Karl Mayr (SPD)

Karl Mayr (SPD)

Karl Mayr (* 5. Januar 1883 in Mindelheim; † 9. Februar 1945 im KZ Buchenwald) war ein deutscher Offizier und politischer Aktivist. Mayr wurde vor allem bekannt als „der Mann, der Hitler in die Politik eingeführt hat“ und – nach einem grundsätzlichen politischen Gesinnungswandel – als einer der Führer des pro-republikanischen Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Jugend und Erster Weltkrieg

Mayr war der Sohn eines Richters. Nach dem Schulbesuch, den er mit dem Abitur abschloss, trat er am 14. Juli 1901 als Fahnenjunker in das 1. bayerischen Infanterieregiment in München ein. Als Offizier machte Mayr, den seine Vorgesetzten mit Attributen wie „ausgezeichnet bewährt“ und “sehr intelligenter Offizier“ belegten, rasch Karriere: 1903 wurde er zum Leutnant und 1911 zum Oberleutnant befördert.

Ab August 1914 nahm Mayr mit dem 1. bayer. Jägerbataillon am Ersten Weltkrieg teil. Im Laufe des Krieges war er an Kampfhandlungen in Lothringen und in Flandern beteiligt, bevor seine Formation im Frühjahr 1915 zum Deutschen Alpenkorps trat. Am 1. Juni 1915 wurde Mayr zum Hauptmann befördert. 1917 wurde er in den Generalstab des Alpenkorps aufgenommen. Am 13. März 1918 wurde er zum Kommandeur des 1. Bayerischen Jägerbattailons ernannt, mit dem er vom 20. Juli 1918 bis 15. Oktober 1915 bei der Heeresgruppe Ost in der Türkei eingesetzt wurde.

Weimarer Republik

Kurz nach Kriegsende, ab dem 1. Dezember 1918, agierte Mayr als Kompagnieführer beim 1. bayerischen Infanterieregiment in München. Am 15. Februar 1919 wurde er vom Militär beurlaubt, kehrte aber bereits im Mai als Kommandeur des 6. Bataillons des Wachregiments München und ab dem 30. Mai als Leiter der Nachrichten- und Propagandaabteilung beim Generalkommando von Oven und des Gruppenkommandos Nr. 4 (Abteilung Ib) unter Generalleutnant von Möhl zurück.[1]

In seiner Eigenschaft als Leiter der Nachrichtenabteilung rekrutierte Mayr Anfang Juni 1919 den Kriegsheimkehrer Adolf Hitler als Militärspitzel und "Aufklärungsredner". Mayr ließ Hitler einen Kurs im Reichswehrlager Lechfeld bei Augsburg durchlaufen, in dem den von Krieg demoralisierten und "bolschewisierten Truppen" nationale Gesinnung beigebracht werden sollte. Nach dieser Ausbildung erteilte Mayr Hitler den Auftrag, als "antibolschewistischer Aufklärungsredner" vor den Soldaten der Münchener Kasernen aufzutreten. Des Weiteren wurde Hitler als Beobachter zu Versammlungen der zahlreichen zu dieser Zeit in München neu gegründeten politischen Parteien geschickt. Dort wohnte Hitler den Sitzungen bei und verfasste Berichte über die politischen Vorstellungen, Ziele und Methoden der betreffenden Gruppen. In diesem Zusammenhang nahm Hitler auf Veranlassung Mayrs am 12. September 1919 an einer Sitzung der von Anton Drexler gegründeten Deutschen Arbeiter Partei teil. Nach dem Besuch einer weiteren Sitzung am 3. Oktober entschloss er sich zum Eintritt in jene und bat Mayr in seinem Bericht „diesem Verein oder Partei beitreten zu dürfen, da diese Männer den Gedanken des Frontsoldaten sprechen“. [2]

Mayr wird in diesem Zusammenhang - da sein Auftrag den Ausgangspunkt von Hitlers folgenreicher politischer Karriere in und mit der DAP/NSDAP bildete - häufig - etwas übertreibend - mit Wendungen wie „Hitlers Entdecker“ und „der Mann der Hitler auf die politische Bühne gebracht hat“ belegt. Unverfänglicher ist es, von Mayr als jener Person zu sprechen, deren Handeln - die Anweisung an der DAP-Versammlung teilzunehmen - den Anlass für das Zustandekommen der Gelegenheit für Hitlers Eintritt in die Politik lieferte.

Im März 1920 schickte Mayr Hitler, Dietrich Eckart und Ritter von Greim nach Berlin, um die Ereignisse des Kapp-Putsches in seinem Auftrag aus nächster Nähe zu beobachten. Wenige Monate später am 8. Juli 1920 wurde Mayr als Major aus dem Generalstab des Wehrkreiskommandos VII vom Militärdienst entlassen - vermutlich wegen seiner Kontakte zu den Kapp-Putschisten. Zu dieser Zeit wurde er erster außenpolitischer Schriftleiter des Völkischen Beobachters.

Politisch tendierte Mayr noch bis zum gescheiterten Hitler-Putsch von 1923 zur NSDAP Hitlers. Anschließend kam es zu einem grundlegenden Wandel seiner politischen Ausrichtung: Um 1924 wandte er sich von der NSDAP ab und trat fortan als einer ihrer energischsten Kritiker auf.

1925 trat Mayr in die SPD ein, weswegen er u.a. aus dem Offiziersverein des 1. Infanterieregiments ausgeschlossen wurde. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre war er maßgeblich am Aufbau des pro-republikanischen, den Weimarer Staat unterstützenden, Wehrverbandes Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold beteiligt, der sich vor allem aus Anhängern der SPD, der Gewerkschaften, des Zentrums und der linksliberalen Parteien rekrutierte. Daneben tat Mayr sich auch als Redakteur in der sozialdemokratischen Presse hervor.

In den frühen 1930er Jahren verstärkte Mayr seine nachrichtendienstlichen Aktivitäten gegen die NSDAP, über die er unter anderem über Georg Bell Material sammelte, das er der z.T. in der SPD-Presse verwandte.

Für größeres öffentliches Aufsehen sorgte Mayrs Involvierung in einen Skandal um den Stabschef der SA Ernst Röhm im Jahr 1932: Im Herbst dieses Jahres wurde ruchbar, dass Teile der Parteiführung der NSDAP Röhm und einigen seiner Mitarbeitern nach dem Leben trachteten. Um einem mutmaßlich geplanten Anschlag auf sein Leben zu entgehen floh Röhm zeitweise von München nach Berlin, wo es zu Aussprachen zwischen ihm Mayr kam, dem Röhm auch Informationen über seine parteiinternen Gegner zuspielte. Das Bekanntwerden dieser Gespräche nutzte die gegen die NSDAP eingestellte Presse zu einer Kampagne gegen die mutmaßliche "Feme im Braunen Haus" wobei sie insbesondere den Umstand dass der Hitler'sche STabschef "Unterschlupf" bei einem Sozialdemokraten gesucht habe genüßlich auswalzte.

Emigration und Tod

Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 emigrierte Karl Mayr nach Frankreich.

Nach der deutschen Invasion 1940 wurde er in Paris von der Gestapo verhaftet und nach Deutschland gebracht. In den folgenden Jahren wurde er im KZ Buchenwald gefangen gehalten. Da er weder in der Nummernkartei des Lagers noch in der Liste prominenter Häftlinge auftaucht wurde in der Forschung die Vermutung geäußert, dass er den Status eines Sondergefangenen Hitlers hatte.[3]

Er starb am 9. Februar 1945 im Konzentrationslager Buchenwald, wobei bislang nicht völlig geklärt ist, ob er während eines Außenkommandos einem alliierten Luftangriff zum Opfer fiel oder ob er aufgrund eines Sonderbefehls ermordet wurde.

Mayrs Nachlass gilt als verschollen.[4]

Beurteilungen

Alfred Rosenberg, der Mayr aus der gemeinsamen Tätigkeit im Umkreis der frühen NSDAP kannte, erinnerte sich im Nürnberger Kriegsverbrechergefängnis an diesen als "eine kleine bewegliche Fgiur von scharfer Intelligenz , charakterlich nicht zu deuten." Besondere Bedeutung legte Rosenberg zudem dem Umstand bei, dass Mayr "außerordentlich beflissen" gewesen sei "[Dietrich] Eckart und die antisemitische Bewegung kennen zu lernen", in deren Sinne er sich zunächst betätigt habe, bevor er Mitte der 1920er Jahre "in München schärfster Gegner der nationalsozialistischen Bewegung" geworden sei. Er habe sich fortan als "ausgesprochen judenfreundlich" gebärdet und sei dann einer "der geistigen Führer des späteren Reichsbanners" geworden.[5]

Schriften

  • Sozialdemokratie und Wehrprogramm. Grundsätzliche Betrachtung. Von Karl Mayr, vormals Generalstabsoffizier beim Deutschen Alpenkorps, (= Sonderdruck aus den Sozialistischen Monatsheften) Berlin o.J. [1928].

Literatur

  • Benjamin Ziemann: “Wanderer zwischen den Welten – Der Militärkritiker und Gegner des entschiedenen Pazifismus Major a.D. Karl Mayr (1883-1945)” in: Wolfram Wette (Hrsg.): Pazifistische Offiziere in Deutschland 1871-1933, 1999, S. 273-285.

Einzelnachweise

  1. Claudia Schmölders: Hitlers Gesicht, S. 45.
  2. Eberhard Jäckel: Hitler. Sämtliche Aufzeichnungen 1905-1924, Stuttgart 1980, S. 90f.
  3. Dornheim: Röhms Mann fürs Ausland, S. 253.
  4. Wolfgang Mommsen: Die Nachlässe in den deutschen Archiven, Teil 1, Boppard am Rhein 1971, S. 327.
  5. Alfred Rosenberg: Erinnerungen Rosenberg, in: Bundesarchiv NS 8/20, Bl 12-15.

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