer war. Am 9. November 1943 wurde Heinz Kucharski zusammen mit Margaretha Rothe von der Gestapo verhaftet. Am 3. Dezember 1943 erfolgte die Festnahme seiner Mutter Hildegard Heinrichs und seiner Großmutter Bertha Schmitz. Vom 17. April bis 20. April 1945 führte der Volksgerichtshof in Hamburg vier Prozesse gegen die Mitglieder der Weißen Rose in Hamburg, die meisten der Angeklagten waren jedoch schon einige Tage zuvor von den Alliierten im Landgerichtsgefängnis Stendal bzw. im Frauengefängnis Bayreuth befreit worden. Heinz Kucharski, der im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel eingesessen hatte, wurde zum Tode verurteilt. Während des Transports zur Exekutionsstelle im Zuchthaus Bützow-Dreibergen kam es in der Nacht vom 20. auf den 21. April bei Grevesmühlen zu einem Angriff von englischen Tieffliegern. Kucharski konnte in der allgemeinen Panik entkommen und sich zur Roten Armee flüchten.
Nach 1945 war Kucharski als Lektor sowie am Museum für Völkerkunde zu Leipzig tätig. Vom Ministerium für Staatssicherheit wurde er als IM Lektor geführt. Er galt als Vertrauensperson, ja Guru, eines literarischen Zirkels in Leipzig um Siegmar Faust und Werner Gnüchtel, und es sei ihm im Auftrag der Stasi gelungen, deren politische Unzufriedenheit auszuspionieren und zu neutralisieren.[1]
Würdigung
„Wir trafen uns mit Hans’ Freund Heinz Kucharski, der in Hamburg Indologie studierte, und mit seiner Freundin Greta Rothe, die mir in ihrer ruhigen, zurückhaltenden Art gleich sehr sympathisch war. Mit Heinz Kucharski tat ich mich dagegen sehr schwer. Er verstand brillant zu reden. Über Kurt Tucholsky zum Beispiel, dessen von den Nazis verbotene Bücher er uns auch nach München geschickt hatte. Oder über politische Theorien, vor allem über den Kommunismus und seine heilbringende Lehre. Ich war erstaunt, wie geduldig Hans ihm zuhörte und wohl auch alles glaubte, was er sagte. Ich glaubte ihm vielleicht nur die Hälfte. Heinz war mir zu radikal und zu wirklichkeitsfremd in seinen Gedanken. Mit Begeisterung aber lasen er und Greta Rothe das mitgebrachte Flugblatt der Weißen Rose und erklärten sich sofort bereit, es ebenfalls abzuschreiben und in ihrem Freundeskreis zu verteilen.“
– Marie Luise Jahn: „… und ihr Geist lebt trotzdem weiter!“[2]
Umfeld
Insgesamt waren es acht Personen aus dem Umfeld der Hamburger Weißen Rose, die die Haftzeit nicht überlebten:
- Katharina Leipelt (am 9. Januar 1944 im Gestapo-Gefängnis Fuhlsbüttel tot aufgefunden)
- Elisabeth Lange (am 28. Januar 1944 Freitod im Gestapo-Gefängnis Fuhlsbüttel)
- Reinhold Meyer (am 12. November 1944 gestorben im Gestapo-Gefängnis Fuhlsbüttel)
- Hans Leipelt (am 29. Januar 1945 in der Haftanstalt München-Stadelheim hingerichtet)
- Margaretha Rothe (gestorben am 15. April 1945 im Krankenhaus Leipzig-Dösen)
- Friedrich Geussenhainer (im April 1945 verhungert im KZ Mauthausen)
- Margarete Mrosek (am 21. April 1945 gehängt im KZ Neuengamme)
- Curt Ledien (am 23. April 1945 gehängt im KZ Neuengamme)
Werke
- Indische Bronzen: Aus dem Museum für Völkerkunde in Leipzig und der Sammlung des Verfassers. Leipzig: Prisma 1965 (Die Schatzkammer; Bd. 17)
- San Francisco: asiatische Kunst in den Museen und Sammlungen von San Francisco und der Bay Area. Leipzig: Edition Leipzig 1977
Siehe auch
Weblinks
- Literatur von und über Heinz Kucharski im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Heinz Kucharski. Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Abgerufen am 24. Juli 2011.
Literatur
- Angela Bottin: Enge Zeit. Spuren Vertriebener und Verfolgter der Hamburger Universität. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Audimax der Universität Hamburg vom 22. Februar bis 17. Mai 1991. Hamburger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte Band 11, Hamburg 1992, ISBN 3-496-00419-3
- Herbert Diercks: Die Freiheit lebt. Widerstand und Verfolgung in Hamburg 1933-1945. Texte, Fotos und Dokumente. Herausgegeben von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Hamburger Rathaus vom 22. Januar bis 14. Februar 2010
- Ursel Hochmuth: Candidates of Humanity. Dokumentation zur Hamburger Weißen Rose anläßlich des 50. Geburtstages von Hans Leipelt; Herausgeber: Vereinigung der Antifaschisten und Verfolgten des Naziregimes Hamburg e.V., Hamburg 1971
- Ursel Hochmuth, Gertrud Meyer: Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand. 1933 - 1945, Zweite Auflage, Frankfurt 1980, ISBN 3-87682-036-7
Einzelnachweise
- ↑ Anne-Sophie Nold: Widerstand mit allen Konsequenzen. Ein faustisches Leben in der DDR am Beispiel des Schriftstellers Siegmar Faust In: Horch und Guck 13 (1994), S. 17-30 Volltext als .pdf, hier S. 19
- ↑ Marie Luise Schultze-Jahn: … und ihr Geist lebt trotzdem weiter! Berlin 2003, S. 28, ISBN 3-936411-25-5
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