Königreich Kastilien

Königreich Kastilien
Wappen des Königreichs Kastilien

Das Königreich Kastilien war eines der mittelalterlichen Königreiche der Iberischen Halbinsel. Es entstand im 11. Jahrhundert aus der Grafschaft Kastilien, wurde später mit dem Königreich Leon vereinigt und ging im Jahr 1516 in das Spanische Königreich ein.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vorgeschichte

Die Grafschaft Kastilien um das Jahr 1000 n. Chr.

Die erste Erwähnung Kastiliens erscheint in einer Urkunde des Jahres 800: Wir haben eine Kirche zu Ehren von St. Maarten, in den Gebieten Patriniano im Gebiet von Kastilien. In der Chronik Alfons III. (König von Asturien, neuntes Jahrhundert) heißt es: Die 'Vardulias' sind jetzt 'Castilla' genannt.

Kastilien wurde mit Menschen aus Kantabrien, Asturiens, des Baskenlandes und westgotischer Abstammung wiederbevölkert, sie sprachen einen romanischen Dialekt, das Kastilische.

Den ersten Grafen von Kastilien Rodrigo gab es 860. Im Jahr 931 wurde die kastilischen Grafschaften durch Graf Fernán González vereinigt, der das bisher unter der Oberhoheit des Königreich León stehende Kastilien als unabhängige und erbliche Grafschaft begründete. Nach der Ermordung des Grafen Garcia Sanchez, 1028, fiel Kastilien an den mit seiner Schwester Mayor verheirateten König Sancho den Großen von Navarra. Als Erbe hinterließ er im Jahr 1035 seinem Sohn Ferdinand ein verkleinertes Kastilien.

Entstehung des Königreichs Kastilien (11. bis 12. Jahrhundert)

Kastilien als Teil Navarras (1029 bis 1035)

Ferdinand I.

Ferdinand I. war verheiratet mit Sancha, der Schwester von Bermudo III. von Leon. Ferdinand provozierte im Jahr 1037 einen Krieg gegen seinen Schwager, den König Bermudo III. von León, der in der Schlacht von Tamarón fiel und vereinigte hierauf ganz León mit seiner bisherigen Herrschaft zum Königreich Kastilien. Da Bermudo III. keine Kinder hatte, eignete sich sein Schwager Fernando I. die Krone Leons im Namen seiner Frau an. Am 22. Juni 1038 wurde er zum König gesalbt und war somit der erste König von Kastilien. Dies war die erste Vereinigung der Königreiche Kastilien und León.

Ferdinand I. schlug in der Schlacht von Atapuerta 1054 einen Angriff seines Bruders Garcias von Navarra zurück; er vereinigte das navarresische Gebiet auf dem rechten Ebroufer mit Kastilien und erweiterte durch erfolgreiche Kämpfe mit den Arabern die Grenzen seines Reichs beträchtlich nach Süden. Bei seinem Tode 1067 teilte er sein Reich unter seine drei Söhne, von denen Sancho II. Kastilien, Alfons VI. León und Asturien sowie García Galicien erhielt. Seine Tochter, Urraca, bekam Zamora.

Sancho II. und Alfons VI.

Sancho II. von Kastilien regierte Kastilien von 1067 bis 1072. Er war mit seinem Bruder Alfons VI. verbündet, und sie eroberten gemeinsam Galicien. Nach einem Meuchelmord (nicht bewiesen) bemächtigte sich jedoch Alfons VI. (1072–1109) des Reichs Kastilien. Er war nun regierender König von León, Kastilien und Galicien.

Alfons VI. führte im Zuge der Reconquista (Rückeroberung) siegreiche Kriege gegen die Mauren. In der Schlacht bei Ucles verlor er 1080 seinen einzigen Sohn Sancho.

Alfons VI. näherte sich an die anderen Königreiche in Europa an, insbesondere an Frankreich, wo seine Töchter Urraca und Teresa Raimund von Burgund und Heinrich von Burgund heirateten. Unter ihm wurde das römisch-hierarchische Kirchensystem auch in Kastilien begründet. Der Rat führte in Burgos 1080 eine Ersetzung des römischen Ritus durch den typischen mozarabischen Ritus durch.

Urraca

Alfons' Tochter Urraca (1109–1126 Königin v. León-Castilla) war Thronfolgerin. Sie vermählte sich auf Wunsch des Vaters mit Alfons I. von Aragonien. Obwohl Papst Paschalis II. zuvor die Ehe für nichtig erklärt hatte, blieb sie mit ihm bis zu diesem Zeitpunkt zusammen.

Die Vereinigung beider Reiche zu einem Königreich Hispanien verlief nicht erfolgreich. Nach einem blutigen Bürgerkrieg, aus dem Portugal 1139 als unabhängige Nation hervortrat, trennten sich die Königreiche wieder. Dank der Hilfe des kastilischen Adels konnte die „Königin von Spanien“, Urraca, ihrem Sohn Alfons VII. Raimundez wenigstens das Königreich Kastilien erhalten.

Alfons VII.

Kastilien mit León und Galicien wurde das Gebiet Alfons VII. ((1127–1157). Alfons VII. gelang die Annexion der Königreiche von Navarra und Aragonien. Diese gaben ihr Recht an der Mittelmeerküste zugunsten der neuen Union auf. Alfons VII. wurde 1135 in Leon zum Imperator Legionensis Hispaniae („Kaiser von Spanien“) gekrönt. Er setzte die Kämpfe gegen die Araber fort.

Regierung: Räte und Cortes

Wie in jedem mittelalterlichen Reich oblag die oberste Gewalt „durch die Gnade Gottes“ dem König. Aber von Beginn an gab es ländliche und städtische Gemeinderäte, die Entscheidungen über die Alltagsprobleme trafen.

Diese Räte repräsentierten die verschiedenen Bevölkerungsschichten. Auch erreichte sie die Wahl von Richtern und Beamten, Bürgermeister, Schreibern etc.

Angesichts der wachsenden Macht der Kommunen bestand eine Notwendigkeit für die Kommunikation zwischen dem König und den entstandenen Gerichte im Jahr 1188 im Königreich Leon und seinen entsprechenden Versionen im Königreich von Kastilien im Jahr 1250. Die Gerichte wurden von einer kleinen Gruppe mittelalterlicher Stadtbewohner geführt, sie hatten keine legislativen Befugnisse, aber es war ein Punkt der Einheit zwischen König und Reich, etwas, wobei die Königreiche von Leon und Castilla zu Pionieren wurden.

Kathedrale von Burgos (Hauptstadt des Königreichs)

Verbindung zwischen Christentum und Islam (12. Jahrhundert)

Im 12. Jahrhundert gab es in Europa dank Castilla einen Durchbruch der Wissenschaften. Durch den Islam wurden bisher die klassischen Werke in Europa vernachlässigt und sich mit der Weisheit von Islam-Wissenschaftlern beschäftigt.

In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde in Toledo eine Übersetzungsschule gegründet, deren Hauptaufgabe es war, lateinische Werke unterschiedlicher philosophischer und wissenschaftlicher Herkunft des antiken Griechenlands oder des Islams zu übersetzen. Viele europäische Denker, wie Daniel Morley, reisten nach Toledo, um „die Vorlesungen der weisesten Philosophen der Welt“ zu hören.

Die Jakobsweg diente auch dem Austausch von Wissen zwischen den Königreichen von Castilla y Leon und Europa, in beide Richtungen.

Endgültige Vereinigung mit dem Königreich Leon (13. Jahrhundert)

In Kastilien folgte auf Alfons VII. Alfons VIII., der Edle (1157–1214). Dieser hinterließ die Krone seinem elfjährigen Sohn Heinrich I., der jedoch schon 1217 tödlich verunglückte.

Nun brachen wieder heftige Bürgerkriege aus, bis 1230 durch einen Vertrag Ferdinand III., Sohn von Heinrichs Schwester Berengaria und dem König Alfons IX. von León, als König von Kastilien und León anerkannt wurde.

Es wurde festgesetzt, dass beide Staaten in Zukunft ein einziges, unteilbares Reich bilden sollten. Die Erbfolge sollte auf den ältesten Sohn und in Ermangelung männlicher Erben auf die weibliche Linie übergehen. Der neue Regent profitierte vom Rückgang des Almohaden-Reiches und eroberte das Guadalquivir-Tal, während sein Sohn Alfonso sich des Königreiches Murcia annahm. Ferdinand III., der Heilige (1230–1252), eroberte 1236 Córdoba, 1248 Sevilla und brachte das Land bis zur Südküste unter kastilische Herrschaft, außerdem Granada in Lehnsabhängigkeit. Die unterlegenen Königreiche behielten sich die Rechtsprechung vor.

Es folgte 1252–1284 Ferdinands ältester Sohn, Alfons X., der Weise, der Künste und Wissenschaften umfassend unterstützte. Er belastete jedoch das Land mit neuen Steuern und erregte dadurch, dass er die Söhne seines erstgeborenen Sohns Ferdinand vom Thron ausschloss und seinen zweiten Sohn Sancho zum Nachfolger bestimmte, einen Thronstreit, an dem sich namentlich Frankreich beteiligte und der Kastiliens Macht bedeutend schwächte, das Volk verwilderte und den Adel zu Trotz und Überhebung verleitete. Unter Sancho IV. (1284–1295) brach bereits eine Empörung der mächtigen Edelleute aus. Gegen den minderjährigen Ferdinand IV. (1295–1312), dessen legitime Geburt angezweifelt wurde, erhoben sich mehrere Prätendenten und auch die Nachbarreiche suchten sich auf Kosten Kastiliens zu vergrößern; aber seine Mutter María de Molina, welche die Regentschaft führte, trotzte diesen Gefahren. Neue Streitigkeiten brachen aus, als nach Ferdinands plötzlichem Tode die Krone an dessen zweijährigen Sohn Alfons XI. (1312–1350) fiel; das Reich wurde durch diese inneren Kämpfe völlig zerrüttet.

Erst 1335 gelang es Alfons, durch Grausamkeit und Hinterlist, der Empörungen Herr zu werden und durch die Bewilligung der Alcavala (einer Steuer) eine unabhängige Stellung zu gewinnen. Er eroberte darauf 1344 Algeciras. Bei der Belagerung von Gibraltar 1350 starb er.

Ihm folgte Peter der Grausame (1350–1369), der durch seine Greueltaten eine Erhebung seines Halbbruders Heinrich von Trastámara veranlasste und 1369 von diesem bei Montiel geschlagen und getötet wurde.

Das Haus Trastámara (14.–15. Jahrhundert)

Krone von Kastilien bis 1400

La Casa de Trastámara war eine Dynastie, die in Kastilien zwischen 1369–1504 regierte. Sie hatten den Namen des Grafen (oder Herzog) von Trastámara angenommen, einem Titel, der von dem nachmaligen Heinrich II. von Kastilien und León getragen wurde (Enrique de Trastámara oder Heinrich von Trastamar), ehe er den Thron 1369, also während des Bürgerkriegs mit seinem Bruder Pedro I. von Kastilien bestieg. Mit Enrique de Trastámara beginnt die Dynastie des Hauses Trastámara auf dem Thron von Kastilien und León, die mit Karl V. (1500–1558) Römisch-deutscher Kaiser, König beider Sizilien, von Aragón, Kastilien und Leon endet.

Heinrich II. (1369–1379) behauptete den Thron gegen Peters Schwiegersohn Johann von Lancaster (John of Gaunt) und erwarb Vizcaya.

Sein Sohn Johann I. (1379–1390) führte Krieg mit Portugal und England um den Besitz seines Throns, einigte sich aber 1387 im Vertrag von Bayonne mit dem Haus Lancaster und 1389 mit Portugal. Ihm folgte der elfjährige Heinrich III. (1390–1406), dessen Minderjährigkeit Streitigkeiten über die Reichsverwaltung veranlasste, die das Land furchtbar zerrütteten. Da erklärte sich der junge 14-jährige König 1393 für mündig, vermählte sich mit Katharine von Lancaster und führte die Regierung selbst. Unter ihm wurden 1402 die Kanarischen Inseln neuentdeckt.

Union von Kastilien und der Krone Aragon (16. Jahrhundert)

Mit der Ehe von Ferdinand II. von Aragón mit Isabella I. von Kastilien wurde am 19. Oktober 1469 in Valladolid der spanische Einigungsprozess weiter vorangetrieben, beide Kronen wurden allerdings immer noch getrennt voneinander verwaltet, so war beispielsweise in Kastilien ausschließlich Isabella berechtigt, königliche Erlässe zu unterzeichnen. Nach dem frühen Tod Isabellas 1504 übernahm Ferdinand in Vertretung für seine als wahnsinnig geltende Tochter Johanna 1506 auch die kastilische Krone, so dass nun beide Reiche erstmals unter einem Herrscher vereint waren.

Übergang ins Königreich Spanien

Durch die geschickte Heiratspolitik Maximilian I., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, gelangten die Habsburger auf den kastilischen Thron. Als dann Karl I. (ab 1519 als Karl V. auch römisch-deutscher Kaiser) 1516 von seines Großvater Ferdinand die Krone Aragon erbte, wurden die beiden Reiche politisch vereint. Er wurde damit erster spanischer König und es endete das eigenständige Königreich Kastilien.

Auch nach der Einigung Spaniens durch die Katholischen Könige behielten die Reichsteile der Krone von Kastilien - ebenso wie die Krone von Aragón und Navarra - ihre eigenen Rechtsordnungen und Institutionen. Zunächst handelt es sich um eine reine Personalunion. In wirtschaftlicher Hinsicht agierten die Königreiche unterschiedlich: Aragón war mehr auf das Mittelmeer ausgerichtet, während für Kastilien bereits der Atlantische Ozean eine größere Bedeutung besaß. Die Entdeckung und Eroberung Amerikas ab 1492 erfolgte im Namen der Krone von Kastilien.

Anfang des 18. Jahrhunderts verwandelten die Bourbonen Spanien in einen Zentralstaat und erstrecken das kastilische Rechts- und Verwaltungssystem weitgehend auch auf die anderen Reichsteile. Nach dem Ende des spanischen Erbfolgekrieges wurden die Institutionen der alten Königreiche durch König Philipp V. aufgelöst. In den Decrets de Nova Planta wurden vor allem die Länder der Krone Aragóns schrittweise mit denen Kastilien zu einem zentralistischen spanischen Staat vereint.

Symbole des Königreichs Kastilien

Ein goldenes Haus mit blauem Tor und blauen Fenstern wurde seit der Regierungszeit Alfons VIII. (1147 - 1214) als Symbol des Königreichs Kastilien z.B. für Schilde und Banner verwendet.

Siehe auch

untergeordnete Königreiche:


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