Marie-Georges Picquart

Marie-Georges Picquart
Marie-Georges Picquart
Picquart in der Uniform der Chasseurs d’Afrique

Marie-Georges Picquart (* 6. September 1854 in Strasbourg/Straßburg (Elsass); † 18. Januar 1914 in Amiens) war ein französischer Offizier, Kriegsminister und Beteiligter in der Dreyfus-Affäre.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Picquart wurde am 6. September 1854 in Straßburg geboren. Nach Abschluss des dortigen Gymnasiums besuchte er die Militärakademie in Saint Cyr. Am 1. Oktober 1874 erfolgte seine Ernennung zum Unterleutnant. 1876 wurde er zum Leutnant befördert. 1880 wurde er Hauptmann in einem in Algerien stationierten Zuaven-Regiment. Danach nahm er an den Feldzügen in Tonkin und Annam teil. Am 5. Juli 1887 wurde er in die Ehrenlegion aufgenommen. Am 14. Mai 1888 erhielt er den Befehl über ein Bataillon. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich lehrte er an der Ecole de Guerre und wurde in den Stab General Gaston de Galliffets berufen.

Die Dreyfus-Affäre

1895 übernahm er das Deuxième Bureau von Oberst Jean Sandherr. Hier erhielt er von General Raoul de Boisdeffre den Auftrag, nach weiteren Beweisen gegen den bereits wegen Hochverrats verurteilten Hauptmann Alfred Dreyfus zu suchen. Persönlich von dessen Schuld überzeugt, fand er heraus, dass Beweismittel gegen diesen gefälscht worden waren und der wahre Verräter Ferdinand Walsin-Esterházy war. Er teilte diese Ergebnisse seinen Vorgesetzten mit, die sich jedoch weigerten, das Verfahren neu zu eröffnen.

Picquart wurde auf Anraten des Generals Charles-Arthur Gonse von Kriegsminister Jean-Baptiste Billot auf eine vorgeschobene Inspektionstour geschickt. Im Anschluss an diese erfolgte seine Versetzung nach Algerien und Tunesien. In der Befürchtung, dort bei einem Unfall oder Gefecht zu sterben, legte er die von ihm festgestellten Fakten schriftlich nieder, vertraute sich einem befreundeten Anwalt an und legte den Fall dem General de Pellieux dar. Währenddessen forderte Esterházy ein Kriegsgerichtsverfahren, um seine Unschuld zu beweisen. Das Verfahren fand hinter geschlossenen Türen statt und richtete sich gegen Picquart. Ein Richter musste General de Pellieux daran erinnern, dass Picquart nicht der Angeklagte sei.[1] Esterházy wurde einstimmig entlastet und Picquart wegen Weitergabe von Staatsgeheimnissen und Beweisfälschung verhaftet und 60 Tage in Mont Valérien inhaftiert.

Nach Émile Zolas offenem Brief J’accuse wurde dieser der Verleumdung angeklagt und am 23. Februar 1898 schuldig gesprochen. Picquart wurde als Zeuge vernommen und hatte zu Gunsten Zolas ausgesagt. Oberst Hubert-Joseph Henry hatte Picquart während des Prozesses als Lügner bezeichnet, worauf es zu einem Duell mit Degen kam, weswegen Picquart aus der Armee ausgestoßen wurde.

Am 1. Juni 1898 hielt der neue Kriegsminister Jacques Cavaignac eine Rede vor der Abgeordnetenkammer, in der er alle Anschuldigungen gegen Dreyfus bekräftigte. Im September wurde Picquart verhaftet und ins Pariser Militärgefängnis Cherche-Midi gebracht, wo er die nächsten elf Monate verbrachte.

Am 26. November begann der Prozess gegen ihn, der mit einem Schuldspruch endete. Das Urteil wurde aber am 8. Dezember ausgesetzt. Am 3. Juni wurde der Schuldspruch gegen Dreyfus von 1894 kassiert und dieser in Rennes wieder vor Gericht gestellt. Erneut sagte Picquart als Zeuge zu Gunsten Dreyfus' aus. Dieser wurde am 9. September erneut schuldig gesprochen. Das Gericht erkannte allerdings mildernde Umstände an. Am 19. September 1899 begnadigte Präsident Émile Loubet Dreyfus. Der Präsident des Ministerrates, Pierre Waldeck-Rousseau, beabsichtigte, einen Schlussstrich zu ziehen, und brachte am 17. November ein Amnestiegesetz auf den Weg, das alle an der Dreyfus-Affäre Beteiligten betraf.[2] Am 19. Dezember erhielt es Gesetzeskraft. Erst am 12. Juli 1906 hob der Kassationsgerichtshof das zweite Urteil gegen Dreyfus auf und sprach ihn frei, womit er endgültig rehabilitiert war. Dreyfus wurde zum Schwadronschef und Picquart zum Brigadegeneral ernannt. Im selben Jahr erhielt er die Beförderung zum Generalmajor.

Das restliche Leben

Am 25. Oktober 1906 wurde er im Kabinett Georges Clemenceaus Kriegsminister. Er hielt den Posten bis zum 20. Juli 1909. Im Anschluss übernahm er den Befehl über das 12. Armeekorps in Amiens.

Am 18. Januar 1914 starb er in Amiens an den Folgen eines Reitunfalls.

An Picquart erinnern heute die Rue du Général Picquart in Straßburg, die L’avenue Colonel Picquart in Brüssel und die Place Marie-Georges Picquart in Geudertheim.

Einzelnachweise

  1. Duclert, Vincent: Die Dreyfus-Affäre. Militärwahn, Republikfeindschaft, Judenhaß. Berlin 1994. Seite 53.
  2. Duclert, Vincent: Die Dreyfus-Affäre. Militärwahn, Republikfeindschaft, Judenhaß. Berlin 1994. Seite 82.

Literatur

  • Duclert, Vincent: Die Dreyfus-Affäre. Militärwahn, Republikfeindschaft, Judenhaß. Berlin 1994.
  • Jolly, Jean (Hrsg.): Dictionnaire des parlementaires français. Band VII. Paris 1972.


Vorgänger Amt Nachfolger
Eugène Étienne Kriegsminister von Frankreich
25. Oktober 190620. Juli 1909
Jean Brun

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