- Heinrich Heydemann
-
Heinrich Heydemann (* 28. August 1842 in Greifswald; † 10. Oktober 1889 in Halle an der Saale) war ein deutscher klassischer Archäologe.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Jugend und Studium
Heinrich Heydemann, der Sohn des Rechtsanwaltes Gustav Heydemann, wurde in Greifswald geboren. Seine Familie zog wenige Jahre später nach Stettin, wo Heydemann ab 1852 das Marienstiftsgymnasium besuchte. Seine Lehrer Franz Kern, Ludwig Giesebrecht und Karl Ernst August Schmidt regten ihn zu einem geisteswissenschaftlichen Studium an, das Heydemann 1861 in Tübingen begann. Zunächst studierte er Germanistik, wechselte jedoch unter dem Einfluss Conrad Bursians zur Altertumswissenschaft. Im Wintersemester 1862/1863 wechselte er an die Universität Bonn, wo er philologische und archäologische Vorlesungen und Übungen bei Friedrich Wilhelm Ritschl und Otto Jahn besuchte und von Anton Springer in die neuere Kunstgeschichte eingeführt wurde. Nach einem Jahr in Bonn wechselte Heydemann an die Universität seiner Geburtsstadt Greifswald, wo er sich ganz auf die Archäologie konzentrierte. Der hiesige Archäologieprofessor Adolf Michaelis wurde sein Mentor. Neben archäologischen Lehrveranstaltungen besuchte Heydemann auch philologische bei Hermann Usener und Georg Friedrich Schömann. Im Wintersemester 1864/1865 verließ Heydemann Greifswald und ging an die Berliner Universität, wo Karl Friederichs und besonders Eduard Gerhard seine akademischen Lehrer waren. Gerhard führte Heydemann in die antiken Baudenkmäler ein und regte ihn auch zu seiner Dissertation über bildliche Darstellungen des Theseus an, die 1865 in Berlin erschien (Analecta Thesea).
Wanderjahre
Nach dem Studium arbeitete Heydemann noch einige Monate als Amanuensis (Hilfskraft) für den erblindeten Eduard Gerhard, der bereits todkrank war. Im Winter 1866 trat er eine Bildungs- und Forschungsreise nach Italien an. Er hielt sich lange in Rom auf, zeichnete in Ruvo die Vasensammlung des Giovanni Jatta und katalogisierte im Sommer und Herbst 1868 die Vasensammlung in Neapel. Bei einem längeren Aufenthalt in Athen half er dem Archäologen Friedrich Matz bei der Katalogisierung der verstreuten antiken Skulpturen, die in der Stadt entdeckt worden waren. Im Mai 1869 kehrte Heydemann nach Berlin zurück, wo er sich gegen Jahresende bei Ernst Curtius habilitierte (Eduard Gerhard war 1867 verstorben).
Dozent in Berlin
In den folgenden Jahren war Heydemann mit der Auswertung und Publikation seiner italienischen Forschungsarbeiten beschäftigt. Seine Veröffentlichungen zur Vasenmalerei waren nicht so erfolgreich wie die gleichzeitig erschienene Sammelausgabe Otto Benndorfs, da Heydemanns Zeichnungen weniger exakt und stilecht waren. Heydemanns Publikationen zu den attischen Skulpturen ergänzten die Schriften Kekulés, wurden aber kaum rezipiert. In Berlin heiratete Heydemann 1870 Aline Reichert, die Tochter des Anatomen Karl Bogislaus Reichert, mit der er sich 1868 in Rom verlobt hatte.
An der Berliner Universität hielt Heydemann als Privatdozent neben den Professoren Curtius und Friederichs kleinere archäologische Kollegs und Übungen, selten Vorlesungen. Nach Friederichs Tod 1871 bemühte er sich erfolglos, dessen Planstelle an der Universität zu erhalten (eine außerordentliche Professur). Friederichs’ Stelle als Assistent am Antiquarium, um die sich Heydemann ebenfalls beworben hatte, erhielt er erst 1873 – zunächst provisorisch für ein halbes Jahr, dann definitiv.
Professor in Halle
Schon einige Monate später eröffnete sich eine neue berufliche Perspektive für Heydemann. Da sein Kollege Friedrich Matz im Frühjahr 1874 Friederichs’ Nachfolger in Berlin geworden war, war dessen Stelle an der Universität Halle vakant. Diese Stelle, ebenfalls eine außerordentliche Professur, erhielt Heydemann 1876. In Halle hielt Heydemann Vorlesungen und Übungen über das gesamte Feld der Archäologie. Er vergrößerte die Abgusssammlung des Archäologischen Museums, indem er die geringen finanziellen Mittel des Archäologischen Seminars durch Vorträge und Heranziehung von Förderern vergrößerte. In Halle begründete Heydemann außerdem das Hallische Winckelmannsprogramm, das von 1876 an jährlich erschien und von seinen Hallenser Nachfolgern fortgeführt wurde. In Anerkennung seiner Verdienste ernannte die Universität Heydemann 1882 zum ordentlichen Professor.
Im Frühjahr 1889 trat bei Heydemann eine Magenerkrankung auf. Er führte die Vorlesungen im Sommersemester trotz der Schmerzen zu Ende und ging anschließend zur Kur nach Kissingen. Als klar wurde, dass die Krankheit unheilbar ist, brach Heydemann die Kur ab und kehrte nach Halle zurück. Hier starb er am 10. Oktober 1889. Sein Nachlass ging an das Archäologische Museum, das unter seinem Nachfolger Carl Robert 1891 um einige Räume erweitert wurde.
Literatur
- Adolf Michaelis: Heydemann, Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 50, Duncker & Humblot, Leipzig 1905, S. 305–309.
- nach Adolf Michaelis: Heinrich Heydemann. In: Reinhard Lullies, Wolfgang Schiering (Hgg.): Archäologenbildnisse: Porträts und Kurzbiographien von Klassischen Archäologen deutscher Sprache, Mainz 1988, S. 81–82. ISBN 3-8053-0971-6
Weblinks
Commons: Heinrich Heydemann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über Heinrich Heydemann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Digitalisate der Hallischen Winckelmannsprogramme; Band 1–8 von Heinrich Heydemann
Adolf Schöll (1842–1843) | Ludwig Ross (1843–1859) | Alexander Conze (1863–1869) | Richard Schöne (1869–1872) | Friedrich Matz der Ältere (1873–1874) | Heinrich Heydemann (1876–1889) | Carl Robert (1890–1920) | Georg Karo (1920–1930) | Herbert Koch (1931–1950) | Manfred Oppermann (1984–2006) | Andreas E. Furtwängler (1994–2010) | Helga Bumke (seit 2011)
Anmerkung: Das Ordinariat für Klassische Archäologie wurde nach der Emeritierung von Herbert Koch erst 1994 wieder eingerichtet. Manfred Oppermanns Professur stand zeitweise neben dem Ordinariat, das mit Andreas E. Furtwängler besetzt wurde.
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Heydemann — ist der Familienname folgender Personen: Albert Gustav Heydemann (1808–1877), deutscher Gymnasialdirektor Berndt Heydemann (* 1930), deutscher Politiker Carl Heydemann (1878–1939), deutscher Politiker Ernst Heydemann (1876–1930), deutscher… … Deutsch Wikipedia
Heydemann — Heydemann, Heinrich, Archäolog, geb. 28. Aug. 1842 in Greifswald, gest. 10. Okt. 1889 in Halle, studierte in Tübingen, Bonn, Greifswald und Berlin, wo er 1865 promovierte, klassische Philologie und Archäologie und trat in Berlin in enge… … Meyers Großes Konversations-Lexikon
Karl Heydemann — (* 13. März 1845 in Waren; † 28. Oktober 1904 in Rostock) war Jurist, Bürgermeister und Mitglied des Deutschen Reichstages. Leben Heydemann besuchte die Gymnasien in Potsdam und Güstrow und studierte Rechtswissenschaften von 1863 bis 1866 an den… … Deutsch Wikipedia
Carl Heydemann — Bildnis Heydemanns im Rathaus Stralsund, gemalt von Elisabeth Büchsel Carl Heydemann (* 17. Februar 1878 in Tessin; † 21. Oktober 1939 in Rostock; vollständiger Name: Carl Emanuel Heydemann) war von 1924 bis 1936 … Deutsch Wikipedia
Ernst Heydemann — (* 23. März 1876 in Tessin (bei Rostock); † 3. Juli 1930 in Rostock), war ein deutscher Politiker und 1919 bis 1930 Bürgermeister und Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock. Ernst Heydemann war der Sohn des Bürgermeisters der Kleinstadt Tessin… … Deutsch Wikipedia
Günther Heydemann — (* 14. März 1950 in Burghausen) ist ein deutscher Historiker. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Auszeichnungen 3 Schriften 4 Einzelnachweise … Deutsch Wikipedia
Liste von Söhnen und Töchtern der Stadt Greifswald — Heinrich Rubenow Sibylla Schwarz … Deutsch Wikipedia
Liste der Klassischen Archäologen an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg — In der Liste der Klassischen Archäologen an der Martin Luther Universität Halle Wittenberg werden alle Hochschullehrer gesammelt, die an der Martin Luther Universität Halle Wittenberg lehrten. Das umfasst im Regelfall alle regulären… … Deutsch Wikipedia
Liste der Klassischen Archäologen an der Humboldt-Universität zu Berlin — In der Liste der Klassischen Archäologen an der Humboldt Universität zu Berlin werden alle Hochschullehrer gesammelt, die an der Friedrich Wilhelms Universität und deren Nachfolger, der Humboldt Universität zu Berlin, Klassische Archäologie… … Deutsch Wikipedia
Phlyakenvase — Drei Männer (Gynmilos, Kosios und Karion) berauben einen Geizhals (Kharinos) innerhalb seines Hauses. Rotfigurig paestanischen Kelchkrater des Asteas, um 350 340 v. Chr. Der archäologische Ausdruck Phlyakenvasen bezeichnet eine besondere Spielart … Deutsch Wikipedia