- Biodiversitäts-Hotspot
-
Als Biodiversitäts-Hotspots werden Regionen der Erde bezeichnet, in denen eine große Zahl an endemischen Pflanzen- und Tierarten vorkommt und deren Natur in besonderem Maße bedroht ist. Die meisten dieser Regionen liegen um den Äquator verteilt. Die Länder, in denen sich Hotspots finden, bedecken weniger als 10 Prozent der Erdoberfläche, sind aber Heimat von 70 Prozent der weltweiten Fülle des Lebens (der Lebewesen).
Ein ähnliches Konzept ist das der Megadiversityländer. Es bezieht sich aber nur auf Staaten.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung des Forschungsfeldes
In den Siebzigerjahren begannen Naturschutzbiologen zunehmend, die Interaktionen zwischen großräumigen Ökosystemen zu erforschen. Daraus entwickelte sich die Disziplin der Ökosystemforschung. Schnell wurde klar, dass es global betrachtet Regionen mit einer großen Dichte an endemischen Arten gibt, die in der Regel in der Nähe des Äquators liegen. Das Konzept der Biodiversity-Hotspots wurde u. a. von dem Biologen Russell Mittermeier 1988 entwickelt, als eine Möglichkeit, die Naturschutzbemühungen weltweit sinnvoll zu bündeln. Er analysierte Primatenschutzprogramme weltweit unter dem Gesichtspunkt der Prioritätensetzung und fand heraus, dass weltweit vier Länder zwei Drittel aller Primatenarten beheimaten. Er weitete seine Untersuchung auf andere Säugetierarten, Vögel, Reptilien, Amphibien, Pflanzen und ausgewählte Insektengruppen aus.
Den Begriff Biodiversität-Hotspot prägte 1988 der britische Biologe Norman Myers, der biogeographische Regionen hinsichtlich der beiden Dimensionen Pflanzen-Endemismus und Lebensraumverlust kategorisierte. 1990 ergänzte Meyrs weitere acht Hotspots, welche auch vier Ökosysteme im Mittelmeerraum enthielten.
Die 1987 gegründete Naturschutzorganisation Conservation International machte es sich (anhand Myers’ Liste von 1989) zur Hauptaufgabe, diese Biodiversitäts-Hotspots zu schützen, und etablierte diesen Begriff in der Fachöffentlichkeit. 1996 überarbeitet CI die Liste der am meisten schutzbedürftigen Hotspots.
Kriterien
Conservation International setzte zunächst zwei strikte Kriterien an, um eine Region als Hotspot zu identifizieren:
- Sie muss mindestens 1500 endemische Arten von Gefäßpflanzen aufweisen (und damit über 0,5 Prozent der Summe aller auf der Erde).
- 70 Prozent des ursprünglichen Habitats müssen verloren gegangen sein.
1999 identifizierte CI 25 Biodiversitäts-Hotspots nach diesen Kriterien in dem Buch Hotspots: Earth’s Biologically Richest and Most Endangered Terrestrial Ecoregions. 2005 veröffentlichte die Organisation ein Update mit dem Titel Hotspots Revisited: Earth's Biologically Richest and Most Endangered Terrestrial Ecoregions.[1]
Die für die Identifikation von Biodiversitäts-Hotspots verwendeten Kriterien sind jedoch in der Fachwelt umstritten. Einerseits ist fraglich, ob die Bedrohung der Biodiversität in die Definition eines Hotspots eingehen sollte.[2] Andererseits führt die Berücksichtigung anderer Organismengruppen[3] oder die Betrachtung von Tieren neben Pflanzen[4] zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Die Biodiversitäts-Hotspots nach Regionen
(Begriffe ohne deutsche Entsprechung im englischen Original) Nord- und Zentralamerika
- California Floristic Province
- Karibische Inseln
- Subtropische Bergwälder Mexikos und im Südwesten der USA (Madrean Pine-Oak Woodlands)
- Mesoamerika
- Mata Atlântica (Atlantic Forest)
- Cerrado
- Valdivianischer Regenwald (Chilean Winter Rainfall-Valdivian Forests)
- Tumbes-Chocó-Magdalena
- Tropical Andes
- Kapflora (Cape Floristic Region)
- Coastal Forests of Eastern Africa
- Region in den Afrikanischen Bergen und im Süden der Arabischen Halbinsel (Eastern Afromontane)
- Guinean Forests of West Africa – Guineischer Wald Westafrikas
- Horn von Afrika
- Madagaskar und die Inseln des Indischen Ozeans
- Maputaland-Pondoland-Albany
- Succulent Karoo
Europa und Zentralasien
- Kaukasus
- Irano-Anatolian (Irak-Anatolien)
- Mittelmeerraum (Mediterranean Basin)
- Zentralasiatische Gebirgskette (Ural)
Strategie zum Schutz der Biodiversitäts-Hotspots
Nachdem die Regionen mit besonderes hohem Artenreichtum und einer besonders prekären Schutzsituation identifiziert worden waren, wurden verschiedene Programme aufgelegt. Das Konzept der Hotspots ist mittlerweile Bestandteil vieler weltweit tätiger Institutionen wie der MacArthur and Moore Foundations, der Weltbank und der Global Environment Facility. Daneben arbeiten viele NGOs am Schutz der Hotspots. Insgesamt wurden bisher 750 Millionen Dollar (2003) in die Umsetzung der Strategie investiert. Dies ist die größte Summe, die jemals in ein Naturschutz-Projekt investiert wurde.
Die These der Hotspots basiert auf dem Fakt, dass Naturschützer nicht alle bedrohten Arten mit den bestehenden finanziellen Mitteln aus Spendengeldern schützen können. Deshalb mussten die Aktivisten Prioritäten bei der Planung ihrer Maßnahmen setzen: Wo kann mit dem vorhandenen Geld der größte „Schutzwert“ erzielt werden?[5]
Die Biodiversitäts-Hotspots sind in den meisten Fällen in sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungs- und Schwellenländern verortet. Deshalb ist in den meisten Fällen logistische und finanzielle Unterstützung von westlichen Staaten und Organisationen Teil der Strategie.
Zwölf Megadiversityländer trafen sich 2002 im mexikanischen Cancún und schlossen die Declaración de Cancún,[6] der sich bis 2003 zwei weitere Staaten anschlossen.[7]
Literatur
- Russell A. Mittermeier, Patricio Robles Gil, Michael Hoffman, John Pilgrim, Thomas Brooks, Cristina Goettsch Mittermeier, John Lamoreux, Gustavo A. B. da Fonseca u. a.: Hotspots Revisited: Earth's Biologically Richest and Most Endangered Terrestrial Ecoregions. Conservation International 2005, ISBN 978-968-6397-77-2.
- Carl Beierkuhnlein: Biogeographie. UTB L 8341. Ulmer-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-8252-8341-0.
- Josef H. Reichholf (Autor), Klaus Wiegand (Hrsg.): Ende der Artenvielfalt? Gefährdung und Vernichtung der Biodiversität. Fischer (Tb.), Frankfurt 2008, ISBN 978-3-596-17665-6.
Einzelnachweise
- ↑ Encyclopedia of Earth: biodiversity hotspots (collection)
- ↑ vgl. C. D. L. Orme, R. G. Davies, M. Burgess, F. Eigenbrod: Global hotspots of species richness are not congruent with endemism or threat. In: Nature. Nr. 436, 2005, S. 1016–1019.
- ↑ vgl. etwa Kirsten Kaschner: Vorhersagemodell über globale Verbreitungsgebiete und Biodiversitäts-Hotspots von Meeressäugern. In: Treffpunkt Biologische Vielfalt. Nr. 6, 2005, S. 229–230.
- ↑ Bruno Streit: Was ist Biodiversität?: Erforschung, Schutz und Wert biologischer Vielfalt. C. H. Beck, München 2007, S. 79, 83.
- ↑ Norman Myers: Biodiversity Hotspots Revisited (PDF)
- ↑ Text der Declaración de Cancún auf Wikisource (spanisch)
- ↑ United Nations Industrial Development Organization: How can biotechnology benefit Latin America and the Caribbean?, 25. Juni 2003
Wikimedia Foundation.