Kastell Walton Castle

Kastell Walton Castle
Die Sachsenküstenkastelle um 380 n.Chr.
Zeichnung des Kastells von 1623
Grundriss des Kastells, 1623

Walton Castle war ein römisches Kastell beim heutigen Felixstowe, Suffolk/England und war Bestandteil der Festungskette des sog. „litus saxonicum“ (Sachsenküste/Wash-Solent-Limes). Es sicherte einen Abschnitt der Ostküste Britanniens, hier insbesondere die Mündung des Deben, vor Piraten und feindlichen Invasoren. Die mittelalterliche Klosterruinen beim Kastell standen noch bis ins späte 18. Jahrhundert und wurden 1970 von Stanley West genauer untersucht. Die römisch-mittelalterlichen Ruinen von Walton wurden im 18. Jahrhundert von Francis Grose, Isaac Johnson und anderen auf Zeichnungen festgehalten.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Walton liegt zwischen den Flüssen Orwell und Deben und gehört zum Gemeindegebiet von Felixstowe. Da der römische Name des Kastells nicht überliefert wurde und es auch nicht im diesbezüglichen Teil der Notitia Dignitatum (ND occ. XXVIII) angeführt wird, ist diese archäologische Stätte heute nur als Walton Castle bekannt. Das römische Kastell bedeckte eine ähnlich große Fläche wie Gariannonum (Burgh Castle) und stand auf einem 30 m hohen Plateau nahe Brackenbury Fort und Bull's Cliff. Die letzten Überreste des Kastells wurden im Laufe des 18. Jahrhunderts durch Erosion des Bodens ins Meer gespült; Teile der Mauern sind jedoch unter Wasser erhalten geblieben.

Entwicklung

In seiner Chronik aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n.Chr. berichtet Eutrop, dass der Flottenadmiral Carausius um 285 n. Chr. den Auftrag bekommen habe, den Ärmelkanal von Portus Itius (Boulogne) aus zu befrieden, der von Piraten unsicher gemacht worden sei, die Eutrop als „Franken“ und „Sachsen“ bezeichnet.[1] Die dabei erwähnten Überfälle auf die britannische und gallische Küste behinderten im zunehmendem Maße den zivilen Seeverkehr und vor allem die Überführung von britannischen Handelswaren und Edelmetallen nach Gallien und Rom. Aufgrund der zunehmenden Gefährdung durch diese Piraten organisierte Carausius, später der Gründer und Herrscher (Usurpator) des sog. „Britannischen Sonderreiches“, um das Jahr 287 die Verteidigung der britannischen Kanalküste neu. Durch Neu- oder Umbau schon bestehender Anlagen schufen er und sein Nachfolger Allectus nach und nach eine dichte Kette aus teilweise stark befestigten Kastellen, in die auch Walton miteinbezogen wurde. Erbaut wurde das Kastell wahrscheinlich zwischen 276 und 285 n. Chr. Ein weiterer Grund für den Ausbau der Befestigungslinie am Ärmelkanal war sicher auch die Angst vor einer Invasion der römischen Zentralregierung. Als die römische Armee unter Flavius Stilicho 398 in Britannien militärisch noch einmal aktiv wurde, richtete die römische Verwaltung auf beiden Seiten des Kanals einen eigenen Militärbezirk, den litus saxonicum (Sachsenküste) ein, dessen Truppen in Britannien von einem Comes litoris Saxonici per Britanniam befehligt wurde. Um diese Zeit fand dieser möglicherweise auch erstmals Eingang in die Truppenlisten der Notitia Dignitatum. Das weitverzweigte Flusssystem Britanniens ermöglichte es den germanischen Eindringlingen, mit ihren kleinen flachgehenden Ruderbooten rasch ins Innere der Insel voranzukommen. Die Befestigungen standen sicher auch mit den römischen Militärlagern im gallischen Teil des litus saxonicum in Verbindung.

Während des frühen 7. Jahrhunderts, zur Zeit, als das angelsächsische Königsgrab von Sutton Hoo angelegt wurde, war Walton ein wichtiger Bestandteil der angelsächsischen Königsgüter. Walton ist auch einer der zwei Orte (der andere ist Dunwich), an denen das legendäre frühmittelalterliche Kloster von Dommoc vermutet wird. Es soll laut Beda Venerabilis Bischofssitz des Felix von Burgund, des ersten Bischofs der Ostangeln, gewesen sein, der ab 630, während der Herrschaft von König Sigebert (630–635) dort missionierte. Dommoc wurde angeblich noch bis ins 9. Jahrhundert als Bischofssitz verwendet. Es ist aber auch gut möglich, dass es nie existierte.

Zur Zeit der normannischen Machtübernahme wurde das Gut Walton mit dem von Falkenham vereint, das Kastell wurde nun als „Burch“ bezeichnet, abgeleitet vom angelsächsischen „Burgh“ (Wehrdorf). Bald danach beauftragte Roger Bigod († 1077), erster Earl of Norfolk, die Mönche von Rochester, zur Erinnerung an Felix auf dem Gelände des römischen Kastells ein Kloster zu gründen. Das Kastell wurde später von Hugh Bigod, Rogers zweitem Sohn, verstärkt, später aber von König Heinrich II. (1154–1189) wieder eingezogen und besetzt. Um 1175/76 wurde das Kastell von Heinrich schließlich demoliert, da er in Orford eine neue Festung errichten ließ. Dennoch scheint es, dass große Teile der römischen Mauern auch diese Zerstörungen überstanden hatten. Schon um 1317 drohte durch fortschreitende Erosion des Bodens der Einsturz der Gebäude und die Mönchsgemeinschaft von Walton musste in die Abtei von Meadow/Kirche St.Mary umziehen, die nun auch als Klosterkirche verwendet wurde. Während des 13. Jahrhunderts taucht erstmals der Name Felixstowe auf, der Burch bald ersetzte und zur Ortsbezeichnung für eine größere Siedlung wurde, die auch das Gebiet von Walton miteinbezog.

Kastell

Die Abbildungen aus dem 17. Jahrhundert zeigen, dass die langrechteckige Befestigung der von Gariannonum (Burgh Castle) sehr ähnlich war. Die Kastellecken wurden von vorkragenden Hufeisentürmen geschützt. Auf einer Zeichnung sind auch die für die Spätantike typischen Ziegelbänder zu sehen. Diese werden auch in der Beschreibung eines gewissen Dr. Knight aus dem Jahr 1722 erwähnt, der angab, dass die Mauer aus vielen verschiedenen Steinmaterialien, darunter auch Ziegeln, erbaut war. Die Präsenz von vorspringenden Türmen und abgerundeten Ecken lässt den Schluss zu, dass das Kastell gleichzeitig mit den Anlagen von Garrianonum (Burgh Castle) und Othona (Bradwell-on-Sea) errichtet beziehungsweise später umgebaut wurde. Da der Militärplatz nicht in der Notitia Dignitatum erwähnt wird ist seine Besatzungseinheit bislang unbekannt geblieben.

Literatur

  • Nick Fields: Rome’s Saxon Shore Coastal Defences of Roman Britain AD 250–500. In: Fortress. Design, technology and history of key fortresses, strategic positions and defensive systems. Nr. 56, Osprey, Dezember 2006.
  • J. Fairclough and S.J. Plunkett, 2000, Drawings of Walton Castle and other monuments in Walton and Felixstowe, Proc. Suffolk Institute of Archaeology and History 39 Part 4, 419-459.
  • S.E. West, 1974, The Excavation of Walton Priory, Proc. Suffolk Institute of Archaeology and History 33, 131-152.

Einzelnachweise

  1. Matthias Springer: Die Sachsen. Kohlhammer, Stuttgart 2004, ISBN 978-3-17-016588-5, S. 33.

Weblinks

51.9716666666671.3793055555556

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Walton Castle — war ein römisches Kastell der sogenannten „Sachsenküste“ beim heutigen Felixstowe, Suffolk/England. Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Geschichte 3 Befestigungen 4 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Kastell Othona — hf Kastell Bradwell on Sea Alternativname Othona/Othonae Limes Britannien Abschnitt Strecke 3, Datierung (Belegung) 3 – 5. Jahrhundert n. Chr. Ty …   Deutsch Wikipedia

  • Kastell Anderitum — hf Kastell Pevensey Alternativname Anderitum/Anderita/Anteridos Limes Britannien Abschnitt Strecke 3, Sachsenküste Datierung (Belegung) 3–5. Jahrhundert n. Chr …   Deutsch Wikipedia

  • Kastell Lemanis — hf Kastell Lympne Alternativname Portus Lemanis, Lemanis, Stutfall Castle Limes Britannien Abschnitt Strecke 3, Sachsenküste Datierung (Belegung) 3. bis 4. Jahrhunde …   Deutsch Wikipedia

  • Kastell Regulbium — hf Kastell Reculver Alternativname Regulbium/Regulbio Limes Britannien Abschnitt Strecke 3, Datierung (Belegung) 1. bis 5. Jahrhundert n. Chr …   Deutsch Wikipedia

  • Kastell Gariannonum — Die Sachsenküstenkastelle um 380 n.Chr. Gariannonum, auch Garrianonum oder Garriano geschrieben, heute Burgh Castle, eine Gemeinde des County of Norfolk in England, war ein zwischen 260 und 270 n. Chr. erbautes römisches Kastell.… …   Deutsch Wikipedia

  • Kastell Caister-on-Sea — hf Kastell Caister on Sea Alternativname unbekannt Limes Britannien Abschnitt Strecke 3, Datierung (Belegung) 3. bis 4. Jahrhundert n. Chr. Typ …   Deutsch Wikipedia

  • Kastell Branodunum — Die Sachsenküstenkastelle um 380 n.Chr. Sch …   Deutsch Wikipedia

  • Kastell Rutupiae — Die Sachsenküstenkastelle um 380 n. Chr …   Deutsch Wikipedia

  • Portus Adurni — hf Kastell Portchester Alternativname Portus Adurni/PortumAdurni/ Ardaoneon Limes Britannien Abschnitt Strecke 3, Sachsenküste Datierung (Belegung) 3.–5 Jahrhundert n. Chr …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”