Nebelin

Nebelin
Nebelin
Gemeinde Karstädt
Koordinaten: 53° 7′ N, 11° 43′ O53.10888888888911.72388888888925Koordinaten: 53° 6′ 32″ N, 11° 43′ 26″ O
Höhe: 25–35 m ü. NN
Fläche: 10,16 km²
Einwohner: 193 (2011)
Eingemeindung: 26. Okt. 2003
Postleitzahl: 19357
Vorwahl: 03873
Nebelin (Brandenburg)
Nebelin

Lage von Nebelin in Brandenburg

Östlicher Ortseingang

Nebelin ist ein Ortsteil der Gemeinde Karstädt im Landkreis Prignitz im Land Brandenburg.

Inhaltsverzeichnis

Geographie und Geologie

Nebelin ist etwa zwölf Kilometer westlich von Perleberg (Prignitz) gelegen. Die Feldmark des Ortes grenzt an die Gemarkungen Premslin (nordöstlich), Dergenthin (südöstlich), Laaslich (südwestlich), Mesekow (nordwestlich) und Stavenow (nördlich). Der westliche Teil der Gemarkung befindet sich im Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Brandenburg.

Der Ort befindet sich am Nordostrand des Elbe-Urstromtals im Einzugsgebiet der Löcknitz auf einer saalekaltzeitlichen Hochfläche, die aus kiesigen Geschiebesanden und Geschiebemergeln aufgebaut ist. Im östlichen Teil der Gemarkung steht oberflächig Geschiebelehm an. In den zum Gemeindegebiet gehörenden Niederungen (Sollgraben, Mäsche, Baeck, Silge) sind überwiegend trockengelegte Niedermoore anzutreffen.

Geschichte

Der Name „Nobelin“ (Vogt in Tangermünde) wurde erstmals 1295 urkundlich erwähnt. Der Ortsname ist wahrscheinlich slawischen Ursprungs (Deutungen: „feucht, nass“ oder „nicht weiß“=trübes Wasser).[1]

Wiesenlandschaft östlich von Nebelin

Die Ersterwähnung des Ortes Nebelin erfolgte 1316, als der Markgraf Johann dem Thidekin von Wartenberg drei Hufen in Nebelin (Nobelin) zur Errichtung einer Kirche vereignete.[2]

Prähistorische Funde sind in der Nebeliner Feldmark am Fliederberg, direkt südlich des Ortes (Gräberfeld aus der Eisenzeit und römische Kaiserzeit) und zwei Kilometer westlich, auf dem sogenannten Schattenberg (Gräberfeld und Grabhügel aus der Bronzezeit) dokumentiert.[3] Johann Christoph Bekmann beschreibt 1751 am Schattenberg zwei Steinkreise aus mittelgroßen Findlingen von 20 Fuß Durchmesser am Fuße von zwei Grabhügeln beidseitig der Alten Poststraße.[4]

Entwicklung der Guts- und der Bauerngemeinde

Die Familie von Wartenberg/Vielrogge ist von 1316 bis 1814 im Besitz der Burg und des Gutes Nebelin. In diesem Zeitraum werden zunächst ein Rittersitz und ab 1488 zwei Rittersitze bzw. Güter der Familien von Wartenberg bzw. von Vielrogge (späterer ebenfalls v. Wartenberg) erwähnt. Die Anzahl der Höfe entwickelte sich von o.g. 3 Hufen im Jahre 1316 auf 15 Hüfner und 8 Kossäten im 16. Jahrhundert (1576).[5] Der Dreißigjährige Krieg dezimierte die männliche Einwohnerschaft auf nur einen ortsansässigen Hüfner, sechs ortsansässige Kossäten und einen Kätner (1652). Die liberale Politik des Großen Kurfürsten führte zu einer regen Zuwanderung, vorrangig aus Ostpreußen und Schleswig-Holstein.[6] Im Jahre 1686 sind bereits sieben Hüfner-Höfe und zehn Kossäten-Höfe wieder bewirtschaftet.[7] Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts existierten relativ konstant 12–13 Hüfner- und 10–13 Kossätenhöfe.[5]

Von 1705 bis 1829 erfolgte die Separation, d. h. die Befreiung (Freikaufen) der Bauernschaft von der Erbuntertänigkeit im Rahmen der Stein-Hardenbergschen Reformen.[8] Die beiden Rittergüter wurden 1807/1814 an Otto von Voß zu Stavenow verkauft und ein Verwalter eingesetzt. 1913 errichteten die Einwohner von Nebelin das Freiherr-vom-Stein-Denkmal zu Ehren des preußischen Reformers.

1946 wurde das Rest-Gut (273 ha) enteignet und auf 26 Neubauern aufgeteilt. 1958–1960 erfolgte die Gründung der LPG „Neues Leben“, in die die Flächen der Guts- und der Bauerngemeinde eingingen. Nach der Wiedervereinigung gründeten einige ortsansässige Landwirte 1995 die Nebeliner Agrar GmbH, welche die landwirtschaftlichen Flächen der Gemeinde pachtete und bewirtschaftete. 2009 wurde die Agrar GmbH an die Agrar GmbH Karstädt verkauft.

Nebeliner Burg

Nebelin 1821. Lage der Burg (nördlich der Kirche) und des zweiten Gutes (westlich, heute Gutshaus)

Im Jahre 1353 wurde erstmals eine Burg erwähnt. Obwohl die Wasserburg[3] zunächst zur Verteidigung des Ortes angelegt worden war, widmete sich im 14. Jahrhundert der Landadel mehr und mehr dem Raubrittertum. Da den Kaufleuten der Hansestädte durch die Raubritter große Schäden entstanden, schlossen sich diese zu einem Landfriedensbund zusammen, um die Raubritterburgen zu erobern. 1353 wurde dann auch die Nebeliner Burg erobert.[9] Ein Jahr später beurkundet Albrecht II, Herzog zu Mecklenburg auf der eroberten Burg Nebelin dem Rat zu Lübeck ewige Zollfreiheit für die Hilfe bei der Eroberung der Raubschlösser Grabow, Lenzen und Gorlosen und verspricht auf den eroberten Burgen friedliebende Vogte einzusetzen.[10]

Die von Wartenberg blieben offensichtlich im Besitz von Nebelin und widmeten sich, zumindest zeitweilig, auch weiterhin dem Raubrittertum. Im Jahre 1542 wurde „Hans von Wardenberg vom Kurfürsten Joachim II. Hector zum Landesverräter und Straßenräuber erklärt … und auf besonderen churfürstlichen Befehl im Beisein eines abgesandten Geheim- Sekretärs …mit dem Schwerte gerichtet“.[11] Die Reste der Burg wurden 1967 eingeebnet.[12]

Die Kirche

Kirche und Pfarrhaus in Nebelin
Freiherr-vom-Stein-Denkmal in Nebelin

Die Kirche zu Nebelin („ein Altar“) wurde 1316 vom Thiedeke von Wartenberg auf Geheiß des Markgrafen Johann gestiftet. Der erste Pfarrer (Rohloff) wird 1349 erwähnt.[13] Das Patronat hatten die Gutsherren (bis 1814 v. Wartenberg, zeitweise v. Vielrogge, danach v. Voß zu Stavenow) inne. 1542 wird Nebelin als Mutterkirche mit 80 Kommunikanten erwähnt. Nach 1558 erfolgten der Bau einer Küsterei und die Erneuerung der Innenausstattung der Kirche (Kirchen- und Patronatsgestühl- s. u.).[14] 1701 wurde der im Dreißigjährigen Kieg zerstörte Turm neu errichtet. Im Jahre 1909 wurde die Kirche im Zuge von Renovierungsarbeiten verändert. Die Orgel fand auf der Westempore ihren heutigen Platz und die Deckenmalerei (von 1736) wurde restauriert. 2010 erfolgte eine denkmalgerechte Renovierung des Gebäudes.

Architektur und Sehenswürdigkeiten

Nebelin ist ein Straßendorf in West-Ost-Ausrichtung, wobei die Dorfstraße untypischerweise rechtwinklig zur heutigen Durchgangsstraße (L 122) liegt. In die Denkmalliste der Gemeinde Karstädt[15] sind die Kirche, das Freiherr-vom-Stein-Denkmal und die Hofensembles Nr. 6 (Hacker) und Nr. 55 (Hingst) eingetragen. Das Ortsbild wird von Bauernhäusern und Wirtschaftsgebäuden unterschiedlicher Zeiten und Baustile geprägt (vor 1800: giebelständige Fachwerkhäuser in der Tradition des mitteldeutschen Ernhauses, z. B. Höfe Nr. 6, 18/19, 50); 1800–1850: traufständige Fachwerkhäuser im Stil der friderizianischen Kolonistenhäuser, z.B. Höfe Nr. 28, 52, 55; 1850–1900: klassizistischer Stil, z.B. Höfe Nr. 3, 14, 24, 29, 47; moderne Gebäude).

Die rechteckige flachgedeckte Feldsteinkirche mit einem hohen quadratischen Fachwerkturm und Spitzhelm (1701) am Westgiebel stammt aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Die spitzbogigen Fenster, die Portale an der Westseite und drei schmale Blenden am Ostgiebel sind in Backstein ausgeführt. Die Kirche besitzt eine sehr schöne Innenausstattung. Sehenswert sind die Balkendecke und Orgelempore mit barocker Rankenmalerei (1736), der barocke Kanzelaltar, die Herrschaftsempore des frühen 17. Jahrhunderts, das Patronatsgestühl von 1683 mit Darstellungen der Evangelisten, Gemäldetafeln und Wappenschmuck sowie die Bankwangen des Gestühls (1546 datiert) mit eingetieften Zierformen und Namen. Die südliche Innenwand der Kirche ist mit einer großformatige Wandmalerei („Speisung der 5000“) und Grabplatten versehen.[5]

Das Freiherr-vom-Stein-Denkmal zu Ehren des preußischen Reformers wurde 1913 durch Einwohner des Ortes aus Feldsteinen aus der Nebeliner Feldmark errichtet und mit einer Bronzetafel des Berliner Bildhauer Helmuth Schievelkamp versehen. Es ist eines der wenigen Denkmale Steins, welche von den Adressaten der Steinschen Reformen auf eigene Initiative und Kosten errichtet wurde.

Weiterhin sehenswert sind die Heimatstube, in der historische Haus- und Landwirtschaftsgeräte zu besichtigen sind, und das ehemalige Gutshaus.

Infrastruktur und Verkehr

Verlauf der “Alten Hamburger Poststraße“in der Prignitz, 1758

Nebelin lag früher an der „Alten Hamburger Poststraße“ von Berlin (Oranienburger Tor) nach Hamburg (Preußisches Posthaus), die 1654 auf Geheiß von Kurfürst Friedrich Wilhelm auf dem alten Pilgerweg von Berlin zum „Wunderblut Wilsnak“ angelegt wurde.[16] Im Ort befand sich bei Position „19½ Meilen bis Berlin“ eine Postkutschenumspannstation und angrenzend ein Gasthof. [12] Die Streckenführung des Postkurses Berlin–Hamburg wurde 1830 endgültig aufgegeben, nachdem die „Neue Hamburger Chaussee“, die heutige Bundesstraße 5, fertig gestellt wurde.

Heute wird der Ort durch die Landesstraße 122 erschlossen, die erst nach dem Verkauf des Gutes 1814 angelegt wurde. Nach 1990 wurden die Landesstraße, die Dorfstraße, die Gehwege, die Straßenbeleuchtung sowie eine Reihe kommunaler Einrichtungen (Kindergarten, Dorfgemeinschaftshaus, Bushaltestelle) erneuert.

1846 wurde östlich des Ortes die Berlin-Hamburger Bahn gebaut. An der Blockstelle Nebelin errichtete die Deutsche Reichsbahn für ihre Bediensteten den sogenannten „Ausbau Bahnsiedlung“ mit sieben Höfen .

Weblinks

Einzelnachweise

  1. C.B. Opalinsky: „Geschichtliches über Städte, Klöster, Schlösser und adlige Familien sowie Rittergüter und ländliche Ortschaften der Prignitz“, Wittstock, 1906
  2. A.F. Riedel: Codex Diplomaticus Brandenburgiensis, Berlin 1838, Bd. I-1, S. 145/ Bd. I-2, S. 205
  3. a b W. Bohm: Vorgeschichte der Prignitz, Berlin, 1937
  4. J.C. Beckmann: Historische Beschreibung der Chur- und Mark Brandenburg. Zweiter Theil, von den Alterthümern der Mark, Berlin, 1751
  5. a b c L. Enders: Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil 1- Prignitz, Weimar, 1997, S. 600
  6. J. Schulze: Die Prignitz und ihre Bevölkerung aufgrund des Landreiterberichtes von 1652, Perleberg 1928
  7. Kataster der Prignitz aus dem Jahre 1886/87
  8. Separationsrezesse von Nebelin, Brandenburgisches Landesarchiv Potsdam
  9. Mecklenburgisches Urkundenbuch. Schwerin 1863, Bd. XIII, 7797, S. 349
  10. Mecklenburgisches Urkundenbuch. Schwerin 1863, Bd. XIII, 7942, S. 482
  11. A.F. Riedel: Codex Diplomaticus Brandenburgiensis, Berlin 1838, Bd. I-1, S. 118
  12. a b A. Schulz: Nebelin und seine Entwicklung ab 1316, Nebelin, 1985
  13. A. F. Riedel: Codex Diplomaticus Brandenburgiensis, Berlin 1838, Bd. I-25, S. 24
  14. V. Herold: Die Brandenburgischen Kirchenvisitationsabschiede des 16. und 17. Jahrhunderts, Bd. 1: Prignitz, 3. Buch: Perleberg. Berlin 1929
  15. Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum: Denkmalliste des Landes Brandenburg: Landkreis Prignitz (PDF-Datei; 282 kB)
  16. Olaf Grell und Rolf Zimmermann: Preußische Poststraßen und preußische Postmeilensteine in Brandenburg. Landesbetrieb für Vermessung Brandenburg

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