Bahnstrecke Obskaja–Karskaja

Bahnstrecke Obskaja–Karskaja
Obskaja–Karskaja
Streckenlänge: 525 km
Spurweite: 1520 mm (Russische Spur)
Legende
Strecke – in Gegenrichtung: nach rechts
Polarkreiseisenbahn von Tschum
Bahnhof, Station
0 Obskaja
Abzweig – in Fahrtrichtung: nach rechts
Polarkreiseisenbahn nach Labytnangi
Bahnhof, Station
19 Rasjesd Nr. 1
Brücke über Wasserlauf (groß)
32 Charbei
Bahnhof, Station
37 Rasjesd Nr. 2
   
57 Rasjesd Nr. 3 (außer Betrieb)
Brücke über Wasserlauf (groß)
72 Longotjogan
Bahnhof, Station
76 Rasjesd Nr. 4
   
90 Jamto (abgebaut)
Brücke über Wasserlauf (groß)
Schtschutschja
Bahnhof, Station
112 Rasjesd Nr. 5
   
128 Rasjesd Nr. 6 (außer Betrieb)
   
146 Rasjesd Nr. 7 (abgebaut)
Bahnhof, Station
157 Skalnaja
   
168 Rasjesd Nr. 8 (abgebaut)
Bahnhof, Station
189 Pajuta
   
nach Nowy Port (geplant)
Brücke über Wasserlauf (groß)
193 Jonsorjacha
   
200 Rasjesd Nr. 9 (abgebaut)
Bahnhof, Station
222 Rasjesd Nr. 10
Brücke über Wasserlauf (groß)
224 Jorkatajacha
   
247 Rasjesd Nr. 11 (außer Betrieb)
Bahnhof, Station
267 Chralow
Brücke über Wasserlauf (groß)
Chejacha
Bahnhof, Station
291 Rasjesd Nr. 13
   
312 Rasjesd Nr. 14 (abgebaut)
Bahnhof, Station
331 Wladimir Nak
Brücke über Wasserlauf (groß)
333 Juribei-Brücke
   
346 Rasjesd Nr. 16 (abgebaut)
Bahnhof, Station
365 Sochonto
Bahnhof, Station
376 Rasjesd Nr. 18
Bahnhof, Station
400 Rasjesd Nr. 19
Bahnhof, Station
424 Rasjesd Nr. 20
Bahnhof, Station
438 Jassoweito
Bahnhof, Station
466 Rasjesd Nr. 22
Bahnhof, Station
486 Rasjesd Nr. 23
Bahnhof, Station
507 Rasjesd Nr. 24
Bahnhof, Station
525 Bowanenkowo
   
nach Tambei/Sabetta (geplant)
Bahnhof, Station
552 Rasjesd Nr. 25
Bahnhof, Station
557 Rasjesd Nr. 26
   
572 Karskaja
   
678 Charassawei (geplant)

Die Bahnstrecke Obskaja–Karskaja (russisch Желе́зная доро́га О́бская — Ка́рская) ist eine eingleisige Eisenbahnstrecke im Nordwesten des asiatischen Teils Russlands, die vom Unterlauf des Ob auf die Jamal-Halbinsel führt. Sie wird seit dem 10. Januar 2010 durchgängig bis zum ursprünglich geplanten Endpunkt Bowanenkowo befahren,[1][2] seit 15. Februar 2011 auch bis zum gegenwärtigen Endbahnhof Karskaja.[3] Es handelt sich um die nördlichste im Betrieb befindliche Eisenbahnstrecke der Welt.

Inhaltsverzeichnis

Streckenführung und Betrieb

Die Strecke wird von der Gazprom-Tochtergesellschaft Gazpromtrans nichtöffentlich betrieben und wurde von der ebenfalls von Gazprom kontrollierten Jamaltransstroi erbaut. Die Strecke mit einer Spurweite von 1520 mm (russische Breitspur) zweigt bei der Station Obskaja von der „Polarkreiseisenbahn“, der heutigen Strecke Tschum – Labytnangi der russischen Nord-Eisenbahn ab. Die Station Obskaja liegt 15 Kilometer vor dem Streckenendpunkt Labytnangi, bei der Siedlung Obskoi etwa 10 Kilometer Luftlinie vom Fluss Ob entfernt. Die Strecke führt in zunächst vorwiegend nordöstlicher Richtung entlang dem Nordwestrand des Westsibirischen Tieflands und durch die östlichen Vorberge des Polarurals. Sie erreicht die Halbinsel Jamal und nähert sich der Baidarazkaja-Bucht der Karasee, deren Ufer sie in etwa 30 Kilometer Entfernung folgt. Die Bahnstrecke schwenkt dann in nördliche bis nordnordwestliche Richtung und durchquert die Tundraebenen der Halbinsel Jamal, bis sie etwa 50 Kilometer nördlich der Siedlung Bowanenkowo (ursprünglich auch Bowanenkowski genannt) ihren gegenwärtigen Endpunkt Karskaja erreicht.

Die Siedlung Bowanenkowo, logistisches Zentrum eines Erdgasfeldes, liegt im westlichen Zentralteil der Halbinsel Jamal bei 70° 22′70.37194444444468.650555555556 nördlicher Breite. Damit ist die Strecke die nördlichste in Betrieb befindliche (die frühere Kohlebahn bei Ny-Ålesund auf Spitzbergen ist seit Jahrzehnten außer Betrieb) und zudem die nördlichste je gebaute nicht isolierte Eisenbahnstrecke. Eine weitere Verlängerung von Karskaja um 105 Kilometer bis zum einem an der Westküste der Halbinsel zu errichtenden Hafen bei Charassawei ist projektiert.[4]

In ihrem Verlauf überquert die Strecke eine Reihe bedeutender Flüsse, sodass der Bau von 70 Brücken mit einer Gesamtlänge von 12 Kilometern notwendig war. Die längste der Brücken, die Juribei-Brücke quert den gleichnamigen Fluss und ist mit einer Länge von 3893 Meter[5] die längste Brücke nördlich des Polarkreises. An der Strecke wurden bis 2009 fünf Bahnhöfe und zwölf Ausweichstellen (russisch rasjesd) errichtet,[6] später noch weitere. Einige während der Bauphase genutzte Ausweichstellen sind mittlerweile außer Betrieb oder wieder abgebaut.

Die Bahn dient dem Transport von Material und Arbeitern, um neue Erdgasfelder im Einzugsbereich der Strecke zu erschließen, eine Pipeline nach Uchta zu bauen und um künftig Gaskondensat nach Süden zu transportieren.[2]

Eingesetzt werden von der staatlichen Russischen Eisenbahn gekaufte oder angemietete Diesellokomotiven verschiedenster Baureihen eingesetzt, so 2TE10, 2TE116, TEM2, TEM7 und TEM18. Der Einsatz von neuen russischen Diesellokomotiven der Baureihe 2TE25K „Pereswet“ ist im Gespräch. Zuletzt wurden 20 kasachische TE33A gekauft, die seit 2009 in Astana nach der Modifikation ES44ACI der Evolution Series von GE Transportation Systems in Lizenz gefertigt werden.[2]

Geschichte

Die Eisenbahnstrecke wurde in der ersten Hälfte der 1980er-Jahre projektiert, nachdem auf der Halbinsel Jamal riesige Erdöl- und Erdgaslagerstätten entdeckt worden waren, insbesondere die Öl- und Gaskondensatlagerstätte Bowanenkowskoje. Diese ist eine der ergiebigsten Russlands.[2] Die Bahn sollte hauptsächlich dem Transport die Erschließung der Lagerstätten notwendiger Ausrüstungs- und Versorgungsgüter sowie dem Abtransport geförderter Rohstoffe dienen, daneben auch verschiedene prognostizierte Erzvorkommen des Polarurals erschließen. Zu letzteren gehört beispielsweise Nowogodneje-Monto, eine Gold-Silber-Kobalt-Kupfer-Lagerstätte im Bereich des heutigen Streckenkilometers 18 mit Goldvorräten von sieben Tonnen.[7].

1986 begann die damals staatliche Jamaltransstroi (Jamalverkehrsbau) mit dem Bau. Das Vorhaben sollte – ähnlich der Baikal-Amur-Magistrale (BAM) in den 1970er-Jahren – zu einem „Allunions-Komsomolobjekt“ gemacht werden, wozu es jedoch durch die beginnende Perestroika nicht mehr kam. Ursprünglich war die Fertigstellung bis Anfang der 1990er-Jahre geplant. Mit der politischen und ökonomischen Krise in der Periode des Zerfalls der Sowjetunion, wegen Schwierigkeiten beim Streckenbau durch praktisch unbewohntes Gebiet und der Verschiebung der Termine für die Erschließung der Öl- und Gasfelder Jamals kam der Bau allmählich praktisch zum Erliegen.

1992 wurde Jamaltransstroi in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die zunächst den durch die bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Arbeiten erreichten Zustand des Vorhabens konservierte.[8] Bis 1997 waren über 300 Kilometer trassiert, die Gleise auf etwa 250 Kilometern verlegt und provisorischer Güter- und Personenverkehr bis zur Station Pajuta (km 189) möglich.[9]

Wiederaufnahme des Baus

Als sich nach der Jahrtausendwende die Pläne Gazproms zur Erschließung Jamals konkretisierten, beschloss der Konzern 2003 gemeinsam mit dem russischen Eisenbahnministerium (MPS) und der Verwaltung des Autonomen Kreises der Jamal-Nenzen, auf dessen Territorium die gesamte Strecke verläuft, den Weiterbau. Dieser wurde in Folge hauptsächlich von Gasprom finanziert und vorangetrieben; Gazprom übernahm über seine Tochter Gazpromtrans auch die Betriebsführung der fertiggestellten Abschnitte.

Für die Errichtung des Unter- und Oberbaus sowie der Brücken wurden spezielle neue Gefrier-Technologien angewendet, die vermeiden, dass der Permafrostboden während des Baus soweit erwärmt wird, dass er taut und damit instabil wird.

Im September 2009 äußerte Gazprom-Vorstandsvorsitzenden Alexei Miller die Bereitschaft, die Strecke für 130 Milliarden Rubel (über 3 Milliarden Euro) an die Russischen Eisenbahnen zu verkaufen, was den bisher in den Bau investierten Mitteln entspräche, was von Ministerpräsident Wladimir Putin befürwortet wurde. Dies lehnte Bahnchef Wladimir Jakunin ab, da dieser Betrag der knappen Hälfte des jährlichen Gesamtinvestitionsumfangs der Bahn entspräche und damit die verfügbaren Mittel übersteige. Auch sei eine Wirtschaftlichkeit des Betriebes der Strecke auf Dauer nicht zu erwarten.[10][11]

Am 24. September 2009, anlässlich der Eröffnung der Juribei-Brücke, gab Gazprom bekannt, dass die Strecke in Erweiterung der ursprünglichen Planungen bis September 2010 bis zur 47 Kilometer weiter nördlich gelegenen Station Karskaja (Streckenkilometer 572) verlängert werden solle, wo sich ein weiteres bedeutendes Erdgasfeld befindet. Im Juli 2010 wurde der provisorische Betrieb bis zum Streckenkilometer 557 aufgenommen,[12] der provisorische Betrieb bis Karskaja im Januar 2011. Die offizielle Eröffnung des Abschnittes bis Karskaja erfolgte am 15. Februar 2011.[3]

Perspektiven

Für die Zukunft ist die Erweiterung der Strecke in drei Richtungen geplant[6]:

  • Verlängerung der Hauptstrecke von Karskaja nach Charassawei an der Westküste Jamals zur Karasee, wo ein Hafen zu errichten ist (gut 100 km)
  • Strecke von Pajuta zum Hafen Nowy Port am Obbusen an der Ostküste Jamals; dort befindet sich eine Lagerstätte (Nowoportowskoje) wertvollen hochparaffinösen Erdöls, dessen Transport durch Pipelines nicht möglich ist; die Strecke würde den ganzjährigen Abtransport ermöglichen (gut 200 km)
  • Strecke von Bowanenkowo nach Tambei und zum neu zu errichtenden Hafen Sabetta am Obbusen an der Nordostküste Jamals; dort befinden sich ebenfalls mehrere Erdgaslagerstätten (etwa 200 km)

Literatur

  • jst: Neue Bahnstrecke im Norden Russlands. In. Eisenbahn-Revue International (6/2010), S. 272.

Einzelnachweise

  1. Pressemitteilung von Gazprom vom 10. Januar 2010 (russisch)
  2. a b c d jst: Neue Bahnstrecke
  3. a b gazprom.com: Regular operation of Obskaya – Bovanenkovo railroad to Karskaya terminal station launched, Pressemeldung vom 1. März 2011, Zugriff am 25. August 2011
  4. Wegweiser unweit der Juribei-Brücke (Foto)
  5. Gedenktafel an der Brücke (Foto, russisch)
  6. a b Railroad Significance for the Yamal Megaproject Implementation auf der Gazprom-Webseite (englisch, russisch)
  7. Mitteilungen der Agentur Sewer-Press vom 21. Oktober 2009 (russisch)
  8. Artikel in der Presseschau der RŽD vom 2. April 2007 (russisch)
  9. S. Tarchow: Neue Bahnstrecken im postsowjetischen Raum in Geografija, 3/2000 (russisch, falsche Kodierung)
  10. Mitteilung der Agentur Interfax vom 24. September 2009 (russisch)
  11. Artikel der Zeitung Wedomosti vom 26. November 2009 (in der Presseschau des Bahntechnikherstellers Transmashholding, russisch)
  12. Strecke Obskaja–Karskaja wurde um 32 km länger in Gudok vom 20. Juli 2010 (russisch)

Weblinks


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