Be-Stern

Be-Stern

Ein Be-Stern oder OeBeAe-Stern ist ein früher Stern mit zeitlich veränderlichen Emissionslinien in den Fraunhoferlinien, was durch das Suffix e für engl. emission lines hinter dem B für die Spektralklasse angegeben wird.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Abplattung des Be-Sterns Achernar aufgrund der hohen Rotationsgeschwindigkeit

Bei etwa 15% der frühen Sterne mit den Spektralklassen O bis A sind Emissionslinien eingelagert in den Kernen der ersten Balmerlinien und den Linien einfach ionisierter Elemente des Eisens, Siliziums und Magnesiums. Bei den Wasserstofflinien tritt innerhalb der Emission eine zentrale Depression auf. Ein weiteres Charakteristikum der Be-Sterne ist die große Breite der photosphärischen Absorptionslinien, welche das Ergebnis hoher Rotationsgeschwindigkeiten an der Sternoberfläche mit Werten zwischen 200 und 500 km/s sind. Dies entspricht 70-80% der Geschwindigkeit, bei der am Äquator die Fliehkräfte die Gravitationskraft übersteigt. Die hohe Rotationsgeschwindigkeit führt außerdem zu einer Asymmetrie des Sternwinds. Aufgrund der starken Abplattung des Sterns sind die Pole heißer als der Äquator und die abströmende Materie wird durch das intensivere Strahlungsfeld stärker beschleunigt. Alle Be-Sterne zeigen einen ausgeprägten Infrarotexzess. Lineare Polarisation von bis zu 2% sind in den Emissionlinien einiger Be-Sterne beobachtet worden und werden als eine Folge von Elektronenstreuung in der nicht kugelförmigen zirkumstellaren Hülle interpretiert[1].

Interpretation

Die Emissionslinien entstehen in optischen dünnen Hüllen, die sich entlang des Äquators der Sterne bilden und so zu einem zeitweise stationären Ring führen. Die Be-Sterne liegen im Hertzsprung-Russell-Diagramm im Bereich der Beta-Cephei-Sterne und in den letzten Jahren sind bei den Be-Sternen multiperiodische radiale und nichtradiale Pulsationen gefunden worden. Die Ringe sind eine Folge einer Resonanz eng benachbarter radialer Schwingungen in Kombination mit der hohen Rotationsgeschwindigkeit der frühen Sterne, sodass beide Effekte zusammen zu einer Ablösung von Materie im Bereich des Äquators führen. Der Ring rotiert aufgrund des größeren Abstands vom Stern langsamer als die Sternoberfläche (siehe Keplersche Gesetze) und deshalb bilden sich Emissionslinien nur in den Kernen der Absorptionslinien. Aus der Analyse des Spektrums von Be-Sterne wurde eine mittlere Dichte in den Ringen zwischen 1010 bis 1013 Wasserstoffatome pro cm3 abgeleitet bei einer Hüllenmasse von 10-10 Sonnenmassen[2].

Die hohe Rotationsgeschwindigkeit von Be-Sternen könnte die Folge einer zurückliegenden Interaktion mit einem Begleiter in einem Doppelsternsystem sein, der jetzt als ein kompaktes Objekt in Form eines Neutronensterns, Weißen Zwerges oder Schwarzen Loches vorliegt. Diese Hypothese würde auch die hohe Anzahl von Röntgendoppelsternen unter den Be-Sternen erklären[3].

Veränderlichkeit

Be-Sterne zeigen eine ausgeprägte Veränderlichkeit in der Stärke der Emissionslinien, wobei die Emissionlinien zeitweise auch nicht mehr nachgewiesen werden können wie bei Pleione in den Jahren 1905 bis 1938. Einhergehend mit einer Veränderlichkeit im Spektrum kann auch eine Änderung der optischen Helligkeit des Sterns wie im Beispiel von Gamma Cassiopeiae. Da die frühen Sterne den Hauptteil der Strahlung im Ultraviolett abgeben können die kühleren Ringe Energie absorbieren und im Optischen wieder emittieren[4].

Die veränderlichen Be-Sterne werden auch als Hüllensterne oder Gamma-Cassiopeiae-Sterne (GCVS-Bezeichnung GCAS) bezeichnet, wobei sich die Helligkeit im Visuellen um bis 2,5 Magnituden ändert. Im Ausbruch kann sich der Spektraltyp bis zu F5 abkühlen. Dies entspricht einer Temperatur von circa 6800 K, während ein ungestörter B-Stern eine Oberflächentemperatur von 10.000 bis 25.000 K zeigt. Wahrscheinlich wird ein großer Teil der Oberfläche des Sterns während des Ausbruchs von einer gekrümmten Scheibe bedeckt. Die Krümmung ist die Folge eines nicht in der Rotationsebene umlaufenden kompakten Begleiters (z.B. Neutronestern) und der darausfolgenden Gezeiteneffekte. Als Ursache der abweichenden Bahnebene wird eine asymmetrische Supernova-Explosion bei der Entstehung des Neutronensterns angenommen[5].

V/R-Variationen

Bei vielen Be-Sternen sind Variationen in der Stärke der blau- (V) bzw. rotverschobenen (R) Emissionslinien gefunden worden. Korreliert mit den Änderungen in den Emissionlinien schwankt auch der Polarisationsgrad. Die V/R-Variationen werden als eine Abweichung von der axialen Symmetrie in dem Ring um den Be-Stern interpretiert. Die Ursache könnte eine Schwingung in dem Scheibe um den frühen Stern sein, welche ausgelöst wird durch gravitative Resonanz aufgrund des Umlaufs eines Begleiters um den Be-Stern[6].

Be-Sterne in HMXB

Be-Sterne sind häufig die Massenspender in HMXB (engl. High Mass X-ray binaries, Röntgendoppelsterne hoher Masse). Dabei umkreist ein Neutronenstern den Be-Stern in einer meist elliptischen Bahn. Ist der Neutronenstern weit entfernt, dann akkretiert er nur wenig Materie und beim Aufprall auf seiner Oberfläche nach dem Fall durch das Gravitationsfeld wird nur wenig Röntgenstrahlung frei. Kommt der Neutronenstern mit dem zirkumstellaren Ring um den Be-Stern in Berührung so kann dies die Röntgenstrahlung steigern durch den Transfer von mehr Gas oder abschwächen. Eine Abschwächung liegt vor, wenn die Materie im Ring so dicht ist, dass die am Neutronenstern entstehende Röntgenstrahlung im Ring wieder absorbiert wird. Die temporäre Bildung von Ringen oder Hüllen um Be-Sterne ist häufig die Ursache für unregelmäßig veränderliche Röntgenstrahlung in HMXBs[7].

Von den BeXB (Be-Sterne in Röntgendoppelsternen) werden die γ-Cas-Sterne unterschieden. Sie zeigen eine schwächere Röntgenstrahlung als normale BeXB bei einem härteren Spektrum. Dieser Begriff beschreibt einen größeren Anteil kurzwelliger zu langwelliger Röntgenstrahlung. Weiterhin zeigen γ-Cas-Sterne keine Röntgenpulsationen, die als Folge eines starken Magnetfeldes auf einem Neutronenstern interpretiert werden. Wahrscheinlich ist der optisch nicht nachweisbare Begleiter von γ-Cas-Sternen ein Weißer Zwerg[8].

Einzelnachweis

  1. M. A. McGill, T. A. A. Sigut, & C. E. Jones: The Thermal Structure of Gravitationally-Darkened Classical Be Star Disks. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1108.5646v1.
  2. H. Scheffler, H. Elsässer: Physik der Sonne und der Sterne. 2 Auflage. BI Wissenschaftsverlag, Mannheim 1990, ISBN 3-411-14172-7.
  3. Walter Lewin, Michael van der Klies: Compact Stellar X-ray Sources (Cambridge Astrophysics). Cambridge University Press, Cambridge 2010, ISBN 978-0521158060.
  4. Cuno Hoffmeister, G. Richter, W. Wenzel: Veränderliche Sterne. J.A.Barth Verlag, Leipzig 1990, ISBN 3-335-00224-5.
  5. Rebecca G. Martin, J. E. Pringle, Christopher A. Tout, Stephen H. Lubow: Tidal Warping of Be Star Decretion Discs. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1106.2591.
  6. Christophe Martayan, Thomas Rivinius, Dietrich Baade, Anne-Marie Hubert, Jean Zorec: Review about populations of Be stars: stellar evolution of extreme stars. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2010, arXiv:1010.3341.
  7. W.H.G Lewin, J. van Paradijs, E.P.J van den Heuvel: X-ray Binaries. Cambridge University Press, Cambridge 1995, ISBN 0-521-59934-2.
  8. Pablo Reig: Be/X-ray binaries. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1101.5036.

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