Nassauischer Erbverein

Nassauischer Erbverein

Der Nassauische Erbverein ist ein Vertrag, der zwischen der ottonischen Linie und der walramischen Linie des Hauses Nassau geschlossen wurde. Der in Bad Ems am 30. Juni 1783 unterzeichnete Vertrag ist ausschließlich in deutscher Sprache verfasst und umfasst 25 Seiten.

Der Begriff Erbverein ist gleichbedeutend mit Erbvertrag und regelt das Erbe unter den insgesamt vier Zweigen der ottonischen und der walramischen Hauptlinie des Hauses Nassau.

Der Vertrag wurde am 13., 23., 26. und 30. Juni 1783 von allen sechs erwachsenen Mitgliedern des Hauses Nassau signiert, nämlich von Wilhelm, Prinz von Oranien, Fürst zu Nassau, etc., Karl Christian, Fürst zu Nassau, Graf zu Saarbrücken, etc., Karl Wilhelm, Regierender Fürst zu Nassau, Graf zu Saarbrücken, etc., und Ludwig, Fürst zu Nassau, Graf zu Saarbrücken, etc. sowie Friedrich, Prinz zu Nassau-Usingen, und Adolph, Prinz zu Nassau-Usingen. Der Vertrag vom 30. Juni 1783 wurde von Joseph II., Kaiser des Heiligen Römisches Reiches Deutscher Nation, mit der Kayserlichen Bestätigungs-Urkunde vom 29. September 1786 bestätigt.

Der Vertrag vom 30. Juni 1783 bestätigt den Erbverein von 1736 nach Maßgabe der Erläuterungen des Erbvereins vom 30. Juni 1783.

Da männliche Stammhalter ausblieben, stehen die königlichen Staatshäupter der Niederlande seit 1890 nur in weiblicher Folge der ottonischen Linie, die großherzoglichen Staatshäupter von Luxemburg seit 1912 nur in weiblicher Folge der walramischen Linie. Beide regierenden Häuser stehen aber in der Tradition des Hauses Nassau, das in beiden Staaten gesetzlich das Staatsoberhaupt stellt, und führen immer noch dessen Namen.

Artikel 42 des Nassauischen Erbvereins ist für das Großherzogtum Luxemburg sehr bedeutend und lautet wie folgt:

"Da übrigens auch der Fall möglich ist, welchen jedoch der Allerhöchste gnädiglich abwenden wolle, dass Unser ganzer Nassauischer Mannsstamm erlöschen möchte, so lassen Wir es in Ansehung derer jeweilen existirenden Töchter, bey dem von solchen geleisteten, auch künftig und zu ewigen Tagen zu leistenden unbedingten Verzicht, ohne Vorbehalt einiger Regredienzschaft bewenden, verbinden Uns, setzen, ordnen und wollen demnach, dass in solchem Falle eine Tochter und zwar, wann deren mehrere vorhanden, die Erstgeborne, oder in deren Mangel die nächste Erbin des letzten Mannsstammes, mit Ausschluss aller andern entfernterer, zur Succession berufen seyn solle, es wäre dann, dass Wir oder Unsere Nachkommen auf solchen Fall anders übereingekommen wären, oder sonstige Vorsehung gethan hätten, als welches zu thun Wir Ihnen und Uns hiermit ausdrücklich vorbehalten, fort Unsere und Unserer Nachkommen respective Töchter und Erben zur Festhaltung einer solchen Vorsehung Kraft dieses verbunden haben wollen."

Anlässlich der Erbeinigungskonferenzen zwischen den beiden Hauptlinien wurde zu Bad Ems im Sommer 1783 festgesetzt, dass der nassauische Löwe rot bewehrt und rot gekrönt werden solle. Dessenungeachtet wird er heute, wie auch schon im großen und mittleren Wappen des Königreichs Preußen und der preußischen Provinz Hessen-Nassau, bzw. der späteren Provinz Nassau, im königlich niederländischen Wappen wie im großherzoglich luxemburgischen Wappen golden gekrönt.

Inhaltsverzeichnis

Verfassung des Großherzogtums Luxemburg

Die Verfassung des Großherzogtums Luxemburg vom 17. Oktober 1868, die am 22. Oktober 1868 im deutschen Originaltext mit französischer Übersetzung im Amtsblatt des Großherzogtums Luxemburg (Memorial) veröffentlicht wurde, ist die trotz zwischenzeitlicher mehrfacher Veränderungen bis heute gültige Verfassung des Großherzogtums Luxemburg. Artikel 3 der Verfassung des Großherzogtums Luxemburg legt fest: "Die Krone des Großherzogtums ist erblich in der Familie Nassau, und zwar in Gemäßheit des Vertrages vom 30. Juni 1783, des Art. 71 des Wiener Traktates vom 9. Juni 1815 und des Londoner Vertrags vom 11. Mai 1867."

Der Vertrag vom 30. Juni 1783 ist der Nassauische Erbverein, durch den das Großherzogtum Luxemburg bis heute jeweils innerhalb der Familie Nassau vererbt wird.

Wiener Kongress

Die Wiener Congreß-Acte unterzeichnet am 8. Junius 1815 legt fest:

Artikel 71 - Familienvertrag zwischen den Fürsten von Nassau.

Das Recht und die Ordnung der Erbfolge, welche zwischen den beiden Linien des Hauses Nassau durch die Acte von 1783, genannt: Nassauischer Erbverein, sind festgesetzt worden, werden beibehalten, und von den vier oranien-nassauischen Fürstenthümern auf das Großherzogthum Luxemburg übertragen.

Familienstatut des Hauses Nassau

Da Wilhelm IV. von Nassau-Weilburg, Großherzog von Luxemburg, Herzog zu Nassau, nur weibliche Nachkommen hatte, verordnete er das Gesetz vom 10. Juli 1907 , wodurch dem Familienstatut des Hauses Nassau vom 16. April 1907 Gesetzeskraft verliehen wurde.

Das Familienstatut des Hauses Nassau vom 16. April 1907 ist ausschließlich in Deutsch abgefasst und bezieht sich auf Artikel 42 des Nassauischen Erbvereins von 1783.

Die Kernaussagen des Familienstatuts des Hauses Nassau vom 16. April 1907 sind in Artikel 1: 1: „Da Uns ein männlicher Erbe bisher versagt geblieben ist (...), kann der in Artikel 42 des Erbvereins von 1783 gesetzte Fall eintreten und hat alsdann Unsere erstgeborene Tochter Prinzessin Marie-Adelheid und zunächst ihr Mannesstamm, aus gemäss den Familienstatuten Unseres Hauses geschlossener Ehe, nach dem Recht der Erstgeburt, Uns in der Krone Luxemburg, sowie als Chef Unseres Hauses und in Besitz und Nutzniessung des gesamten Hausfideicommisses nachzufolgen, jedoch ist bis zur Vollendung ihres achtzehnten Lebensjahres die Regentschaft und Vormundschaft für sie von Unserer vielgeliebten Gemahlin der Grossherzogin Maria-Anna zu führen. Sollte Unsere genannte vielgeliebte Tochter ohne Hinterlassung einer Nachkommenschaft aus gemäss den Familienstatuten Unseres Hauses geschlossener Ehe versterben, so sind Unsere andern vielgeliebten Töchter und ihre Linien in gleicher Weise nach Primogenitur-Recht zur Erbfolge berufen.“ Und in Artikel 3: „Im übrigen behalten Wir Uns und Unseren Nachfolgern das Recht zur Erlassung familienstatutarischer Bestimmungen über Unsere Hausverfassung im bisherigen Umfang vor."

Damit wurde also in der Sukzession wie schon zuvor im ebenfalls zum Hause Nassau gehörenden Königreich der Niederlande von der Lex Salica abgewichen.

Nachfolgend das Original des Familienstatuts des Hauses Nassau vom 16. April 1907:

Familienstatut
Wir WILHELM, von Gottes Gnaden Grossherzog von Luxemburg, Herzog zu Nassau, etc., etc., etc., erklären und verfügen :
Art. I . — Da Uns ein männlicher Erbe bisher versagt geblieben ist und seit dem Tode Unseres Oheims des Prinzen Nicolas Liebden ohne Hinterlassung successionsfähiger Descendenz der Fürstliche Mannesstamm des Hauses Nassau auf Unseren Augen allein steht, kann der in Artikel 42 des Erbvereins von 1783 gesetzte Fall eintreten und hat alsdann Unsere erstgeborene Tochter Prinzessin Marie-Adelheid und zunächst ihr Mannesstamm, aus gemäss den Familienstatuten Unseres Hauses geschlossener Ehe, nach dem Recht der Erstgeburt, Uns in der Krone Luxemburg, sowie als Chef Unseres Hauses und in Besitz und Nutzniessung des gesamten Hausfideicommisses nachzufolgen, jedoch ist bis zur Vollendung ihres achtzehnten Lebensjahres die Regentschaft und Vormundschaft für sie von Unserer vielgeliebten Gemahlin der Grossherzogin Maria-Anna zu führen. Sollte Unsere genannte vielgeliebte Tochter ohne Hinterlassung einer Nachkommenschaft aus gemäss den Familienstatuten Unseres Hauses geschlossener Ehe versterben, so sind Unsere andern vielgeliebten Töchter und ihre Linien in gleicher Weise nach Primogenitur-Recht zur Erbfolge berufen.
Art. II — Das Grossherzoglich Luxemburgische und Herzoglich Nassauische Fürstenhaus bilden eine untrennbare Einheit.
Zwar behalt es auch in Zukunft dabei sein Bewenden, dass dem Luxemburgischen Staat keinerlei Anspruch auf Eigentum, Inhabung, Verwaltung, Kontrolle und Ertrag des in- und ausserhalb vorhandenen Fideicommisvermögens Unseres Hauses zusteht. Insolange jedoch Unsere Descendenz im Mannesstamm oder nach Massgabe der in Art. 1 dieses Familienstatuts getroffenen Anordnungen im Grossherzogtum Luxemburg regiert, kommt dem Nachfolger in der Staatssuccession jeweils zugleich die alleinige Nachfolge in das ganze Hausfideicommis in- und ausserhalb des Grossherzogtums zu und darf eine Trennung des Besitzes und der Nutzniessung des Hausfideicommisses von der Inhabung der Krone nicht stattfinden.
Veränderungen im Bestand des Fideicommisses sind hierdurch nicht ausgeschlossen.
Art. III — Im übrigen behalten Wir Uns und Unseren Nachfolgern das Recht zur Erlassung familienstatutarischer Bestimmungen über Unsere Hausverfassung im bisherigen Umfang vor.
Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und des beigedrückten Siegels.
So gegeben Santa Margherita, den 16. April 1907.
Wilhelm.
Die Mitglieder der Regierung:
Eyschen, Staatsminister, Präsident.
H. Kirbach, Generaldirector des Innern.
M. Mongenast, Generaldirector der Finanzen.
Ch. de Waha, Generaldirector der öffentlichen Arbeiten.

Siehe auch

Weblinks


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