Leo Winz

Leo Winz

Leo Winz, (* 1876 in Hluchiw als Leib Jehuda Winz; † 18. März 1952 in Tel Aviv) war Journalist, Verleger und ein wichtiger Repräsentant des Kulturzionismus in Deutschland.

Leben

Winz studierte an der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität Philosophie. Zu seinen Lehrern gehörte neben Georg Simmel und Hermann Ebbinghaus auch Heymann Steinthal. Letzterer lehrte auch an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, wo Winz ebenfalls Kurse belegte. Mit 17 Jahren schrieb Winz die ersten Artikel für die hebräische Presse, namentlich für Nachum Sokolows HaTzefirah und Alexander Zederbaums HaMeliz. 1895 übernahm Winz die Leitung der in Berlin neugegründeten Jüdischen Lesehalle.[1]

Winz hatte sich seit Mitte der 1890er Jahre in Willy Bambus' Verein Esra engagiert und gehörte 1898 zu den ersten Mitgliedern der Zionistischen Vereinigung für Deutschland, wo er als Vertrauensmann der Ortsgruppe Charlottenburg fungierte. An den Zionistenkongressen 1899 und 1900 nahm Winz als Journalist und Delegierter teil. Am Londoner Kongress 1900 publizierte Winz eine Kongresszeitung in russischer Sprache für die Delegierten aus Russland, die zum großen Teil die englische Sprache nicht beherrschten.

1901 gründete Winz gemeinsam mit Davis Trietsch die Zeitschrift Ost und West, die er bis 1923 als verantwortlicher Redakteur führte. 1902 gründete er zudem den Kunstverlag Phoenix der Ansichtskarten mit jüdischen Motiven vertrieb.[2] 1903 erschien unter Winz' Ägide die erste Nummer der satirischen zionistischen Zeitschrift Schlemihl.[3] Die Zeitschrift wurde von Max Jungmann mit dem leicht veränderten Titel Schlemiel ohne Winz weitergeführt, da dieser durch die Veröffentlichung einer Kritik Achad Ha'ams an Theodor Herzls Roman Altneuland in Ost und West 1903 in zionistischen Kreisen zur Unperson geworden war.[4]

Neben seiner publizistischen Tätigkeit tat sich Winz vor allem als Verfasser volksundlicher Texte und als Sammler und Förderer jüdischer Volksmusik hervor.

In den Jahren 1923, 1924 und 1925 hielt sich Leo Winz offenbar größtenteils in Palästina auf, wo er sich mit der Möglichkeit von Tabakplantation beschäftigte. 1926 beantragte er bei der britischen Mandatsbehörde erfolgreich die palästinensische Staatsbürgerschaft, kehrte im selben Jahr aber wieder nach Berlin zurück. Hier übernahm er das seit 1911 bestehende Gemeindeblatt der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, mit einer Auflage von 87.000 Exemplaren, die damals mit Abstand auflagenstärkste deutschsprachig-jüdische Publikation.

1935 übersiedelte Leo Winz endgültig nach Palästina, wo er sich in Tel Aviv niederließ. Dort starb er 1952 im Alter von 76 Jahren. Sein Nachlass liegt in den Central Zionist Archives in Jerusalem.

Literatur

  • David A. Brenner: Marketing Identities: The Invention of Jewish Ethnicity in “Ost und West”. Wayne State University Press, Detroit 1998.
  • Jascha Nemtsov: ‘National Dignity’ and ‘Spiritual Reintegration’: The Discovery and Presentation of Jewish Folk Music in Germany. In: Simon J. Bronner:Expression, Identity, and Representation. Littman Library of Jewish Civilization, Oxford 2008, S. 13-24.

Einzelnachweise

  1. Jüdische Lesehalle und Bibliothek (Hg.): Rückblick auf das erste Jahrzehnt der Lesehalle 1895-1905. Berlin 1905, S. 4.
  2. Kunstverlag Phönix (Hg.): Illustrierter Katalog 1903, Berlin 1903.
  3. Max Jungmann: Erinnerungen eines Zionisten. Jerusalem 1959, S. 61.
  4. Michael Heymann: The Uganda Controversy. Jerusalem 1970, S. 68-70.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Winz — steht für: Winz Baak, ein Ortsteil von Hattingen den deutschsprachigen Namen der siebenbürgischen Gemeinde Vințu de Jos Winz ist der Familienname folgender Personen: Leo Winz (1876–1952), Journalist, Verleger und ein wichtiger Repräsentant des… …   Deutsch Wikipedia

  • Ost und West (Zeitschrift 1901–1923) — Von E. M. Lilien gestaltetes Umschlagbild der Zeitschrift (1901) Ost und West war eine von 1901 bis 1923 in deutscher Sprache in Berlin erscheinende jüdische Kulturzeitschrift. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Davis Trietsch — in Eretz Israel, 1912 Davis Trietsch (* 4. Januar 1870 in Dresden; † 31. Januar 1935 in Tel Aviv) war Schriftsteller und zionistischer Wirtschaftspolitiker, Mitgründer bzw. Mitherausgeber von Ost und West (Berlin 1901 1923, gegründet von Leo… …   Deutsch Wikipedia

  • Emmanuel Hannaux — (* 31. Januar 1855 in Metz; † 1934) war ein französischer Bildhauer und Medailleur. Sein Werk ist dem Historismus zuzuordnen. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Auszeichnungen 3 Werk …   Deutsch Wikipedia

  • Hannaux — Emmanuel Hannaux (* 31. Januar 1855 in Metz; † 1934) war ein französischer Bildhauer und Medailleur. Sein Werk ist dem Historismus zuzuordnen. Inhaltsverzeichnis 1 Vita 2 Auszeichnungen 3 Werk …   Deutsch Wikipedia

  • Schlemihl — Der Ausdruck Schlemihl (von jiddisch: Schlamassel) bezeichnet in der ostjüdischen Kultur den sprichwörtlichen Pechvogel, Unglücksraben, Narren. Massel (מזל mazal) bedeutet Glück im Jiddischen. Inhaltsverzeichnis 1 Zur Figur des Schlemihl 2 Der… …   Deutsch Wikipedia

  • Trietsch — Davis Trietsch (* 4. Januar 1870 in Dresden; † 1935 in Tel Aviv) war Schriftsteller und zionistischer Wirtschaftspolitiker, Mitgründer bzw. Mitherausgeber von Ost und West (Berlin 1901 1923, gegründet von Leo Winz; im Sinn des programmatischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Lesehalle — Der Eingang zur Jüdischen Lesehalle (um 1905) Die Jüdische Lesehalle war eine öffentliche Leihbibliothek in Berlin, die 1894 im Zuge der Lesehallenbewegung gegründet wurde. Die Initiative ging dabei von zionistisch gesinnten russisch jüdischer… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Win — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Edition Krautgarten — Krautgarten – Forum für junge Literatur Beschreibung internationale Literaturzeitschrift Erstausgabe 1982 Erscheinungsweise halbjährlich …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”