Kleinkastell Altes Jagdhaus

Kleinkastell Altes Jagdhaus
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Kleinkastell Altes Jagdhaus
Limes ORL -- (RLK)
Strecke (RLK) Obergermanischer Limes
Strecke 3
Westlicher Taunus
Datierung (Belegung) Mitte 2. Jh. bis ?
Typ Kleinkastell
Einheit unbekannte Vexillatio
Größe rund 650 m²
Bauweise Steinkastell
Erhaltungszustand konserviert
Ort Arnoldshain-Hegewiese
Geographische Lage 50° 14′ 40,5″ N, 8° 29′ 34,6″ O50.2445861111118.4929472222222678
Höhe 678 m ü. NHN
Vorhergehend ORL 10: Kastell Feldberg (südwestlich)
Anschließend Kleinkastell Heidenstock (nordöstlich)
KK Altes Jagdhaus

Das Kleinkastell Altes Jagdhaus ist ein römisches Kastell an der westlichen Taunusstrecke (Strecke 3) des Obergermanischen Limes, der im Jahre 2005 den Status des UNESCO-Weltkulturerbes erlangte. Das obertägig noch sehr gut im Gelände sichtbare Bodendenkmal befindet sich südöstlich von Arnoldshain-Hegewiese, einem Ortsteil der Gemeinde Schmitten im hessischen Hochtaunuskreis. Der heutige Name leitet sich von einem Jagdhaus her, das im 16. Jahrhundert innerhalb des Kastells erbaut wurde.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Forschungsgeschichte

Das Kleinkastell befindet sich in den dicht bewaldeten Gebieten des Hochtaunuskamms, knapp drei Kilometer Luftlinie nordwestlich des Großen Feldberges und gut einen Kilometer südöstlich von Hegewiese, einem separat im Wald liegenden Wohngebiet des Schmittener Ortsteils Arnoldshain. Es liegt auf 678 Höhenmetern, gut 300 m östlich eines Passes (des Sandplackens), mit dem die von Oberursel nach Schmitten führende Landesstraße 3004 den Taunuskamm zwischen dem „Mittelberg“ (715 m ü. NN) des Feldbergmassivs und dem „Kolbenberg“ (683,9 m ü. NN) überwindet und bei dem die so genannte „Hochtaunusstraße“ – die Landesstraße 3024 – sowie die „Siegfriedstraße“ – die Landesstraße 3276 – auf die Landesstraße 3004 treffen.

Das kleine Kastell, das schon von Carl Rossel[1] und Karl August von Cohausen[2] dokumentiert worden war, wurde im Sommer des Jahres 1893 von Louis Jacobi, dem zuständigen Streckenkommissar der Reichs-Limes-Kommission (RLK) archäologisch ausgegraben.

2009 wurde das gesamte Ensemble konserviert.

Befunde

Das Kleinkastell Altes Jagdhaus war ein Steinkastell mit leicht trapezförmigem Grundriss.[A 1] Die Wehrmauer besaß abgerundete Ecken, ihre Stärke betrug an der Nordseite 1,7 m, an allen anderen Seiten 2,2 m bis 2,3 m. Sie war aus nur grob bearbeiteten Quarzitbruchsteinen als Trockenmauerwerk ausgeführt. Ein Graben scheint nicht vorhanden gewesen zu sein. Mit seinem einzigen Tor war das Kastell nach Norden, zum Limes hin ausgerichtet. Das Tor bestand aus einem einfachen Mauerdurchgang – ohne eingezogene Wangen oder Aufbauten – von 3,3 m Breite, der etwa einen Meter aus der Mittelachse des Lagers nach Osten hin verschoben war. Das Kastell, das mit seiner Vorderfront nicht parallel, sondern schräg zum Limes lag, war mit seiner Nordwestecke 9 m, mit seiner Nordostecke 14 m von der Krone des Grenzwalls entfernt.

Das Innere der römischen Fortifikation war durch die Grundmauern eines neuzeitlichen Gebäudes von 7 m Breite und 10,7 m Länge gestört. Die Mauern des Bauwerkes waren vollständig aus vermörteltem Backstein errichtet, der Boden des Hauptraums zudem mit Quarzitplatten ausgelegt. Dieses Gebäude aus dem 16. Jahrhundert war vermutlich ein Jagdhaus des „Waldboten“[A 2] der hessischen Fürsten.

Über die Besatzung des kleinen Kastells, vermutlich die Vexillatio einer benachbarten größeren Auxiliareinheit oder Legion, ist nichts bekannt. Möglicherweise unterstand sie dem Kastell Saalburg. Vermutlich wurde die Fortifikation erst um die Mitte des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts errichtet.[3]

Altes Jagdhaus

Wahrscheinlich im 16. Jahrhundert wurde innerhalb der Reste des Kleinkastells ein Jagdhaus der Markgenossenschaft Hohe Mark errichtet. Die Nutzung erfolgte hauptsächlich durch den Waltboten, ein Amt, das erblich gebunden durch die Landgrafen von Hessen-Homburg wahrgenommen wurde. Dieses Amt sicherte einige Privilegien, wie den Vorsitz in der Versammlung der Hohen Mark oder auch das Recht drei Tage früher mit der Jagd beginnen zu dürfen als andere Märker. Der Hauptraum des Jagdhauses wies ursprünglich eine Steinplattenpflasterung auf. Er hatte einen Kamin und in den Ecken eingemauerte Sitzplätze. Unter dem Nebenraum war ein Vorratskeller im Boden angelegt.

Im Jahr 2009 erfolgte mit einem Aufwand von 60.000 € eine Sanierung der Anlage. Die Reste der römischen Wälle wurden durch Erdaufschüttungen konserviert. Die Grundmauern des Jagdhauses wurden durch ein Betonfundament befestigt und mit Mörtel befestigt. Dadurch ist der Grundriss des Gebäudes für den Besucher erkennbar.[4]

Limesverlauf zwischen den Kleinkastellen Altes Jagdhaus und Heidenstock

Vom Kleinkastell Altes Jagdhaus bis zum Kleinkastell Heidenstock zieht der Limes ausschließlich durch das dicht bewaldete Gebiet des Taunuskamms. Dabei fällt er insgesamt um knapp 70 Höhenmeter ab. Aufgrund der geologisch-topographischen Gegebenheiten weist er in diesem Bereich die Besonderheit auf, dass in einigen Streckenabschnitten an die Stelle des in dem anstehenden Quarzitfels nur unter Mühen auszuhebenden Grabens, mit dessen Aushub für gewöhnlich der Wall aufgeschüttet wurde, eine steinerne Mauer trat. Diese Mauer besaß eine Mächtigkeit von durchschnittlich zweieinhalb Metern und war mit Quarzitbruchsteinen als Trockenmauer ausgeführt. Der Palisadengraben hingegen war auch in diesen Abschnitten des Limes durchgängig vorhanden.

Spuren der Limesbauwerke zwischen dem Kleinkastell Altes Jagdhaus und dem Kleinkastell Heidenstock.
ORL[A 4] Name/Ort Beschreibung/Zustand
KK[A 5] Kleinkastell Altes Jagdhaus siehe oben
Wp 3/54[A 3] Vermutete, jedoch nicht archäologisch nachgewiesene Turmstelle.[A 6]
Wp 3/55 „Klingenkopf“
Wp 3/55
Schon bei Rossel[5] und Cohausen[6] dokumentierte Turmstelle eines Holz-[A 7] und eines Steinturms,[A 8] die 1894 von der Kommission unter Jacobi untersucht worden sind.

Der Holzturm war von einem 1,2 m tiefen, 12 m durchmessenden Graben und einem acht Meter breiten Wall ringförmig umgeben. Im Zentrum der Anlage zeigten sich vier große, 1,2 m tief in den anstehenden Fels gebrochene Pfostengruben, die ein leicht unregelmäßiges Viereck von 4,5 m bis 5,0 m Seitenlänge bildeten. Die Limesmauer durchschnitt die nördliche Hälfte der Holzturmstelle, während die Palisade im weiten Bogen um den Turm herum führte.

Rekonstruierte Fundamente des Steinturms des WP 3/55
Der Steinturm befand sich etwa 22 m südöstlich des Holzturms. Er besaß einen quadratischen Grundriss von 5,6 m Seitenlänge. Auf der Ostseite besaß das aufgehende Mauerwerk bis zu einer Höhe von etwa 1,4 m eine Mächtigkeit von 90 cm bis 95 cm. Dann versprang es sowohl an der Außen-, als auch an der Innenseite und verjüngte sich dadurch auf eine Stärke von 65 cm bis 75 cm. Auf allen anderen Seiten des Turmes hingegen verjüngte sich die Mauer bis zu einer festgestellten Resthöhe von maximal zwei Metern nicht. Stellenweise konnte auf der Außenseite des Turmes noch der weiße, mit roten Scheinfugen bemalte Verputz festgestellt werden. An der Nordseite befand sich – 25 cm über dem gestampften Fußboden des Inneren – ein 75 cm breiter Eingang. Die Entfernung des Turms zur Limesmauer betrug 21 m, vom Palisadengraben war er 32 m weit entfernt.

Die Lage der Turmstelle war optimal gewählt. Die Aussicht reichte von dort aus bis in den „Stannheimer Grund“ und das obere „Erlenbachtal“.

Wp 3/56 Vermutete, jedoch nicht archäologisch nachgewiesene Turmstelle.[A 9]
KK Kleinkastell Heidenstock siehe Hauptartikel Kleinkastell Heidenstock[A 10]

Denkmalschutz

Das Kleinkastell Altes Jagdhaus und die anschließenden Limesanlagen sind als Abschnitt des Obergermanisch-Rätischen Limes seit 2005 Teil des UNESCO-Welterbes. Außerdem sind sie sowie das Alte Jagdhaus selbst Bodendenkmale im Sinne des Hessischen Denkmalschutzgesetzes. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.

Siehe auch

Literatur

  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. 4., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0, S. 133
  • Dietwulf Baatz und Fritz-Rudolf Herrmann: Die Römer in Hessen. Lizenzausgabe der Auflage von 1982. Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-58-9, S. 391
  • Christian Fleer: Typisierung und Funktion der Kleinbauten am Limes. In: Egon Schallmayer (Hrsg.): Limes Imperii Romani. Beiträge zum Fachkolloquium „Weltkulturerbe Limes“ November 2001 in Lich-Arnsburg. Saalburg, Bad Homburg v. d. H. 2004, ISBN 3-931267-05-9, (= Saalburg-Schriften, 6), S. 75–92
  • Margot Klee: Der römische Limes in Hessen. Geschichte und Schauplätze des UNESCO-Welterbes. Pustet, Regensburg 2009, ISBN 978-3-7917-2232-0, S. 98f.
  • Margot Klee: Der Limes zwischen Rhein und Main. Theiss, Stuttgart 1989, ISBN 3-8062-0276-1, S. 76f.

Grabungsbericht der Reichs-Limes-Kommission:

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Carl Rossel: Die römische Grenzwehr im Taunus. Limbarth, Wiesbaden 1876, S. 51f.
  2. Karl August von Cohausen: Der römische Grenzwall in Deutschland. Militärische und technische Beschreibung desselben. Kreidel, Wiesbaden 1884, S. 130, 26 und Tafel 12, Abb. 3.
  3. Margot Klee: Der Limes zwischen Rhein und Main. Theiss, Stuttgart 1989, ISBN 3-8062-0276-1, S. 76.
  4. Taunus Zeitung vom 3. November 2009.
  5. Carl Rossel: Die römische Grenzwehr im Taunus. Limbarth, Wiesbaden 1876, S. 49.
  6. Karl August von Cohausen: Der römische Grenzwall in Deutschland. Militärische und technische Beschreibung desselben. Kreidel, Wiesbaden 1884, S. 124 und 129 und Tafel 15, Abb. 5.

Anmerkungen

  1. 26 m an der Nordseite, 27 m an der Südseite und jeweils 24,2 m an der West- und Ostseite.
  2. „Waldboten“, auch „Waldmeister“ waren frühere Markbeamte.
  3. a b Wp = Wachposten, Wachturm. Die Ziffer vor dem Schrägstrich bezeichnet den Limesabschnitt, die Ziffer hinter dem Schrägstrich in fortlaufender Nummerierung den jeweiligen Wachturm.
  4. ORL = Nummerierung der Limesbauwerke gemäß der Publikation der Reich-Limes-Kommission zum Obergermanisch-Rätischen-Limes
  5. KK = nicht nummeriertes Klein-Kastell.
  6. Bei 50° 14′ 41,64″ N, 8° 29′ 42,39″ O50.24498.4951083333333.
  7. Bei 50° 14′ 54,32″ N, 8° 30′ 10,52″ O50.2484222222228.5029222222222.
  8. Bei 50° 14′ 54,03″ N, 8° 30′ 10,98″ O50.2483416666678.50305.
  9. Bei 50° 15′ 4,01″ N, 8° 30′ 29,6″ O50.2511138888898.5082222222222.
  10. 50° 15′ 8,5″ N, 8° 30′ 50″ O50.2523618.513888

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