- Johann August Urlsperger
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Johann August Urlsperger (auch: Urlsberger; * 25. November 1728 in Augsburg; † 1. Dezember 1806 in Hamburg) war ein deutscher lutherischer Theologe mit pietistischer Ausrichtung.
Leben
Der Sohn des Pastors und Seniors an der St. Annenkirche Samuel Urlsperger, hatte die erste Ausbildung vom Vater erhalten und wurde durch Privatlehrer ausgebildet. Danach besuchte er die Fürstenschule in Neustadt an der Aisch und ab 1743 das Gymnasium bei St. Anna in Augsburg. 1747 begann er ein Studium an der Universität Tübingen, wobei hier Christoph Matthäus Pfaff und Israel Gottlieb Canz seine Lehrer waren. Nach kurzer gesundheitlicher Unpässlichkeit kehrte er 1750 ins elterliche Haus zurück. Sein Studium setzte er 1751 bei Siegmund Jakob Baumgarten, Johann Georg Knapp und Christian Benedikt Michaelis an der Universität Halle fort. 1753 hatte er sich dort den akademischen Grad eines Magisters der Philosophie erworben.
So hatte er eine umfangreiche pietistische Bildung erhalten, welches im Kontext der Aufklärung und des Rationalismus in ihm ein Interesse weckten, die christliche Wahrheit als vernünftig und widerspruchslos zu erweisen. Dies Denkweise äußerte sich 1754 in seiner Abschlußdissertation De mysteriorum christianae fidei vera indole, et adversus recentissimas oppugnatione vindiciis. Damit griff er die Thesen von Christian Wolff an, woraufhin er diese Arbeit an einem anderen Ort drucken ließ und stattdessen nur eine allgemein gehaltene Abhandlung über den christlichen Glauben in Halle veröffentlichte, die kein Aufsehen erregte. 1755 absolvierte er eine Bildungsreise um sich mit den pietistischen Ansichten in unterschiedlichen Orten Deutschlands und Dänemarks vertraut zu machen.
Nach Beendigung seiner akademischen Laufbahn war er 1757 Diakon an der Barfüßerkirche in Augsburg, 1762 Diakon an der evangelischen Hauptpfarrkirche St. Anna und 1770 Pfarrer an der heiligen Kreuzkirche. 1772 erhob man ihn zum Senior des Augsburgischen evangelischen Predigtamts. Drei Jahre später erhielt er von der Universität Tübingen den Grad eines Doktors der Theologie. Schwere und anhaltende Krankheiten, besonders eine große Brustschwäche, die ihn zum Predigen untüchtig machte, hatten ihn genötigt, bereits 1776 sein bisher bekleidetes Amt niederzulegen. Seit dieser Zeit widmete er sich fast ausschließlich den mit seinem Vater gemeinschaftlich besorgten Geschäften, der Fortsetzung eines ausgebreiteten theologischen und literarischen Briefwechsels, besonders aber den Kirchen- und Schulangelegenheiten der Salzburger Exulanten - Pflanzstadt Ebenezer in Amerika. Die Besorgung dieser Angelegenheiten war seinem Vater von England aus übertragen worden.
Bereits 1765 hatte ihn die englische Gesellschaft zur Beförderung der Erkenntnis Christi zum korrespondierenden Mitglied aufgenommen. 1778 ward er auch Mitglied der Schwedischen Gesellschaft pro fide et christianismo. Alle seine Bemühungen schienen, seinen eignen Äußerungen zufolge, sich in der Idee zu konzentrieren, den orthodoxen Lehrbegriff einer wahrhaft allgemeinen Kirche in seinen wesentlichen Punkten näher, als bisher geschehen, aus göttlichem Worte genau zu bestimmen, zu erweitern und gegen unstatthafte Neuerungen zu sichern und zu verteidigen. Unter mehreren vernünftigen, redlich gesinnten und frommen Personen aus verschiedenen Ständen beabsichtigte er eine Verbindung, die mit gemeinsamen Kräften zum Besten der Menschheit und des Christentums für den von ihm beabsichtigten Zweck theoretisch und praktisch wirken sollte.
So bildete sich, teils durch Korrespondenz, teils durch große, auf mehrere tausend Meilen sich erstreckende Reisen, die deutsche Gesellschaft von Freunden und Liebhabern christlicher Wahrheit und Gottseligkeit. Durch mehrere Schriften, in denen er sie empfahl und verteidigte, suchte Urlsperger diese Gesellschaft, die während ihrer Existenz manches Gute stiftete, immer weiter auszubreiten. Zu jenen Schriften gehörten besonders die 1779 herausgegebenen Vorschläge und Ermunterungen zum gemeinschaftlichen Handanlegen am Bau des Reiches Gottes, nach den Bedürfnissen der Zeit. Auch in England suchte er für sein Unternehmen Intressenten zu finden, durch eine Schrift die er 1780 in London unter dem Titel An Adress to all sincere promoters oft he Kingdom of God e.t.c. erschien.
Bekannt war Urlsperger außerdem durch mehrere Schriften asketischen und dogmatischen Inhalts. Da hingehört sein „Versuch einer genauen Bestimmung des Mysteriums von Gott dem Vater und Christus," und die 177Z gegebene Erörterung der Frage, ob es mit biblischen Lehren übereinstimme, die Bezeichnungen Gottes als Vater, Sohn und heiliger Geist mit zu seinem Wesen zu rechnen. Seine Ansichten über die Trinitätslehre, die er in den Jahren 1774 —1779 in einzelnen Schriften mittheilte, verwickelten ihn in mehrere literarische Fehden. Nach 1787 trat keine neue Schrift mehr von ihm ans Licht. 1796 hatte er sich nach Oettingen begeben, wo er mehrere Jahre privat lebte. Nach einigen Reisen erkrankte er in Hamburg und verstarb dort im Freimaurerkrankenhaus.
Werke
- Neue, der Schrift allgemein gemäße Entwickelung der christlichen Dreyeinigkeitslehre. Augsburg 1744;
- Diss. de praestantia Goloniae Georgico - Anglicanae prae aliis Coloniis. Augsburg 1747
- Dissertatio theologica de mysteriorum christianae fidei vera indole eorumque contra recentissimas oppugnationes vindiciis. Halle 1754
- Antrittsrede bei St. Anna, über Luc. 2, 24-30. Augsburg 1762
- Solenne Dank- und Friedenspredigt, über Ps. 147, 14. Augsburg 1763
- Leichenpredigt auf Anna Elisabeth Gullmann. Augsburg 1763
- Leicherede auf J. G. Rende. Augsburg 1764
- Unpartheiische Wahrheit und Frieden suchende Gedanken über die Irrungen der evangelisch-lutherischen mit der reformierten Kirche in den Punkte des heiligen Abendmahls. Lindau 1765
- Dankreden im evangelischen Armenhauss zu Augsburg gehalten. Augsburg 1766-1774
- Das Gleichniß vom verlorenen Sohn im erbaulichen Versen, aus weiland Pfarrer Hiller’s poetischer Lebensbechreibung Jesu Christi, zum gesegneten Andenken zweier in Augsburg gehaltenen Bußtage, mit Anmerkungen herausgegeben. Augsburg 1766
- Leichenrede auf C G. von Zschock. Augsburg 1767
- Viertes Stück des von seinem Vater, Samuel Ursperger, angefangenen Ackerwerks Gottes, oder der Nachrichten über die amerikanische, von Salburgischen Emigranten erbaute Pflanzstadt Eben-Ezer. Augsburg 1767
- Versuch in freundschaftlichen Briefen einer genauern Bestimmung des Geheimnißes Gottes und des Vaters und Christi, wie dadurch menschliche und seligmachende göttliche Erkenntniß merklich erweitert und den wichtigsten Zweifeln gegen beyde auf eine neue Weise liebreich entgegen gegangen wird ans Licht gestellt und jedem vernünftigen noch mehr aber christlichen Leser zu unpartheyischer Prüfung übergeben. Frankfurt/Leipzig 1769-1774, 5. Stücke
- Kurzer Inbegriff der in dem 1sten Stück der Versuche in freundschaftlichen Briefen u.s.w. enthaltenden hauptsächlichen Wahrheiten. Augsburg 1769
- Kurze Anzeige des Hauptinhalts seiner Vorträge über die Evangelien, in ungezwungener Verbindung mit dem übrigen Zusammenhange der Lebensgeschichte Jesu nach Matthai Beschreibung. Augsburg 1770
- Rede von dem gefährlichen Einfluss des Uebertriebenen der Künste, des Handels und der Wissenschaften in das Christenthum, wie es aber ein größes Glück der Menschen, der wahre Flor der Künste, des Handels und der Wissenschaften, auch große Beförderung des Christenthums unter den menschen seyn würde, wenn man in Allem den goldenen Weg der Mittelstraße gienge, und sich eines ordentlichen und stillen Lebens in aller Gottseeligkeit und Ehrbarkeit beflisse. Augsburg 1770
- Worte der Erweckung an einem Bußtage. Augsburg 1771
- Gott die Ehre, eine seinem Vater S. Urlsprengler zugeeignete Rede. Augsburg 1772
- Nöthige Erinnerung gegen eine Recension, über das Geheimniß Gottes, Augsburg 1773; Neue Erörterung der Frage: Obs wahrscheinlich, die Benennungen Gottes als Vater, Sohn und Geist ..., zu seinem Wesen zu rechnen. Frankfurt am Main und Leipzig 1773
- Ehrengedächniß Herrn Samuel Urlsprengler’s. Augsburg 1773
- Neue kurze Erörterung der Frage: ob es wahrscheinlich, ja möglich, nach bisher gewohnter Weise, die Benennung Gottes, als Vater, Sohnes oder Geistes, d. i, zu seinem Wesen zu rechnen, oder was vielmehr nach der Schrift diese persönlichen Namen Gottes anzeigen. Frankfurt am Main und Leipzig 1773
- Wohlverdientes Ehrengedächtniß eines in ihrem Leben zärtlich verbundenen und durch einen, in einem Jahre erfolgten seligen Hingang bald wieder vereinigten Jubelpaares, Herrn Samuel Ursprengler, Senior und Pastor zu St. Anna in Augsburg, wie auch Frauen Sophia Jacobina, geborenen Jägersberg, ihren unvergeßlichen Eltern von sämmtlichen Kindern derselben dankbar gestiftet, gesammelt und herausgegeben u.s.w. Frankfurt am Main und Leipzig 1774
- Neue, dem Sinn der heiligen Schrift wahrhaft gemäße Entwicklung der alten christlichen Dreieinigkeitslehre, als Versuch über die nähre Bestimmung des Geheimnisses Gottes und des Vaters und Christi. 1. Bd. Frankfurt am Main und Leipzig 1774
- Trauerrede auf Frau Maria Catharina Tauber. Augsburg 1775
- Mein Bekenntniß in der Lehre von der Dreieinigkeit in kurzen Sätzen, Augsburg 1775; An das Publicum. D. Joh. Aug. Urlspergers Dreyeinigkeitslehre betreffend. Von ihm selbst aufgesetzt. Augsburg 1777,
- Ermunterungs- und Abschiedswort an die ihm in sechs Jahren während des bei ihm geführten Pfarramtes werth gewesenen und noch werthe evangelische Pfarrgemeinde zum heiligen Kreuz in Augsburg. Augsburg 1776
- D. Johann August Urlspergers kurzgefaßtes System seines Vortrages von Gottes Dreyeinigkeit. Augsburg 1777
- An das Publicum, D. J. A. Urlsperger’s Dreieinigkeitslehre betreffend, von ihm selbst aufgesetzt. Augsburg 1777
- Etwas zum Nachdenken und zur Ermunterung für Freunde des Reiches Gottes; als Manuscript anzusehen und mit Weisheit und Treue seinem Inhalte gemäß zu behandeln. Augsburg 1779
- Gedanken eines Ungenannten, die Errichtung einer deutschen Gesellschaft betreffend, thätige Beförderung reiner Lehre und Gottseeligkeit zu beschleunigen, sammt Antort darauf. Augsburg 1779 (auch unter dem Titel: Vorschäge und Ermunterungen zum gemeinschaftlichen Grundanlegen am Baue des Reiches Gottes, nach den Bedürfnissen der Zeit in der wir leben)
- Eine das Reich Gottes und dessen größere schriftmäßige Ausbreitung in unseren Augen betreffende, wichtige Nachricht. Augsburg 1780
- An Address to all sincere promoters of the Kingdom of God, resident in England, concerning the Etablishment of an Association for promoting, vindicating and reviving Christianity in its fundamental purity in Knowledge and Practice. Inviting all intelligent and pious Evangelical Christians tu participate therein. For the better Illustration of Which, is annexed au Account, read in the Society for promoting Christian Knowledge the 2 of April 1780. London 1780
- Kurzer Bericht einer vorgeschlagenen und wirklich entstehenden Deutschen Gesellschaft edler thätiger Beförderer reiner Lehre und wahrer Gottseligkeit. Basel 1780
- Fortgesetzter Bericht von einer entstehenden Deutschen Gesellschaft edler, thätiger Beförderer reiner Lehre und wahrer Gottseligkeit. Basel 1781
- Beschaffenheit und Zwecke einer zu errichtenden deutschen Gesellschaft künftiger Beförderer reiner Lehre und wahrer Gottseligkeit. Basel 1781
- Urlsperger’sches Erbauungswort von altem und neuem Inhalte zu Einem Zwecke. Augsburg 1783
- Beilage zu der zweiten Fortsetzung der Sammlung von Nachrichten in Betreff des, in den österreichischen Staaten uns aufgehenden Lichts des Evangeliums, in zwei Briefen. Offenbach 1784
- Zeugnisse der Wahrheit, wichtig und mancherlei, veranlasst durch die vor und gegen die Gesellschaft der Beförderung reiner Lehre und der Gottseligkeit, in öffentlichen Schriften geäußrten Urtheile, mit bescheidener Freimüthigkeit entworfen. Leipzig 1786
Literatur
- Eduard Jacobs: Urlsperger, Johann August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 39, Duncker & Humblot, Leipzig 1895, S. 355–361.
- Thomas Konrad Kuhn: Urlsperger, Johann August. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 12, Herzberg 1997, ISBN 3-88309-068-9, Sp. 940–943.
- Hans Anstein: Urlsperger, Joh. Aug.. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (RE). 3. Auflage. Band 20, Hinrichs, Leipzig 1908, S. 336–342.
- Heinrich Doering: Die gelehrten Theologen Deutschlands im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert. Verlag Johann Karl Gottfried Wagner, 1835, Neustadt an der Orla, Bd. 4, S. 554, (Online)
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