Fidel Hollinger

Fidel Hollinger

Fidel Hollinger (* 2. Februar 1818 in Waldshut; † 1. August 1889 Diedenhofen) war ein deutscher Buchdrucker und Publizist des Vormärz , der Märzrevolution von 1848/1849 in Baden und der kommunistischen Emigrantenszene im London der 1850er Jahre.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Herkunft

Fidel Hollinger wurde 1818 in Waldshut als Sohn eines verarmten Schreibers geboren[1]. Zusammen mit seinem Bruder Konrad wurde ihm 1832 durch den Spitalfond der Stadt eine Buchdruckerlehre in Konstanz ermöglicht[2].

Im Vormärz

Die Veröffentlichung des Artkels "Kaspar Hauser, badischer Thronerbe" im "Aargauer Volksboten" einer in Zurzach erschienen Zeitung verursachte 1840 einen erheblichen Skandal und führte zu einer Belastung der badisch-schweizerischen Beziehungen. Nach Heinrich Raab bekannte sich Hollinger 1846 zur Herausgeberschaft des Kaspar-Hauser-Billets[3]. Nach im März 1841 eingereichten Gesuch eröffneten die Brüder Hollinger in der auf Schweizer Gebiet gelegenen Gemeinde Jüppen einen Verlag, mit dem sie 1842 nach Großlaufenburg verzogen[4]. Die von ihnen zur Umgehung der badischen Zensur in der Schweiz herausgegebene politische Zeitschrift der „Rheinbote“ vertrat radikaldemokratische Positionen und richtete sich an eine badische Leserschaft.

1842 verfasste Fidel Hollinger zwei politische Aufsätze mit dem Titel „Deutsche Briefe eines Unstudirten (sic)“, die im Rheinboten vom 11. und vom 15. März erschienen. Aufgrund dieser Pamphlete wurde in Freiburg ein Verfahren gegen Fidel Hollinger und seinen Redakteur Dietsche eröffnet[5]. Im Januar 1843 wurde Fidel Hollinger in Kleinlaufenburg verhaftet und anschließend in Freiburg durch das Hofgericht des Oberrheinkreises zu einer 6 monatigen Freiheitsstrafe wegen diverser Pressevergehen, Aufruhrstiftung und Majestätsbeleidigung verurteilt[6].

In der Badischen Revolution

Nach der Haftentlassung verzog Fidel Hollinger nach Rheinfelden und setzte dort ab September 1844 seine publizistische Tätigkeit mit der Herausgabe der „Volks-Zeitung“ fort. Die politischen Veränderungen in Baden radikalisierten 1848 das im Mai 1848 in den „Volksfreund“ umbenannte Blatt. Der in das benachbarte Muttenz emigrierte badische Revolutionär und Politiker Friedrich Hecker wurde für einige Wochen Mitherausgeber. Im September 1848 beteiligte sich Fidel Hollinger aktiv am „Struwwelputsch“. Er war Anführer einer kleinen Abteilung, die das Hauptzollamt in Rheinfelden[7] und den Oberinspektor Schilling überfiel[8]. Mit dem schriftlichen Einverständnis Gustav Struves behielt Fidel Hollinger 400 Gulden aus der Zollkasse als "Zeitungsgelder" für zuvor beschlagnahmte Ausgaben seiner Zeitungen ein. Der verlegerischen und revolutionären Offensive folgten am 5. Oktober 1848 die Ausweisung aus dem Kanton Aargau und die Verhaftung in Baden.

In der Emigration

Fidel Hollinger gelang 1849 die Flucht aus der Untersuchungshaft in der Festung Rastatt nach Hagenau im Elsass, wo er 1850 die "Hagenauer Zeitung" herausgab. Aufgrund der antinapoleonischen Einstellung des Blattes wurde er noch 1850 vorübergehend von den französischen Behörden interniert und nach Le Havre abgeschoben. Dort entschloss sich Hollinger zur Emigation nach London, wo er sich weiter politisch betätigte. Zu seinen engeren Freunden und Weggefährten zählten Karl Blind , Amand Goegg und Franz Sigel . Die letzte Erwähnung Fidel Hollingers in London datiert von 1859. Als Fidelio Hollinger hatte er in der Litchfieldstreet Nr. 3 in Soho eine Druckerei eröffnet. Im Auftrag des Deutschen Arbeiterbildungsvereins druckte er vom 7. Mai bis zum 26. August 1859 die nach 16 Ausgaben eingegangene Wochenzeitung "das Volk", bei der ab der zweiten Ausgabe Karl Marx mitarbeitete. Hinzu kamen als weitere Mitarbeiter Friedrich Engels , Ferdinand Freiligrath und Wilhelm Wolff. Marx übernahm ab der 10. Nummer die Redaktion und Geschäftsführung der Zeitung. Der wirtschaftliche Erfolg stellte sich nicht ein. Entgegen der Bemühungen von Marx kamen zu wenige Subskribenten zusammen. Marx, der zeitweise im Hause Hollingers wohnte, verschuldete sich bei Hollinger. Im September 1859 zerstritten sich Marx und Hollinger[1] endgültig über ein von Hollinger illegalerweise gedrucktes anonymes Flugblatt seines alten Weggefährten Karl Blind mit dem Titel "Zur Warnung" [9]. Marx bezeichnete Hollinger in einem Brief an Friedrich Engels als "infames Vieh", nachdem im Büro Hollingers die wirtschaftliche Seite des Zeitungsprojektes besprochen wurde. Karl Marx rechtfertigte seine Anschuldigung Hollingers in seiner Schrift "Herr Vogt"[2]

Fidel Hollinger versuchte nach dem Bruch mit Marx seine Druckerei durch einen Literaturverlag über Wasser zu halten. Der Druck der englischen Erstausgabe von Puschkins Hauptmannstochter[3] und ein Aufsatz zu Schiller von Karl Blind scheinen die letzten Publikation Hollingers in London zu sein[10].

Zurückgekehrt nach Deutschland

Die 1843 erlassene Generalamnestie des Großherzogtums Badens für die Teilnehmer der revolutionären Ereignissen von 1848/49 ermöglichte Fidel Hollinger 1866 nach 16 jährigem Aufenthalt in London die Rückkehr nach Baden[11]. In Lörrach eröffnete er den Verlag F. Hollinger und gab regionale Literatur sowie die Zeitung "Stimme aus dem Wiesenthal" heraus.

Der Neuanfang in Lothringen

Die Besetzung Elsass-Lothringens nach dem Krieg von 1870-71 nutzte Fidelius Hollinger für einen Neuanfang und siedelte nach Thionville über, wo er bis zu seinem Tod im August 1889 das zweisprachige wöchentlich erscheinende "Diedenhofer Kreisblatt (Mosel- und Niedzeitung)" herausgab[12] und regionale Schriften verlegte. Der Sohn, des Nestors der Reichspresse (so der Nachruf im Athenaeum von 1889), Gustave Hollinger führte die Zeitung, die bis 1914 in einer Auflage von zuletzt 3000 Exempleren erschien, weiter[13].

Publikationen Fidel Hollingers

  • Der Rheinbote, ab 1841 in Full-Jüppen bis 1843 in Großlaufenburg
  • Deutsche Briefe eines Unstudirten, 1842 in Großlaufenburg
  • Die Volks-Zeitung, ab 1844 in Rheinfelden AG
  • Der Volksfreund, 1848 in Rheinfelden AG in Mitherausgeberschaft von Friedrich Hecker
  • Hagenauer Zeitung, 1850 in Hagenau/Elsaß
  • Das Volk, 1859 in London unter Mitarbeit und Redaktion von Karl Marx
  • Alexander Puschkin: The Captain´s daughter , Übersetzung aus dem Russischen durch J. F. Hanstein, F. Hollinger, London 1859
  • Stimme aus dem Wiesenthal, 1866 bis 1871 in Lörrach
  • Das badische Markgräflerland mit besonderer Rücksicht auf die Chronik von Kandern von den ältesten Zeiten bis 1850 und großentheils handschriftlichen Quellen geschildert von Karl Mehrer, bei F. Hollinger Lörrach, 1871, VII,382 S.
  • Diedenhofer Bote, ab 1879 Diedenhofer Kreisblatt (Mosel- und Niedzeitung), 1871 bis 1888 in Diedenhofen/Lothringen

Einzelnachweise

  1. Andreas Weiss: Waldshut und seine Bürger vom Übergang an Baden bis zur Revolution von 1848/49 in: Geschichte der Stadt Waldshut, Kunstverlag Fink, Lindenberg, Band 2, S. 39
  2. Alexander Waldow: Archiv fur Buchdruckerkunst und verwandte Geschäftszweige, Band 26., 1889, S. 340
  3. Heinrich Raab: Revolutionäre in Baden 1848/49: biographisches Inventar für die Quellen im Generallandesarchiv Karlsruhe und im Staatsarchiv Freiburg, W. Kohlhammer, 1998, S.414
  4. H.-G. Keller, W. Näf: Die politischen Verlagsanstalten und Druckereien in der Schweiz 1840-1848, Topos Verlag, S.112
  5. Jahrbücher des Grossherzoglich badischen Oberhofgerichts, Band 8, S. 146
  6. H.-G. Keller, W. Näf: Die politischen Verlagsanstalten und Druckereien in der Schweiz 1840-1848, Topos Verlag,, S.114
  7. Gerichtliche Verhandlungen gegen Gustav Struve und Karl Blind vor dem ... von Gustav Struve vor dem Schwurgericht zu Freiburg, begonnen am 20. März, Wangler, Freiburg, 1849, S.20
  8. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Band 136, S. 391
  9. Karl Marx,Galina Golovina: Briefwechsel September 1859 bis Mai 1860, Karl Marx Gesamtausgabe, Briefwechsel, Band 10, S. 641
  10. Dorothy Brewster: East-west passage: a study in literary relationships, Allen & Unwin, S. 78
  11. The Athenaeum: a journal of literature, science, the fine arts, music, and the drama, J. Francis, 1889, S. 260
  12. Alexander Waldow: Archiv fur Buchdruckerkunst und verwandte Geschäftszweige, Band 26., 1889, S. 340
  13. François Roth: Le temps des journaux: presse et cultures nationales en Lorraine mosellane 1860-1940, Éditions Serpenoise, 1983, S. 84

Literatur

  • Weiss, A.: Waldshut und seine Bürger vom Übergang an Baden bis zur Revolution von 1848/49 in: Geschichte der Stadt Waldshut, Kunstverlag Fink, Lindenberg, Band 2, S. 39f.
  • Keller, H.-G., Näf, W.: Die politischen Verlagsanstalten und Druckereien in der Schweiz 1840-1848, Topos Verlag,, S.111ff.
  • Raab, H., Revolutionäre in Baden 1848/49, biographisches Inventar für die Quellen im Generallandesarchiv Karlsruhe und im Staatsarchiv Freiburg, Kohlhammer, Stuttgart, 1998, S. 414

Weblinks


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