James Miller (Dokumentarfilmer)

James Miller (Dokumentarfilmer)

James Henry Dominic Miller (* 18. Dezember 1968 in Haverfordwest; † 2. Mai 2003 in Rafah) war ein walisischer Kameramann und Dokumentarfilmer. Er wurde während der Dreharbeiten zu einer Dokumentation im Gazastreifen erschossen.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Karriere

Miller wurde als Sohn eines Armeeoffiziers und einer Schulleiterin geboren. Er wuchs ab seinem sechsten Lebensjahr auf den Äußeren Hebriden auf, wo seine Eltern stationiert waren. Später studierte er Photojournalismus am London College of Communication. 1997 heiratete er Sophy Warren-Knott, das Paar bekam einen Sohn und eine Tochter.[1]

Miller arbeitete als journalistischer Freelancer und schloss sich als Berichterstatter 1995 Frontline News an, für die er unter anderem einen Bericht über den Bürgerkrieg in Algerien verfasste. Er fotografierte in Afghanistan und beschrieb die Afghanen vor der Machtübernahme der Taliban als „wonderful people“ mit großer Gastfreundlichkeit. Später dokumentierte er den Marsch der Taliban auf Kabul.[2]

1999 drehte er für Hardcash Productions seinen ersten Film, „Prime Suspects“. Der Film thematisiert ein Massaker im Kosovo und gewann den International Affairs Award der Royal Television Society.[3]

Ab 2000 arbeitete er unter anderem mit Saira Shah zusammen, die beiden reisten im Auftrag von Hardcash erneut nach Afghanistan. Dort entstanden die Dokumentationen „Beneath the Veil“ mit Miller als Kameramann, und „Unholy War“, bei der er Regie führte. Miller beschrieb die Arbeit zu „Beneath the Veil“ als außerordentlich schwierig, da das Filmen unter den Taliban verboten gewesen sei. Trotz der Verwendung versteckter Kameras wurde das Team mehrfach in Haft genommen. Bei „Unholy War“ seien die Aufnahmen auf dem Gebiet der Nordallianz zwar erlaubt gewesen, dafür habe die schlechte Versorgungslage und die rasche Veränderung der Lage große Probleme verursacht.[2] „Unholy War“ wurde mit einem Emmy und dem Peabody Award ausgezeichnet.[3]

Ab 2003 drehten Miller und Shah „Death in Gaza“ („Tödliche Feindbilder - Was die Intifada-Kinder empfinden“) über die Schicksale einzelner Kinder im Gazastreifen. Bei Dreharbeiten in Rafah wurde Miller nachts trotz deutlicher Kennzeichnung als Fernsehjournalist erschossen. Der Film wurde von Saira Shah zu Ende gedreht und auf der Berlinale 2004 uraufgeführt. Posthum erhielt James Miller für „Death in Gaza“ drei Emmys, einen BAFTA-Award und den Rory Peck Award.[4]

Todesumstände und Folgen

Die Obduktion ergab, dass Miller von einer Kugel aus einem M-16-Sturmgewehr von vorne, aus der Richtung israelischer Soldaten, in den Hals getroffen wurde. Die Jury des Londoner Untersuchungsgerichts von St. Pancras urteilte am 6. April 2006, dass ein israelischer Soldat gezielt auf ihn geschossen habe. Dieser Soldat wurde im Laufe der Untersuchung als Oberleutnant Hib al Haib identifiziert.[5][6]

Trotz dieses Schuldspruchs musste der Offizier in seiner Heimat keine Haftstrafe antreten, da man aufgrund zweier unterschiedlicher Gutachten, eines davon aus dem Waffenlaboratorium der Kriminalpolizei in Jerusalem, nicht eindeutig nachweisen konnte, dass die tödliche Kugel aus seinem Gewehr abgefeuert wurde: „In dubio pro reo“. Die britische Regierung legte dagegen in Vertretung der Familie Millers Beschwerde ein und forderte die Auslieferung des Soldaten. Der britische Attorney General, Lord Peter Henry Goldsmith, stellte den israelischen Justizbehörden ein Ultimatum, um Ermittlungen gegen al Haib einzuleiten.[7] Das Ausbleiben einer israelischen Anklage wurde später im offiziellen Menschenrechtsbericht des britischen Außenministeriums kritisiert.[8]

Im April 2008 bot das israelische Außenministerium eine Zahlung von 1,75 Millionen Pfund an die Familie an, wenn einer Einstellung des Verfahrens zugestimmt werde.[9][10] Im Februar 2009 wurde berichtet, dass die Familie einer Kompensation von 1,5 Millionen Pfund zugestimmt habe.[11]

Filmografie

  • 1999: Prime Suspects
  • 2000: Dying for the President
  • 2000: Children of the Secret State
  • 2001: Unholy War
  • 2001: Beneath the Veil
  • 2002: The Tramp and the Dictator
  • 2002: The Road from Rio
  • 2002: The Trade Trap
  • 2002: The Perfect Famine
  • 2002: Armenia: The Betrayed
  • 2004: Death in Gaza

Auszeichnungen

  • 1999: RTS Televisions Journalism Award für Prime Suspect (Current Affair - International)[12]
  • 2001: RTS Craft and Design Award für Beneath the Veil (Kamera)[13]
  • 2001: Emmy für Beneath the Veil (Produzent) und Unholy War (Kamera)[14]
  • 2001: SAIS-Novartis International Journalism Awards für Beneath the Veil[15]
  • 2001: Peabody Award für Beneath the Veil und Unholy War[16]
  • 2004: Rory Peck Award für Death in Gaza (posthum)[17]
  • 2005: Drei Emmys für Death in Gaza (posthum) (Outstand Directing for Non-fiction Program, Outstanding Cinematography for Nonfiction Programming, Exceptional Merit in Nonfiction Filmmaking)[18]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. James Miller. Documentary-maker. The Independent, 7. März 2003
  2. a b Journalists Behind 'Beneath the Veil' and 'Unholy War' Tell Their Stories. Transkript eines Gesprächs bei Larry King Live am 26. Dezember 2001
  3. a b James Miller, Renowned filmer of recent conflicts Nachruf von David Henshaw im Guardian vom 7. Mai 2003
  4. Death in Gaza, Awards Internet Movie Database
  5. Miller's family push for prosecution Guardian, 6. April 2006
  6. Gericht erklärt Doku-Filmer zum Mordopfer der israelischen Armee. Spiegel Online, 8. April 2006
  7. Award-winning film-maker's death divides UK and Israel. The Independent, 6. August 2007
  8. Great Britain. Foreign and Commonwealth Office: Human rights: annual report 2007. The Stationery Office, 2008, S. 158
  9. Israel to pay £1.75m to family of James Miller in deal over killers. Times online, 23. April 2008
  10. to compensate family of British filmmaker killed by IDF Haaretz.com am 22. April 2008
  11. Shot Briton's family 'gets £1.5m' BBC online am 1. Februar 2009
  12. Televisiosn Jounalism Awards 1999
  13. RTS Craft and Design Award 2000-01
  14. 23rd Annua; News & Documentary Emmey Ewards
  15. SAIS-Novartis International Journalism Awards Program Announces Year 2001 Winners. Johns Hopkins University Paul H. Nitze School of Advanced International Studies (SAIS)
  16. CNN Presents: Beneath the Veil and Unholy War.
  17. Teh Rory Peck Awards - Previous Winners
  18. Emmy Awards 2005 in der Internet Movie Database

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • James Miller — ist der Name folgender Personen: James Miller (Politiker) (1776–1851), US amerikanischer Politiker James Miller (Architekt) (1860–1947), Schottischer Architekt und Künstler James Miller (Journalist) (* 1947), US amerikanischer Journalist und… …   Deutsch Wikipedia

  • James Miller (Kameramann) — James Miller (James Henry Dominic Miller; * 18. Dezember 1968 in Haverfordwest; † 2. Mai 2003 in Rafah) war ein britischer Kameramann und Dokumentarfilmer. Er drehte zusammen mit Saira Shah in Afghanistan die Dokumentationen „Beneath the Veil“… …   Deutsch Wikipedia

  • Miller (Familienname) — Miller ist ein Familienname, der im englischsprachigen Raum selten auch als Vorname vorkommt. Herkunft und Bedeutung Miller ist die englische Variante des deutschen Familiennamens „Müller“ oder „Müllner“ und eine häufige regionale (bayrischer und …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Mil–Min — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Saira Shah — (* 5. Oktober 1964 in London) ist eine Autorin, Reporterin und dokumentarische Regisseurin. Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 2 Filmografie 3 Publikation …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Mun–Muz — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Smith (Familienname) — Smith [smɪθ] (englisch smith „Schmied“) ist ein englischsprachiger Familienname. Zur Herkunft siehe Schmidt. Smith ist der Familienname folgender Personen: Bekannte Namensträger Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H I J K L M N …   Deutsch Wikipedia

  • Ayck — Thomas Ayck (* 1939 in Hamburg; † 1988) war ein deutscher Dokumentarfilmer, Autor und Journalist. Ayck absolvierte zunächst eine Lehre als Reedereikaufmann und studierte dann Germanistik, Anglistik und Kunstgeschichte in Hamburg und Basel. Er… …   Deutsch Wikipedia

  • Nekrolog 3. Quartal 2009 — Nekrolog ◄◄ | ◄ | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 Nekrolog 2009: 1. Quartal | 2. Quartal | 3. Quartal | 4. Quartal Weitere Ereignisse | Nekrolog (Tiere) | Filmjahr… …   Deutsch Wikipedia

  • Nekrolog 2005 — Nekrolog ◄◄ | ◄ | 2001 | 2002 | 2003 | 2004 | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | ► Weitere Ereignisse | Nekrolog (Tiere) | Filmjahr 2005 | Literaturjahr 2005 Dies ist eine Liste im… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”