Portus Adurni

Portus Adurni

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Kastell Portchester
Alternativname Portus Adurni/PortumAdurni/ Ardaoneon
Limes Britannien
Abschnitt Strecke 3, Sachsenküste
Datierung (Belegung) 3.–5 Jahrhundert n. Chr.
Typ Flotten-/Limitaneikastell
Einheit a) Classis Britannica,
b) numerus Exploratorum
Größe ca. 3,65 ha
Bauweise Steinbauweise
rechteckige Anlage
Erhaltungszustand Normannische Burganlage in der NO-Ecke des Kastells,
aufgehendes Mauerwerk, 14 U-Türme, 2 Tore fast vollständig und
tw. bis zu 6 m hoch erhalten
Ort Portchester
Geographische Lage 50° 50′ 14″ N, 1° 6′ 50″ W50.837222222222-1.1138888888889Koordinaten: 50° 50′ 14″ N, 1° 6′ 50″ W
Vorhergehend Kastell Anderitum östlich
Anschließend Kastell Clausentum westlich
Die Sachsenküstenkastelle um 380 n.Chr.
Grundriss des Kastells nach Collingwood 1930

Portus Adurni (heute Portchester Castle) war ein Limitaneikastell und Flottenstützpunkt der Classis Britannica am Limes der britischen „Sachsenküste“, County of Hampshire/England.

Inhaltsverzeichnis

Name und Lage

Der Name Portchester setzt sich aus dem lateinischen portus (Hafen) und dem altenglischen ceaster (für Römerstadt oder Kastell) zusammen. Das erste Mal wird das Kastell in der Notitia Dignitatum als Portum Adurni erwähnt, unmittelbar nach dem Kastell Anderitum (Pevensey). Zum letzten Mal taucht es in der sog. Kosmologie von Ravenna aus dem 7. Jahrhundert auf, hier wiederum als Ardaoneon[1], gelegen zwischen einer bis heute unidentifizierten Ortschaft namens Armis und Navimago Regentium (das heutige Chichester, Sussex). Der römische Name der Festung ist aber bis heute nicht zweifelsfrei geklärt, aber man nimmt an, dass Portum Adurni wohl mit ziemlicher Sicherheit für das spätantike Kastell zutreffend ist, obgleich es möglich sein kann, dass der Ortsname über den langen Zeitraum hinweg von den Kopisten beim Übertragen verfälscht oder unvollständig abgeschrieben wurde.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Kastellen der Sachsenküste hat sich hier die Küstenlinie über die Jahrhunderte wenig bis kaum verändert, das Meer reicht heute immer noch bis knapp an den Ostwall heran. Obwohl hauptsächlich durch ihre normannische Burg und Kirche bekannt, sind die äußeren Festungswälle im Wesentlichen noch römische Originale.

Entwicklung

Seine günstige Position ließ Portchester über einen sehr langen Zeitraum immer wieder eine wichtige Rolle in der Kriegsgeschichte Englands spielen. Higden, ein Mönch aus Chester, berichtet im Jahre 491, dass es schon vor Ankunft der Römer eine britische Festungsanlage bei Portchester gegeben haben soll. Zwei Brüder, Ferrex und Perrex, kämpften hier einst um die Vorherrschaft in der Region; Perrex (Peris) blieb Sieger und wurde König. Er gründete an der Stelle, wo Portchester Castle heute steht, eine Festung und benannte sie nach sich selbst, Caer Peris. Während der römischen Eroberung der Insel im Jahr 43 wurde Caer Peris von der römischen Armee belagert, gestürmt und niedergebrannt.

In seiner Chronik aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. berichtet Eutrop, dass der Flottenadmiral Carausius um 285 n. Chr. den Auftrag bekommen habe, den Ärmelkanal von Portus Itius (Boulogne) aus zu befrieden, der von Piraten unsicher gemacht worden sei, die Eutrop als „Franken“ und „Sachsen“ bezeichnet.[2] Die dabei erwähnten Überfälle auf die britannische und gallische Küste behinderten im zunehmendem Maße den zivilen Seeverkehr und vor allem die Überführung von britannischen Handelswaren und Edelmetallen nach Gallien und Rom. Als Gegenmaßnahme richtete die römische Verwaltung auf beiden Seiten des Kanals einen eigenen Militärbezirk, das litus Saxonicum (Sachsenküste) ein, dessen Truppen in Britannien von einem Comes litoris Saxonici per Britanniam befehligt wurde. Als die römische Armee unter Flavius Stilicho 398 in Britannien militärisch noch einmal aktiv wurde, fand dieser möglicherweise erstmals Eingang in den römischen Amtskalender, die Notitia Dignitatum. Das weitverzweigte Flusssystem Britanniens ermöglichte es den germanischen Eindringlingen, mit ihren kleinen flachgehenden Ruderbooten rasch ins Innere der Insel voranzukommen. Die Römer legten daher an diesen exponierten Küstenbereichen - und besonders an Flussmündungen - Befestigungen an, die auch in Verbindung mit den römischen Militärlagern im gallischen Teil des litus Saxonicum standen. Die Entstehungszeit des Sachsenküstenkastells kann nach Münzfunden für die Zeit der Usurpation des Carausius, am Ende der 80er Jahre des 3. Jahrhunderts n. Chr., angenommen werden. Es ist gut möglich, dass er noch persönlich den Bau angeordnet hat. Während seiner Regierungszeit und der seines Nachfolgers Allectus wurde das Kastell noch weiter verstärkt und das Hauptquartier der Kanalflotte hier eingerichtet. Nach Abzug der Römer errichteten die Angelsachsen in der Kastellruine einen Königshof mit einer großen Halle und einen Turm und setzten die Torbauten wieder instand.

Im Jahre 1086 fiel Portchester an die Normannen; William Maudit begann mit dem Bau der Burg in der NO-Ecke des Kastells. Portchester diente im Hundertjährigen Krieg als Ausgangspunkt für Feldzüge nach Frankreich. König Richard II. ließ 1396 Baumaterial aus der Festung in seinen Palast einbauen und 1415 Heinrich V. von hier aus seine Truppen für der Schlacht von Agincourt nach Frankreich einschiffen. Dann folgten etwas ruhigere Zeiten, aber im Bürgerkrieg Oliver Cromwells gegen Karl I. waren hier wieder Truppen untergebracht. In der Zeit der Kriege gegen die Holländer und Napoleon wurde die Festung u. a. als Kriegsgefangenenlager verwendet.

Kastell

Das Kastell ist eine der am besten erhaltenen römischen Festungsanlagen der Sachsenküste in Britannien sowie ganz Westeuropas und wurde über 16 Jahrhunderte lang kontinuierlich auch als solche genutzt. Auffällig ist der klassische, rechteckige Grundriss mit abgerundete Ecken (Spielkartenform) und die für spätantike Lager ungewöhnliche Ausführung der westlichen und östlichen Toranlagen. Das Kastellareal selbst bedeckt eine Fläche von ca. 3,43 ha.

Die Kastellmauern sind in ihren Konstruktionsmerkmalen dennoch ein gutes Beispiel für die Festungsbauschule des späten 3. Jahrhunderts. Ursprünglich wohl noch höher als heute, erlaubten es z.B. ihre vorkragenden Türme, den Feind auch ins Kreuzfeuer zu nehmen.[3] Ähnlich wie in Pevensey ist der bis zu 200 m lange Mauerring sehr massiv und widerstandsfähig aufgebaut, er erreicht noch eine Höhe von rund 6 m, an der Basis eine Breite von 3,8 m und verjüngt sich stufenförmig nach oben. Verschalung und Gussmörtelkern bestehen aus Sandstein bzw. Flintbruch, die zur Verfestigung der Verblendung dienenden horizontalen Bänder aus flachen Sandsteinen reichen sehr tief in die Mauer hinein.[4] Die Wehranlagen wurden zusätzlich noch von zwei Spitzgräben umgeben.

Tore und Türme

Vier Tore durchbrechen die Mauer, Das West- (Landgate) und Osttor (Watergate) sind nahezu baugleich und verfügen je über zwei Wachstuben, während die Durchlässe am Nord- und Südwall nur einfache Pforten ohne spezielle Schutzbauten sind. Das ehemalige Osttor (porta principalis dextra) von Portus Adurni hatte einen, ca. 3 m breiten, Durchgang, überdacht von einer mehrstöckigen Wachstube, und war von der Mauerflucht etwas zurückgesetzt. So entstand ein kleiner Vorhof/Zwinger (13,75 m breit × 11 m lang), der es den Verteidigern ermöglichte, die Angreifer von drei Seiten aus unter Feuer zu nehmen. Die beiden Stockwerke des Wachhauses wurde von jeweils drei Rundbogenfenstern an der Ost- und Westseite belüftet. Dieser – eigentlich veraltete – Tortyp war bei Kastellen der Spätantike nicht mehr sehr oft anzutreffen. Er erinnert stark an die Holz-Erde-Toranlagen aus augusteischer Zeit, die an ihrem Zugang ebenfalls einen Vorhof aufwiesen. Seine Bauweise steht damit im krassen Gegensatz zu den vorkragenden U-Türmen an der Seeseite.[5] Ursprünglich war die Mauer und deren Ecken noch durch 20 vorkragende, halbrunde Türme (U- oder Hufeisenturm) verstärkt, 14 von ihnen blieben bis heute erhalten. Heute hohl, waren sie in der Spätantike noch fast bis zur Turmkrone vollständig mit Gussmauerwerk verfüllt.

Innenbauten

Innerhalb des umwallten Bereichs deckten Ausgrabungen im Jahre 1965 eine mit Kies bestreute Hauptstraße auf, außerdem fand man Überreste hölzerner Gebäude des späten 3. Jahrhunderts, alle aus der Zeit des Carausius, wie man anhand von Münzen feststellen konnte. Abwasserkanäle und allgemeine Ausführung der Anlagen lassen auf insgesamt vier kleinere Holzgebäude schließen. Auch Spuren kleinerer Werkstätten und einer Fleischerei konnten beobachtet werden.

Besatzung

Unter der Herrschaft des Usurpators Carausius diente das Kastell vorübergehend als Haupthafen der Classis Britannica. Die hier stationierte Limitanei-Einheit ist bislang nur aus der Notitia Dignitatum bekannt (Truppenliste des Comes litoris Saxonici per Britanniam), in der ein Praepositus numeri exploratorum, Portum Adurni, d. h. "Der Kommandant einer Kompanie von Aufklärern in Portus Adurni", angegeben wird.[6] Römische Inschriften, die Auskunft über andere hier stationierte Einheiten geben könnten, sind aus Portchester bislang nicht bekannt. Ausgrabungen haben gezeigt, dass im 4. Jahrhundert die Angehörigen der Garnison hauptsächlich aus Germanen bestand, die zusammen mit ihren Familien im Kastell lebten. Im 5. Jahrhundert, oder schon früher, verwandelte sich das Militärlager höchstwahrscheinlich in ein Oppidum und die ursprünglichen Bewohner wurden durch angelsächsische Neuankömmlinge ersetzt.

Einzelnachweise

  1. R&C#43
  2. Matthias Springer: Die Sachsen. Kohlhammer, Stuttgart 2004, ISBN 978-3-17-016588-5, S. 33.
  3. Collingwood, S. 53.
  4. V. C. H. Hants.
  5. N. Fields, 2006, S. 27.
  6. Notitia Dignitatum XXVIII.21

Literatur

  • Nic Fields: Rome’s Saxon Shore Coastal Defences of Roman Britain AD 250–500. Osprey Books, Oxford 2006, ISBN 978-1-84603-094-9 (Fortress, 56.).
  • R. G. Collingwood: The Archaeology of Roman Britain. Verlag Methuen, London 1930.

Weblinks

 Commons: Portus Adurni – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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