Haus Nassau

Haus Nassau
Stammwappen der Grafen von Nassau (Ottonische Linie)
Stammwappen der Grafen von Nassau (Walramische Linie)

Das Haus Nassau ist ein weit verzweigtes deutsches Adelsgeschlecht von europäischer Bedeutung, dessen Anfänge bis ins 10. Jahrhundert reichen und das zunächst als Grafen von Laurenburg an der Lahn auftritt. Ihm entspross der römisch-deutsche König Adolf von Nassau. Zwei heute in Europa regierende Häuser, das niederländische Königshaus sowie das großherzogliche Haus von Luxemburg, gehen aus dem Haus Nassau hervor. Mit William of Orange war ein Agnat des Hauses Nassau von 1689 bis 1702 König von England, Schottland und Irland.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Nassovia Comitatus im Jahr 1645

Der 1093 genannte Dudo-Heinrich von Laurenburg ist vermutlicher Stammvater des Hauses. Die Burg Laurenburg, wenige Kilometer flussaufwärts von Nassau an der Lahn gelegen, war der Herrschaftssitz des Geschlechts, zuvor vermutlich der Ort Lipporn. 1159 wird Burg Nassau zum Sitz des Geschlechts, das sich seither nach dieser Burg nannte. Die Grafen von Laurenburg und Nassau erweitern unter den Brüdern Arnold I. von Laurenburg (1123–1148) und Ruprecht I. (1123–1154), dessen Sohn Walram I. (1154–1198) sowie Walrams Sohn Heinrich II., dem Reichen (1198–1247) stetig ihren Besitz im Raum zwischen Taunus und Westerwald an der unteren und mittleren Lahn. Vor 1128 erwerben sie die Vogtei des Klosters Worms, welches in der Gegend zahlreiche Rechte besaß und schaffen so eine Verbindung zwischen ihrem Erbe an der unteren Lahn und ihrem Besitz um Siegen. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts wird diese Verbindung gefestigt mit dem Erwerb der so genannten Hessisch-Thüringischen Reichslehen, nämlich der Herborner Mark, der Kalenberger Zent und des Gerichts Heimau (Löhnberg). Eng damit verbunden war die „Herrschaft zum Westerwald“, die ebenfalls zu dieser Zeit in nassauischen Besitz gelangt. Ende des 12.Jahrhunderts kann mit dem Reichshof Wiesbaden ein wichtiger Stützpunkt im Südwesten erworben werden.

Heinrichs II. Söhne Walram II. und Otto I. teilen 1255 ihre Lande in zwei Teile und ihr Haus in zwei Linien, die nach ihnen Ottonische und Walramische Linie genannt werden. Grenzlinie war im Wesentlichen die Lahn, wobei Otto den nördlichen Landesteil mit den Städten Siegen, Dillenburg, Herborn und Haiger und Walram den südlich des Flusses gelegenen Teil der Grafschaft mit Weilburg und Idstein erhält. Beide Linien werden in den nächsten Jahrhunderten vielfach geteilt (s.u.). Da männliche Stammhalter ausblieben, stehen die königlichen Staatshäupter der Niederlande seit 1890 nur in weiblicher Folge der ottonischen Linie, die großherzoglichen Staatshäupter von Luxemburg seit 1912 nur in weiblicher Folge der walramischen Linie. Beide regierenden Häuser stehen aber in der Tradition des Hauses Nassau, das in beiden Staaten gesetzlich das Staatsoberhaupt stellt, und führen immer noch dessen Namen.

Wappen

Stammwappen der ottonischen Linie

Im blauen, mit goldenen Schindeln bestreuten Schild ein goldener rotbewehrter Löwe; auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein schwarzer Flug, belegt mit einem aufgebogenen silbernen Schrägbalken, der mit goldenen Lindenblättern belegt ist, die aus goldenem Flechtwerk oberhalb des Balkens, durch dessen Maschen die Schwungfedern des Fluges gesteckt sind, herabhängen. (Ab dem 16. Jahrhundert wurde das Flechtwerk nicht mehr dargestellt.)[1]

Stammwappen der walramischen Linie

Im blauen, mit goldenen Schindeln bestreuten Schild ein goldener rotbewehrter Löwe (seit dem 15. Jahrhundert auch rot- oder goldengekrönt); auf dem Helm mit blau-goldenen Decken zwei blaue, mit goldenen Schindeln bestreute Büffelhörner, zwischen denen seit 1353 der goldene, rotbewehrte und rotgekrönte Pfälzer Löwe sitzt.[1]

Anlässlich der Erbeinigungskonferenzen, inklusive des Nassauischen Erbvereins, zwischen den beiden Hauptlinien wurde zu Bad Ems im Sommer 1783 festgesetzt, dass der nassauische Löwe rot bewehrt und rot gekrönt werden solle.[2] Dessen ungeachtet wird er heute, wie auch schon im großen und mittleren Wappen des Königreichs Preußen und der preußischen Provinz Hessen-Nassau, bzw. der späteren Provinz Nassau, im königlich niederländischen Wappen wie im großherzoglich luxemburgischen Wappen golden gekrönt.

Die Ottonische Linie (1255–1890)

Wappen aus dem Scheiblerschen Wappenbuch
1450 -1480

Die Ottonische Linie wird nach Graf Ottos Tod 1289 zunächst von dessen Söhnen gemeinsam geführt und 1303 geteilt in

Die ältere Dillenburger und die Bredaer, später Oranische Linie

Nassau-Dillenburg erwirbt unter Johann I. (1362–1416) und seinen Söhnen 1386 die Grafschaft Diez, 1403/1404 Breda und 1420 durch Erbschaft die Grafschaft Vianden. Unter der Regierung Johanns IV. (1442–75) verlagert sich der Schwerpunkt der Herrschaft mehr und mehr in die niederländischen Besitzungen. Diese fallen seinem Sohn Engelbert II. (1475–1504) zu, während dessen Bruder Johann V. (1475–1516) Dillenburg erhält. Da Engelbert keine Erben hinterlässt, folgt ihm sein Neffe, Johanns V. Sohn Heinrich III. (1504–38), der den Einfluss Nassaus in den Niederlanden noch erheblich ausweiten kann. Durch die Heirat mit Claudia von Chalons und Orange erhält er das Fürstentum Oranien in Südfrankreich; beider Sohn Renatus (1519–44) führt als erster Nassauer den Titel „Prinz von Oranien“.

Heinrichs Bruder Wilhelm, genannt der Reiche (1516–1559) erbt das Dillenburger Land, führt dort bis 1536 die Reformation ein. Als die Bredaer Linie erneut erlischt, tritt wieder der älteste Dillenburger Prinz das dortige Erbe an. Es ist Wilhelms des Reichen Sohn Wilhelm der Schweiger (1545–1584). Er ist der „Wilhelmus von Nassauen“ des gleichnamigen Volkslieds und späteren niederländischen Nationalhymne. Als Statthalter der Niederlande führen er und seine Söhne Philipp Wilhelm (1609–1618), Moritz (1618–1625) und Friedrich Heinrich (1625–1647) diese im Befreiungskrieg von 1568 bis 1648 in die Unabhängigkeit und erringen mit seinem Urenkel Wilhelm III., dem „letzten Oranier“ 1688 die englische Krone. Sein niederländisches Erbe fällt an die Linie Nassau-Diez (siehe unten).

Der jüngere Bruder Wilhelms von Oranien, Johann VI. genannt der Ältere von Dillenburg (1559–1606), kann nach dem Erlöschen der älteren Beilsteiner Linie 1561 wieder die gesamten ottonischen Stammlande in seiner Hand vereinigen. 1584 gründet er die lange Zeit überregional bedeutsame reformierte Hohe Schule Herborn. Nach seinem Tod wird das Land jedoch erneut geteilt und es entstehen die Linien

  • Nassau-Hadamar, jüngere Linie (1607–1711), 1629 katholisch, 1650 gefürstet, 1711 geteilt, 1743 ganz an Diez
  • Nassau-Siegen, (1607–1623), 1623 geteilt in
    • Nassau-Siegen, reformierte Linie (1623–1734), 1664 gefürstet, fällt an Siegen (katholisch)
    • Nassau-Siegen, katholische Linie (1623–1743), 1652 gefürstet, 1743 an Diez
  • Nassau-Dillenburg, (1607–1620), von Beilstein beerbt
  • Nassau-Beilstein, jüngere Linie, ab 1620 Nassau-Dillenburg, jüngere Linie (1607–1739), 1652 gefürstet, 1739 an Diez

und

Die Linie Nassau-Diez und das Haus Oranien

Die Linie Nassau-Diez beginnt mit Johanns VI. Sohn Ernst Casimir (1607–1632), der seit 1620 Statthalter von Friesland, seit 1625 auch von Groningen und Drenthe ist. Er hält sich fast ausschließlich in den Niederlanden auf, wie auch seine Nachfolger Wilhelm Friedrich (1632–1664), der 1655 in den Reichsfürstenstand erhoben wird, Heinrich Casimir (1664–1696) und Johann Wilhelm Friso (1696–1711). Letzterer wird 1702 von Wilhelm III. von England zum Generalerben der oranischen Linie eingesetzt; seine Nachkommen tragen seit 1713 den Titel „Prinzen von Oranien“, sie sind seit 1747 Erbstatthalter der Vereinigten Provinzen und seit 1815 Könige der Niederlande, von 1815 bis 1890 auch Großherzöge von Luxemburg. 1806 verlieren sie die Herrschaft über ihre deutschen Länder, als die vereinigten Fürstentümer Diez, Dillenburg, Hadamar und Siegen an das napoleonische Großherzogtum Berg und im Wiener Kongress an die walramische Linie Nassau-Weilburg fallen (siehe unten). Die ottonische Linie stirbt zwar 1890 mit König Wilhelm III. (1849–1890) im Mannesstamm aus, da in den Niederlanden jedoch die weibliche Thronfolge anerkannt wird, existiert das Haus Nassau-Oranien dort noch heute.

Die Walramische Linie (1255–1912)

Kleines Thronsiegel König Adolfs von Nassau aus dem Jahre 1298[3]

Ihr entstammt Walrams II. Sohn Adolf von Nassau (1277–1298), der 1292 zum deutschen König gekrönt wird. Ihm folgen seine Söhne Ruprecht (1298–1304) und Gerlach (1305–1361). 1328 fallen die Herrschaft Merenberg, 1353 Saarbrücken durch Heirat an das Haus.

1355 wird die Linie von Gerlachs Söhnen Adolf I. (1344–1370), Johann I. (1344–1371) und Ruprecht VII. (1361–1390) geteilt in:

  • Nassau-Wiesbaden-Idstein (1355–1480), 1480 wieder geteilt in
    • Nassau-Idstein, ältere Linie (1480–1509), fällt 1509 an Nassau-Wiesbaden
    • Nassau-Wiesbaden (1480–1605), erbt 1509 Idstein, fällt 1605 an Nassau-Weilburg
  • Nassau-Weilburg-Saarbrücken (1355–1442), 1442 wieder geteilt in
    • Nassau-Saarbrücken, ältere Linie (1442–1574), 1547–1559 geteilt, fällt 1574 an Nassau-Weilburg
    • Nassau-Weilburg, ältere Linie (1442–1627)
  • Nassau-Sonnenberg (1355–1405), fällt 1405 zu gleichen Teilen an Nassau-Wiesbaden-Idstein und Nassau-Weilburg

Graf Philipp III. (1523–1559) führt 1526 die Reformation in seinem Land ein. Die Saarbrücker Linie fällt 1574 an Weilburg zurück und so kann Philipps III. Enkel Ludwig II. (1593–1627) 1605 mit dem Erbe der Wiesbaden-Idsteiner Linie wieder alle walramischen Linien in seiner Hand vereinigen. Nach seinem Tode wird das Land erneut geteilt, es entstehen die Linien:

Wappen des Herzogs von Nassau
  • Nassau-Idstein, jüngere Linie (1629–1721), fällt 1721 an Nassau-Ottweiler
  • Nassau-Saarbrücken, jüngere Linie (1629–1640), 1640 geteilt in
    • Nassau-Saarbrücken (1640–1723), fällt 1723 an Nassau-Ottweiler
    • Nassau-Ottweiler (1640–1728), erbt 1721 Nassau-Idstein, 1723 Nassau-Saarbrücken, fällt 1728 an Nassau-Usingen
    • Nassau-Usingen, (1640–1816), 1688 gefürstet, erbt 1728 Nassau-Idstein, Nassau-Ottweiler und Nassau-Saarbrücken, wird 1735 geteilt in
      • Nassau-Usingen-Saarbrücken (1735–1797), fällt 1797 an Nassau-Usingen
      • Nassau-Usingen (1735–1816), 1806 Herzogswürde; mit Nassau-Weilburg vereinigt und 1816 von diesem beerbt

Die jüngere Weilburger Linie und das Herzogtum Nassau

Die Linie erhält 1688 unter Johann Ernst (1675–1719) die Fürstenwürde, die jedoch erst sein Sohn Karl August (1719–1753) 1739 annimmt. Dessen Enkel Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg (1788–1816) vereinigt sein Land mit Nassau-Usingen 1806 zu einem Gesamtstaat, den er gemeinsam mit Friedrich August von Nassau-Usingen (1803–1816) regiert. Gleichfalls werden die Residenzen von Usingen und Weilburg nach Wiesbaden in das Schloss Biebrich verlegt. Im selben Jahr treten die beiden Staaten dem Rheinbund bei, wobei Friedrich August als Oberhaupt des Hauses die Herzogswürde erhält und das Herzogtum Nassau entsteht. Für den Verlust der linksrheinischen Landesteile (Saarbrücken) an Frankreich wird das Land territorial erheblich vergrößert. 1813 und endgültig im Wiener Kongress kommen die Fürstentümer Diez, Hadamar und Dillenburg der oranischen Linie hinzu, wodurch erstmals seit 1255 alle deutschen nassauischen Länder – mit Ausnahme Siegens – wieder in einer Hand vereinigt sind. Erbe beider verbliebenen walramischen Linien – der Usinger und der Weilburger – ist Wilhelm von Nassau-Weilburg, der als Wilhelm I. (1816–1839) Regent des Herzogtums wird. Regierungssitz ist Wiesbaden, das schon seit 1734 usingische Residenz war. Wilhelms Sohn Adolph V. (1839–1866) verliert jedoch sein Land nach dem Deutschen Krieg 1866 an Preußen. Nachdem das Haus Oranien-Nassau in den Niederlanden im Mannesstamm ausstirbt (siehe oben), wird Adolph 1890 auf Grund eines 1783 geschlossenen Erbvertrags Großherzog von Luxemburg. 1912 erlischt mit dem Tod seines Sohnes Wilhelm IV. von Luxemburg (1905–1912) zwar auch die walramische Linie im Mannesstamm, über die weibliche Thronfolge besteht die Linie Nassau-Weilburg jedoch dort noch heute. Heute nennt sich die luxemburgische Linie Luxemburg-Nassau aus dem Hause Bourbon-Parma. Im September 2010 wurde die Thronfolge im Familienpakt von 1783 so neu geregelt, dass in Zukunft jeweils die Erstgeborenen den Thron besteigen, unabhängig davon, ob es sich um einen Sohn oder eine Tochter handelt.[4]

Literatur

  • Pierre Even, Dynastie Luxemburg-Nassau. Von den Grafen zu Nassau zu den Großherzögen von Luxemburg. Luxemburg, 2000
  • Hellmuth Gensicke, Landesgeschichte des Westerwaldes. Wiesbaden, 1999
  • Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten, Neue Folge. Frankfurt
  • Johann Heinrich Hennes, Geschichte der Grafen von Nassau: Bis zum Jahr 1255, Band 1, 1842, Digitalisat
  • F. W. Theodor Schliephake , Geschichte der Grafen von Nassau: von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, auf der Grundlage urkundlicher Quellenforschung, 1867, Band 1 Band 2

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Haus Nassau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Bernhard Peter: Das Isenburger Schloß in Offenbach, Obere Galerie, Teil 2 (6 Wappen)
  2. Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint der Originalausgabe Julius Hoffmann Verlag Stuttgart 1897, Komet Verlag Köln o. J. (um 2008), ISBN 3-89836-545-X , S. 22, bzw. Otto Hupp, Münchener Kalender 1896
  3. eine genaue Beschreibung des Siegels befindet sich auf Wikisource in Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige, Siegel Ottos I., Nr. 3
  4. http://www.wort.lu/wort/web/letzebuerg/artikel/2011/06/153544/thronfolge-neu-geregelt.php

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