Gerhard Mertins

Gerhard Mertins

Gerhard Georg Mertins (* 30. Dezember 1919 in Berlin; † 19. März 1993 in Florida) war zur Zeit des Nationalsozialismus ein bekanntes Mitglied der Waffen-SS und nach dem Zweiten Weltkrieg einer der bekanntesten Waffenexporteure der Bundesrepublik Deutschlands.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Gerhard Mertins wuchs in Berlin auf. Im Zweiten Weltkrieg diente Mertins unter Otto Skorzeny und war einer der drei Offiziere des SS-Kommandos, welches am 12. September 1943 während des Unternehmens Eiche den im Gran Sasso internierten Benito Mussolini befreite.[1] Zwischen 1940 und 1943 wurde er kriegsbedingt fünf Mal verwundet. Mertins erhielt für seine Einsätze mehrere Auszeichnungen. So wurde er mit dem Deutschen Kreuz in Gold für seinen Sprungeinsatz auf Kreta (Agyia) und den „großen Abwehrerfolg“ im Mittelabschnitt des Ostfronteinsatz vom 1. Oktober 1942 bis 15. Februar 1943, wo er die 4. Kompanie des Fallschirm-Pionier-Bataillon befehligte, ausgezeichnet. Am 6. Dezember 1944 erhielt er als Führer des Fallschirm-Pionier-Bataillon 5 (FschPiBtl 5) das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes. Mit Teilen seines Bataillons geriet er 1944 in den Kessel von Falaise, konnte aber daraus entkommen.

Nach Kriegsende

Nach dem Krieg arbeitete Mertins vorübergehend bei Volkswagen und lebte in Bremen. Kurze Zeit betrieb er ein Busunternehmen. In Bremen wurde er Führer der Grünen Teufel, einer Vereinigung, in der sich ehemalige Fallschirmjäger sammelten, und die Veranstaltungen zusammen mit der Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS oder mit Otto Ernst Remer organisierte. Aus einem Bericht des Armeegeheimdienstes der Vereinigten Staaten von 1951 ging hervor, dass Mertins in verschiedenen „neo-nazistischen“ Organisationen aktiv war. Er wurde als wichtiger Unterstützer der Sozialistischen Reichspartei eingestuft.

Im September 1951 ging Mertins nach Ägypten. Dort war er bis 1955 Leiter der Beratergruppe für Luftlandetruppen im ägyptischen Verteidigungsministerium und Ausbilder eines ägyptischen Elite-Fallschirm-Regiments.

Zusammen mit Otto Skorzeny gründete Mertins 1963 in Vevey, Schweiz die Exportfirma MEREX AG, die jahrelang deutsche Waffen ins Ausland exportierte.

Laut eigenen Angaben pflegte er ab 1965 eine „dauerhafte Kooperation“ mit dem iranischen Geheimdienst SAVAK und arbeitete bis 1969 eng mit dem Bundesnachrichtendienst und auf dessen Veranlassung auch mit anderen westlichen Geheimdiensten zusammen.[2] Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Mertins durch den Verkauf von Kampfflugzeugen des Typs North American F-86 nach Pakistan. Die Jets stammten aus Beständen der Luftwaffe der Bundeswehr und waren mit Hilfe des BND und Zustimmung deutscher Behörden über einen Umweg über Iran an den Endabnehmer verschifft worden. [3] Mertins soll bei diesem Geschäft als Mittelsmann von Samuel Cummings, einem ebenfalls international agierenden Waffenhändler, tätig gewesen sein. [4]

Nach Enthüllung durch das Nachrichtenmagazin Spiegel, dass Mertins Kriegsgerät in Krisengebiete geliefert habe, erhob die Bonner Staatsanwaltschaft Anklage gegen ihn wegen illegalen Waffenhandels. Mertins wurde 1980 freigesprochen und erhielt eine Entschädigung des Bundes in Höhe von fünf Millionen D-Mark. Er konnte nachweisen, dass der Bundesnachrichtendienst die Exporte in Auftrag gegeben und er somit im Staatsauftrag gehandelt hatte.[5]

Eine besondere Beziehung pflegte Mertins zu Chile. Ende 1975 empfing er den unter falschen Namen in die Bundesrepublik eingereisten Leiter des chilenischen Geheimdienstes Manuel Contreras und reiste mit ihm später in den Iran weiter.[6] 1978 gründete Mertins den Freundeskreis Colonia Dignidad, dem verschiedene bundesdeutsche Politiker angehörten, und der die durch Foltervorwürfe in Verruf geratenen deutsche Siedlung im Süden von Chile unterstützte.

Literatur

  • Kapitel „Arms and the Man II - The Shady Mr. Mertins“, S.109-140 In: Ken Silverstein und Daniel Burton-Rose, Private Warriors, Verso 2000

Einzelnachweise

  1. Romano Mussolini, My father, il Duce, Kales Press 2006, S.29: „For more than sixty years, my father´s liberation from Gran Sasso was attributed solely to Skorzeny, even though Mors and Mertins played crucial roles.“
  2. Erich Schmidt-Eenboom, Undercover, Kiepenhauer & Witsch 1998, S. 259
  3. Mit Billetal und BND in: Der Spiegel. 47/1974 vom 18. November 1974, Seite 65.
  4. Anthony Sampson, The Arms Bazaar in the Nineties: From Krupp to Saddam, Houlder and Stoulton 1991, S. 209
  5. Erich Schmidt-Eenboom, Undercover, Kiepenhauer & Witsch 1998, S. 260
  6. Gero Gemballa, „Colonia Dignidad“, ein deutsches Lager in Chile, Rowohlt Verlag 1988, S. 156

Weblinks


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