Helmut Hölzer

Helmut Hölzer

Helmut Hölzer (* 27. Februar 1912 in Bad Liebenstein, Thüringen; † 19. August 1996 in Huntsville (Alabama)) war ein deutscher Computer- und Raketenpionier.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Seine Eltern waren der Kaufmann August Hölzer und Frieda, geb. Roth. Nach seinem Abitur im Jahr 1931 arbeitete er kurzzeitig im Reichsbahnausbesserungswerk Meiningen. Von 1931 bis 1939 studierte er Elektrotechnik an der TH Darmstadt. Zusammen mit seinem Lehrer Alwin Walther entwickelte er einen Rechenschieber System Darmstadt mit einem Fehler von lediglich 0,16%.[1]

1935 stellte er als Segelflieger fest, dass es kein Messgerät für die Geschwindigkeit über Grund gibt. Er wollte hierzu die Beschleunigungen integrieren und das Thema zu seiner Studienarbeit machen. Mechanische Integratoren hatten schon 1914 Udo Knorr und 1923 Vannevar Bush gebaut. Er wurde von Hans Busch an dessen Hauptassistent Kurt Heinrich Debus, Ernst Hueter und Viktor Blaess verwiesen, die jedoch kein Interesse zum Problem des Integrators zeigten. So beschränkte er sich auf die theoretische Untersuchung über die Nachahmung von mathematischen Operationen durch elektrische Netzwerke.

Arbeit in Peenemünde

1939 arbeitete er als Fernmeldeingenieur bei Telefunken in Berlin. Im Oktober gab es ein Treffen mit Ernst Steinhoff, Hermann Steuding und Wernher von Braun wegen Leitstrahlen für Flugkörper. Am Anfang des Zweiten Weltkriegs wurde er dienstverpflichtet und nach Peenemünde geschickt. Für die Raketen war eine Kreisel-Kurssteuerung als Autopilot geplant. Da diese aber gegen Einflüsse wie Seitenwind machtlos ist, war es seine Aufgabe, eine überlagerte Funk-Fernsteuerung zu entwickeln. Sein Assistent wurde Otto Heinrich Hirschler.[2][3] Die Teams für Kurssteuerung und Fernsteuerung waren organisatorisch getrennt.

Da sich auch bei der Fernsteuerung Instabilitäten zeigten und Störungen sich aufschaukelten, brauchte er einen Echtzeit-Integrator und -Differentiator, die er mit Kondensatoren realisieren wollte. Da Gleichstromverstärker noch nicht ausgereift waren und die Drift nicht in den Griff zu kriegen war, wählte er einen Wechselstromverstärker in Röhrentechnik. Der Messwert war der Wechselspannung mit unterdrücktem 500 Hz-Träger aufmoduliert. Zur Modulation verwendete er einen Ringmodulator mit Halbleitern aus Kupferoxydul.

Walter Häussermann[4] hatte einen Prüfstand gebaut und Josef Maria Boehm[5]einen Schwingtisch zur elektro-mechanischen Simulation. Die Servos für die Strahlruder erwiesen sich jedoch als zu langsam. Neben der Winkelgeschwindigkeit aus den Wendezeigern brauchten sie zusätzlich die Winkelbeschleunigung. Das komplette Kurs- und Fernsteuerungssystem erhielt den Tarnnamen Mischgerät weil das Mischen der verschiedenen Signale dort auch stattfand. Hans Henning Hosenthien[6] und Otto Heinrich Hirschler bauten eine zweite Generation des Analogrechners.

Arbeit in den USA

Nach Kriegsende wurde sein Analogrechner 1946 als Kriegsbeute in die USA gebracht und von der amerikanischen Armee weiterverwendet. Im gleichen Jahr promovierte er an der TH Darmstadt bei seinem Lehre Walther mit der Arbeit Anwendung elektrischer Netzwerke zur Lösung von Differentialgleichungen und zur Stabilisierung von Regelvorgängen und siedelte mit mehreren Mitarbeitern in die USA um, wo er sich unter Wernher von Braun weiter der Raketenforschung widmen konnte. Er wurde Director of Computing am Marshall Space Flight Center, wo er die Fernsteuerung der Mondraketen des Apollo-Programms entwickelte.[7]

Sein Sohn Hans D. Hoelzer (∞ Elizabeth Livingston) wurde ebenfalls Ingenieur. Seine Enkelinnen sind Martha und Margaret Hoelzer.

Literatur

  • James E. Tomayko, Helmut Hoelzer's Fully Electronic Analog Computer; In: IEEE Annals of the History of Computing, Vol. 7, Nr. 3, S. 227-240, Juli-Sept. 1985, doi:10.1109/MAHC.1985.10025

Einzelnachweise

  1. Klaus Biener: Alwin Walther – Pionier der Praktischen Mathematik. In: RZ-Mitteilungen Nr. 18, August 1999. August 1999, S. 60-62, abgerufen am 11. April 2010 (PDF): „Dieser Rechenschieber hat (bei einer Stablänge von 25 cm) die beachtliche Genauigkeit von 1,6 ‰ und wurde gemeinsam von A. Walther und seinem Schüler Helmut Hoelzer konzipiert.“
  2. Mark Wade: Hirschler. In: Encyclopedia Astronautica. Abgerufen am 11. April 2010 (englisch).
  3. Wolfgang Saxon: H. Otto Hirschler, 87, Aided Space Program. The New York Times, 9. Februar 2001, abgerufen am 11. April 2010 (englisch).
  4. Mark Wade: Haeussermann. In: Encyclopedia Astronautica. Abgerufen am 11. April 2010 (englisch).
  5. Mark Wade: Boehm. In: Encyclopedia Astronautica. Abgerufen am 11. April 2010 (englisch).
  6. Mark Wade: Hosenthien. In: Encyclopedia Astronautica. Abgerufen am 11. April 2010 (englisch).
  7. Joachim Fischer: Was haben Analogrechner und Simula-67 mit modernen Modellierungssprachen zu tun? In: Informatik: Aktuelle Themen Im Historischen Kontext. Johann Christoph Freytag,Wolfgang Reisig, S. 106-110, abgerufen am 11. April 2010.

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