- Otto Schwab (Studentenfunktionär)
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Otto Schwab, (* 7. September 1889 in Geiß-Nidda (Oberhessen); † 14. April 1959 in Geiß-Nidda) war ein deutscher Studentenfunktionär und hochrangiger Experte für „Wehrwissenschaften“ in der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus.
Inhaltsverzeichnis
Politische und berufliche Biographie
Kaiserreich
Schwab wurde am 1889 als Sohn eines oberhessischen Bauern geboren. Nach dem Abschluss der Oberrealschule studierte er von 1908 bis 1914 zunächst an der Technischen Hochschule Darmstadt, dann an der Technischen Hochschule Dresden[1] und schloss als Ingenieur ab. 1933 promovierte er zum Dr. Ing. Bereits 1911-1912 absolvierte Schwab eine freiwillige einjährige Dienstzeit beim Fuß-Artillerie Regiment 3 in Mainz. Schwab meldete sich 1914, als Mitglied der Darmstädter Burschenschaft Germania, als Kriegsfreiwilliger. Er nahm am Westfeldzug in einem Artillerie-Regiment teil, zuletzt als Leutnant.
Weimarer Republik
Nach dem Kriegsdienst, in dem er bereits Studien zur Effizienz und Entwicklung von Waffen betrieb, unterhielt er 1919 bis 1920 zunächst ein eigenes Ingenieurbüro. Parallel dazu führte er seine wehrwissenschaftlichen Forschungen fort. Politisch engagierte er sich für die „Einführung einer planmäßigen zivilwissenschaftlichen Wehrausbildung der Studenten“.[2] Er begründete die „Zivilen Wehrwissenschaften“ als „Wehrkomponente eines jeden akademischen Berufes“, das heißt als Pflichtteil jeder akademischen Ausbildung. Er befürwortete „die totale Wehrhaftmachung“. Gewaltlose Verzichtspolitik lehnte er als staatliche Selbstaufgabe ab. Ein demokratisches politisches System erschien ihm als für das „deutsche Volk“ auf Dauer ungeeignet.
Seit 1928 organisierte Schwab die militärische Ausbildung von Studenten („Wehrsport“), seit 1930 als Leiter des sogenannten Wehramts (WA) der Deutschen Burschenschaft, das aus Tarnungsgründen als „Wissenschaftliches Arbeitsamt“ firmierte und aus einem 1929 vom Burschentag beschlossenen „Freiheitsfonds“ finanziert wurde. 1930/31 war Schwab Mitbegründer der Segelfluggruppe und der Fliegerabteilung der Deutschen Burschenschaft, mit deren Hilfe das Luftwaffenverbot des Versailler Vertrages umgangen werden sollte.[3] Ab 1931 gründete und leitete Schwab im Auftrag weitere studentischer Zusammenschlüsse, darunter der Deutschen Studentenschaft und des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds, ein wiederum mit einer Tarnbezeichnung belegtes Allgemeines Wissenschaftliches Arbeitsamt (AWA), das ein Allgemeines Wehramt war.
Zeit des Nationalsozialismus
Im Januar 1933 offenbarte Schwab seine Mitgliedschaft in der NSDAP.[4] Zu diesem Zeitpunkt war er bereits Führer der SA. Er war oder wurde Mitglied der SS, des NSFK und des NS-Dozentenbunds. Auf dem Altherren- und Burschentag 1933 wurde er zum neuen Führer der Deutschen Burschenschaft gewählt. In seiner Rede dort wie auch in den Burschenschaftlichen Blättern begrüßte er nachdrücklich die Machtübergabe. "Hitlers Tat hat uns befreit", erklärte er.[5]
1933 traf er mit der Obersten SA-Führung in der „Friedrichshafener Vereinbarung“ ein Abkommen zum Erhalt der Korporationen. Er war nun Organisator der Reichshochschulamts der SA, dem die „wehrsportliche“ Arbeit anvertraut wurde. Hitler selbst begutachtete und genehmigte die entsprechende Planung. Schwab war tätig als Referent im Wehrpolitischen Amt der Reichsleitung der NSDAP und mit dem Rang eines SA-Standartenführers im Stab des Chefs des Ausbildungswesens der SA.
Von 1933 bis 1934 war Schwab erster Bundesführer der Deutschen Burschenschaft (DB). Als solcher setzte er den Austritt der DB aus dem Allgemeinen Deutschen Waffenring und die Beteiligung an der Gründung des Völkischen Waffenringes durch, sowie den Ausschluss aller jüdischen und „jüdisch versippten“ Mitglieder. Dies führte letztlich zur Gründung des Altburschenschaftlichen Ringes durch 33 aus der DB ausgeschlossene und ausgetretene Burschenschaften.[6]
Ab 1936 war er Lehrbeauftragter für Naturwissenschaft und Physikalisches Fernmeldewesen an der Technischen Hochschule Berlin.
Im Zweiten Weltkrieg war er als SS-Gruppenführer sowie als Kommandeur der Waffen-SS-Artillerieschule in Trebbin tätig. 1942 leitete er das Technische Amt VIII., Forschung, Entwicklung, Patente (unterstellt dem Waffen- und Gerätemat des RSHA) und „(beteiligte) sich auch an Häftlingsversuchen mittels N-Stoff“ (Tarnname für Chlortrifluorid, ein Gas, das als Brandmittel eingesetzt werden sollte).[7] Für 1944 ist er als SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS ausgewiesen (Beförderung erfolgte am 30. Januar 1943). Letzter Dienstgrad seit 6. November 1944 war SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS. Zu diesem Zeitpunkt sah er in der Panzerfaust die „Schwerpunktwaffe der gesamten Kriegführung“.[8]
Nach dem Ende des Nationalsozialismus
Über seine Aktivitäten nach dem Ende des Nationalsozialismus heißt es, dass er „weiter wissenschaftlich auf militärischem Gebiet tätig“ gewesen sei und dabei mehrere Patente erfolgreich habe anmelden können.[9] Einige seiner Schriften wurden in der sowjetischen Besatzungszone und in der Deutschen Demokratischen Republik auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[10]
Schriften (Auswahl)
- Bezirks-Schießverfahren. 1915
- Vorträge über Meßplanschießen gegen Erdziele und Fesselballone. 1917
- Ingenieur und Soldat, Hassia Verlag Nidda (Hessen) 1928
- Die totale Wehrhaftmachung. 1932
- Die Deutsche Burschenschaft. Wollen und Wirken in Vergangenheit und Gegenwart. 1934
Literatur
- Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I. Politiker. Teilband 5. R–S, Heidelberg 2002
- Ernst Klee: Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer. Frankfurt a. M. 1997
- Günter Nagel: Sprengstoff- und Fusionsforschung an der Berliner Universität. In: Rainer Karlsch, Heiko Petermann (Hrsg.): Für und Wider „Hitlers Bombe“. Münster 2007, S. 243 (Studien zur Atomforschung in Deutschland (= Cottbuser Studien zur Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt, Band 29)
- Florian Schmaltz: Kampfstoff-Forschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie. Göttingen 2007
- Anette Schröder: Männer der Technik im Dienst von Krieg und Nation. Studenten der TH Hannover. In: Karen Bayer, Frank Sparing, Wolfgang Woelk (Hrsg.): Universitäten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der frühen Nachkriegszeit. Stuttgart 2004
- Alfred Thullen: Otto Schwab, der Allgemeine Deutsche Waffenring und die Judenausschließung aus seinen Korporationen – eine Dokumentation. In: Burschenschaftliche Blätter, 114/2 (1999), S. 109–114.
Weblinks
- Literatur von und über Otto Schwab (Studentenfunktionär) im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Anmerkungen
- ↑ Anette Schröder: Männer der Technik im Dienst von Krieg und Nation. Studenten der TH Hannover. In: Karen Bayer, Frank Sparing, Wolfgang Woelk (Hrsg.): Universitäten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der frühen Nachkriegszeit. Stuttgart 2004, S. 37.
- ↑ Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I. Politiker. Teilband 5. R–S, Heidelberg 2002, S. 381.
- ↑ Siehe: Otto Schwab (Hrsg.), Die Deutsche Burschenschaft. Wollen und Wirken in Vergangenheit und Gegenwart Berlin 1934, S. 34-44.
- ↑ Anselm Faust, Der Nationalsozialistische Studentenbund.Studenten und Nationalsozialismus in der Weimarer Republik, Bd. 2, Düsseldorf 1973, S. 125.
- ↑ Burschenschaftliche Blätter, Sommersemester 1933, Nr. 10, S. 240, zit. nach: Heike Ströle-Bühler, Studentische Antisemitismus in der Weimarer Republik. Eine Analyse der Burschenschaftlichen Blätter 18918 bis 1933, Frankfurt/M. et alt. 1991, S. 146.
- ↑ Harald Lönnecker: Die Versammlung der „besseren Nationalsozialisten“? − Der Völkische Waffenring (VWR) zwischen Antisemitismus und korporativem Elitarismus. Frankfurt am Main, 2003. S. 23.
- ↑ Günter Nagel: Sprengstoff- und Fusionsforschung an der Berliner Universität. In: Rainer Karlsch, Heiko Petermann (Hrsg.): Für und Wider „Hitlers Bombe“. Münster 2007, S. 243 (Studien zur Atomforschung in Deutschland (= Cottbuser Studien zur Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt, Band 29); Florian Schmaltz: Kampfstoff-Forschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie. Göttingen 2007, S. 172ff., 175; Ernst Klee: Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer. Frankfurt a. M. 1997, S. 86.
- ↑ Andreas Kunz: Wehrmacht und Niederlage. Die bewaffnete Macht in der Endphase der nationalsozialistischen Herrschaft 1944 bis 1945. 2. Auflage, München 2007, S. 232.
- ↑ Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I. Politiker. Teilband 5. R–S, Heidelberg 2002, S. 382.
- ↑ Liste der auszusondernden Literatur von der Deutschen Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone, Zentralverlag, Berlin 1946; Liste der auszusondernden Literatur von der Deutschen Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone, Zentralverlag, Berlin 1947; Liste der auszusondernden Literatur von der Deutschen Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone, Zentralverlag, Berlin 1948; Liste der auszusondernden Literatur vom Ministerium für Volksbildung der Deutschen Demokratischen Republik, Zentralverlag, Berlin 1953.
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