André-Joseph Léonard

André-Joseph Léonard
André-Joseph Léonard (2007)

André-Joseph Léonard, vormals André-Mutien (* 6. Mai 1940 in Jambes, Belgien) ist Erzbischof von Mecheln-Brüssel, Vorsitzender der Belgischen Bischofskonferenz und Militärordinarius für Belgien.

Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde er vor allem wegen umstrittener Äußerungen zu Pädophilie und HIV.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

André Léonard, jüngster von vier Söhnen einer Familie aus Tournai, die alle Priester wurden, studierte am Priesterseminar Leo XIII. in Löwen. Anschließend war er Alumne am Päpstlichen Belgischen Kolleg in Rom und erlangte an der Päpstlichen Universität Gregoriana das Lizentiat in Theologie. Am 19. Juli 1964 empfing er in Namur die Priesterweihe. In Löwen machte er einen philosophischen Masterabschluss mit der These „Commentaire littéral de la Logique de Hegel“ sowie ein Doktorat in Philosophie. Er war zunächst Dozent und ab 1976 Professor für Philosophie am Höheren Institut für Philosophie an der Université catholique de Louvain. Im Juli 1978 wurde er zudem Rektor des Séminaire Saint-Paul. 1987 wurde er zum Mitglied der Internationalen Theologenkommission, einem beratenden Gremium der römischen Kongregation für die Glaubenslehre.

1991 wurde er durch Papst Johannes Paul II. als Nachfolger von Robert-Joseph Mathen zum Bischof von Namur ernannt und durch Kardinal Godfried Danneels geweiht. Sein Wahlspruch lautet Veni Domine Jesu. Er ist ein Mitorganisator der Family-Pride-Brüssel, einer Kundgebung, bei der die Gläubigen des Bistums und Gäste mittels eines Marsches durch Brüssel, die Bedeutung der Familie für die europäische Gesellschaft hervorheben möchten.[2]

Der Bischof ist für seine wohlwollende Haltung gegenüber der außerordentlichen Form des Lateinischen Ritus, der sogenannten Tridentinischen Messe, bekannt und zelebriert die Form auch selbst, so etwa auf dem Eucharistischen Weltkongress in Québec 2008.[3]

Am 18. Januar 2010 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. in Nachfolge von Godfried Kardinal Danneels zum Erzbischof von Mecheln-Brüssel.[4] Die feierliche Amtseinführung in der Kathedrale von Brüssel fand am 27. Februar desselben Jahres statt. Verbunden mit diesem Amt sind der Titel „Primas von Belgien“ und der Vorsitz in der Belgischen Bischofskonferenz. Am 27. Februar 2010 ernannte ihn Benedikt XVI. zudem zum Militärordinarius für Belgien.[5]

Da das Erzbistum Mecheln-Brüssel ein traditionell mit der Kardinalswürde verbundener Bischofssitz ist, gilt André-Mutien Léonard als Anwärter auf das Kardinalat.

Im Oktober 2010 löste Léonard in einem neuen Buch mit Interviews mit ihm (Msgr. Léonard – conversations) mit der Aussage einen Skandal aus, dass AIDS „eine Art von innewohnender Gerechtigkeit“ sein könnte. Aufgrund der heftigen Kritik präzisierte Léonard seine Aussagen und erklärte, Homosexualität sei eben ein Laster wie das Rauchen: „Wenn ein starker Raucher an Lungenkrebs erkrankt, ist das auch eine Art von Gerechtigkeit.“[6] [7][8][9] Er machte keine Aussagen darüber, welcher Art Laster heterosexelle HIV-Positive haben. Auch plädierte er für Milde in der Verurteilung älterer Priester, die der Pädophilie beschuldigt werden.[1]

Mit seinen kontroversen Äußerungen brachte Léonard die belgische Öffentlichkeit gegen sich auf. Aus Protest gegen Léonard warf im November 2010 während eines Gottesdienstes ein Aktivist eine Torte in dessen Gesicht.[1]

Namenszusatz

Nach der Heiligsprechung des belgischen Schulbruders Mutien-Marie Wiaux[10] 1989 fügte André Léonard aus Verehrung für diesen Heiligen dessen Vornamen „Mutien“ seinem eigenen bei. Mit der Ernennung zum Erzbischof ersetzte Leonard diesen Zweitnamen durch „Joseph“, da der Hl. Joseph der Patron Belgiens ist.

Mitgliedschaften

André-Joseph Léonard ist Mitglied folgender Institutionen der römischen Kurie:

Schriften

  • La Foi chez Hegel, Desclée Paris/Tournai 1976
  • Jesus und dein Leib : die Sexualmoral, für Jugendliche erklärt. Parvis-Verlag, Hauteville 1995 (2. Aufl.), ISBN 3-907523-50-4
  • Erhört Gott unsere Gebete? „bittet, und ihr werdet empfangen“. Parvis-Verlag, Hauteville 2004, ISBN 3-907525-95-7
  • Jenseits des Todes. Sankt-Ulrich-Verlag, Augsburg 2008, ISBN 3-86744-049-2
  • Winterreise. Sankt-Ulrich-Verlag, Augsburg 2009, ISBN 978-3-86744-095-0

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Belgien: Umstrittener Bischof bekommt Torte ins Gesicht; Spiegel-Online, Meldung vom 6. November 2010.
  2. Belgien: Katholiken organisieren „Family-Pride“; Radio Vatikan, Meldung vom 5. Mai 2007.
  3. Gregor Kollmorgen: EF at the Eucharistic Congress; Artikel vom 1. Juli 2008 mit Fotos des von Bischof Léonard 2008 zelebrierten Tridentinischen Pontifikalamtes auf dem Eucharistischen Weltkongress in Québec.
  4. Rinuncia dell’Arcivescovo di Malines-Bruxelles (Belgio) e nomina di successore; Presseamt des Heiligen Stuhls, Tägliches Bulletin vom 18. Januar 2010.
  5. Nomina dell’Ordinario Militare per il Belgio; Presseamt des Heiligen Stuhls, Tägliches Bulletin vom 27. Februar 2010.
  6. Belgien: Katholiken-Chef wettert gegen Schwule und HIV-Positive; Meldung auf queer.de vom 20. Oktober 2010.
  7. Belgian bishop criticised over Aids remarks; The Irish Times, 15. Oktober 2010
  8. incaelo.wordpress.com: Msgr. Léonard’s small mistake?, 14. Oktober 2010
  9. Erzbischof empört mit Aussage über „Gerechtigkeit“ von Aids; Spiegel Online, 15. Oktober 2010
  10. Eintrag St. Mutien-Marie Wiaux in der englischsprachigen Wikipedia Ausgabe
  11. Nomina di Membri del Pontificio Consiglio per la Promozione della Nuova Evangelizzazione; Presseamt des Heiligen Stuhls: Tägliches Bulletin vom 5. Januar 2011.
Vorgänger Amt Nachfolger
Robert-Joseph Mathen Bischof von Namur
1991–2010
Rémy Victor Vancottem
Godfried Kardinal Danneels Erzbischof von Mecheln-Brüssel
seit 2010
...

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