Eidgenössische Volksinitiative «für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten»

Eidgenössische Volksinitiative «für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten»
Die Einreichung der Initiative
Boxen mit den Unterschriften

Die Eidgenössische Volksinitiative «für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten» war eine Volksinitiative, die vom Bündnis gegen Kriegsmaterial-Exporte mit 109’224 gültigen Unterschriften eingereicht wurde. Sie forderte zwei neue Verfassungsartikel, die ein allgemeines Ausfuhrverbot von Kriegsmaterial und die Verpflichtung des Bundes zur Förderung internationaler Bestrebungen für Abrüstung und Rüstungskontrolle festschreiben sollten. Die Vorlage wurde am 29. November 2009 von 68,2% des Schweizer Stimmvolks und allen Ständen abgelehnt.[1]

Eine ähnliche Volksinitiative «für vermehrte Rüstungskontrolle und ein Waffenausfuhrverbot» verfehlte 1972 das Volksmehr mit 49.7% Ja-Stimmen knapp[2]. Eine weitere Initiative «für ein Verbot der Kriegsmaterialausfuhr» wurde am 8. Juni 1997 mit 77.5 % Nein-Stimmen verworfen.[3]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Initiativkomitee, zu dem rund vierzig Parteien, Hilfswerke sowie kirchliche und friedenspolitische Organisationen gehören[4], spricht bei Kriegsmaterial-Exporten vom «Geschäft mit dem Tod». Nach der Veröffentlichung der Exportstatistik für Kriegsmaterial für die Berichtsperiode 2005 durch das Staatssekretariat für Wirtschaft gab die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee bekannt, dass Handlungsbedarf bestehe und ein generelles Waffenausfuhrverbot angestrebt werden müsse. Die Gruppe stellte fest, dass die Schweiz Länder mit Kriegsmaterial beliefere, die am sogenannten «Krieg gegen den Terror» beteiligt sind. Zudem würden Schweizer Rüstungsunternehmen am Konflikt im Nahen Osten profitieren. In der Folge gruppierten sich Personen zum «Bündnis gegen Kriegsmaterial-Exporte» und lancierten die Initiative.

Die Vorprüfung der Initiative war am 13. Juni 2006 von der Bundeskanzlei beendet, womit die Gruppierungen am 27. Juni 2006 mit dem Unterschriftensammeln beginnen konnten.[5] Am 21. September 2007 konnten die Initianten rund drei Monate vor Ablauf der Sammelfrist 109’530 Unterschriften einreichen, wovon nach der Überprüfung 109’224 gültig waren. Am 5. Oktober 2007 wurde die Initiative für Zustanden gekommen erklärt.[6]

Der Bundesrat empfahl in seiner Botschaft vom 27. August 2008 die Ablehnung der Initiative. Er nannte verschiedene Gründe für seine Ablehnung: Zum Einen wäre die Schweiz im Kriegsfalle vom Ausland abhängig; zwar wäre die Produktion von Rüstungsgütern für den Gebrauch in der Schweiz erlaubt, jedoch sei der Bedarf der Schweizer Armee zu gering, damit die Produktion rentiere. Als zweiten Grund nannte der Bundesrat die volkswirtschaftlichen Auswirkungen: Die Rüstungsindustrie ist für 0.49 % aller Exporte verantwortlich und hätte einen Bruttoschöpfwert von 485 Millionen Franken. Betroffen seien vor allem die Rüstungsindustrie in den Kantonen Nidwalden, Zürich, Thurgau, Bern und Luzern, wodurch die Annahme der Initiative regionale Arbeitsprobleme zur Folge haben könnte. Gesamtschweizerisch seien laut dem Branchenverband Swissmem rund 10’000 Arbeitsplätze in Gefahr. Eine Studie[7] im Auftrag des Staatssekretariat für Wirtschaft spricht hingegen von 3'335 Erwerbstätigen in der Rüstungsindustrie und 1797 Beschäftigten bei Zulieferbetrieben, welche von der Initiative betroffen wären. Die Initiative sieht Unterstützungsmassnahmen für diese Regionen und Beschäftigten vor. Der Bund und Kantone müssten mit rund 10 Millionen Franken Steuerausfällen pro Jahr rechnen.[8]

Initiativtext

(I) Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 wird wie folgt geändert:

Art. 107 Abs. 3 (neu)

  1. Er [der Bund] unterstützt und fördert internationale Bestrebungen für Abrüstung und Rüstungskontrolle.

Art. 107a (neu) Ausfuhr von Kriegsmaterial und besonderen militärischen Gütern

  1. Die Ausfuhr und die Durchfuhr folgender Güter sind verboten:
a. Kriegsmaterial einschliesslich Kleinwaffen und leichte Waffen sowie die zugehörige Munition;
b. besondere militärische Güter;
c. Immaterialgüter einschliesslich Technologien, die für die Entwicklung, die Herstellung oder den Gebrauch von Gütern nach den Buchstaben a und b von wesentlicher Bedeutung sind, sofern sie weder allgemein zugänglich sind noch der wissenschaftlichen Grundlagenforschung dienen.
  1. Vom Aus- und vom Durchfuhrverbot ausgenommen sind Geräte zur humanitären Entminung sowie Sport- und Jagdwaffen, die eindeutig als solche erkennbar und in gleicher Ausführung nicht auch Kampfwaffen sind, sowie die zugehörige Munition.
  2. Vom Ausfuhrverbot ausgenommen ist die Ausfuhr von Gütern nach Absatz 1 durch Behörden des Bundes, der Kantone oder der Gemeinden, sofern diese Eigentümer der Güter bleiben, die Güter durch eigene Dienstleistende benutzt und anschliessend wieder eingeführt werden.
  3. Die Vermittlung von und der Handel mit Gütern nach den Absätzen 1 und 2 sind verboten, sofern der Empfänger oder die Empfängerin den Sitz oder Wohnsitz im Ausland hat.

(II) Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt geändert:

Art. 197 Ziff. 8 (neu)

  1. Übergangsbestimmung zu Art. 107a (Ausfuhr von Kriegsmaterial und besonderen militärischen Gütern)
  1. Der Bund unterstützt während zehn Jahren nach der Annahme der eidgenössischen Volksinitiative «für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten» durch Volk und Stände Regionen und Beschäftigte, die von den Verboten nach Artikel 107a betroffen sind.
  2. Nach Annahme der Artikel 107 Absatz 3 und 107a durch Volk und Stände dürfen keine neuen Bewilligungen für Tätigkeiten nach Artikel 107a erteilt werden.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. NZZ Online, Kriegsmaterial-Initiative wuchtig verworfen, 29. November 2009.
  2. admin.ch: Volksabstimmungen vom 24. September 1972
  3. admin.ch: Volksabstimmungen vom 8. Juni 1997
  4. Liste der Organisationen im Initiativkomitee
  5. admin.ch: BBl 2006 5575 (Bundesblatt, Vorprüfung)
  6. admin.ch: BBl 2007 7219 (Bundesblatt, Zustandekommen)
  7. BAK Basel Economics: Analyse der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen eines Exportverbots für Rüstungsgüter
  8. admin.ch: BBl 2008 7521 (Bundesblatt, Botschaft des Bundesrates)

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