- Hans Kramer (Forstmann)
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Hans Kramer (* 13. Juli 1896 in Voigtshof bei Seeburg, Landkreis Rößel, Ostpreußen; † Januar 1982 in Lüneburg) war ein deutscher Forstmann. Als Oberforstmeister und so genannter „Elchjägermeister“ leitete er von 1938 bis 1945 das mehr als 100.000 Hektar große Oberforstamt und Staatsjagdrevier Elchwald rund um das Kurische Haff.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Hans Kramer, am 13. Juli 1896 in Voigtshof bei Seeburg im Ermland geboren, entstammte einer alten ostpreußischen Familie, die Anfang des 18. Jahrhunderts als salzburgische Einwanderer in dieser Region eine neue Heimat gefunden hatte.[1] Sein Vater, der Domänenpächter und Amtmann Richard Kramer, weckte in ihm bereits in früher Kinderzeit die Liebe zur Natur und führte ihn an Jagd und Fischerei heran. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums Fridericianum in Königsberg trat er zu Beginn des Ersten Weltkriegs in das 1. Masurische Feldartillerie-Regiment Nr. 73 ein.
Nach Kriegsende studierte er Forstwissenschaften in Eberswalde und Hann. Münden und verbrachte auch einige Semester an der Albertus-Universität Königsberg. Nach dem Studienabschluss folgte das Referendariat in der preußischen Staatsforstverwaltung, das er 1924 mit der Großen Forstlichen Staatsprüfung beendete. Im Anschluss war er ein Jahr lang als Rektoratsassistent an der Forstlichen Hochschule Eberswalde, seinem vormaligen Studienort, tätig, übernahm allerdings bereits 1925 in seiner ostpreußischen Heimat die Leitung der Oberförsterei (später Forstamt) Pfeil im Landkreis Labiau. Kramer sanierte dieses am Nordrand der so genannten litauischen Lehmreviere gelegene Forstamt, indem er in diesem Revier mit hoch anstehendem Grundwasser die Vorflut großräumig ordnete und die vom Wasserstau befreiten Waldbestände zu erstaunlichem Wachstum brachte.
Neben seiner forstlichen Tätigkeit entwickelte sich Hans Kramer zu einem exzellenten Kenner des Elches. Die größte Hirschart der Welt war im Bereich seines Forstamtes und der umliegenden Region noch heimisch. Reichsjägermeister Hermann Göring ernannte ihn deshalb 1937 zum Elchjägermeister. In dieser Stellung, die keine Behörde, sondern vielmehr eine Beratungsaufgabe darstellte, war Hans Kramer für die Hege des gesamten deutschen Elchwildes verantwortlich. Dessen Schutz diente auch das durch Verordnung vom 12. September 1937 unter der Bezeichnung „Deutscher Elchwald“ ausgewiesene größte Reichsnaturschutzgebiet. Es umfasste ein 46.550 Hektar großes Gebiet im Bereich von neun Forstämtern östlich und südöstlich des Kurischen Haffs. Als dann am 1. April 1938 das Oberforstamt Elchwald neu geschaffen wurde, übernahm Kramer im Range eines Oberforstmeisters dessen Leitung. In der Doppelfunktion als Forstamtsleiter und Elchjägermeister trug er maßgeblich dazu bei, den Elchbestand, der in der Region zuvor mehrfach vom Aussterben bedroht gewesen war, bis 1939 wieder auf 1400 Stück anzuheben. Kramer selbst war ein herausragender Waidmann – Oberstjägermeister Ulrich Scherping nannte ihn einmal einen „Meister der Jagd“.[2]
Im Zusammenhang mit der Jagd und Hege des Elches entstand zudem ein noch größeres Staatsjagdgebiet, das – weiterhin als Oberforstamt unter Kramers Leitung – am 1. Juli 1941 aus der Forstverwaltung der Provinz ausschied und unmittelbar dem Reichsforst- und Reichsjagdamt unterstellt wurde. Nach diesen umfangreichen verwaltungstechnischen Neugliederungen umfasste der Elchwald mehr als 100.000 Hektar – rund 75.000 Hektar Staatsforstbesitz und mehr als 25.000 Hektar zusätzlich angepachtete Schutzjagden. In diesem gigantischen Jagdgebiet waidwerkten neben Reichsjägermeister Göring viele in- und ausländische Gäste. Trotz dieser Beanspruchungen war im Gebiet des Elchwaldes insgesamt gesehen jedoch ein durchaus erfolgreiches Bemühen um eine Synthese von Jagd, Naturschutz und Forstwirtschaft zu erkennen.
Für Kramer waren in seiner hohen forstlichen Leitungsfunktion Parteimitgliedschaften unumgänglich. Als Stahlhelm-Mitglied wurde er nach der „Machtergreifung“ Adolf Hitlers automatisch in die SA übernommen, war von 1933 bis 1939 SA-Reservist sowie ab 1937 auch SA-Obertruppführer. Am 1. Mai 1937 trat er auch der NSDAP bei. Dies wurde jedoch als reine Schutzmaßnahme angesehen: So nahm Kramer seine Beamten vor Verfolgungen durch die Parteiorgane in Schutz, zeigte auch nie den „Deutschen Gruß“ und litt stark an verschiedenen Ansinnen, die die Nationalsozialisten an ihn stellten. Jedes Mal, wenn Göring ihn in seinem Forstamt aufsuchte, räumte er zuvor rasch die besten Trophäen auf den Dachboden und hängte durchschnittliche Geweihe an deren Stelle, um den bekannten Jagdneid des Reichsjägermeisters nicht herauszufordern. Speziell Gauleiter Erich Koch war mit dem Oberforstmeister nicht einverstanden. Er verhinderte nicht nur Kramers in Aussicht gestellte weitere Beförderung zum Landforstmeister, sondern betrieb auch aktiv dessen Abberufung, womit er sich jedoch nicht durchsetzte. In der Folge ging allerdings Göring auf Distanz zu Kramer.[3]
Der Zweite Weltkrieg endete für Hans Kramer und seine Familie 1945 mit der Vertreibung aus der ostpreußischen Heimat. Der Oberforstmeister kam in der Niedersächsischen Landesforstverwaltung unter, wo er zunächst als Lehrer an einer Forstschule und Leiter des Forstamtes Neuhaus im Solling wirkte. 1949 übernahm er die hannoversche Forstinspektion Weserbergland und 1954 die Forstinspektion Braunschweig-Land. Auch in diesen Funktionen beschäftigte er sich wieder mit der Beseitigung ungünstiger Wasserverhältnisse sowie mit jagdlichen Fragen. So setzte er sich intensiv dafür ein, dass der Wildbestand in den Wäldern dem Äsungsangebot entsprechend niedrig gehalten wurde. Als Holzverwertungsreferent kümmerte sich Kramer schließlich in Zusammenarbeit mit dem Institut für Holzforschung der Technischen Hochschule Braunschweig um eine verstärkte Laubschichtholzverwertung.
Nach seiner Pensionierung 1961 beteiligte sich Kramer maßgeblich am Aufbau des Ostpreußischen Jagdmuseums (heute Ostpreußenmuseum) in Lüneburg. Außerdem veröffentlichte er unter dem Titel Elchwald. Der Elchwald als Quell und Hort ostpreußischer Jagd seine jagdlichen und forstlichen Erinnerungen. Das Buch erschien erstmals 1963 als Teil der so genannten „Ostpreußen-Trilogie“ im BLV Verlag (3., verbesserte Auflage unter dem Titel Elchwald. Land – Leute – Jagd. Der Elchwald als Quell und Hort ostpreußischer Jagd. Jagd- und Kulturverlag, Sulzberg im Allgäu 1990, ISBN 3-925456-00-7).
Oberforstmeister Hans Kramer starb im Januar 1982 in Lüneburg.
Sein Sohn Horst Kramer (* 1924 in Eberswalde) ist ein bekannter Forstwissenschaftler.
Ehrungen
- 1963 – Literaturpreis des Deutschen Jagdschutz-Verbandes für sein Elchwald-Buch
Weblinks
Literatur
- Andreas Gautschi: Der Reichsjägermeister. Fakten und Legenden um Hermann Göring (3. Auflage). Nimrod, Hanstedt 2000, ISBN 3-927848-20-4 (enthält auch biografische Details über Hans Kramer, v.a. S. 70 und 177)
- Kurzbiografie in: Elchwald. Land – Leute – Jagd. Der Elchwald als Quell und Hort ostpreußischer Jagd. 2., verbesserte Auflage. Jagd- und Kulturverlag, Sulzberg im Allgäu 1985, ISBN 3-925456-00-7, S. 3 (Foto auf S. 2)
- N.N.: Oberforstmeister Hans Kramer im Ruhestand. In: Allgemeine Forstzeitschrift (AFZ), 16. Jahrgang, Heft 44/1961, S. 631, ISSN 0002-5860
Quellen
- ↑ Sein Großvater mütterlicherseits war Theodor Tolki
- ↑ N.N.: Oberforstmeister Hans Kramer im Ruhestand. In: Allgemeine Forstzeitschrift (AFZ), 16. Jahrgang, Heft 44/1961, S. 631
- ↑ Andreas Gautschi: Der Reichsjägermeister. Fakten und Legenden um Hermann Göring. (3. Auflage). Nimrod, Hanstedt 2000, ISBN 3-927848-20-4, S. 70, 112 u. 177
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