- Heidi Tagliavini
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Heidi Tagliavini (* 1950 in Basel) ist eine Schweizer Diplomatin. Sie ist seit 1982 im diplomatischen Dienst des Eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und international bekannt als Leiterin heikler Missionen der internationalen Hilfe und Friedenserhaltung. Die "herausragende Diplomatin der Schweiz" [1] untersuchte als Sonderbeauftragte der EU die Gründe für den Krieg zwischen Russland und Georgien in Abchasien und Südossetien und verfasste den nach ihr benannten Tagliavini-Bericht.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Heidi Tagliavini ist 1950 in Basel geboren. Ihr Vater ist Architekt mit italienischen Wurzeln, die Mutter Malerin aus dem Luzerner Patriziat. Ihr Cousin ist der Staatssekretär Franz Blankart. Sie wuchs als Zweitälteste von vier Geschwistern auf und besuchte die Schulen in Basel und Baselland. Ihre Studien in Romanistik und Russisch in Genf und Moskau schloss sie mit dem Lizentiat der Philologie ab. In Genf war sie auch Assistentin für russische Literatur. Heute spricht Tagliavini acht Sprachen und führt Verhandlungen in Russland, Tschetschenien und Georgien ohne Dolmetscher auf Russisch. Beim historischen Treffen zwischen Ronald Reagan und Michail Gorbatschew 1985 in Genf übersetzte sie spontan aus dem Russischen für den damaligen Schweizer Bundespräsidenten Kurt Furgler. [1]
Karriere
Nach zwölf Jahren verliess Heidi Tagliavini Genf und wechselte 1982 in das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), wo sie zuerst als Stagiaire in Bern und Lima eingesetzt wurde. 1984 kehrte sie nach Bern zurück und wurde als diplomatische Mitarbeiterin dem Politischen Sekretariat zugeteilt. 1989 erfolgte ihre Versetzung nach Moskau, wo sie 1992 zur Botschaftsrätin ernannt wurde. Im gleichen Jahr wurde sie als Botschaftsrätin und erste Mitarbeiterin des Missionschefs nach Den Haag versetzt. [2]
Als sie im April 1995 als einzige Frau einer sechsköpfigen Assistenzgruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE ) erstmals nach Tschetschenien geschickt wurde, war dies der Anfang ihrer Karriere als Krisendiplomatin. Fotografierend verarbeitete Tagliavini die Leiden der Bevölkerung, die sie in der zerstörten Hauptstadt Grosny sah, und veröffentlichte Ihre Fotos im Bildband Zeichen der Zerstörung.
1996 wurde sie stellvertretende Leiterin der Mission der Schweizer Botschaft in Moskau, im März 1998 bis 1999 stellvertretende Leiterin der Beobachtermission der Vereinten Nationen in Georgien (UNOMIG im Range einer Botschafterin). Sie war erst die zweite Frau, die von der Uno in die Leitung einer Peace-Keeping-Mission aufgenommen wurde.
Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz 1999 wurde Tagliavini Chefin der Politischen Abteilung IV (Menschenrechte und Humanitäre Angelegenheiten) im EDA.
Nach einjähriger Tätigkeit als Persönliche Beauftragte für den Kaukasus der österreichischen OSZE-Vorsitzenden im Jahr 2000 [3] wurde Tagliavini von 2001 bis 2002 zur Botschafterin der Schweiz in Bosnien und Herzegowina berufen. 2002 berief UN-Generalsekretär Kofi Annan Heidi Tagliavini an die Spitze der United Nations Observer Mission in Georgia. [4] 2006 kehrte sie als stellvertretende Leiterin der Direktion für politische Angelegenheiten und Stellvertreterin des Staatssekretärs im Aussenministerium nach Bern zurück. [5] Ende 2009 bis Anfang 2010 leitete Tagliavini die OSZE-Wahlbeobachtungsmission während der ukrainischen Präsidentschaftswahlen 2010.
Der Tagliavini-Bericht
Mit seinem Entscheid vom 2. Dezember 2008 setzte der Aussenministerrat der Europäischen Union eine unabhängige internationale Untersuchung ein, die den im August 2008 ausgebrochenen Konflikt in Georgien aufarbeiten sollte und ernannte in Absprache mit dem Schweizerischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten Botschafterin Heidi Tagliavini als Leiterin dieser Mission.
Die unabhängige internationale Untersuchungsmission übergab dem EU-Rat am 30. September 2009 den Bericht. Der Tagliavini-Bericht kam zum Schluss, dass Georgien im Augustkonflikt von 2008 wohl den grösseren Waffengang ausgelöst hatte, dass aber alle Seiten, Russland ebenso wie Georgien, und auch die beiden abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien, die Verantwortung für die Eskalation des Konfliktes tragen. Die Kommission konnte keine Beweise für die georgische Behauptung einer vorherigen russischen Invasion finden. Nach Ansicht der Untersuchungsmission handelten sowohl Georgien als auch Russland in diesem Konflikt völkerrechtswidrig. Der über 1000 Seiten umfassende Bericht geht entsprechend seinem Mandat ausführlich auf die Ursachen und das Umfeld des Konfliktes ein und setzt mit seiner detaillierten Behandlung der völkerrechtlichen, humanitären und Menschenrechtsfragen neue Standards in politisch höchst aktuellen Fragen. Der Bericht veröffentlicht auch alle von den Parteien gelieferten Unterlagen für die Untersuchung.
Auszeichnungen
- 2010: Ehrendoktorwürde der Universität Basel[6]
- 2010: Ehrendoktorwürde der Universität Bern
Werke
- Zeichen der Zerstörung. Der andere Blick – Reminiszenzen aus Tschetschenien (Bildband). Bern: Benteli, 1997. ISBN 978-3-7165-1144-2
- Kaukasus – Verteidigung der Zukunft. 24 Autoren auf der Suche nach Frieden. Wien: Folio, 2001. ISBN 978-3-8525-6161-5
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b Andreas Dietrich (September 2003): Madame Courage. NZZ Folio. Abgerufen am 16. Januar 2010.
- ↑ EDA-Pressedienst (23. März 2006): Ernennungen im EDA. Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten. Abgerufen am 16. Januar 2010.
- ↑ EDA-Pressedienst (13. Januar 2000): Ernennung von Botschafterin Heidi Tagliavini zur persönlichen Vertreterin des Amtierenden Vorsitzenden der OSZE für Missionen im Kaukasus. Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten. Abgerufen am 16. Januar 2010.
- ↑ EDA-Pressedienst (24. Mai 2002): Kofi Annan ernennt eine Schweizerin zur Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Georgien. Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten. Abgerufen am 16. Januar 2010.
- ↑ EDA-Pressedienst (23. März 2006): Heidi Tagliavini zur Stellvertretenden politischen Direktorin in der Politischen Direktion des EDA ernannt. Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten. Abgerufen am 16. Januar 2010.
- ↑ Sieben Ehrendoktorate am Dies Academicus der Universität Basel im Rahmen der 550-Jahr-Feiern, Pressemeldung, in: Informationsdienst Wissenschaft vom 26. November 2010, abgerufen am 10. Dezember 2010
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