- Carbenkomplexe
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Carbenkomplexe sind Übergangsmetallkomplexe, die formal mindestens eine Metall-Kohlenstoff-Doppelbindung enthalten. Sie sind somit metallorganische Verbindungen und werden in zwei Untergruppen – Fischer-Carbene und Schrock-Carbene – eingeteilt, wobei die elektronische Umgebung des gebundenen Kohlenstoffatoms entscheidend ist. Der bindende Kohlenstoff in Fischer-Carbenen ist durch elektronenziehende Gruppen substituiert und damit elektrophil. Bei Schrock-Carbenen handelt es sich durch seine elektronenschiebenden Substituenten um einen nucleophilen Kohlenstoff. Eine luftstabile Weiterentwicklung von Schrock-Carbenen stellt der Grubbs-Katalysator dar, der mittlerweile in Olefinmetathese-Reaktionen eine Anwendung findet.
Inhaltsverzeichnis
Fischer-Carbene
Unter Fischer-Carbenen versteht man Carbenkomplexe, die am carbenoiden Kohlenstoff ein Heteroatom tragen. Fischer-Carbene werden mit späten Übergangsmetallen in niedrigen Oxidationsstufen gebildet und haben elektrophilen Charakter. Sie sind nach ihrem Entdecker Ernst Otto Fischer benannt.
Bindungsverhältnis
Formal handelt es sich bei dem freien Carben um ein Singulett-Carben (beide Elektronen sind in einem Orbital, Multiplizität 1). Die σ-Hinbindung erfolgt durch ein doppelt besetztes Carbenorbital, die π-Rückbindung durch das doppelt besetzte Metallorbital.
Näherungsweise können die Bindungsverhältnisse durch folgende mesomere Grenzstrukturen ausgedrückt werden:
Die Bindung ist polarisiert, wobei δ- dem Metall und δ+ dem Kohlenstoff zukommt. Da der Carbenkohlenstoff positiv polarisiert ist, spricht man von einem elektrophilen Carben.
Herstellung
Fischer-Carbene können leicht durch Addition von Metallorganylen an Carbonylkomplexe und anschließende Alkylierung erhalten werden. Hierzu kann zum Beispiel ein Lithiumalkyl eingesetzt werden, das zunächst an den Carbonylliganden addiert. Die Alkylierung wird meist mit Meerwein-Salz durchgeführt.
Verwendung
Fischer-Carbene werden beispielsweise bei der Dötz-Reaktion benötigt.
Schrock-Carbene
Unter Schrock-Carbenen versteht man nukleophile Carbenkomplexe, die im Gegensatz zu Fischer-Carbenen nicht heteroatomsubstituiert sind. Sie werden mit frühen Übergangsmetallen in hohen Oxidationsstufen gebildet und sind benannt nach Richard R. Schrock.
Bindungsverhältnisse
Formal handelt es sich bei dem freien Carben um ein Triplettcarben. Das heißt, dass sich die beiden Elektronen des Carbens in zwei verschiedenen Orbitalen befinden, woraus sich eine Multiplizität von drei ergibt. Die σ-Hinbindung sowie die π-Rückbindung werden also jeweils durch ein Elektron des Metalls und des Liganden gebildet.
Herstellung
Eine Möglichkeit der Synthese von Schrock-Carbenen ist in folgendem Schema gegeben. Tantal(V)-pentachlorid wird mit Neopentyllithium zur Reaktion gebracht. Hierbei bildet sich das kurzlebige Intermediat Tantal(V)-pentaneopentylat. Dieses zerfällt unter Eliminierung von Neopentan zum Schrock-Carben.
Da Schrock-Carbene oft wenig stabil sind, werden sie häufig erst kurz vor ihrer Verwendung hergestellt.
Anwendung
Schrock-Carbene werden zu Alkylenierungen eingesetzt. So zum Beispiel das Tebbe-Reagenz zur Methylenierung, also dem Einführen einer Methylengruppe, von Ketonen. Auch die zur Olefinmetathese benutzten Katalysatoren, z.B. der Grubbs-Katalysator, sind Schrock-Carbene.
Literatur
- E. Riedel (Hrsg.): Moderne Anorganische Chemie, de Gruyter, 3. Aufl., Berlin 2007, ISBN 978-3-11-019060-1.
- C. Elschenbroich: Organometallchemie, Teubner, 5. Aufl., Wiesbaden 2005, ISBN 3-519-53501-7.
Weblinks
- http://www.oci.uni-hannover.de/AK_Kalesse/OCF-vortraege04SS/03.05.04_Carbene.pdf (PDF-Datei; 174 kB)
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