- St. Mauritius (Reepsholt)
-
St. Mauritius ist ein evangelisch-lutherisches Kirchengebäude im Zentrum der Ortschaft Reepsholt, Gemeinde Friedeburg in Niedersachsen aus dem 13. Jahrhundert. Sie ist nach dem Hl. Mauritius benannt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die romano-gotische Kirche wurde zu Beginn des 13. Jahrhunderts erbaut und war von Anfang an dem Heiligen Mauritius geweiht. Ursprünglich war die Pfarrkirche das Gegenstück zur Stiftskirche des Klosters Reepsholt, die jedoch nicht erhalten ist.[1]
Etwa in der Mitte des 13. Jahrhundert wurde im Zuge einer zweiten Bauphase an der Westseite ein zweigeschossiger, gewölbter Kirchturm angefügt und durch einen schmalen Rundbogen mit dem Schiff verbunden.[2] Ein Vorraum und Zwischenraum führte zu einer Verkürzung das Langschiffes um fast ein Joch. Gräfin Theda veranlasste bei einer Fehde zwischen den Kankenas aus Dornum und dem Drosten zu Friedeburg im Jahre 1474 die Belagerung Reepsholts. Ihr Feldhauptmann Hero Mauritz von Dornum ließ danach durch Untergraben den befestigten Kirchturm zum Einsturz bringen. Die Turmruine ist seitdem das Wahrzeichen des Ortes und eines der bekanntesten Bauwerke im Landkreis Wittmund.[3]
In einer dritten Bauphase um 1300 wurde die Kirche bis auf den Granitsockel von 4 Meter Höhe abgetragen und mit Backsteinen neu aufgeführt.[4]
Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kirche von den Truppen des Grafen von Mansfeld verwüstet, sodass fast alle Einrichtungsgegenstände neu angeschafft werden mussten. Vermutlich 1647 erfolgte die Abtrennung des Westteils von der übrigen Kirche durch eine eingezogene Wand.[1]
Erst in den Jahren 2002 bis 2003 ermöglichten Stiftungen, finanzielle Zuschüsse, Spenden und ehrenamtliches Engagement die Sanierung des Westteils, der „Oll Kark“ (Alte Kirche).[5]
Baubeschreibung
Es handelt sich um eine einschiffige Saalkirche,[6] die durch ein schmales Querschiff eine kreuzförmige Gestalt erhielt. Die Kirche ist auf einem Sockel aus Granitquadern errichtet. Während der untere Teil der Außenmauern aus Granit besteht, wurde der Bau oben mit Backsteinen vollendet. Der Turm weist noch die alten Rundbogenfenster und Rundbogenfriese auf. Die Granit-Portale an den Langseiten und am Querschiff sind ebenfalls rundbogig, die schmalen Fenster an den Langseiten, die um 1300 entstanden, aber bereits spitzbogig. Das schlichte Maßwerk dieser Fenster findet in den Chorfenstern seine Fortsetzung. Der 7/10 polygonale Chor ist nach westfälischen Vorbildern konzipiert[7] und wird durch dreieckige Strebepfeiler gegliedert. Einzigartig für Ostfriesland ist das Dreipassfries an den Giebeln des Querschiffes, die zudem durch Rundblenden mit Fischgrätenverband verziert sind.[4]
Von den ursprünglichen Gewölben zeugen die mächtigen Runddienste und die Schildbögen.[6]
Innenausstattung
Der Innenraum wird von einer hölzernen Flachdecke abgeschlossen. Bei einer Renovierung wurde die Ausmalung von 1887 in den alten Farben wiederhergestellt. Im südlichen Flügel hängt ein schmiedeeiserner spätgotischer Leuchter aus dem 15. Jahrhundert. Auf dem Reif sind zwölf runde Türme angebracht, die für die zwölf Stadttore des Himmlischen Jerusalems stehen.[8] Das darauf angebrachte Geweih soll der Überlieferung nach von einem Hirsch stammen, der bei einer Jagd in der Kirche Zuflucht gesucht hat. Der Heziloleuchter, der im Jahr 1889 gestiftet wurde, ist eine Nachbildung des Leuchters aus dem Hildesheimer Dom. Die übrigen Leuchter stammen aus dem 17. bis 19. Jahrhundert und stellen flämische Arbeiten dar.[1]
Zu den ältesten Einrichtungsgegenständen gehört das romanische Taufbecken, das um 1650 seine hölzerne Verkleidung erhielt. Die mit Eisenbeschlägen verzierte Holztür im Chorraum datiert ebenfalls aus der Erbauungszeit der Kirche. Das Altarretabel wurde 1647 vom Drost in Friedeburg gestiftet und stammt von Jacob Cröpelin. Auf der Silhouette des damaligen Reepsholt ist die Abendmahlsszene und darüber die Kreuzigung dargestellt. Im Altarbereich befinden sich ein Sakramentshäuschen und Gemälde von Jesus und den Aposteln. Die Kanzel, die sich an Vorlagen von Cröpelin anlehnt, wurde im Jahr 1845 von einer Familie aus Hoheesche gestiftet.[8]
Johann Friedrich Wenthin erbaute 1789 die Orgel an der Nordwand, die über 16 Register auf zwei Manualen und ein angehängtes Pedal verfügt. Sie gilt als sein besterhaltenes Werk und erfuhr 1992/93 eine gründliche Überholung durch Bernhardt Edskes (Wohlen AG).[9]
Für die Neueinrichtung des westlichen Teil, der „Oll Kark“, wurde ein schlichtes rundes Granitbecken zur Verfügung gestellt, das möglicherweise aus der untergegangenen Kapelle von Abickhafe stammt und dort als Weihwasserbecken diente.[5] Im Westteil ist die zugemauerte romanische Herrschaftsloge noch erkennbar.[10]
Kirchenbücher
Die Kirchenbücher sind ab 1633 vorhanden. Bei den Taufen fehlt das Jahr 1639. Bei den Todesfällen ist das Jahr 1634 unvollständig, die Jahre 1635 bis 1644 und 1875 fehlen. Es existiert ein Ortsfamilienbuch.
Siehe auch
Literatur
- Hermann Haiduck: Die Architektur der mittelalterlichen Kirchen im ostfriesischen Küstenraum. Verlag Ostfriesische Landschaft, Aurich 1986, ISBN 3-925365-07-9.
- Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3.
- Robert Noah: Die Kirche zu Reepsholt (Ostfriesische Kunstführer, Heft 3). Aurich 1978.
- Ortssippenbuch Nr. 14.
Weblinks
Commons: St. Mauritius (Reepsholt) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Homepage der Kirchengemeinde
- Ev.-luth. Kirchenkreis Harlingerland: St. Mauritius Reepsholt
- Genealogie-Forum: Reepsholt
- Nordwestreisemagazin: Reepsholt, St.-Mauritius-Kirche
Einzelnachweise
- ↑ a b c Homepage der Kirchengemeinde: Ein Rundgang, gesehen 19. September 2011.
- ↑ Haiduck: Die Architektur der mittelalterlichen Kirchen. 1986, S. 74f.
- ↑ Ev.-luth. Kirchenkreis Harlingerland: St. Mauritius Reepsholt, gesehen 20. September 2011.
- ↑ a b Haiduck: Die Architektur der mittelalterlichen Kirchen. 1986, S. 105f.
- ↑ a b Homepage der Kirchengemeinde: Die Oll Kark, gesehen 19. September 2011.
- ↑ a b Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. 2010, S. 352.
- ↑ Haiduck: Die Architektur der mittelalterlichen Kirchen. 1986, S. 108.
- ↑ a b Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. 2010, S. 353.
- ↑ Orgel auf NOMINE e.V., gesehen 19. September 2011.
- ↑ Nordwestreisemagazin: Reepsholt, St.-Mauritius-Kirche, gesehen 20. September 2011.
53.4866666666677.8452777777778Koordinaten: 53° 29′ N, 7° 51′ OKategorien:- Kirchengebäude im Landkreis Wittmund
- Friedeburg
- Mauritiuskirche
- Romano-gotisches Kirchengebäude in Niedersachsen
- Backsteinkirche
- Saalkirche
- Erbaut im 13. Jahrhundert
- Kirchengebäude der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers
Wikimedia Foundation.