- Luftangriffe auf Stuttgart
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Bei den Luftangriffen auf Stuttgart im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt Stuttgart stark zerstört. Beim stärksten Angriff in der Nacht des 12. September 1944 entfachte das Bombardement der britischen Royal Air Force im Rahmen der Moral-bombing-Strategie einen Feuersturm im Stuttgarter Talkessel.
Inhaltsverzeichnis
Übersicht
Insgesamt kam es im Laufe des Zweiten Weltkriegs zu folgenden 53 Luftangriffen auf Stuttgart[1]:
Datum Schwerpunkte Opfer Angreifende Bomber 25. August 1940 0:16 bis 1:24 Uhr Gaisburg, Untertürkheim 4 Tote, 5 Verwundete ca. 20 8. November 1940 21:16 bis 24:00 Uhr Gaisburgstraße, Alexanderstraße 3 Verwundete ca. 20 2. Oktober 1940 0:28 bis 1:34 Uhr Schloss Solitude keine ca. 1 5. Mai 1942 0:33 bis 2:43 Uhr Zuffenhausen, Bad Cannstatt 13 Tote, 37 Verwundete 120, von denen 34 die Stadt erreichten. 6. Mai 1942 1:51 bis 1:53 Uhr Kräherwald keine 77 Bomber, von denen einer die Stadt erreichte. 29. August 1942 1:45 Uhr Brauerei Dinkelacker keine 1 22. November 1942 21:30 bis 22:45 Uhr Vaihingen, Rohr, Möhringen, Hauptbahnhof 28 Tote, 71 Verwundete 222, von denen 191 die Stadt erreichten. 11. März 1943 22:46 bis 23:50 Uhr Vaihingen, südliches Stadtgebiet, Kaltental 112 Tote, 386 Verwundete 314, von denen 279 die Stadt erreichten 15. April 1943 0:42 bis 1:52 Uhr Bad Cannstatt, Münster, Mühlhausen 619 Tote, 703 Verwundete 462, von denen 393 die Stadt erreichten. 17. April 1943 1:10 Uhr Rosenbergstraße über dem Rosenbergplatz 1 Toter, 58 Verwundete Notwurf eines brennend abstürzenden Bombers 6. September 1943 10:44 bis 11:10 Uhr Kanzlei-, Breitscheid-, Falkert-, Rosenberg-, Schwabstraße 107 Tote, 165 Verwundete, 1 Vermisster ca 150 8. Oktober 1943 0:02 bis 0:53 Uhr Hegelplatz, Liederhalle, Tübinger Straße 101 Tote, 300 Verwundete, 3 Vermisste 342 Lancasters 26. November 1943 20:25 bis 21:12 Uhr Bad Cannstatt, Untertürkheim, Daimler-Benz-Werke 31 Tote, 156 Vermisste 178, wovon 162 die Stadt erreichten 21. Februar 1944 3:57 bis 5:09 Uhr Bad Cannstatt, Feuerbach 159 Tote, 977 Verwundete, 1 Vermisster 598, von denen 552 die Stadt erreichten. 25. Februar 1944 14:25 bis 15:00 Uhr Industriegebiet Pragstraße 10 Tote, 46 Verwundete 15 2. März 1944 2:57 bis 4:01 Uhr Innenstadt, Neues Schloss, Bad Cannstatt, Viadukt 121 Tote, 510 Verwundete, 4 Vermisste 557 15./16. März 1944 23:10 bis 0:13 Uhr Innenstadt, Akademie, Vaihingen, Möhringen 88 Tote, 203 Verwundete 863 16. Juli 1944 10:09 bis 10:25 Uhr Bad Cannstatt, Winterhalde, Remstal- und Gäubahn 42 Tote, 94 Verwundete ca. 100 21. Juli 1944 11:04 bis 11:12 Uhr Zuffenhausen, Hirth-Motorenwerke 31 Tote, 29 Verwundete 25 25. Juli 1944 1:35 bis 2:10 Uhr Stadtzentrum 884 Tote, 1916 Verwundete, 14 Vermisste 614 26. Juli 1944 1:38 bis 2:35 Uhr Innenstadt " 550 28. Juli 1944 1:22 bis 1:50 Uhr Nordbahnhofgegend " 30, von denen 27 die Stadt erreichten 29. Juli 1944 1:48 bis 2:30 Uhr Innenstadt, Feuerbach, Botnang, Ostheim, Gablenberg " 496 5. September 1944 11:15 bis 11:54 Uhr Daimler-Benz-Werke, Untertürkheim, Wangen 37 Tote, 70 Verwundete ca. 200 10. September 1944 11:21 bis 11:40 Uhr Zuffenhausen, Feuerbach, Stammheim 28 Tote, 113 Verwundete 200 12. September 1944 22:59 bis 23:30 Uhr Innenstadt, westlicher Stadtteil 957 Tote, 1600 Verwundete, 14 Vermisste 217, von denen 211 die Stadt erreichten 3. Oktober 1944 22:01 Uhr Fasanengarten bei Weilimdorf keine 1 Mosquito-Schnellbomber 14. Oktober 1944 4:35 bis 4:56 Uhr Zuffenhausen 2 Tote, 40 Verwundete ca. 3 19. Oktober 1944 20:25 bis 21:10 Uhr Bad Cannstatt, Gaisburg 338 Tote, 872 Verwundete, 38 Vermisste 583 20. Oktober 1944 0:55 bis 1:38 Uhr Bad Cannstatt, Gaisburg siehe vorheriger Angriff 5. November 1944 20:00 bis 20:30 Uhr Bad Cannstatt, Münster 24 Tote, 46 Verwundete 65 5. November 1944 23:32 bis 23:48 Uhr Bad Cannstatt, Münster siehe vorheriger Angriff ca. 100 21. November 1944 19:10 bis 19:16 Uhr Südliches Stadtgebiet 1 Toter, 1 Verwundeter ca. 20 bis 30 26. November 1944 1:57 bis 2:08 Uhr Bad Cannstatt, Bahnhof, Postamt 10 Verwundete 1 bis 2 4. Dezember 1944 14:58 Uhr Hofen 1 Toter, 2 Verwundete 1 9. Dezember 1944 12:25 bis 13:15 Uhr Bad Cannstatt, Bahnanlagen 24 Tote, 55 Verwundete ca. 350 11. Dezember 1944 11:51 bis 11:52 Untertürkheim 3 Tote, 11 Verwundete 4 7. Januar 1945 21:49 Uhr Feuerbach keine unbekannt 20. Januar 1945 11:50 bis 12:05 Uhr Bad Cannstatt, Bahngelände, Deckerstraße 1 Toter, 12 Verwundete ca. 30 21. Januar 1945 12:58 bis 13:00 Uhr Münster, Hofen keine 12 28. Januar 1945 20:35 bis 20:54 Uhr Feuerbach, Bosch-Werke 119 Tote, 78 Verwundete, 4 Vermisste 226, von denen 186 die Stadt erreichten 28,. Januar 1945 23:30 bis 23:48 Uhr Weilimdorf, Botnang " 376, von denen 353 die Stadt erreichten 1. Februar 1945 19:37 Uhr Bad Cannstatt, Flandernstraße 13 Verwundete unbekannt 12. Februar 1945 19:30 bis 19:46 Uhr Schwarenbergstraße, Bad Cannstatt 68 Tote, 139 Verwundete, 3 Vermisste ca. 30 3. März 1945 14:32 bis 14:42 Uhr Panoramastraße, Jägerstraße 1 Toter, 1 Verwundeter 6 bis 8 4. März 1945 10:20 bis 10:28 Uhr Bad Cannstatt, westlicher Stadtteil 50 Tote, 135 Verwundete, 3 Vermisste 30 bis 50 9. März 1945 15:02 bis 15:05 Uhr Bad Cannstatt, Bahnanlagen 4 Verwundete 12 bis 16 17. März 1945 21:02 Uhr Feuerbach, Fahrionstraße 6 Tote, 11 Verwundete 1 25. März 1945 7:55 Uhr Weilimdorf keine 2 25. März 1945 13:35 bis 13:37 Uhr Stammheim, Zuffenhausen 3 Tote, 4 Verwundete 8 1. April 1945 7:17 bis 9:45 Uhr Weilimdorf 2 Tote, 16 Verwundete 8 19. April 1945 22:12 Uhr Pragstraße 1 Toter, 7 Verwundete 1 Großangriffe im Juli und September 1944
Die verheerendsten Luftangriffe auf Stuttgart erfolgten im Juli und September 1944. Durchgeführt wurden die Angriffe durch die No. 5 Bomber Group auf Befehl von Luftmarschall Arthur Harris. Die britische No. 5 Bomber Group war eine auf das systematische Abbrennen ziviler Flächenziele spezialisierte Einheit des britischen Bomber Command, die unter anderem für die Flächenbombardements auf Dresden, Kassel, Braunschweig, Pforzheim, Hamburg und Hanau verantwortlich war. Die Einheit wandte eine Kombination von Spreng- und Brandbomben an. Diese Kombination führte im militärischen Optimalfall zu einem Feuersturm. Das Feuer vervielfachte dabei die Schäden der als Verursacher eingesetzten Spreng- und Brandbomben.[2]
Ablauf der Luftangriffe
Vorbereitung
Die genaue Auswahl der zu bombardierenden Stadtteile wurde anhand von Luftbildern, Bevölkerungsdichtekarten und Brandversicherungskatasterkarten getroffen. Die Katasterkarten waren durch deutsche Feuerversicherungen bei britischen Rückversicherungsgesellschaften vor dem Krieg hinterlegt worden. Die Stuttgarter Innenstadt wurde als Kerngebiet des Angriffs ausgewählt, da hier der Holzanteil an der Gesamtbaumasse am höchsten war. Damit stellte sie zum Entzünden eines Feuersturms in Stuttgart das optimale Kernzielgebiet dar.
Vor dem Bombardement wurde das Zielgebiet von Mosquito-Schnellbombern durch rote und grüne Markierungskörper (sogenannte Christbäume) abgegrenzt. Dies wurde überwacht durch einen in großer Höhe fliegenden Masterbomber, der über Funk mit den Markierungsfliegern verbunden war. Dann überprüfte der Masterbomber auf einer tieferen Flugbahn nochmals das Stuttgarter Zielgebiet, legte die exakten Anflughöhen fest und gab den Angriff frei.[3]
Bombardement
Der erste Angriffsserie vom Juli 1944 begann am 25. Juli und endete am 29. Juli 1944. Das Zielgebiet der Angriffe auf Stuttgart stellte im Wesentlichen das dichtbesiedelte Stadtzentrum in der Talkessellage – insbesondere die mittelalterliche Altstadt – dar. Das Bombardement lief meist wie folgt ab: Zuerst wurden tausende Sprengbomben sowie mehrere hundert Luftminen abgeworfen. Durch die Druckwellen der Explosionen wurden die Dächer aufgerissen. Danach wurden tausende Elektron-Thermitstäbe über dem Zielgebiet abgeworfen, die nun in die aufgerissen Dachstühle der Häuser fielen und diese innerhalb kürzester Zeit in Vollbrand versetzten. Binnen kurzer Zeit breiteten sich tausende kleinere Gebäudebrände zu einem Großbrand aus. Ob sich aus diesem ein Feuersturm entwickelt, hängt insbesondere von der Gesamtwetterlage und Windrichtung ab. Bei der ersten Angriffsserie gelang es den Angreifern nicht einen Feuersturm auszulösen um die Wirkung der Bomben zu multiplizieren. Sie warfen bei dieser ersten Serie rund 5200 Sprengbomben und knapp 70.000 Brandbomben über Stuttgart ab. [4] Dies gelang erst beim Großangriff am 12. September 1944. In dieser Nacht zwischen 22:59 und 23:30 Uhr warf die britische No. 5 Bomber Group 75 Luftminen, 4300 Sprengbomben und 180.000 Elektron-Thermitstäbe Stabbrandbomben über einem schmalen Areal im Gebiet der Gegend um die Hegel-, Hölderlin- und Schwabstraße sehr zielgenau ab. Das dabei entstandene Großfeuer dehnt sich in hoher Geschwindigkeit aus. Es entstand ein Feuersturm. Dieser vernichtete ein fünf Quadratkilometer großes Stadtgebiet im Stuttgarter Talkessel.[5]
Opfer und Schäden
Bei den insgesamt 53 Luftangriffen kamen 4.562 Menschen ums Leben, darunter 770 Ausländer, von denen der größte Teil Zwangsarbeiter waren. 8.908 Menschen wurden bei den Angriffen verwundet und 85 Menschen blieben vermisst. In Stuttgart wurden insgesamt 39.125 Gebäude zerstört oder beschädigt. Dies entsprach 57,5 Prozent der Bausubstanz Stuttgarts. Die Innenstadt war hierbei am schwersten betroffen mit einem Zerstörungsgrad von rund 68 Prozent der Gesamtbausubstanz.[6]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Stuttgart im Luftkrieg, Klett Verlag, 1967. S. 53
- ↑ Friedrich, Jörg, Titel: Der Brand, 2002, 11. Auflage. Ullstein Verlag, München.S. 333-338.
- ↑ Friedrich, Jörg, Titel: Der Brand, 2002, 11. Auflage. Ullstein Verlag, München.S. 333-338.
- ↑ Bäßler, Rüdiger in: Stuttgarter Zeitung vom 28. Oktober 2009. Titel: Hintergrundinformationen: Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg
- ↑ Friedrich, Jörg, Titel: Der Brand, 2002, 11. Auflage. Ullstein Verlag, München.S. 333-338.
- ↑ Friedrich, Jörg, Titel: Der Brand, 2002, 11. Auflage. Ullstein Verlag, München.S. 333-338.
Weblinks
Literatur
- James Stern: Die unsichtbaren Trümmer. Eine Reise im besetzten Deutschland 1945. Eichborn, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-8218-0749-0.
- Jörg Friedrich: Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945. 11. Auflage. Propyläen, München 2002, ISBN 3-549-07165-5.
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