- Heinz Pannwitz
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Heinz Pannwitz (* 28. Juli 1911 in Berlin; † 1975) war ein deutscher Gestapobeamter und SS-Führer.
Leben
Pannwitz gehörte der christlichen Pfadfinderschaft an.[1] Nach dem Abschluss seiner Schullaufbahn war Pannwitz als Maschinenschlosser beschäftigt, wurde jedoch 1931 arbeitslos. Pannwitz erlangte danach auf dem zweiten Bildungsweg die Hochschulreife.[2] Danach absolvierte Pannwitz ein Studium der Theologie.[3] Nach Angaben des Spiegel-Redakteurs Heinz Höhne soll Pannwitz während der Zeit des Nationalsozialismus „Anhänger der Bekennenden Kirche“[1] gewesen sein.[4]
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten trat Pannwitz im August 1933 der SA bei, von der er 1938 zur SS übernommen wurde. In der SS erreichte er im November 1942 den Rang eines SS-Hauptsturmführers. Ab dem 1. Mai 1937 war Pannwitz Mitglied der NSDAP. Bei der Wehrmacht leistete Pannwitz 1935 einen einjährigen Militärdienst ab und wurde danach im Rang eines Unteroffiziers aus der Wehrmacht entlassen.[2]
Pannwitz bewarb sich danach erfolgreich um Aufnahme in den Polizeidienst beim Polizeipräsidium Berlin und trat 1936 in den Polizeidienst ein. Am 10. September 1938 wurde er Kriminalkommissar-Anwärter[2] bei der Berliner Kriminalpolizei, wo er das Dezernat „Schwerer Einbruch“ leitete.[1] Nach der „Zerschlagung der Rest-Tschechei“ wurde Pannwitz im Juli 1939 zur Gestapo nach Prag versetzt.[2] Bei der Staatspolizeileitstelle Prag leitete er ab 1940 das Referats II g (Attentate, illegaler Waffenbesitz und Sabotage). Nach dem Attentat auf den stellvertretenden Reichsprotektor in Böhmen und Mähren und SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich am 27. Mai 1942 in Prag wurde Pannwitz umgehend mit der Leitung der Sonderkommission zur Aufklärung des Heydrich-Attentats eingesetzt. Pannwitz war der Verfasser des amtlichen Abschlussberichtes zum Heydrich-Attentat.[5] Im September 1942 wurde Pannwitz zum Kriminalrat befördert.[2] Da Pannwitz eigenen Aussagen zufolge nach Abgabe des amtlichen Abschlussberichtes nicht bereit war, eine gestapokritische Passage aus dem Bericht zu entfernen, wurde er von „staatspolizeilicher“ Seite heftig kritisiert. Pannwitz ließ sich daraufhin im Herbst 1942 durch Bekannte im Amt Abwehr zur Wehrmacht einberufen und war mehrere Monate als Unteroffizier an der Ostfront eingesetzt. Im Frühjahr 1943 wurde Pannwitz zur Staatspolizeileitstelle Berlin abkommandiert, um sich dort mehrere Monate in das Themengebiet Roten Kapelle einzuarbeiten, mit dem Ziel, gegen Personen der Roten Kapelle zu ermitteln.[6]
Von August 1943 bis zum Frühjahr 1945 leitete Pannwitz als Nachfolger von Karl Giering das Sonderkommando Rote Kapelle in Paris zur Verfolgung und Kontrolle von Personen der „Roten Kapelle“. Nachdem es der Gestapo gelungen war, Agenten der Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije (GRU) in Frankreich, den Niederlanden und Belgien zu enttarnen, unternahmen Angehörige des Sonderkommandos erfolgreich den Versuch, einige aufgedeckte Agenten der GRU unter ihre Kontrolle zu bringen. Das Sonderkommando Rote Kapelle nutzte die entdeckten Funkstationen für Funkspiele zur Desinformation der Moskauer Nachrichtenzentrale der GRU sowie zum Erhalt von Informationen über die Résistance. Dieses Vorgehen war mit dem Leiter der Gestapo im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) Heinrich Müller abgestimmt.[2]
Pannwitz begab sich mit dem im November 1942 in Marseille verhafteten und in das Funkspiel einbezogenen Offizier des sowjetischen Militär-Nachrichtendienstes GRU Anatoli Markowitsch Gurewitsch (Tarnname Kent) sowie zwei weiteren Personen Anfang Mai 1945 bei Bludenz in französischen Gewahrsam. Anschließend wurden die Gefangenen in die sowjetische Militäradministration in Paris überstellt. Am 7. Juni 1945 wurden Pannwitz und Gurewitsch mit dem Flugzeug nach Moskau verbracht, durch den NKWD umgehend festgenommen, in der Lubjanka inhaftiert und verhört.[7] Pannwitz wurde nach einem Prozess in der Sowjetunion 1946 zu zwanzig Jahren Zwangsarbeit verurteilt und kehrte 1955 in die Bundesrepublik Deutschland zurück.[2]
Nach seiner Rückkehr verfasste Pannwitz u.a. im Januar 1956 und im März 1959 zwei Schriften zum Heydrich-Attentat.[3] Pannwitz lebte bis zu seinem Tod mit seiner Frau in Ludwigsburg,[3][2] wo er als Handelsvertreter tätig war.[8]
Literatur
- Stanislav F. Berton (Hrsg.): Das Attentat auf Reinhard Heydrich vom 27. Mai 1942. Ein Bericht des Kriminalrats Heinz Pannwitz; in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 4/1985, S. 668–706.
- Hans Coppi junior: Die „Rote Kapelle“ im Spannungsfeld von Widerstand und nachrichtendienstlicher Tätigkeit. Der Trepper-Report vom Juni 1943. (pdf 7 MB); in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Ausgabe 3/1996, S. 431−459.
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
Einzelnachweise
- ↑ a b c Heinz Höhne: Kennwort: Direktor. Die Geschichte der Roten Kapelle. Fischer S. Verlag GmbH, Frankfurt a. M 1970, S. 260
- ↑ a b c d e f g h Hans Coppi junior: Die „Rote Kapelle“ im Spannungsfeld von Widerstand und nachrichtendienstlicher Tätigkeit. Der Trepper-Report vom Juni 1943.; in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Ausgabe 3/1996, S. 455
- ↑ a b c Stanislav F. Berton (Hrsg.): Das Attentat auf Reinhard Heydrich vom 27. Mai 1942. Ein Bericht des Kriminalrats Heinz Pannwitz; in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 4/1985, S. 671
- ↑ In der gemeinsam mit Gilles Perrault verfassten Spiegel-Serie (Der Spiegel 1968 Nr. 21-30, 21. Mai bis 22. Juli 1968) zur Roten Kapelle taucht diese Behauptung allerdings nicht auf.
- ↑ Stanislav F. Berton (Hrsg.): Das Attentat auf Reinhard Heydrich vom 27. Mai 1942. Ein Bericht des Kriminalrats Heinz Pannwitz; in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 4/1985, S. 670f.
- ↑ Stanislav F. Berton (Hrsg.): Das Attentat auf Reinhard Heydrich vom 27. Mai 1942. Ein Bericht des Kriminalrats Heinz Pannwitz; in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 4/1985, S. 705f.
- ↑ Hans Coppi junior: Die „Rote Kapelle“ im Spannungsfeld von Widerstand und nachrichtendienstlicher Tätigkeit. Der Trepper-Report vom Juni 1943.; in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Ausgabe 3/1996, S. 446
- ↑ Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 448f.
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