Klostergut Wendhusen

Klostergut Wendhusen
Das Klostergut Wendhusen

Das Klostergut Wendhusen ist ein ehemaliges Kloster (= Kloster Wendhusen) und späteres Gut in Thale in Sachsen-Anhalt.

Geschichte

Der Ursprung von Wendhusen geht auf eine Klostergründung im 9. Jahrhundert zurück. Im 13. Jahrhundert wurde es unter der Quedlinburger Schirmvogtei zu einem Damenstift umgewandelt und in den Bauernkriegen bis auf das Westwerk zerstört. Nach der Säkularisierung hob der damalige Territorialherr Graf Ulrich XI. von Regenstein das Stift im Jahre 1540 auf und verlehnte das Klostergut zunächst an die Adelsfamilien von Watzdorff, bevor es schließlich in den Steubenschen Lehnsbesitz überging. Die Grafen von Regenstein und Blankenburg übertrugen es ihrem Vasallen Lorenz Steube – als Anerkennung seiner Verdienste im Krieg (1553) gegen Kurfürst Moritz von Sachsen. Zunächst bestand nur eine Anwartschaft, gemäß der Lehnsurkunde vom 3. Mai 1558 ging das Anwesen erst 1562 in den Alleinbesitz des Lorenz über, nachdem der Vorbesitzer Cunz von Watzdorff im selben Jahr ohne Erben verstarb.

In den folgenden Jahren übernahm Lorenz Steube mehrere Bürgschaften für das hochverschuldete Grafenhaus Regenstein, die ihn letztlich selbst in große finanzielle Schwierigkeiten brachten. Sein Urenkel Christoph Otto von Steuben verpfändete das Klostergut im 17. Jahrhundert schließlich an die Familie von Wartensleben, um das von ihm erworbene Schloß Schnaditz finanzieren zu können. Otto Werner von Steuben, jüngster Sohn des Christoph Otto, löste Wendhusen jedoch zu Beginn des 18. Jahrhunderts wieder aus, er wollte die Grabstätten seiner Ahnen zurück in den Steubenschen Familienbesitz bringen. Der Preis dafür, eine Hypothek auf das Rittergut Gerbstedt und eine zusätzliche Kreditaufnahme von 10.000 Talern, führte zum endgültigen Verlust: Nach dem Tode des Otto Werner – er hinterließ einen Schuldenberg von rund 42.000 Thalern – wurde das Gut Wendhusen sequestriert und am 26. April 1723 für 25.000 Thaler von Franz Hartwig übernommen, einem fürstlichen Amtmann aus Klostermansfeld. Seine Erben verkauften es im Jahre 1800 an die Familie Bussche von dem Streithorst, die es bis zur Enteignung im Jahre 1945 in Besitz hatte.

Gegenwart

Bis heute ist das Klostergut Thale sichtbarer Ausdruck Steubenscher Erinnerungskultur. Die Kanzel der Gutskirche St. Andreas trägt die Wappen der Familien Steuben und Löser. In der Herrschaftsloge befindet sich ein lebensgroßes Marmor-Standbild des ehemaligen Kirchenpatrons Otto Werner von Steuben, das seine Witwe zwei Jahre nach seinem Tod für 800 Taler errichten ließ. Finanziert wurde es von sechzehn verwandten Familien, deren Wappen einst die beiden Seitenflügel des monumentalen Denkmals zierten, heute aber nur noch teilweise vorhanden sind. Außer den Steubens die Adelsgeschlechter von der Asseburg, Spiegel, Saldern, Veltheim, Schilling, Jagow, Plotho, Treskau (Treskow), Stammer, von der Thanne, Gadenstedt, Westerhagen, Holsten, Könitz und Bach.

Die Inschrift auf dem Epitaph lautet:

„ Dem Höchstwürdigen Gedächtnis Des Weyland Hochwohlgeborenen Herrn Otto Werner Steuben Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf Neustadt, Gerbstedt und Thale, gebohren in Schnaditz den 9. September 1681 Vermählet in Lauterbach den Himmelfahrtstag 1705 Und alhier in Thal in seinem Stammbegräbnis eingesenket Widtmet dieses Monument als ein Denkmahl der Ehren und zum Zeichen Ehelicher Liebe und Treue deßen hinterlaßene schmerzlich betrübte Wittwe Anna Elisabeth verwittwete Steuben gebohrene Löserin Anno 1719“

Hinweise auf den Ursprung der Steubenschen Gutsgeschichte geben die Epitaphe des Erstbesitzers Lorenz Steube (1525 – 1585) und seiner beiden Ehefrauen Genoveva von Thal und Anna von Stammer (gestorben 1570), die sich über 400 Jahre an der Außenmauer der der St. Andreaskirche befanden. Weil die Grabplatten vom Wetterschlag stark beschädigt waren, ließ Guntram von Steuben nach der Wende ein Schutzdach errichten. Der weitere Verfall ließ sich dadurch jedoch nicht aufhalten, die endgültige Zerstörung war nur durch eine Umsetzung in das Innere der Kirche zu verhindern. Eine Projekt, das aus mehreren Gründen unmöglich schien: wegen der engen räumlichen Verhältnisse war der Transport der tonnenschweren Monumente technisch kompliziert, die Landesdenkmalschutzbehörde forderte ein Sicherheitsgutachten, der neugegründete Familienverband konnte die Gesamtkosten von rund 8000 Euro nicht aufbringen. Und die erforderliche Zustimmung des Kirchenvorstandes war in der ehemaligen DDR-Gemeinde heftig umstritten, viele lehnten die Bemühungen zur Rettung Steubenschen Kulturgutes als „Renaissance des Junkertums“ ab. Erst nach monatelangen Verhandlungen auf allen Ebenen konnten die finanziellen und bürokratischen Probleme gelöst werden. Die Kulturstiftung des Axel-Springer-Verlages übernahm die Kosten, auch das Land und die Landeskirche Sachsen-Anhalt unterstützten das Projekt nachhaltig – 2001 wurden die Grabplatten in das Gotteshaus versetzt, bekamen an der linken Seite des Kirchenschiffs einen neuen Platz.

Sowohl das ehemalige Klostergut als auch das benachbarte Rittergut in Thale befinden sich heute in öffentlichem Besitz, wurden nach umfangreichen Restaurierungen zum touristischen Anziehungspunkt des Ostharzes. Ihre wechselvolle Geschichte legt Zeugnis ab über das soziale, gesellschaftliche und politische Gefüge des Mittelalters. Das Rittergut, ursprünglich im Besitz der Adelsfamilie von Thal, wird in heutigen Chroniken als „Wendhusen I“ geführt, das Klostergut als „Wendhusen II“.

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