Charlotte Teuber

Charlotte Teuber

Charlotte M. Teuber-Weckersdorf (* 1923 in Wien; † 16. Februar 1998) war eine österreichische Politologin und Kunstwissenschaftlerin. Sie war an der Mädchenpfadfinderei in Österreich maßgeblich beteiligt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Grabmal der Familie Teuber auf dem Dornbacher Friedhof

Charlotte Teuber entstammte einer katholisch-konservativen, gegen den Nationalsozialismus eingestellten Familie und wurde nach 1938 vom NS-Regime durch Schulausschluß diskriminiert, so dass ihr auch ein Hochschulstudium verwehrt war. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete sie als Schwester beim Roten Kreuz, nach dem Ende des Krieges, 1945, absolvierte sie die speziell für politisch Verfolgte eingeführte Berufsreifeprüfung.

Sie studierte Archäologie und Kunstgeschichte in Innsbruck und wurde 1956 mit einer Dissertation über die Ursprünge des antiken Diptychons promoviert. Anschließend nahm sie ein Studium der Politikwissenschaften an der Harvard University. Sie erwarb dort 1960 den Masters Degree und wurde 1978 unter Stanley Hoffmann mit einer Arbeit zum Thema A pragmatic approach to world politics: the policies of nonalignment promoviert.

Aufgrund guter Arbeitskontakte in Wien, unter anderem zu Bruno Kreisky, folgte sie 1982 der Einladung zu einer unbefristeten Gastprofessur an das Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, wo sie bis zu ihrem Ruhestand 1988 als Universitätsprofessorin wirkte. Obwohl ihre letzten Lebensjahre durch gesundheitliche Probleme, nämlich die Folgen einer Malariaerkrankung und ein schweres Krebsleiden, belastet waren, blieb sie bis zuletzt wissenschaftlich und politisch aktiv.

Teuber verband ihre politikwissenschaftliche Arbeit mit einem politischem Engagent, das von ihrem Herkunftsmilieu und den Erfahrungen der NS-Zeit, aber auch durch den amerikanischen Liberalismus geprägt war. Ihre Kritik an der Palästinapolitik Israels ging einher mit strikter Ablehnung des Antisemitismus, im Fall Waldheim nahm sie gegen das Verdrängen und Vergessen in der österreichischen Gesellschaft Stellung, im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit gehörte sie zu den Initiatoren der „Plattform gegen Fremdenhaß“. Als Universitätslehrerin zeichnete sie sich durch ein besonderes persönliches Engagement für die Belange ihrer Studenten, insbesondere Studenten aus Ländern der Dritten Welt, aus.

1985 nahm Teuber an einem Treffen der Führung des ugandischen National Resistance Movement (NRM) im Unterolberndorfer Dorfwirtshaus „Zum grünen Jäger“ teil. Man kam zu einer konspirativen Sitzung und dem Ausarbeiten eines politischen Programmes für das befreite Uganda zusammen. Der NRM liegt das „Unterolberndorfer Manifesto“,[1] auf der die heutige Verfassung von Uganda[2] beruht, zugrunde.

Pfadfindertätigkeit

Ihr Vater Wilhelm Teuber-Weckersdorf arbeitete als Lehrer an einer Militär-Erziehungsanstalt als erster in Österreich mit der Pfadfindermethode von Robert Baden-Powell. Der Onkel Emmerich Teuber leitete einen der ersten Pfadfindertrupps in Wien-Erdberg. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete ihr Vater gemeinsam mit Alexej Stachowitsch die Österreichischen Pfadfinder in Salzburg.

Charlotte Teuber-Weckersdorf hat die Geschichte der Pfadfinderinnen in Österreich maßgeblich mitgestaltet. Nach 1945 leitete sie die Wiedererstehung der Mädchenpfadfinder in Salzburg,[3] dann in ganz Österreich.[4] Im August 1946 veranstaltete sie den ersten Führerinnen-Kurs und im April 1949 wurde sie Österreichs Ausbildungs-Chefin und Internationaler Kommissar. Von 1951 bis 1957 war sie Verbandsführerin der Österreichischen Pfadfinderinnen.[3][5] Bei der Weltkonferenz anläßlich des 7. Weltjamborees 1951 in Bad Ischl traf sie in Salzburg mit Olave Baden-Powell zusammen. Nach dem Ungarischen Volksaufstand 1956 organisierte sie die Hilfstätigkeit der Pfadfinderinnen im Flüchtlingslager Traiskirchen.[4]

Literatur

  • Michael Weinzierl: Teuber-Weckersdorff, Charlotte M.. In: Brigitta Keintzel / Ilse Korotin (Hrsg.), Wissenschafterinnen in und aus Österreich, Verlag Böhlau, Wien (u.a.) 2002, S. 734-735
  • Manfred Fux: Geschichte der österreichischen Pfadfinderbewegung. Von den Anfängen bis zum „Jamboree der Einfachheit“ (1912-1951). In: Franz Loidl (Herausgeber): Veröffentlichungen des kirchenhistorischen Instituts der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien. Wiener Dom Verlag, Wien 1970, ISBN 3-85351-037-X.
  • Kurt Pribich: Logbuch der Pfadfinderverbände in Österreich. 2. Auflage, Eigenverlag der Pfadfinder-Gilde Österreichs, Wien 2004.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. [1]
  2. Constitution of the Republic of Uganda
  3. a b Kurt Pribich: Logbuch der Pfadfinderverbände in Österreich. 2. Auflage, Eigenverlag der Pfadfinder-Gilde Österreichs, Wien 2004.
  4. a b Monika Reichert: Nachruf für Lotte Teuber: Sie hat ihre Aufgabe erfüllt und ist nach Hause gegangen. PPÖ-Brief 1/1998
  5. Manfred Fux: Geschichte der österreichischen Pfadfinderbewegung. Von den Anfängen bis zum „Jamboree der Einfachheit“ (1912-1951). In: Franz Loidl (Herausgeber): Veröffentlichungen des kirchenhistorischen Instituts der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien. Wiener Dom Verlag, Wien 1970, ISBN 3-85351-037-X, S. 254.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Charlotte Teuber-Wackersdorf — Charlotte M. Teuber Weckersdorf (* 1923 in Wien; † 16. Februar 1998) war eine österreichische Politologin und Kunstwissenschaftlerin. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Einzelnachweise 3 Literatur 4 Weblinks …   Deutsch Wikipedia

  • Charlotte Teuber-Weckersdorf — Univ. Prof. DDr. Charlotte M. Teuber Weckersdorf (1 November, 1923 16 February 1998) was one of the most important Girl Guides Leader of Austria and an Austrian university professor.[1]:280 Contents 1 Family 2 Education and career …   Wikipedia

  • Teuber — ist der Familienname folgender Personen: Alfons Teuber (1903–1971), deutscher Schauspieler und Schriftsteller Arthur Teuber (1875–1944), deutscher Drehbuchautor und Regisseur Charlotte Teuber (1923–1998), österreichische Politologin und… …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Teuber-Weckersdorf — Wilhelm „Willy“ Teuber Weckersdorf (* 23. September 1879 in Prag; † 3. März 1968), bei den Pfadfindern „Onkel Teuber“ genannt, war wie sein Bruder Emmerich Teuber Offizier in der k.u.k. Armee. Er war der erste, der die Methode des Pfadfindertums… …   Deutsch Wikipedia

  • Emmerich Teuber — Emmerich Imre Teuber (* 11. Mai 1877 in Prag; † 3. Februar 1943 in Wien), bei den Pfadfindern „Papa Teuber“ genannt, ist der Gründer des Österreichischen Pfadfinderbundes, der ersten Pfadfinderorganisation in Österreich. Leben …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich Teuber — (* 23. Februar 1872 in Peterwitz, Kreis Frankenstein in Schlesien; † 1. September 1927 in Leipzig) war ein deutscher Politiker (SPD; USPD; KPD). Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Literatur 3 Webl …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Te — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Pfadfindergeschichte im deutschsprachigen Raum — Die Pfadfinderbewegung erreichte bereits kurz nach ihrer Gründung in England durch Baden Powell im Jahre 1907 den deutschsprachigen Raum. In fast allen deutschsprachigen Ländern entstanden noch vor dem Ersten Weltkrieg Pfadfindergruppen, die sich …   Deutsch Wikipedia

  • Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs — Infobox WorldScouting name =Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs image size = caption =Austrian Boy Scouts and Girl Guides type = owner = age = headquarters = location = country =Austria coords = f date =1976 defunct = founders = founder =… …   Wikipedia

  • Unterolberndorf — ist eine Katastralgemeinde in der Gemeinde Kreuttal im Weinviertel in Niederösterreich. Im Juni 1985[1][2] traf die Führung des ugandischen National Resistance Movement (NRM) in diesem kleinen, abgelegenen Ort im Dorfwirtshaus „Zum grünen Jäger“… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”