Lager Schwarzer Weg

Lager Schwarzer Weg
Gedenkstein mit Informationstafel

Das Lager Schwarzer Weg in Wilhelmshaven war 1941 bis 1944 ein Kriegsgefangenenlager der Wehrmacht für sowjetische Kriegsgefangene und ab Ende 1944 bis Mai 1945 ein Straflager der Gestapo für niederländische Polizeihäftlinge, die als Zwangsarbeiter eingesetzt wurden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Lager entstand 1941 ursprünglich als Kriegsgefangenenlager und wurde bis etwa Mitte Dezember 1944 mit Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion belegt. Ab 4. August 1941 war dort das Kriegsgefangenen-Arbeitskommando Nr. 6 des Stalag (Stammlager) 310 (X D) aus Wietzendorf untergebracht, aus dem ausnahmslos auch die ersten Gefangenen kamen. Später erfolgte auch die Zuweisung von sowjetischen Kriegsgefangenen, die zuvor im Stalag X B in Sandbostel registriert worden waren. Ab Dezember 1941 unterstand dieses Arbeitskommando mit der Nr. 413 verwaltungstechnisch dem Stalag X C in Nienburg. Die Wachmannschaften stellten Landesschützenverbände der Wehrmacht, in diesem Fall während des gesamten Lagerzeitraumes Soldaten aus der 6. Kompanie des LSchB 679. Die höchste bisher bekannte Belegungszahl des Arbeitskommandos 6 bzw. 413 betrug 699 Gefangene (Zahl stammt von Anfang 1942).

Unzureichende Ernährung bei Schwerstarbeit, Hunger, Kälte, Mangelkrankheiten und die völkerrechtswidrige Behandlung durch die Wehrmacht führten, wie auch in den Stammlagern und anderen großen Arbeitskommandos in Deutschland, vor allem in den Monaten November/Dezember 1941 zu einem bisher kaum erforschten und dokumentierten Massensterben unter den sowjetischen Gefangenen in Wilhelmshaven.

Auf den beiden städtischen Friedhöfen in Wilhelmshaven sind nach amtlicher Gräberliste der Stadt Wilhelmshaven insgesamt 199 sowjetische Kriegsgefangene bestattet, davon 100 auf dem Ehrenfriedhof und weitere 99 auf dem Friedhof Aldenburg. Lediglich auf dem Ehrenfriedhof weist ein kleiner Hinweis auf der Erinnerungstafel am Friedhofseingang sowie ein ebenerdige Erinnerungstafel im äußersten hinteren Bereich (Feld C) darauf hin, dass dort 100 sowjetische Kriegsgefangene bestattet sind. Auf dem Friedhof Aldenburg fehlt bisher jeglicher Hinweis auf die dort ruhenden sowjetischen Kriegsgefangenen, somit war bisher die Gesamtzahl von insgesamt knapp 200 in Wilhelmshaven bestatteten sowjetischen Kriegsgefangenen weithin unbekannt. Die meisten dieser 199 registrierten Bestatteten starben im Arbeitskommando Wilhelmshaven (164 Tote), einige von ihnen auch in den benachbarten Arbeitskommandos mit sowjetischen Kriegsgefangenen in Sande (17 Tote), Breddewarden (6 Tote), Mariensiel (3 Tote) und Bockhorn (4 Tote, weitere 23 Tote aus dem Arbeitskommando Bockhorn liegen in Bockhorn selbst begraben).

Derzeit laufen Nachforschungen des Regionalhistorikers Holger Frerichs aus Varel zur Überprüfung und ggfs. zur Korrektur oder Ergänzung der amtlichen Gräberliste. Die Nachforschungen erfolgen unter Mitwirkung des Stadtarchivs Wilhelmshaven, der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten in Celle und der Stiftung Sächsische Gedenkstätten in Dresden - unter Heranziehung von Personaldokumenten der sowjetischen Kriegsgefangenen. Hierzu werden die Online-Datenbank OBD Memorial[1] aller während des Zweiten Weltkriegs oder danach gefallenen oder vermissten sowjetischen Soldaten sowie die Datenbank der Stiftung Sächsischer Gedenkstätten genutzt. In drei Fällen wurden sowjetische Kriegsgefangene bisher als „unbekannte Tote“ geführt, ihre Identität soll nun erstmals geklärt werden. Daneben soll durch die Auswertung der Personaldokumente und weiterer archivalischer Nachforschungen die Geschichte der sowjetischen Kriegsgefangenen in Wilhelmshaven 1941 bis 1944 intensiver aufgearbeitet und dokumentiert werden.

Ende 1944 / Anfang 1945 wurde das Lager zur Unterbringung von Zwangsarbeitern aus den Niederlanden umfunktioniert. Die etwa 1.000 Niederländer kamen hauptsächlich aus den Nordprovinzen Groningen, Friesland und Drenthe. Sie wurden zur Trümmerbeseitigung und zum Bunkerbau gezwungen sowie auf der Kriegsmarinewerft Wilhelmshaven eingesetzt.

Die Zustände in den Baracken und die Repressalien der Wachmannschaften führten zu einer hohen Sterblichkeitsquote mit bis zu fünf Toten täglich.

Erst am 6. Mai 1945 wurde das Lager von polnischen Militäreinheiten befreit.

Gedenkstätte

Am 12. Oktober 1990 wurde auf Anregung der Wilhelmshavener Gedenkstätteninitiative auf dem ehemaligen Lagergelände eine Gedenkstätte mit zwei rechteckigen Granitplatten eingeweiht, die später um eine Erinnerungstafel erweitert wurde.

Literatur

  • Norbert Credé: Das Lager „Schwarzer Weg“. Ein Gestapo-Straflager in Wilhelmshaven zwischen Arbeitserziehungslager und KZ. In: Gedenkstättenrundbrief 40, (1991)

Einzelnachweise

  1. OBD Memorial – Die Online-Datenbank aller während des Zweiten Weltkriegs oder danach gefallenen oder vermissten sowjetischen Soldaten (Russisch)

Weblinks

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