Alois Kieslinger

Alois Kieslinger

Alois Kieslinger (* 1. Februar 1900 in Wien; † 1. Juni 1975, ebenda) war ein österreichischer Geologe und Paläontologe mit Schwerpunkt Angewandte Geologie und Petrographie. Er wurde Professor und wird in Österreich als „neuer Vermittler zwischen Geologie und Kunst“[1] und als Mitbegründer der Kulturgeologie angesehen.[2]

Inhaltsverzeichnis

Frühes Leben

Über das frühe Leben von Kieslinger ist wenig bekannt. Die Familie von Alois Kieslinger stammte aus der Südwest-Steiermark aus Eibiswald am Fuße der Koralm. Der Sohn des Ministerialrates Ing. Franz Kieslinger besuchte das Schottengymnasium in Wien, wo er seine Matura mit Auszeichnung bestand. Seine humanistische Ausbildungsstätte und das kunsthistorische Interesse nächster Verwandter, wie sein älterer Bruder Franz Kieslinger, waren von großem Einfluss für seinen Lebensweg. Anschließend studierte er Geologie.

Berufsleben

Kieslinger promovierte und war sogleich als Assistent am Paläontologischen Institut der Universität Wien tätig, führte aber auch geologische Aufnahmen, vor allem im Golderz-Gebiet der Hohen Tauern, durch. 1930 habilitierte er sich an der Technischen Hochschule Wien für Geologie, wo er 1937 eine Anstellung und den Titel eines Außerordentlichen Professors erhielt.

Zwischen 1938 bis 1945 war er Mitarbeiter des Reichsamtes für Bodenforschung und schuf eine Kartei der Steinbrüche für Österreich und später eine für das ganze damalige Reichsgebiet. 1942 wurde er zur Organisation Todt einberufen, wo er als Bauleiter im Raum Narvik mit der Einsatzgruppe Wiking für den Bau von U-Bootbunkern in einem Granitvorkommen tätig war. Nach dem Ende des Krieges befand er sich anderthalb Jahre vom 10. Mai 1945 bis zum Dezember 1946 in englischer Kriegsgefangenschaft.[3][1]

Ab 1946 war er Geologe des Bundesdenkmalamtes, bis er im Oktober 1949 als Außerordentlicher Professor mit der Leitung des traditionsreichen Institutes für Geologie der Technischen Hochschule Wien betraut wurde. Ab 1954 war er Ordentlicher Hochschulprofessor und 1970 erfolgte seine Emeritierung.[4]

Wirken

Er erschloss sich das Gebiet der Angewandten Geologie und Petrographie, das seine vorherrschenden Arbeitsgebiete werden sollten. Seine Kenntnisse über die technische Gesteinskunde mit einem anfänglichen Schwerpunkt Verwitterungserscheinungen führten ihn 1931 als Berater zur Natursteinrestaurierung des Parthenon auch nach Athen und zu seiner Veröffentlichung Zerstörungen an Steinbauten, ihre Ursachen und ihre Abwehr (1932), das heute noch Gültigkeit hat und nur einiger Ergänzungen bedurfte, die sich aus den in der Zwischenzeit veränderten Umweltbedingungen, vor allem der Großstädte, ergaben.

Die Beschäftigung mit der Gesteinsverwitterung und sein kunsthistorisches Interesse führten ihn zu einem frühzeitigen und lebenslangen Kontakt mit der Denkmalpflege, wo er sich mit der Geologie der Steinbrüche, Steingewinnung und Steinbearbeitung beschäftigte. Ausgehend vom Wiener Stephansdom, bei dessen Wiederaufbau Kieslinger sein ganzes Wissen und Können einbrachte, wobei diese Arbeiten letztlich die Grundlage für sein Buch Die Steine von St. Stephan (1949) darstellten, als er sich mit der Schnittstelle zwischen Gestein, Nutzung, Baugeschichte und Verwitterung befasste. Von besonderer Bedeutung ist das Monumentalwerk Die Steine der Wiener Ringstraße (1972) und seine Monographie der nutzbaren Gesteine der Bundesländer Kärnten (1956) und Salzburg (1964).

Für seine Arbeiten erhielt er zahlreiche Ehrungen, unter anderem von geologischen, kulturellen Institutionen und Naturstein-Fachverbänden in Österreich und Deutschland.

Werk

Kieslinger gab acht Monographien und 328 Einzelveröffentlichungen heraus.[4]

  • Zerstörungen an Steinbauten. Ihre Ursachen und ihre Abwehr. Deuticke, Wien 1932
  • Die Steine von St. Stephan. Hrsg. v. Verein f. Denkmalpflege in Wien und vom Bundesdenkmalamt. Herold, Wien 1949
  • Gesteinskunde für Hochbau und Plastik. Fachkunde für Steinmetzen, Bildhauer, Architekten und Baumeister. Österreichischer Gewerbeverlag, Wien 1951
  • Der Bau von St. Michael in Wien und seine Geschichte, u.a. Erdbeben 1590, Sonderdruck aus dem Jahrbuch des Vereines für Geschichte der Stadt Wien, Bd. 10, 1952/53.
  • Die nutzbaren Gesteine Kärntens. Naturwiss. Verein für Kärnten, Klagenfurt 1956
  • Die nutzbaren Gesteine Salzburgs. Reihe: 4. Ergänzungsband der Mitteilungen der Gesellschaft der Salzburger Landeskunde, Das Berglandbuch, Salzburg 1964
  • Die nutzbaren Gesteine Salzburgs. Das Berglandbuch. Salzburg/Stuttgart 1964
  • Die Wiener Ringstrasse. Bild einer Epoche. Bd. IV: Die Steine der Wiener Ringstrasse. Steinerverlag, Wiesbaden 1972.

Einzelnachweise

  1. a b Nachlässe bedeutender österreichischer Geologen an der Geologischen Bundesanstalt in Wien. Abgerufen am 3. Juni 2010
  2. Deutsche Nationalbibliothek, abgerufen am 4. Juli 2009
  3. James R. Underwood, Peter L. Guth: Military geology in war and peace. Boulder, Geological Society of America (1998) Online auf Google-Books, abgerufen am 3. Juni 2010
  4. a b Nachruf von Walter Eppensteiner für Alois Kieslinger vom April 1978. Abgerufen am 3. Juni 2010

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