Nasriden (Granada)

Nasriden (Granada)
Das Wappen der nasridischen Dynastie mit dem Motto:
ولا غالب إلا الله‎ – Wa-lā ġālib illā ’llāh
(„Es gibt keinen Sieger außer Gott“)

Die Nasriden bzw. Naṣriden (arabisch ‏بنو نصر‎, DMG Banū Naṣr) waren eine muslimisch-maurische Dynastie des Emirats von Granada (1232–1492) auf dem Gebiet der heutigen spanischen Region Andalusien.

Inhaltsverzeichnis

Anfänge

Nach der Schlacht bei Las Navas de Tolosa (1212) begann die Auflösung der almohadischen Herrschaft in al-Andalus. Mit dem Aufstand des Ibn Hud bei Murcia und dessen Ausweitung auf ganz Andalusien brach das Regime der Almohaden endgültig zusammen. Allerdings konnte Ibn Hud das Land nicht gegen Kastilien und León verteidigen. 1230 und 1231 erlitt er mehrere Niederlagen und musste Tribute an die Christen entrichten.

Das Emirat von Granada und die Dynastie der Naṣriden haben ihren Ursprung in der Person des arabischstämmigen Muḥammad Yusuf ben Naṣrī „Al-Aḥmar“ (1232–1272), der sich 1232 in Arjona zum Sultan ausrufen ließ. Da er erkannte, dass er dem Vormarsch Ferdinands III. von Kastilien nichts entgegenzusetzen hatte, stellte er sich an dessen Seite. Gemeinsam mit Ferdinand unterzeichnete er 1236 nach dem Fall von Córdoba einen Waffenstillstand mit Ibn Hud. 1237 ließ sich Muḥammad in Granada nieder und gründete damit das Naṣridenreich von Granada. 1246 unterzeichnete er mit Ferdinand III. den Vertrag von Jaén, der als Geburtsurkunde des Reichs von Granada gelten kann. Doch unterstellte sich der granadinische Sultan in diesem Vertrag auch dem christlichen König als Vasall; er verpflichtet sich zu einem beträchtlichen Tribut und zur militärischen Hilfeleistung bei kriegerischen Aktionen. So geriet er in die demütigende Lage, an der Seite Kastiliens mit einem Kavalleriecorps an der Belagerung Sevillas teilzunehmen, bis die Stadt schließlich von den Christen erobert wurde. Diese Haltung unterminierte Muḥammads Ansehen bei der muslimischen Bevölkerung, die sich dessen Machtlosigkeit bewusst war. Dennoch konnte Muḥammad I. ibn Naṣr bis zu seinem Tod das Emirat von Granada konsolidieren und durch die Aufnahme muslimischer Flüchtlinge auch die Wirtschaft beleben.

Unter Muḥammads Sohn Muhammad II. al-Faqih (1273–1302) wurde das Reich im Innern durch die Errichtung einer soliden Verwaltung entscheidend gefestigt. Seine Schaukelpolitik gegenüber den Meriniden führte jedoch zu einem Zerwürfnis mit diesem Herrschergeschlecht, so dass die Naṣriden im Kampf gegen Kastilien von nun an keine Unterstützung aus Nordafrika mehr erwarten konnten. Der Versuch Muḥammads III., das Reich auf Kosten der Meriniden und Aragons auszuweiten, führte zu einem verheerenden Gegenschlag, so dass Muḥammad III. aufgrund der Unmut in der Bevölkerung entmachtet wurde. Auch unter den nächsten Herrschern hielten die militärischen Misserfolge und die Unzufriedenheit an. Erst unter Muḥammad IV., der sich als mutiger und energischer Herrscher erwies, konnte sich die Lage mit der Eroberung strategisch wichtiger Städte langsam konsolidieren.

Höhepunkt

Das Emirat von Granada erreichte seinen wirtschaftlichen und kulturellen Höhepunkt unter Yusuf I. (1333–1354) und Muḥammad V. (1354–1391). In dieser Zeit konnten die Naṣriden die Kontrolle über die Meerenge von Gibraltar zurückgewinnen und den Handel ausweiten. Gleichzeitig wurde Granada stark ausgebaut und es wurden mehrere Paläste in der Alhambra, u.a. der Löwenhof, errichtet. Daneben erwiesen sich die Herrscher auch als Mäzene der Künste, der Natur- und Geisteswissenschaften.

Niedergang

Im 15. Jahrhundert begann der Niedergang des Emirats. Es begann mit einer Periode relativen äußeren Friedens, da im Inneren mehrere Sippen um die Macht im Reich kämpften. Viele der Herrscher ließen bei ihrer Thronbesteigung aus Angst vor Rivalität andere Thronanwärter einkerkern oder gar ermorden, wodurch die Schärfe der dynastischen Kämpfe jedoch nur zunahm. Zwar konnte das Reich unter Abu l-Hasan Ali (1464–1482) zeitweise wieder befriedet und konsolidiert werden, doch gewann Kastilien nach der Vereinigung mit Aragón 1479 ein erdrückendes Übergewicht. 1485 begann das vereinigte Spanien mit der systematischen Eroberung des Emirats, während die Muslime ihre Kräfte in einem Bürgerkrieg erschöpften. Granada musste 1492 kapitulieren. Dies bedeutete das Ende der muslimischen Staatlichkeit auf der Iberischen Halbinsel.

Stammbaum der Naṣriden

Naṣr (Namensgeber der Dynastie)
├─┬Yusūf ibn Naṣr
│ └1┬Muhammad I. ibn Nasr (1232–1273) (Gründer der Dynastie)
│   └2┬Muhammad II. al-Faqih (1273–1302)
│     ├3─Muhammad III. (1302–1309)
│     └4─Nasr (1309–1314)
└─┬Ismail 
  └─┬Abu Said Faray
    ├─┬Muhammad
    │ └─┬Ismail
    │   └10┬Muhammad VI. (1360–1362)
    │      └─┬Ibn al-Mawl u. Tochter
    │        └16─Yusuf IV. (1432)
    └5┬Ismail I. (1314–1325) 
      ├6─Muhammad IV. (1325–1333)
      └7┬Yusuf I. (1333–1354)
        ├8┬Muhammad V. (1354–1359 und 1362–1391)
        │ ├11┬Yusuf II. (1391–1392)
        │ │  ├12─Muhammad VII. (1392–1408)
        │ │  ├13┬Yusuf III. (1408–1417)
        │ │  │  └14┬Muhammad VIII. (1417–1419 und 1427–1429)
        │ │  │     └19─Muhammad XI. (1453–1454)
        │ │  ├─┬Ahmad
        │ │  │ └18─Yusuf V. (1445–1446 und 1462)
        │ │  └─┬Ali
        │ │    └20┬Said (1454–1462 und 1462–1464)
        │ │       ├21┬Abu l-Hasan Ali „Muley Hacén“ (1464–1482 und 1483–1485)
        │ │       │  └22─Muhammad XII. „Boabdil“ (1482–1483 und 1486–1492)
        │ │       └23─Muhammad XIII. „El Zagal“ (1485–1486)
        │ └─┬Nasr
        │   ├15─Muhammad IX. (1419–1427, 1429–1431, 1432–1445 und 1448–1453)
        │   └─┬Utman
        │     └17─Muhammad X. (1445 und 1446–1448)
        └9─Ismail II. (1359–1360)

Literatur

  • Thomas Freller: Granada. Königreich zwischen Orient und Okzident. Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2009, ISBN 978-3-7995-0825-4.
  • Ulrich Haarmann (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt. C.H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-38113-8.
  • Arnold Hottinger: Die Mauren. Arabische Kultur in Spanien. Wilhelm Fink, München 1995, ISBN 3-7705-3075-6.
  • Maḥmūd ʿAlī Makkī: Das nasridische Granada. In: Almut von Gladiß (Hrsg.): Schätze der Alhambra: islamische Kunst in Andalusien. [Ausstellung in den Sonderausstellungshallen am Kulturforum Berlin, 29. Oktober 1995 bis 3. März 1996.] Ausstellungskatalog. Skira, Mailand 1995, ISBN 88-8118-034-0, S. 39–59.
  • Peer Schmidt (Hrsg.): Kleine Geschichte Spaniens. Reclam, Stuttgart 2002, ISBN 3-15-017039-7.
  • Rachel Arié: L’Espagne musulmane au Temps des Nasrides (1232–1492). Neuauflage. De Boccard, Paris 1990 (1973), ISBN 2-7018-0052-8. (franz.)

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Nasriden — Die Nasriden (DMG Naṣriden) waren: Nasriden (Sistan), eine muslimische Dynastie, welche von 1030 bis 1225 über die iranische Region Sistan herrschte Nasriden (Granada), eine muslimische Dynastie, welche von 1232 bis 1492 über das Emirat von… …   Deutsch Wikipedia

  • Nasriden — Nasriden,   Bạnu l Ahmar [ ax ], die letzte arabische Dynastie in Granada, begründet 1232 in Arjona (nordwestlich von Jaén) von Mohammed Ibn Jusuf Ibn Nasr (* um 1195, ✝ 1273), genannt Ibn al Ahmar, als Sultan Mohammed I., der 1237 Granada… …   Universal-Lexikon

  • Nasriden von Granada — Das Wappen der nasridischen Dynastie mit dem Motto: ‏ولا غالب إلا الله‎ –Wa lā gālib illā llāh („Es gibt keinen Sieger außer Allah“) Die Nasriden waren eine maurische Dynastie des Königreichs Granada (1232–1492) …   Deutsch Wikipedia

  • Granada — Gemeinde Granada Wappen Karte von Spanien …   Deutsch Wikipedia

  • Granada — 1Gra|na|da: Stadt in Südspanien. 2Gra|na|da; s: Provinz in Südspanien. * * * I Granạda,   1) Hauptstadt der gleichnamigen spanischen Provinz, am Zusammenfluss von Genil und Darro im Andalusischen Bergland, 662 780 m über dem Meeresspiegel, 241… …   Universal-Lexikon

  • Sultanat Granada — Lage des Königreichs Granada Das Königreich Granada, auch bekannt als Sultanat Granada war in erster Linie ein andalusisches und später christliches Königreich, mit der Hauptstadt Granada. Sein letzter König war Muhammad XII. „Boabdil“, der den… …   Deutsch Wikipedia

  • Emirat von Granada — Lage des Königreichs Granada Das Emirat von Granada, auch bekannt als Königreich Granada oder Sultanat Granada, war ein von 1238 bis 1492 bestehendes muslimisches Staatswesen in Andalusien im heutigen Spanien. Seine Hauptstadt war Granada.… …   Deutsch Wikipedia

  • Muhammad XII. (Granada) — Muhammad XII., «El Rey Chico de Granada» Muhammad XII.[1] Abu Abdallah (arabisch ‏أبو عبد الله محمد الثاني عشر‎‎) (* um 1459 in Granada; † …   Deutsch Wikipedia

  • Belagerung von Granada — Teil von: Reconquista Kapitulation von Granada, histor …   Deutsch Wikipedia

  • Said (Granada) — Said († 1465) war von 1454 bis 1464 (mit einer kurzen Unterbrechung im Jahr 1462) Emir von Granada. Said, ein Enkel Yusufs II., bestieg nach dem Sturz von Muhammad XI. (1453–1454) mit Hilfe der Abencerragen und Kastiliens den Thron von Granada.… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”