Bezirksvertretung Innere Stadt

Bezirksvertretung Innere Stadt
Das Wappen der Inneren Stadt

Die Bezirkspolitik im 1. Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt ist wegen der zentralen Lage und touristischen Bedeutung dieses alten Kerngebiets der Stadt von besonderer Relevanz. Sie geht von der Bezirksvertretung aus, zu der die Wahlen gleichzeitig mit der Gemeinderats- bzw. Landtagswahl stattfinden. Historisch wurde diese Politik fast immer von konservativen Parteien bestimmt. Seit 1946 stellt die Österreichische Volkspartei (ÖVP) durchgehend den Bezirksvorsteher des Bezirks, während die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) mit einer Ausnahme immer den 1. Bezirksvorsteher-Stellvertreter stellte.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bezirksvorsteher
Anton Picker (CS) 1890–1903
Josef Wieninger (CS) 1903–1925
Otto Urbach (SDAP) 1932–1934
Eduard Siegmeth (VF) 1934–1938
Theodor Köpl (KPÖ) 4/1945–7/1945
Fritz Schuckeld (SPÖ) 7/1945–10/1945
Adolf Planek (SPÖ) 10/1945–1946
August Altmutter (ÖVP) 1946–1948
Franz Eichberger (ÖVP) 1948–1951
Otto Friesinger (ÖVP) 1951–1968
Heinrich Anton Heinz (ÖVP) 1968–1987
Richard Schmitz (ÖVP) 1987–2001
Franz Grundwalt (ÖVP) 2001–2005
Ursula Stenzel (ÖVP) 2005–

Zwischenkriegszeit

Die politischen Geschicke der Inneren Stadt lagen seit jeher fast durchgehend in konservativer Hand. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm Josef Wieninger, Politiker der Christlichsozialen Partei (CSP), zwischen 1918 und 1919 das Amt des Bezirksvorstehers zunächst provisorisch und war danach bis 1925 Bezirksvorsteher der Inneren Stadt. Danach wurde er Abgeordneter zum Nationalrat. Bei der zuvor 1923 durchgeführten Bezirksvertretungswahl hatte die CSP 16 der 30 Mandate erzielt, während die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs (SDAP) lediglich acht Mandate erhielt. Zudem waren die Großdeutsche Volkspartei (GDVP) mit einem Mandat, die Bürgerlich demokratische Partei mit drei Mandaten und die Jüdische Partei mit zwei Mandaten in der Bezirksvorstehung vertreten. Auch bei der Bezirksvertretungswahl 1927 konnte die Christlichsoziale Partei ihre Vormachtstellung halten. Sie erzielte im Verbund mit anderen Gruppierungen als Einheitsliste 18 Mandate, wobei die SDAP bereits 11 Mandate verbuchen konnte. Als dritte Partei war nur noch die Bürgerlich demokratische Partei mit einem Mandat in der Bezirksvertretung verblieben. Bei der Wahl am 24. April 1932 errang die SDAP in der Inneren Stadt, wie in allen Wiener Gemeindebezirken, den ersten Platz. Die SDAP hatte dabei von den Verlusten der CSP an die NSDAP profitiert. So erreichte die CSP bei der Wahl nur noch 11 Mandate, während die SDAP 14 Mandate erzielte. Die NSDAP stellte fünf Bezirksräte in der Inneren Stadt.[1] Die SDAP übernahm damit auch das Amt des Bezirksvorstehers. Otto Urbach konnte dieses Amt jedoch nur bis 1934 ausüben, da den Februarkämpfen während des Österreichischen Bürgerkrieges ein Verbot der SDAP folgte und deren Mandatare alle ihre Funktionen verloren. In der Folge übernahm Eduard Siegmeth von der Vaterländischen Front das Amt des Bezirksvorstehers. Er hatte das Amt bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten inne, wobei sowohl der Bezirksvorsteher als auch die Bezirksräte dieser Zeit nicht gewählt, sondern ernannt wurden. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das Amt des Bezirksvorstehers abgeschafft.

Zweite Republik

Im Zuge der Befreiung Wiens durch die Alliierten wurde vorerst der Kommunist Theodor Köpl von der sowjetischen Besatzungsmacht zum Bezirksvorsteher ernannt, wobei er das Amt zwischen April und Juli 1945 ausübte. Mit dem Wiener Verfassungs-Überleitungsgesetz vom 10. Juli 1945 verloren die von der sowjetischen Besatzungsmacht eingesetzten Bezirksvorsteher und ihre Stellvertreter wieder ihr Amt. Die politischen Parteien einigten sich in der Folge auf die zukünftigen Bezirksvorsteher, die danach vom Wiener Bürgermeister in ihr Amt berufen wurden. In der Inneren Stadt übernahm in der Folge ab Juli 1945 Fritz Schuckeld das Amt des Bezirksvorstehers. Bereits im Oktober 1945 folgte Adolf Planek nach. Beide Politiker gehörten der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ) an. Nach der Landtags- und Gemeinderatswahl 1945 wurden jeweils 30 Mandate für jede Bezirksvertretung vergeben. Die „provisorischen Bezirksräte“ wurden dabei unter Berücksichtigung des Landtagswahlergebnisses über Antrag des Stadtsenates vom Bürgermeister ernannt, wobei der Vorschlag auf Grund der Landtags- und Gemeinderatswahl nach dem Proporzsystem erstellt wurde. Zudem kam man zur Übereinkunft, dass die stärkste Partei des jeweiligen Bezirkes den Bezirksvorsteher stellen sollte. Von den 30 zu vergebenden Mandaten in der Inneren Stadt entfielen 18 Mandate auf die ÖVP, die SPÖ stellte 11 Mandatare, die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) einen Bezirksrat. Auf Grund dieses Ergebnisses erhielt die ÖVP den Anspruch auf den Bezirksvorsteher. August Altmutter wurde in der Folge am 16. April 1946 mit den übrigen Bezirksvorstehern und ihren Stellvertretern angelobt. Bereits 1948 wurde Altmutter jedoch von Franz Eichberger abgelöst. Auch bei der nachfolgenden Landtags- und Gemeinderatswahl 1949 sah man von einer separaten Bezirksvertretungswahl ab. Daher mussten nach der Wahl 1949 Mitte 1950 neuerlich „provisorische Bezirksräte“ auf Vorschlag der politischen Parteien vom Bürgermeister berufen werden. In der Inneren Stadt konnte in der Folge der Verband der Unabhängigen (VdU) mit drei Mandaten in die Bezirksvertretung einziehen. Diese Mandate gingen von der SPÖ an den VdU.

Nachdem Eichberger bereits 1951 von Otto Friesinger abgelöst worden war, fand 1954 erstmals eine, parallel zur Landtags- und Gemeinderatswahl 1954 durchgeführte Bezirksvertretungswahl statt. In der Inneren Stadt konnte dabei die ÖVP ein Mandat vom VdU gewinnen. Sie stellte in der Folge 19 Bezirksräte, während auf die SPÖ 8 Mandate, auf den VdU 2 Mandate und auf die KPÖ 1 Mandat entfielen. Friesinger und sein ab 1968 amtierender Nachfolger Heinrich Heinz konnten diese Dominanz bis einschließlich der Bezirksvertretungswahl von 1987 halten. Die ÖVP behielt während dieser Zeit immer die absolute Stimmen- und Mandatsmehrheit, wobei sie 1983 mit 65,9 % ihr bestes Ergebnis erzielte. Die SPÖ konnte die ÖVP in dieser Periode nie gefährden und erzielte Wahlergebnisse zwischen 24 und 28 %. Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), die 1956 dem VdU nachgefolgt war, erreichte bis 1987 Ergebnisse zwischen 5 und 11 % wobei sie nie mehr als drei Bezirksräte stellte. Die KPÖ war hingegen schon 1959 aus dem Bezirksparlament gewählt worden. Nach der Wahl 1987 wurde Richard Schmitz Bezirksvorsteher.

1983 war der Alternativen Liste Wien der Einzug in die Bezirksvertretung gelungen. Deren Nachfolgepartei, Die Grünen - Die grüne Alternative, erzielte 1987 bereits drei Mandate. 1991 verlor die ÖVP nach starken Gewinnen der FPÖ und der Grünen erstmals ihre absolute Stimmen- und Mandatsmehrheit, während die SPÖ ihren Stimmenanteil nahezu halten konnte. 1996 verlor die ÖVP jedoch weitere Stimmenanteile und erreichte nur noch 38,2 % (minus 8,2 %), während die FPÖ mit einem Gewinn von 3,7 % und insgesamt 19,7 % erstmals den zweiten Platz erreichte. Die SPÖ musste sich mit 18,9 % und herben Verlusten geschlagen geben. Mit jeweils rund 11 % lagen die Grünen knapp vor dem erstmals angetretenen Liberalen Forum (LIF). Bei den Wahlen 2001 setzte sich der Sinkflug der ÖVP fort. Sie erreichte mit 33,1 % nur noch 14 Mandate, während ihr die SPÖ nach einem deutlichen Plus mit 11 Mandaten erstmals nahe kam (25,6 %). Die FPÖ (17,7 %) verlor bei dieser Wahl leicht und konnte die Grünen (17,34 %) nur noch knapp auf Platz vier verweisen (jeweils 7 Mandate). Das LIF verlor hingegen massiv und kam nur noch auf ein Mandat. Bezirksvorsteher Richard Schmitz wurde von Franz Grundwalt abgelöst.

Bei den Bezirksvertretungswahlen 2005 rechnete sich die SPÖ auf Grund von schlechten Umfragedaten für den Bezirksvorsteher Franz Grundwalt erstmals Chancen auf die Übernahme des Bezirksvorsteheramtes aus. Daraufhin bot die ÖVP als Spitzenkandidatin die EU-Parlamentarierin und vormalige ORF-Redakteurin Ursula Stenzel auf, die den bisherigen Bezirksvorsteher Grundwalt, einen im ersten Bezirk aktiven Gastronomen, ersetzen sollte. Grundwalt konterte damit, dass er gegen Ende seines Mandats seinen SPÖ-Stellvertreter Georg Niedermühlbichler mit der interimistischen Amtsführung beauftragte. Stenzel sprach sich dafür aus, weniger öffentliche Veranstaltungen auf Plätzen des ersten Bezirks zu gestatten, um für mehr Ruhe zu sorgen und die City zu einem für ihre Bewohner lebenswerten Stadtteil zu entwickeln. Als besonderes Problem sah sie die Drogenkriminalität in ihrem Bezirk. Die Kandidatin wurde für ihre Vorschläge von der SPÖ heftig kritisiert. Stenzel konnte schließlich einen großen Wahlsieg erzielen. Sie gewann 10,2 % hinzu und erreichte mit 43,3 % wiederum den ersten Platz. Die SPÖ blieb trotz eines Zugewinns von 4,2% mit 29,8% klar hinter der ÖVP. Die Grünen legten im Bezirk leicht auf 18,30% zu, während die FPÖ mit einem Minus von 11,6% auf 6,1% abstürzte. LIF, KPÖ und BZÖ blieben jeweils unter einem Prozent und damit ohne Mandat. Bei der darauffolgenden Bezirksvertretungswahl 2010 büßte die ÖVP die Hälfte ihrer gewonnenen Stimmanteile wieder ein, konnte jedoch mit 38,0% ihre Führungsposition deutlich halten, da die SPÖ gleichzeitig von 29,8% auf 23,4% abstürzte. Die Grünen blieben praktisch unverändert bei 18,4% während die FPÖ ihre Mandatszahl mit 10,3% verdoppeln konnte. Mit der Liste „Wir im Ersten“ gelang dem Rechtsanwalt Karl Newole zudem mit 6,6% der Einzug in die Bezirksvertretung, den die KPÖ, das LIF und das BZÖ verfehlten.

Bezirkswahlergebnisse

Stimmenverteilung

Jahr Gültige
Stimmen
SPÖ ÖVP FPÖ1 GRÜNE2 KPÖ3 LIF WIR4 Sonstige
1954 19.443 5.469 11.590 1.432   733   2195
1959 17.976 4.799 10.706 2.103   368  
1964 17.261 4.485 10.924 1.203   373   2766
1969 13.610 3.830 7.314 1.515   156   7957
1973 13.265 3.789 7.969 1.311   135   617
1978 11.167 2.884 7.332 951    
1983 12.137 2.940 7.995 620 582  
1987 8.600 2.116 4.851 893 740  
1991 8.717 2.056 4.041 1.389 1.047 1848
1996 9.284 1.755 3.547 1.824 1.054 58 1.046
2001 8.726 2.237 2.889 1.543 1.513 38 385 1219
2005 7.913 2.361 3.428 481 1.448 66 58 7110
2010 8.575 2.010 3.254 883 1.575 80 108 566 9910

1) 1954 VdU 2) 1983 ALW 3) 1954 als Volksopposition, zwischen 1959 und 1964 als Kommunisten und Linkssozialisten
4) WIR - Wir im Ersten 5) FSÖ 6) EEP 7) DFP 8) VGÖ 9) CHHF 10) BZÖ

Stimmenanteile

Jahr SPÖ ÖVP FPÖ1 Grüne2 KPÖ3 LIF WIR4 Sonstige
1954 28,1% 59,6% 7,4% 3,8% 1,1%5
1959 26,7% 59,6% 11,7% 2,0%
1964 26,0% 63,3% 7,0% 2,2% 1,6%6
1969 28,1% 53,7% 11,1% 1,1% 5,8%7
1973 28,6% 60,1% 9,9% 1,0% 0,5%8
1978 25,8% 65,7% 8,5%
1983 24,2% 65,9% 5,1% 4,8%
1987 24,6% 56,4% 10,4% 8,6%
1991 23,6% 46,4% 15,9% 12,0% 2,1%8
1996 18,9% 38,2% 19,6% 11,4% 0,6% 11,3%
2001 25,6% 33,1% 17,7% 17,3% 0,4% 4,4% 1,4%9
2005 29,8% 43,3% 6,1% 18,3% 0,8% 0,7% 0,9%10
2010 23,4% 38,0% 10,3% 18,4% 0,9% 1,3% 6,6% 1,2%10

1) 1954 VdU 2) 1983 ALW 3) 1954 als Volksopposition, zwischen 1959 und 1964 als Kommunisten und Linkssozialisten
4) WIR - Wir im Ersten 5) FSÖ 6) EEP 7) DFP 8) VGÖ 9) CHHF 10) BZÖ

Mandatsverteilung

Jahr SDAP CSP1 Sonst. Gesamt
1923 8 16 62 30
1927 11 18 13 30
1927 14 11 54 30

1) 1927 als Einheitsliste mit anderen Gruppierungen
2) Bürgerlich demokratische Partei drei Mandate, Jüdische Partei 2 Mandate, Großdeutsche Volkspartei 1 Mandat
3) Bürgerlich demokratische Partei 4) NSDAP

Jahr SPÖ ÖVP FPÖ1 Grüne2 Sonst. Gesamt
1945 11 18   13 30
1949 8 18 3   13 30
1954 8 19 2   13 30
1959 8 19 3     30
1964 8 20 2     30
1969 9 17 3   14 30
1973 9 18 3     30
1978 8 20 2     30
1983 7 21 1 1 30
1987 10 23 4 3 40
1991 10 19 6 5 40
1996 8 16 8 4 45 40
2001 11 14 7 7 15 40
2005 13 18 2 7 40
2010 10 16 4 8 26 40

1) 1949, 1954 WdU/VdU 2) 1983 ALW
3) Kommunistische Partei Österreichs (1949 als LBI, 1953 als VO) 4) DFP 5) LIF 6) WIR - Wir im Ersten

Einzelnachweise

  1. Jonny Moser; Wolfgang Neugebauer; Anton Steier: Auferstanden aus Ruinen. 40 Jahre SPÖ-Innere Stadt 1945–1985. Wien 1988, S. 12

Literatur

  • Alois F. Mayer: Bezirksvertretungen in Wien 1848 - 1934. Dissertation , Wien 1986
  • Josef Rauchenberger (Hrsg.): Bezirksvertretungen in Wien. Wien 1990, ISBN 3-9011-1101-8
  • Magistrat der Stadt Wien (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien/Jahrbuch der Stadt Wien

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