Kurfürstentag

Kurfürstentag

Kurfürstentage waren Teile des politischen Systems des Heiligen Römischen Reiches im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit. In der frühen Neuzeit spielten diese Versammlungen vor allem in Zeiten in denen der Reichstag gar nicht oder selten einberufen wurde eine wichtige Rolle in der Reichspolitik. Die nichtwählenden Kurfürstentage fanden bis 1640 statt. Wählende Kurfürstentage hat es weiterhin gegeben.

Inhaltsverzeichnis

Formen und Kompetenzen

Kurfürstentage waren offizielle Treffen der Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches. Zu unterscheiden sind wählende Kurfürstentage, wo es um die Wahl des nächsten Herrschers ging und nichtwählende Kurfürstentage, wo es um die Regelung allgemeiner Reichssachen ging. Auch bei wählenden Kurfürstentagen wurden neben der Wahl auch Reichssachen beraten.

Ebenso zu unterscheiden sind die eher seltenen vom Kaiser auf Basis der Goldenen Bulle einberufenen Kurfürstentage von den Versammlungen des Kurvereins. Letzterer wurde meist vom Erzbischof von Mainz einberufen. Während im ersten Fall der Kaiser anwesend war, waren im zweiten Fall kaiserliche Abgesandte lediglich als Beobachter dabei oder gar nicht erwünscht.

Die Kompetenzen der nichtwählenden Kurfürstentage waren nie wirklich definiert worden. Die Verbindlichkeit der Beschlüsse für das Reich insgesamt blieben unklar.

Neben den allgemeinen Kurfürstentagen gab es seit dem Spätmittelalter häufig „rheinische Kurfürstentage“ als Treffen der vier rheinischen Kurfürsten.

Je nach Persönlichkeit, Politik und Amtsverständnis riefen die Kaiser die Kurfürsten unterschiedlich oft zusammen, um mit diesem Angelegenheiten des Reiches zu beraten. Unter Karl V. (1519-1556) fand überhaupt kein Kurfürstentag statt. Besonders häufig dagegen fanden Kurfürstentage unter Ferdinand I. und Maximilian II. in der Zeit zwischen 1558 und 1576 statt.

Themen

Die Themen waren ähnlich denen auf den Reichstagen. Beschlüsse, die mit hohen Geldausgaben verbunden waren, suchten die Kurfürsten zu vermeiden, daran sollten sich auch die anderen Reichsstände beteiligen.

Für das Kurfürstenkollegium und mithin für die Kurfürstentage extrem belastend war die Konfessionalisierung am Ende des 16. und zu Anfang des 17. Jahrhunderts. Die rheinischen Erzbischöfe lehnten die Zusammenarbeit mit der calvinistischen Pfalz in den rheinischen Kurfürstentagen ab. Es kam nur noch zu geistlichen Kurfürstentage der Erzbischöfe. Im allgemeinen Kurfürstentag spielte immer mehr die konfessionelle Konfrontation eine Rolle. Dabei traten die geistlichen Kurfürsten als Verteidiger des Katholizismus auf. Sie hatten dabei ihre Positionen zuvor abgestimmt. An Stelle der Sorge um das Reich trat zunehmend die Vertretung konfessionspolitischer Interessen.

Dies änderte sich während des Dreißigjährigen Krieges wieder. Zeitweise wurden Kurfürstentage gewissermaßen zu einem Ersatz für den lahmgelegten Reichstag. In dieser Zeit fanden einige besonders glanzvolle Treffen dieser Art statt. Zu diesen entsandten auch ausländische Staaten ihre Vertreter. Die Kurfürsten bemühten sich darum wichtige Entscheidungen anstelle der nicht zusammentretenden Reichstage zu beraten und zu treffen. Dazu gehörten das Restitutionsedikt von 1627 oder die Entlassung Wallensteins im Jahr 1630 als kaiserlicher Feldherr. Der Regensburger Kurfürstentag von 1630 hat auch insgesamt die Macht des Kaisers geschwächt. Im Jahr 1636 bewilligten ein Kurfürstentag an Stelle des Reichstages sogar eine Reichssteuer, was bei den nicht beteiligten Reichsstände auf Kritik stieß. Im Jahr 1640 kam es zu einem weiteren Treffen. Aber die Kurfürsten sahen ein, dass in Zukunft eine stärkere Versammlung not täte und betrieben die Einberufung eines Reichstages. Danach fand keine nichtwählender Kurfürstentag mehr statt.

Liste von Kurfürstentagen

  • 1338 in Rhens (Gründung Rhenser Kurverein)
  • 1368 in Frankfurt am Main
  • 1424 in Bingen (Gründung Binger Kurverein) und Mainz
  • 30. Juni - 5. Juli 1502 in Gelnhausen
  • 25. November - Mitte Dezember 1502 in Würzburg
  • um den 18. Juni 1503 in Mainz
  • 21. Oktober - 11. November 1503 in Frankfurt am Main
  • um Weihnachten 1503 in Augsburg
  • 17. - 22. März 1504 in Aschaffenburg
  • 2. Juni 1504 in Mainz
  • Ende Juni 1504 in Gelnhausen
  • Ende April - Anfang Mai 1508 in Mainz (Kurfürsten- und Fürstentag, ohne Abschied aufgelöst)
  • 25. Februar - 20. März 1558 in Frankfurt am Main (Kurfürstentag und Wahltag; Frankfurter Kurfürstentag)
  • 14. Januar - 3. Februar 1568 in Fulda
  • 22. Juli bis 26. Juli 1572 in Mühlhausen
  • Ende 17. August 1573 in Frankfurt
  • 12. Oktober - 27. Oktober 1575 in Regensburg (Kurfürstentag/Wahltag)
  • 17. April - 19. Juni 1578 in Worms
  • 29. Januar - Anfang Februar 1588 in Speyer
  • 1. September - 9. September 1606 in Fulda
  • 30. Juli - 7. August 1608 (Abbruch) in Fulda
  • 24. Oktober - 19. November 1611 in Nürnberg
  • 22. Mai - 28. Juni 1612 in Frankfurt (Wahltag)
  • 27. Juli - 28. August 1619 in Frankfurt (Wahltag)
  • 18. Oktober - 12. November 1627 in Mühlhausen (Abschied, kaiserlicher Erlass)
  • 3. Juli - 12. November 1630 Regensburg (kaiserliche Schlussschrift; Regensburger Kurfürstentag)
  • 15. September 1636 - 23. Januar 1637 in Regensburg (Kurfürstentag/Wahltag)
  • 3. Februar - 7. Juli 1640 in Nürnberg

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Frankfurter Kurfürstentag — Der Frankfurter Kurfürstentag von 1558 fand vom 25. Februar bis zum 20. März statt. Dort wurde der Übergang vom zurückgetretenen Kaiser Karl V. auf Ferdinand I. reichsrechtlich bestätigt. Durch diesen ohne Beteiligung des Papstes zustande… …   Deutsch Wikipedia

  • Regensburger Kurfürstentag — Der Regensburger Kurfürstentag fand vom Juli bis November 1630 statt. Er bedeutete für Ferdinand II. eine deutliche Schwächung der kaiserlichen Machtstellung. Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Verlauf und Ergebnisse 3 Literatur 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Regensburger Kurfürstentag — Regensburger Kurfürstentag,   durch den Erzbischof von Mainz einberufener, von Juli bis November 1630 in Anwesenheit der katholischen Kurfürsten (Sachsen und Brandenburg waren durch Gesandte vertreten) tagender Kurfürstentag; Kaiser Ferdinand II …   Universal-Lexikon

  • 1558 — Portal Geschichte | Portal Biografien | Aktuelle Ereignisse | Jahreskalender ◄ | 15. Jahrhundert | 16. Jahrhundert | 17. Jahrhundert | ► ◄ | 1520er | 1530er | 1540er | 1550er | 1560er | 1570er | 1580er | ► ◄◄ | ◄ | 1554 | 1555 | 1556 | 15 …   Deutsch Wikipedia

  • Mantuanischer Erbfolgekrieg — Vincenzo II. Gonzaga Ambrosio Spinola Der …   Deutsch Wikipedia

  • Wallenstein — Wallenstein: Herzog von Friedland, kaiserlicher Kriegsrat und Kämmerer, Allerhöchster Obrist von Prag und ebensolcher General. Kupferstich 1625/28. Wallenstein, eigentlich Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein, tschechisch Albrecht Václav… …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann von Neuenahr der Ältere — Hermann Graf von Neuenahr (Nuenar, a Nvenare, de Nova Aquila[1]) (* 1482[2]; † 2. Oktober 1530 in Augsburg) war ein deutscher humanistischer Theologe, Staatsmann, Naturwissenschaftler und erzbischöflicher Kanzler der alten Universität Köln …   Deutsch Wikipedia

  • Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein — Wallenstein als Herzog von Friedland, Obrist von Prag und kaiserlicher Feldherr auf einem Kupferstich. Aus der Bildunterschrift ist ersichtlich, dass der Stich …   Deutsch Wikipedia

  • Albrecht Wenzel von Wallenstein — Wallenstein als Herzog von Friedland, Obrist von Prag und kaiserlicher Feldherr auf einem Kupferstich. Aus der Bildunterschrift ist ersichtlich, dass der Stich …   Deutsch Wikipedia

  • Albrecht von Waldstein — Wallenstein als Herzog von Friedland, Obrist von Prag und kaiserlicher Feldherr auf einem Kupferstich. Aus der Bildunterschrift ist ersichtlich, dass der Stich …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”