Ludwig Heyde

Ludwig Heyde
Ludwig Heyde

Ludwig Heyde (* 18. Februar 1888 in Dresden; † 23. Dezember 1961 in Köln) war ein einflussreicher deutscher Sozialwissenschaftler, Soziologe und Nationalökonom.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Jahre und Familie

Sein Vater war Kaufmann und später Beamter. Die Mutter Maria Sophia war die Tochter von Louis Homrighausen, einem Architekten in Milwaukee. Er selbst heiratete in erster Ehe 1912 Else Zodtke, mit dem er einen Sohn hatte, und in zweiter Ehe 1926 Dr. rer. pol. Sophia Seydel, die Tochter des Bielefelder Maschinenfabrikanten Georg Seydel. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor.

Heyde studierte Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau, Berlin und München. In Tübingen promovierte er 1910 zum Dr. sc. pol. Wissenschaftlich wurde er unter anderem stark von Adolf Wagner, Gustav von Schmoller oder Robert Wilbrandt beeinflusst.

Seit 1910 arbeitete Heyde für das „Büro für Sozialpolitik.“ Zwischen 1911 und 1930 war er für die Zeitschrift Soziale Praxis tätig. Er war unter anderem Berichterstatter, insbesondere über die deutsche Gewerkschaftsbewegung, und nahm in dieser Eigenschaft an jedem größeren Gewerkschaftskongress teil. Daneben war er auch in zahlreichen Funktionen der sozialreformerischen Bewegung tätig. So wurde er 1915 Geschäftsführer der Ortsgruppe Berlin der Gesellschaft für soziale Reform.

Weimarer Republik

Im Jahr 1919 wurde er Generalsekretär der Organisation. Im Jahr 1917 wurde er Redakteur und 1921 Herausgeber der „Sozialen Praxis.“ Heyde war seit 1922 Mitglied des vorläufigen Reichswirtschaftsrates. Von 1926 bis 1930 war er Mitglied des Wirtschafts-Enquête-Ausschusses. Seit 1920 war Heyde außerordentlicher Professor an der Universität Rostock. Im Jahr 1924 erhielt er den Lehrauftrag als Honorarprofessor für Soziologie und Sozialpolitik an der Universität Kiel. Später kam das Fach Volkswirtschaftspolitik hinzu.

Bereits 1920 hat er das einflussreiche „Abriss der Sozialpolitik" veröffentlicht, das bis in die sechziger Jahre hinein immer wieder Neuauflagen erlebte. Hinzu kamen weitere Studien. Heyde war 1931/32 auch Herausgeber des „Internationalen Handwörterbuchs des Gewerkschaftswesens.“

Zeit des Nationalsozialismus

Heyde passte sich nach der nationalsozialistischen Machtübernahme dem System an. Er befürwortete die nationalsozialistische Arbeitserziehung und das Prinzip von Führertum und Gefolgschaft. Er plädierte für eine Senkung von Soziallasten und sogar für eine „Erziehung zur Rassenhygiene“, „Verhütung erbkranken Nachwuchses“ und „Sicherheitsverwahrung gegen asoziale Elemente“.[1] In den neuen Auflagen seines „Abrisses der Sozialpolitik“ fügte er Ergänzungen im Sinne des Nationalsozialismus ein,[2] die er in den Auflagen von 1945 wieder entfernte. Bis zum Wintersemester 1945/46 lehrte Heyde in Kiel.

Nachkriegszeit

Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft nahm Heyde 1948 einen Ruf als Honorarprofessor für Sozialpolitik mit Rechten eines ordentlichen Professors an die Universität Köln an, wo er ein Gegengewicht gegen die Sozialisten in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät bilden sollte.[3] Heyde war auch Direktor des sozialpolitischen Seminars. Er war außerdem Dozent an den Wirtschafts- und Verwaltungsakademien in Kiel, Köln, Essen.

Heyde nahm darüber hinaus in zahlreichen Gremien sozialpolitischen Einfluss. Er war unter anderem Mitglied in Ausschüssen der evangelischen Kirche, in Beiräten der Bundesministerien für Arbeit und für Familien- und Jugendfragen, sowie in einem Studienkreis für Betriebsgestaltung. Von 1955 bis 1961 war er Präsident des Bundesverbandes Deutscher Volks- und Betriebswirte. Im Jahr 1958 erhielt er das große Bundesverdienstkreuz verliehen.

Schriften (Auswahl)

  • Die wirtschaftliche Bedeutung der technischen Entwicklung in der deutschen Zigarren- und Zigarettenindustrie. Diss. 1910
  • Urlaub für Arbeiter und Angestellte in Deutschland, 1912
  • Der Samstag-Frühschluss in Industrie und Handel des Deutschen Reiches, 1914
  • Die Trinkgeldablösung im Gastwirtsgewerbe, 1914
  • Die Sozialpolitik im Friedensvertrag und im Völkerbund, 1919
  • Abriss der Sozialpolitik, 1920 [zahlreiche teilweise veränderte Auflagen]
  • Internationales Handwörterbuch des Gewerkschaftswesens 2. Bde.,1931/32 [Hauptherausgeber]
  • Die Lohnfrage, 1932;
  • Deutsche Gewerbepolitik, 1934
  • Presse, Rundfunk und Film im Dienste der Volksführung, 1943
  • Rechtsstaat, Wohlfahrtsstaat und Freie Wohlfahrtspflege, 1958

Einzelnachweise

  1. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel: Die Kieler Soziologie im NS-Staat; Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2003, S. 252.
  2. Nach Ernst Klee, Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, S. 252, sind die zitierten Aussagen schon in der Ausgabe von 1935 der genannten Schrift enthalten.
  3. Leo Haupts, Die Universität zu Köln im Übergang vom Nationalsozialismus zur Bundesrepublik, Böhlau, Köln 2007, S. 60, Anm. 204

Literatur

  • Werner Wilhelm Engelhardt: Heyde, Ludwig. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, S. 65 f.
  • Hauke Janssen: Nationalökonomie und Nationalsozialismus. Die deutsche Volkswirtschaftslehre in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. Marburg, 1998 ISBN 978-3-89518-752-0
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-10-039309-0

Weblinks


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