Elektromotorroller

Elektromotorroller

Ein Elektromotorroller, in Kurzform auch Elektroroller oder E-Roller genannt, ist ein Motorroller mit elektrischem Antrieb. Die Energieversorgung erfolgt per Akku.

Inhaltsverzeichnis

Zeitgeschichte des Elektrorollers bis in die jüngste Vergangenheit

Anfänge der Entwicklung

Das erste elektrobetriebene Zweirad gab es bereits 1911[1]. Ab den 1950er-Jahren versuchten viele kleine Werkstätten und Bastler, aber auch namhafte Unternehmen wie Puch oder Peugeot, elektrobetriebene Motorroller auf den Markt zu bringen. Während viele Fahrzeuge von Puch nicht mehr im Alltagsgebrauch sind, fahren fast alle seit 1995 produzierten Peugeot Scoot'Elec noch im Alltagsbetrieb.

Die Geschichte der E-Roller begann in Fabrikhallen, in denen kleine Transportroller für Waren und Personen benötigt wurden und Verbrennungsmotoren aufgrund der Abgase nicht eingesetzt werden konnten. In den letzten Jahren ist ein umfangreiches Angebot an Elektromotorrollern (auch Elektro-Scooter genannt) am Markt entstanden, mit Modellen, die heute bei einer Reichweite von etwa 50 km (mit hochwertigeren Akkutechnologien von über 100 km) angekommen sind und eine Geschwindigkeit von etwa 45 km/h oder auch bis über 80 km/h erreichen.

Chinesischer Alltag: Geparkte E-Roller

E-Scooter in China

Die günstigen Preise und die Tatsache, dass sie dort als Fahrräder gelten, haben E-Roller in der VR China bereits vor 2010 sehr populär werden lassen.

China ist das erste Land, in dem im Jahr 2006 erstmals mehr Elektrofahrzeuge als Benzinfahrzeuge verkauft wurden (19 Mio. Elektrofahrzeuge, 13,4 Mio. Benzinfahrzeuge). Der Elektromotorroller gehört mittlerweile zum gewöhnlichen Alltagsbild wie vor 20 Jahren das berühmte chinesische Fahrrad. Allerdings sind sie in manchen Großstädten wie z. B. Guangzhou einschl. Umland offiziell verboten.

Scoot'elec von Peugeot

Zwischen 1995 und 2005 wurde in Europa bereits ein Elektroroller von Peugeot gebaut. Er hatte eine Reichweite von ca. 40 km und eine Ladedauer von ca. 2 Stunden an jeder normalen Steckdose. Der Akku bestand aus 3 NiCd STM 5-100 MR Akkus von Saft mit 100 Ah und 6 V - 1,8 kWh. Der Energieverbrauch betrug 6-8 kWh pro 100 km bei einer Motorleistung von 2,8 kW. Das Gewicht des damals rund 3450 € teuren 2-Sitzers betrug mit Akku 115 kg. Die Batterielebensdauer war mit 2000 Ladezyklen (80.000 km) angegeben, danach waren noch 80 Prozent Restkapazität zu erzielen.

Die Produktion wurde Ende 2005 von Peugeot eingestellt. Die letzten Fahrzeuge wurden noch bis Mitte 2006 in Deutschland ausgeliefert. Grund für die Einstellung waren die hohen Kosten für ein neues Steuergerät, welches im Gegensatz zu den meisten chinesischen Rollern 500 Ampere schalten konnte (ein vergleichbares für Gabelstapler mit Strömen bis zu 1000 Ampere kostet zirka 2000 €). Alle Austausch- und Ersatzteile sind bis heute verfügbar (Stand Dez. 2008).

Typologie und Charakterisierung

Gängige Bauformen von Elektromotorrollern

Wie bei allen Rollern ist auch für die Rahmen-Konstruktion des Elektrorollers die Existenz eines Fußraums hinter dem lenkenden Vorderrad charakteristisch. Sie gestattet dem Fahrer bei Vorhandensein einer Sitzbank die rollertypische nicht-reitende Sitzhaltung. Ein Knieschluss des Fahrers mit seiner Maschine wird damit im Unterschied zum Motorrad nicht möglich, was die Querstabilität des Fahrers verringert. Im Vergleich zum Motorradfahrer muss der Rollerfahrer unter Umständen die Lenkerenden mit einer steiferen Armhaltung festhalten. Ein schnelles Durchfahren von engen Kurven wird dem Rollerfahrer im Unterschied zum Motorradfahrer eher erschwert.

Die nicht-reitende Sitzhaltung wird bei Verwendung eines rohrgestützten Sitzsattels in der Konstruktion anstelle einer Sitzbank teilweise wieder aufgegeben, dann gilt Oberschenkelschluss, nicht Knieschluss.

Weiterhin konstruktionstypisch sind die rollertypischen kleinen Räder in Verbindung mit hohen Drehzahlen; diese verringern allerdings bei regennasser Fahrbahn die Rutschfestigkeit und erhöhen somit die Möglichkeit des Aquaplaning.[2] Deshalb werden leistungsfähigere E-Roller mit größeren Rädern gebaut, um mehr Fahrstabilität und damit mehr Sicherheit zu erreichen.

Grundsätzlich sind folgende Typen zu unterscheiden:

  1. E-Roller mit steifer, verkleideter Chassis-Konstruktion mit Sitzbank für ein bis zwei Personen
  2. klappbarer E-Roller mit rohrgestütztem Sitzsattel für eine Person
  3. klappbarer E-Roller ohne Sitz als Stehroller für eine Person
  4. Segway-Stehroller
  5. E-Roller ohne Sitz als Zugroller für den Freizeitbereich für eine Person
  6. extrem leichter (unter 10 kg) klappbarer E-Roller ohne Sitz als Stehroller für eine Person

Führerschein und Typgenehmigung

Elektromotorroller werden in verschiedenen EG-Fahrzeugklassen angeboten. Um sie zu fahren ist eine entsprechende Fahrerlaubnis erforderlich. In Deutschland:

  • Kleinkraftrad L1e bis 45 km/h Höchstgeschwindigkeit mindestens mit Führerschein M ab 16 Jahren bzw. B,
  • Leichtkraftrad L3e bis 80 km/h Höchstgeschwindigkeit
    • Klasse 3 oder 4 (vor dem 1. April 1980 erworben),
    • der Klasse 1b (nach dem 1. April 1980 erworben) oder
    • der Klasse A1.

Elektromotorroller müssen, den nationalen technischen Anforderungen von Kraftfahrzeugen (z.B. zwei unabhängige Bremsanlagen, Beleuchtungsanlage, Hupe, Bereifung) entsprechen. Die EU-Richtlinie 2002/24/EU für das Kraftfahrrecht besagt, dass alle E-Fahrzeuge, ausgenommen „pedal-assisted“ Fahrräder, als Kraftfahrzeuge (bis 45 Km/h als L1e-Moped) gelten . Sie benötigen folglich eine nationale Typgenehmigung. Eine „EU-Zulassung“ (Allgemeine Betriebserlaubnis), setzt eine nationale Typgenehmigung voraus. Ein CoC (eine sogenannte Übereinstimmungsbescheinigung, CoC-Papier, Certificate of Conformity, Certificat de conformité) genügt nicht.

Der Elektroroller im Alltag

Vorteile des Elektrorollers

Die wesentlichen Vorteile von E-Rollern gegenüber herkömmlichen Rollern sind:

  • geringer Lärm
  • sauberer (kein Benzinverbrauch, dadurch auch keine Abgase)
  • geringere Wartung (durch den Wegfall des Verbrennungsmotors weniger Verschleißteile vorhanden)
  • geringe Betriebskosten (ca. 0,75 €/100 km)
  • ökologischer in Bezug auf die Gesamt-Umweltbelastung (Treibhausgasemissionen in CO2-Äquivalenten für zurückzulegende Wegstrecken im Alltag [3]: E-Scooter 7 kWhel/100km: 18 g CO2-eq/km; zum Vergleich: Motorrad Viertakt 5,6 l/100km: 208 g CO2-eq/km)

Stromkosten

Bei den heutigen Strompreisen (Stand: 2008) von etwa 0,20 €/kWh kosten 100 km Fahrt etwa 80 Cent an Strom; je nach Batterietyp fallen, durch den Verschleiß, jeweils noch ein Mal Kosten pro entnommener Kilowattstunde an (offene NiCd 2000 Zyklen = 0,3 €; NiMH 1000 Zyklen = 0,8 €; Pb gewickelt für niedrigen Innenwiderstand 200 Zyklen = 1 €); die Versicherungskosten liegen bei etwa 60 € im Jahr. Die Anschaffungskosten für einen Roller liegen etwa zwischen 1.000 € und 4500 € für Modelle mit 45 km/h Höchstgeschwindigkeit; Roller mit höherwertigen Akkutypen werden auch häufig (teil-)vermietet. Es gibt dabei große Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Motoren und Akkus. Dies drückt sich unter anderem in der erreichbaren Geschwindigkeit, der möglichen Steigfähigkeit am Berg und der Reichweite pro Akkuladung aus.

Stromtankstellen

Der anstehende Aufbau von "Stromanschluss-Stationen zum Wiederaufladen mit Bezahlungsmöglichkeit" ("Stromtankstellen"), vor allem im aktuellen Jahrzehnt, könnte in puncto zurücklegbare Streckenreichweite völlig neue Perspektiven eröffnen.

Ein Problem für alle Fahrzeuge, die an Stromtankstellen wiederaufgeladen werden sollen, ist bislang, dass sie jeweils einen Akku-Schnelllader, schnellladbare Akkus (etwa bestimmte LiFePO4-Akku-Varianten oder Vergleichbares) und eine Stromtankstellen-kompatible Kabel-Stecker-Kombination (mit Stecker gemäß IEC 62196 oder gemäß EU-Anforderungen) an Bord mitführen müssen. Deren komplette Integration (in das Chassis beziehungsweise in den Rahmen) stellt für die Hersteller eine Herausforderung in puncto Fahrzeugentwicklung dar. Die meisten Elektromotorroller-Modelle enthalten derzeit ein solches Feature nicht (Stand: Nov. 2009). Eine Alternative besteht darin, standardisierte Schnellladesysteme in den Ladesäulen der Stromtankstellen unterzubringen. Dies würde die Integration eines Schnellladers in das jeweilige Fahrzeug überflüssig machen.

Technik

Akkus

Günstige Elektromotorroller sind meistens noch mit normalen Blei-Gel-Akkus ausgestattet, deren Nachteil die geringe reale Kapazität unter Belastung und ihre kurze Lebensdauer ist. Die meisten dieser Elektroroller haben eine Reichweite von etwa 50 km/Ladung und weisen bei schlechter Behandlung nach einem Winter ein geschwächtes Ladungsverhalten auf. Die Ladungskapazität eines Blei-Gel-Akkus ist temperaturabhängig und nimmt bei Kälte - einhergehend mit den physikochemischen Stoffeigenschaften von Elektrolyt und Elektroden - wesentlich niedrigere Werte an als bei Raumtemperatur.

Höherwertige Elektromotorroller sind vereinzelt mit NiCd- oder NiMH-Akkus ausgerüstet.

Die kommende Technologie sind Lithium-Ionen-Akkus, LiPo(lymer)- bzw. LiFePO4-Akkus. Die Verwendung dieser Akkumulatoren trägt zu einer Gewichtsreduzierung und einer höheren Reichweite bei. Nachteilig sind die deutlich höheren Anschaffungskosten - bei Lithium-Ionen mit 300 bis 1400 €/kWh mehr als ein konventioneller Roller - sowie das kalendarische Leben der Lithium-Technologie: auch ohne Benutzung können die Akkus defekt werden, ein Nachteil, der insbesondere bei einer Benutzung mit weniger als 40 Ladezyklen pro Jahr (2000 km/a) zu deutlich höheren km-Kosten (20 €/100 km, 5a) führen kann.

Beim Anlegen aktueller Maßstäbe (Stand: Okt. 2010) verkraften schlechte Akkus etwa 350 Ladezyklen, ehe sie funktionsuntüchtig werden, sehr gute liegen dagegen bei über 2000.

Batterie-Management-Systeme und Balancer

Folgt man der derzeitigen Terminologie, so werden Mehrzellen-Akkus heute als "Batterien" bezeichnet. Der Begriff "Batterie" charakterisiert dabei lediglich die Tatsache, dass Zellen aneinandergereiht oder in Blöcken zusammengefasst werden, nicht jedoch die Funktionalität der galvanischen Elemente. Dementsprechend wird dann eine Einheit aus mehreren Akkuzellen, die der Energieentnahme und -zufuhr eines Fahrzeugs während der Fahrt dient, in Anlehnung an die Terminologie "Traktionsbatterie" genannt, nicht etwa Traktionsakku (wobei diese von der "Starterbatterie" begrifflich zu unterscheiden ist). Entsprechend werden Mehrzellen-Akku-Management-Systeme als "Batterie-Management-Systeme" (engl. Battery management systems), kurz BMS, bezeichnet. Für den Zubehörmarkt von Lithium-Ionen-Akkus ist zur Zeit festzustellen, dass Batterie-Management-Systeme zum Schutz der empfindlichen Einzelzellen in den Batteriepacks derzeit kaum verfügbar oder relativ teuer sind. Als Teilfunktionskomponenten der BMS kommen bei Lithium-Ionen-Akkus neben der Temperaturkontrolle, der Diagnose und der Reichweitenermittlung die Ladungs- und Entladungs-Steuerung inklusive Balancer zum Tragen, wobei letzterer bei ungleichen Ladungszuständen der Einzelzellen für eine Nivellierung ebendieser Zustände sorgt.

Energierückgewinnung (Rekuperation)

Eine Rekuperation, die Energierückgewinnung durch Umwandlung von kinetischer Energie aus Bergabfahrt und Bremsvorgang in Nutzenergie unter Ausnutzung der Massenträgheit des bewegten Fahrzeugs, kann die Reichweite des Elektrorollers pro aufgenommener Akkuladung spürbar erhöhen. Sie erfordert eine intelligente Energiemanagement-Regelung, die den Elektroantrieb nicht nur im motorischen, sondern auch im generatorischen Bereich regelt. Mikrocontroller mit Ein- bzw. Ausgabe-Schnittstelle und externem Fahrzeug-Geschwindigkeitssensor und Drehzahlmesser am Elektroantrieb sowie leistungselektronische Stellglieder werden dann erforderlich.

Im Unterschied zum Elektroauto und zum Pedelec steht die Rekuperationstechnologie bei Elektrorollern (wohl aus Kostengründen, aber auch entwicklungsbedingt) bei einigen Herstellern – jedoch nicht bei allen – noch relativ am Anfang. Dies wird sich in absehbarer Zeit wohl ändern, da auch Elektroroller mit zunehmendem ökonomischen Druck verstärkt an ihrer Wirtschaftlichkeit gemessen werden. Einerseits schont die Rekuperation das Akkusystem eines Elektrorollers, was zu dessen Wirtschaftlichkeit beiträgt, andererseits erhöht sie (aufgrund der herstellerseitigen Entwicklungs- und Produktionskosten) dessen Erstanschaffungspreis. Allerdings sind die Vorteile der Energierückgewinnung beim Elektroroller gegenüber dem Auto weniger ausgeprägt (geringere Masse, somit geringere kinetische Energie).

Hersteller

Ein "E-Max" bei einem Verleih
Schwedischer Nostalgie-Elektromotorroller "Elektro 1"

Die meisten Elektromotorroller werden in China und in Taiwan produziert. Die Qualität hat eine gewisse Streuung; und die Kontrolle selbiger durch die Importeure ist wichtig.

Siehe auch

Literatur

  • Niels Fries: Praxishandbuch für Elektromotorroller. Mobilität für eine umweltfreundliche Zukunft. Books On Demand, Norderstedt 2008, ISBN 978-3-8370-6062-1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Electromotorcycles
  2. Anmerkungen einer Leverkusener Motorradfahrergruppe zum Motorroller
  3. [1] Empa - Umweltnutzen von E-Scootern (PDF)

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