- Breitspurbahn
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Eine Breitspurbahn ist eine Eisenbahn mit einer Spurweite, die größer ist als die 1435 mm der Normalspur. Die unterschiedlichen Spurweiten sind Folge einer fehlenden Standardisierung und unterschiedlicher Abwägung von Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit.
Breitspurige Eisenbahnnetze gibt es in Europa in Irland (1600 mm), Spanien sowie Portugal (1668 mm) und vor allem die 1520-mm-Spur in Russland, der Ukraine, Weißrussland, Mongolei, Kasachstan, Finnland und dem Baltikum. Zwei relativ kurze Breitspurstrecken befinden sich in der Slowakei (100 km) und in Polen (400 km). Außerhalb von Europa gibt es ausgedehnte Breitspurnetze vor allem in Indien (54.000 km) und Argentinien (26.500 km) mit jeweils 1676 mm, in geringerem Maße auch in Brasilien und Australien mit jeweils 1600 mm auf 5.600 bzw. 3.500 km sowie in Chile mit 1676 mm auf 3.400 km.
Inhaltsverzeichnis
Vorteile und Nachteile
Moderne Hersteller für Bahnfahrzeuge können jede geforderte Spurweite liefern. Wirtschaftlich in der Beschaffung sind jedoch nur Bestellungen in größeren Stückzahlen. Die Traktionsmaschinen sind jeweils nur für eine Spurbreite ausgelegt.
Verkehrsbeziehungen über Netzgrenzen hinweg sind nur dann wirtschaftlich, wenn das Umladen für eine andere Spurweite entfällt oder wenn die jeweiligen Netze hinreichend groß sind. Güterverkehre werden in Grenzbahnhöfen in der Regel umgeladen. Reisezüge werden in der Regel in Grenzbahnhöfen umgespurt.
Eine größere Spurweite der Fahrzeuge bietet allgemein bessere Laufeigenschaften des Zuges und belastungsfähigere Gleise bei schlechtem Untergrund. Generell können höhere Geschwindigkeiten gefahren werden.
Der bedeutendste Nachteil der Breitspur ist die erschwerte oder aufwendigere Streckenführung in unwegsamem Terrain, insbesondere im Bergland, da größere Kurvenradien beziehungsweise "flachere" Kurven erforderlich sind, um ein Entgleisen der Fahrzeuge bei höherer Geschwindigkeit oder auf Weichen zu vermeiden. Eine sekundäre Folge davon sind wiederum deutlich höhere Kosten.
Bei dieser Vorteil-/Nachteils-Bilanz muss noch in Betracht gezogen werden, dass die Maßabweichung der bedeutenden, heute noch existierenden Breitspur-Systeme nur relativ geringfügig (85 bis 240 mm Unterschied) von dem Normalspurmaß abweichen. Schmalspurgleise weichen in der Regel in weit größerem Maß vom Normalspur-Maß ab; die sehr weit verbreiteten Meter- und Kapspur-Gleise sind etwa 400 Millimeter (und gegenüber der Breitspur bis über 600 mm) schmäler. Vorteile und Nachteile der Breitspur müssen daher eher gegenüber der Schmalspur als gegenüber der Normalspur diskutiert werden.
Russische Breitspur
Die erste russische Eisenbahn zwischen Sankt Petersburg und Zarskoe Selo, die 1837 eröffnet wurde, hatte eine große Spurweite von sechs Fuß/1829 mm. Diese sehr breite Spurweite erwies sich als zu unwirtschaftlich, daher wählte man am 12. September 1842 die seinerzeit in den Südstaaten der USA genutzte Spurweite von exakt fünf englischen Fuß (1524 mm). In der Zeit von Mai 1970 bis 1990 wurde das Regelmaß der russischen Breitspur zur Verschleißminderung durch Verringerung des Spurspiels um 4 mm auf 1520 mm schrittweise reduziert. Finnland, das als damaliger Teil des russischen Reiches sein Eisenbahnnetz ab 1862 ebenfalls in russischer Breitspur ausführte, legte bereits 1959 als neue Nennspurweite 1520 mm fest.[1]
Die Züge aus Westeuropa konnten auf Grund der unterschiedlichen Spurweiten zuerst nicht durchfahren. Inzwischen gibt es jedoch verschiedene technische Systeme, die dieses Problem beheben. Es gibt Systeme an den Übergängen, an denen Radsätze oder Drehgestelle gewechselt werden können, aber auch Rollmaterial mit veränderbarer Spurweite, das auf Umspuranlagen umgespurt werden kann. Der ganze Vorgang dauert nur wenige Minuten, während die Räder auf den Achsen in die neue Position verschoben werden. Die Fahrgäste können dabei im Wagen sitzen bleiben. Allerdings werden Spurwechselradsätze derzeit nicht im Regelbetrieb eingesetzt.
Für den grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Mitteleuropa bzw. Schweden und Finnland werden Güterwagen mit tauschbaren Radsätzen oder Drehgestellen gebaut.
Beide im Bild dargestellten Wagentypen (RIC, Weitstreckenwagen) sind umspurfähig. Letzter Typ ist bis maximal Polen nach Westen zugelassen. Die ab Warschau verkehrenden Züge nach Osten werden üblicherweise aus Weitstreckenwagen gebildet. Bis Mitte der 1990er Jahre fuhren diese Wagen bis Berlin und in Militärreisezügen für die Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland bis Dresden, Erfurt, Magdeburg, Schwerin und Wünsdorf. Erst der Bahnsteigumbau in Brandenburg verhinderte die Weiterfahrt ab Frankfurt (Oder) nach Berlin für die größeren Wagenkästen.
Beringstraßen-Tunnel
Iberische Breitspur
Die iberische Breitspur von 1668 mm entstand durch Mittelung der spanischen (1672 mm) und portugiesischen (1665 mm) Breitspur, um den Wagenübergang zu erleichtern.
Spurumstellung in Spanien
Mittlerweile hat sich die Normalspur als guter Kompromiss erwiesen und breitspurige Bahnstrecken werden teilweise sogar (wie in Spanien) auf Normalspur umgebaut, teilweise werden auch vereinfachte Umspureinrichtungen an Übergangsbahnhöfen installiert. Beispiele hierfür sind das System SUW-2000 und das Talgo-System.
Die spanische Regierung hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das Kosten und Nutzen einer landesweiten Spurweitenumstellung von derzeit 1668 mm auf die europäische Normalspur (1435 mm) ermitteln soll. Die Zeitung El País schätzt, dass die Anpassung des 12.000 km langen Schienennetzes bis etwa 2020 dauere.[2][3]
Zukunft
Künftige Schnellfahrstrecken auf der iberischen Halbinsel wie zum Beispiel die Schnellfahrstrecke Lissabon–Madrid oder die Schnellfahrstrecke Lissabon–Porto und bereits bestehende Schnellfahrstrecken wie zum Beispiel die Schnellfahrstrecke Madrid–Barcelona, die Schnellfahrstrecke Madrid–Sevilla und die Schnellfahrstrecke Madrid–Valladolid werden, beziehungsweise sind in europäischer Normalspur (1435 mm) gebaut.
Indische Breitspur
Die "Indische Breitspur" oder "Kolonialspur" genannte Spurweite von 1676 mm wird hauptsächlich auf dem indischen Subkontinent sowie in Argentinien und Chile verwendet.
Brunel-Breitspur
Das von Isambard Kingdom Brunel 1838 eingeführte Breitspur-Maß von 7 Fuß bzw. 2140 mm[4][5] und wurde bei der ebenfalls von Brunel geschaffenen Great Western Railway in Großbritannien benutzt. Nach Brunels Entwurf war es noch in materialsparender "Baulk"-Bauweise auf hölzernen Längsbalken ausgelegt mit Querriegeln in größeren Abständen zur Abstands-Stabilisierung.
Breitspur auf Ilha do Faial
Auf der Azoreninsel Ilha do Faial existieren noch Reste einer Breitspurbahn in der Spurweite 2134 mm (7 Fuß)[6] sowie zwei Dampflokomotiven dieser Spur. Ein kurzer touristischer Betrieb wird diskutiert.
Breitspur in Deutschland
In Deutschland gibt es die Breitspurbahn in Oberweißbach (Standseilbahn mit 1800 mm Spurweite) und seit 1986 die noch in der DDR erbaute Umspuranlage von Normalspur auf sowjetische Breitspur im damals neu errichteten Fährhafen Mukran auf der Ostseeinsel Rügen/Prorer Wiek. Die Umspuranlage dient der Beladung der Eisenbahnfährschiffe auf der Fährlinie von Mukran ins litauische Klaipėda (das frühere Memel).
Formal „breitspurig“, jedoch nur geringfügig von der Normalspur abweichend, haben die Leipziger Straßenbahn 1458 mm und die Dresdner Straßenbahn 1450 mm Spurweite.
Hitlers Dreimeterspur
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden Pläne für eine Breitspurbahn mit 3000 mm Spurweite angelegt. Sie sollte zusätzlich neben der Normalspur Berlin mit München, Hamburg und Linz verbinden, vor allem aber zur Erschließung des neu eroberten "Lebensraums im Osten" beitragen. Die Strecke dazu sollte bis Rostow am Don führen.
Ehemalige Breitspurbahnen
In der Eisenbahngeschichte gab es mehrere Experimente mit der Breitspur:
- In Großbritannien die Great Western Railway von Sir Isambard Kingdom Brunel mit einer Spurweite von 2140 mm, die 1892 auf Normalspur umgestellt wurde.
- Im Großherzogtum Baden die Badischen Staatseisenbahnen, – insbesondere im Oberrheintal – mit der Spurweite von 1600 mm betrieben, wegen der Einzelstellung in Deutschland jedoch 1855 auf Normalspur umgebaut.
- Die ersten Eisenbahnstrecken in den Niederlanden (Bahnstrecke Amsterdam–Rotterdam und Amsterdam–Utrecht–Arnhem) wurden zwischen 1839 und 1847 mit einer Spurweite von 1945 mm angelegt und später (bis 1866) auf Normalspur umgestellt.
Literatur
- Richard Heinersdorff: Auf eiserner Spur. 1. Auflage. Sanssouci Verlag, Zürich 1977, ISBN 3-7254-0299-X, S. 150ff.
- Hans-Ulrich Thamer: Verführung und Gewalt: Deutschland 1933–1945. Veröffentlicht 1986, Siedler Verlag, ISBN 3-88680-053-9, S. 663ff.
Weblinks
Wiktionary: Breitspurbahn – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenEinzelnachweise
- ↑ Mikko Alameri: Eisenbahnen in Finnland. Wien 1979, S. 18.
- ↑ Verkehrsrundschau, 30. April 2007
- ↑ http://www.travelinside.ch/primus/notdArchiv.php?we_objectID=5380
- ↑ http://www.breitspurbahn.de/2140.html
- ↑ http://www.railalbum.co.uk/early-railways/brunel-gwr-broad-gauge.htm
- ↑ Horta Hafenbahn 1876–1901
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