Hubert Treiber

Hubert Treiber

Hubert Treiber (* 1942) ist emeritierter Professor für Verwaltungswissenschaften an der Juristischen Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Abitur 1961 und einer dreijährigen Militärdienstzeit bei der Luftwaffe studierte Treiber ab 1964 Soziologie bei Heinrich Popitz, Politikwissenschaften, Neuere Geschichte und Philosophie in Freiburg. Das Studium schloss er 1969 mit einem Magister Artium ab.

Von 1970 bis 1972 absolvierte er ein verwaltungswissenschaftliches Aufbaustudium in Konstanz bei Fritz W. Scharpf (Abschluss 1972, Lic.). Unter dessen Leitung arbeitete er seit 1970 mehrere Jahre in der Bürokratieforschung (Ministerialverwaltung). 1973 promovierte Treiber bei Scharpf und Popitz, ab 1975 war er Habilitationsstipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). 1976 erhielt er einen Ruf auf den verwaltungswissenschaftlichen Lehrstuhl am Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Hannover (einphasige Juristenausbildung). In den Jahren ab 1977 war Treiber Mitglied der externen Begleitforschung zur Reform des Hamburger Amtsgerichts, ab 1978 Mitglied einer vom Bundesinnenministerium eingesetzten und von Fritz Sack aus Hamburg geleiteten Projektgruppe zur Untersuchung terroristischer Gewaltkriminalität. 1980 bis 1981 war er Mitglied einer Forschergruppe zur Untersuchung des „Sonderprogramms der Bundesregierung für Regionen mit besonderen Beschäftigungsproblemen.[1] 1981 und 1982 hielt er sich an der Law School der University of Wisconsin in Madison auf. In den 1990er Jahren arbeitete er an den von W. Hoffmann-Riem und E. Schmidt-Aßmann initiierten Projekten zur „Konfliktbewältigung durch Verhandlungen“ sowie zu „Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns“ mit. 1999 bis 2001 war Treiber Mitglied einer Sprach- und Fachgrenzen überschreitenden Arbeitsgruppe zum Naturrecht (Naturgesetz und Rechtsgesetz), die von Lorraine Daston (Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin und Michael Stolleis (Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt/Main) initiiert und geleitet wurde.

2010 wurde Treiber emeritiert.

Forschung

Auf den Gebieten der Verwaltungswissenschaften (insb. Implementationsforschung), der Rechtssoziologie, zur Wissenschaftsgeschichte, sowie zu Max Weber, Friedrich Nietzsche und Paul Rée.

Auszeichnungen

  • 1986/87: Jean-Monnet-Fellow am Europäischen Hochschulinstitut Florenz
  • 1991: Stipendiat der Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Yale-University
  • 2000: Wissenschaftspreis der Christa-Hoffmann-Riem-Stiftung, verliehen durch die Deutsche Vereinigung für Rechtssoziologie

Schriften

Monographien
  • Wie man Soldaten macht. Sozialisation in „kasernierter Vergesellschaftung“, Düsseldorf 1973
  • Widerstand gegen Reformpolitik. Institutionelle Opposition im Politikfeld Strafvollzug, Düsseldorf 1974
  • mit Günther Schmid: Bürokratie und Politik. Zur Struktur und Funktion der Ministerialorganisation, München 1975
  • mit Heinz Steinert: Die Fabrikation des zuverlässigen Menschen. Zur „Wahlverwandtschaft“ zwischen Kloster- und Fabrikdisziplin, München 1980, 2. Aufl. Münster 2005
  • in Zusammenarbeit mit Leonie Breunung: Die Vollzugsorganisation als Entscheidungsfaktor des Verwaltungshandelns. Eine empirische Untersuchung zum „Vereinfachten Genehmigungsverfahren“ nach dem BimSchG, Baden-Baden 2000
  • mit Gerd Grasshoff: Naturgesetz und Naturrechtsdenken im 17. Jahrhundert (Keppler, Bernegger, Descartes, Cumberland), Baden-Baden 2002
  • mit Leonie Breunung: Recht als Handlungsressource kommunaler Industrieansiedlungspolitik. Zum Gebrauch und Verzicht von Recht bei ungleicher Machtverteilung, Baden-Baden 2005
Herausgeberschaft
  • mit Eckart Otto und Stefan Breuer Herausgabe der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Studien (Harrassowitz Verlag)
  • mit Stefan Breuer: Entstehung und Strukturwandel des Staates, Opladen 1982
  • mit Stefan Breuer: Zur Rechtssoziologie Max Webers, Opladen 1984
  • Per Leggere Max Webers: Nelle Prospettive della Sociologia Tedesca Contemporanea, Padova 1993
  • mit Karol Sauerland: Heidelberg im Schnittpunkt intellektueller Kreise. Zur Topographie der „geistigen Geselligkeit“ eines „Weltdorfes“: 1850-1950, Opladen 1995
  • Paul Rée, Gesammelte Werke 1875-1885, mit Einleitung und Kommentar, Berlin/New York 2004, Supplementa Nietzscheana, Bd. 7.
Aufsätze
  • mit E. Blankenburg: Die Einführung der Staatsanwaltschaft in Deutschland, Leviathan 1978, 161-175
  • mit W. Hassemer/ H. Steinert: Soziale Reaktion auf Abweichung und Kriminalisierung durch den Gesetzgeber, in: W. Hassemer/K. Lüderssen (Hg.): Sozialwissenschaften im Studium des Rechts, München 1978, Bd. 3, 1-65;
  • Über mittlerunterstützte Verhandlungen bei umstrittenen Standortentscheidungen, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann (Hg.): Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, 1990, 267-282;
  • Nietzsche's Monastery for Freer Spirits and Weber's Sect, in: H. Lehmann/G. Roth (eds.): Weber's Protestant Ethic, 1993, 133-159
  • Zur Genealogie einer „Science Positive de la Morale en Allemagne“, Nietzsche-Studien 22 (1993), 165-221
  • Zur „Logik des Traums“ bei Nietzsche. Anmerkungen zu den Traumaphorismen aus MA, Nietzsche-Studien 23, 1994, 1-41
  • Die „rückwärtsgewandte“ Expertenreform – Innenansichten zur Großen Strafrechtsreform der 50er Jahre, in: M. Kriechbaum (Hg.): Festschrift für Sten Gagnér, Ebelsbach 1996, 229-273
  • „Das Ausland“ - Die „reichste und gediegenste Registratur“ naturwissenchaftlich-philosophischer Titel in Nietzsches „idealer Bibliothek“, Nietzsche-Studien 25, 1996, 394-412
  • Vom Nutzen und Nachteil juristischer Dogmatik. Zu Max Webers Aufforderung, sich bei der „logischen Analyse eines Ideals“ wie der „Protestantischen Ethik“ als Chinese zu geben, Rechtshistorisches Journal 16 (1997), 411-452
  • Zur Physiologie des Rechts, in: P. Sarasin/ J. Tanner (Hg.): Physiologie und industrielle Gesellschaft, 1998, 170-203
  • Zur Genese des Askesekonzepts bei Max Weber, Saeculum 50 (1999), 247-297
  • Askese, in: H.G. Kippenberg/ M. Riesebrodt (Hg.): Max Webers „Religionssystematik“, Tübingen 2001, 263-278
  • mit B. K. Quensel: Das „Ideal“ konstruktiver Jurisprudenz als Methode. Zur „Logischen Struktur“ von Max Webers Idealtypik, Rechtstheorie 33 (2002), 91-124
  • mit Fritz Sack: Einführung zu Heinrich Popitz: Über die Präventivwirkung des Nichtwissens (1968), 2003, 5-35
  • Der „Eranos“ - Das Glanzstück im Heidelberger Mythenkranz, in: W. Schluchter/ F. W. Graf (Hg.): Asketischer Protestantismus und der „Geist“ des modernen Kapitalismus, Tübingen 2005, 75-153
  • Moderner Staat und moderne Bürokratie bei Max Weber, in: A. Anter/ S. Breuer (Hg.): Max Webers Staatssoziologie, Baden-Baden 2007, 121-155;
  • Verwaltungsrechtswissenschaft als Steuerungswissenschaft – eine „Revolution auf dem Papier“?, in: Kritische Justiz 40 (2007), 328-346, KJ 41 (2008), 48-70;
  • Max Weber and Eugen Ehrlich: On the Janus-headed Construction of Weber' Ideal Type in the Sociology of Law, in: Max Weber Studies 8 (2008), 225-246
  • The Approach to a Physical Concept of Law in the Early Modern Period, in: L. Daston/ . Stolleis (eds.): Natural Law and Laws of Nature in Early Moderne Europe, Farnham/Burlington 2008, 163-182
  • In der Schule bei Simmel: Formierung und Erosion der „heiligen Dreieinigkeit“ von Lou v. Salomé, Friedrich Nietzsche und Paul Rée, in: Ch. Papilloud/ C. Rol (Hg.): Soziologie als Möglichkeit, Wiesbaden 2009, 249-276
  • Zwischen „Dichtung“ und „Wahrheit“. Max Weber und das Heidelberger Gelehrtenkränzchen des „Eranos“, in: R. Achenbach/ M. Arneth (Hg.): „Gerechtigkeit und Recht zu üben“ (Gen. 18,19). Festschrift für Eckart Otto, Wiesbaden 2009, 458-493
  • Wie wirkt Recht?, in: G. Wagner (Hg.): Kraft Gesetz. Beiträge zur rechtssoziologischen Effektivitätsforschung, Wiesbaden 2010, 119-144

Literatur

  • Kay Waechter (Hg.): Grenzüberschreitende Diskurse. Festgabe für Hubert Treiber, Harrassowitz, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-447-06279-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. siehe Fritz W. Scharpf et al.: Implementationsprobleme offensiver Arbeitsmarktpolitik, Frankfurt/ New York 1982

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